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Lokaljournalismus: Ohne lebendige Community geht es nicht mehr

4. Januar 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Der Beitrag beziehungsweise der Hinweis auf den Piqd von Simon Hurtz lag lange als Entwurf in meinem Gutenberg-Editor. Endlich Zeit ihn zu veröffentlichen. Simon stellt ein englischsprachiges Interview mit der langjährigen Journalistin Allison Hantschel vor. Es geht um das Zeitungssterben in den USA, besonders das Sterben von Lokalzeitungen, ein Thema, das auch in Deutschland relevant ist.

„Das Internet“ sei schuld am Zeitungssterben, denn durch die Gratiskultur im Netz brächen Auflagen und Einnahmen ein. Diese Mär geht ja geraume Zeit um. Allision Hantschel widerspricht dieser These. Zumindest sei das nicht der einzige Grund. Vielmehr hätten die Chefredakteure und Verlage auch „das Internet“ nicht verstanden. Man habe seine Community, seine Leser:innen vergessen. Man habe Inhalte vernachlässigt, die für die Lebenswelt der Abonnenten:innen relevant seien.

Nun habe ich selbst als Lokaljournalist von der Pike auf angefangen mit den Berichten von Karnevalssitzungen, Kaninchenzuchtvereinen, Fußballplätzen, dann auch den Lokalparlamenten und vielem mehr, was nach Ansicht der Redaktion in der Community relevant war. Natürlich haben wir das damals nicht Community genannt … Und sicher war manches nicht wirklich so relevant, vielleicht für einen Werbekunden oder einem guten Bekannten von Helmut, dem Fußgänger, des Chefs der Lokalredaktion.

Vergessen werde ich jedoch keinesfalls die Anrufe oder Leserbriefe, wenn die auf dem Foto abgebildeten Personen nicht in der korrekten Reihenfolge mit Vor- und Nachname genannt wurden oder gar jemand vergessen wurde. Und ich erinnere auch heute noch daran, wie ich mich selbst damals maßlos geärgert habe, als nicht ich im Bericht über unser Fußballspiel in der B-Klasse als herausragender Torhüter genannt wurde, sondern einer meiner Vorgänger. Schlampig einfach. Einmal halte ich überragend und dann das (Ich war kein besonders guter Fußballer …). Man sollte nicht so einfach drüber stehen, sondern seine Leser:innen ernst nehmen und einfach sachlich korrekt berichten.

Ob das nun auf Papier oder im Netz der Fall ist, ist dabei vollkommen egal. Wie Zeitungen oder journalistische Produkte gelesen werden, ändert sich nun einmal. Wir lesen die FAZ digital. Nur am Samstag bringe ich die gedruckte Ausgabe zum Frühstück mit. Eigentlich zahlen wir da doppelt, aber was soll es. Vielleicht auch eine Anregung, Digital- und Printabo zu mischen? Aber das ist hier ein Randthema.

Für den Lokaljournalismus bleibt die Frage, wie man weiter bestehen und sich weiter finanzieren kann. Obwohl wir sehr lange in Darmstadt wohnen, lese ich das Darmstädter Echo oder Echo online nicht. Warum? Es gibt durchaus einzelne regionale oder lokale Themen, die mich interessieren aber natürlich will der Verlag mit mir ein Abonnement abschließen: digital für 9,90 Euro im Monat und das ist es mir nicht wert. Das sind wir wieder beim Thema Micropayment, Zahlen für einzelne Artikel, das bisher in Deutschland (und auch wohl anderswo) nicht funktioniert. Ich bin trotzdem weiter ein Freund des Konzepts und würde durchaus den ein oder anderen Beitrag kaufen, aber eben gezielt nach meinen Interessen. Aber bitte kein weiteres bindendes Abo*. Kein Echo Online, kein Spiegel, kein Zeit oder sonstiges festes Abonnement**. No f..ing way.

Doch kehren wir zum Ursprung, dem Piqd von Simon Hurtz und dem Gespräch mit Allision Hantschel zurück, und reichern es mit Gedanken aus dem (von mir abonnierten***) Social Media Watchblog an. In der Ausgabe #692 wird in einem Absatz die Risikokapitalgeberin Andreessen Horowitz und Ihr Report Social Strikes Back zusammengefasst. Ich zitiere:

Ohne Community geht es nicht mehr: Andreessen Horowitz gehen davon aus, dass künftig Produkte nur noch längerfristig erfolgreich sein können, wenn sie eine soziale Komponente integriert haben. Als Paradebeispiele werden Spiele wie Fortnite oder Roblox erwähnt. Games hätten es geschafft, zu Orten der Begegnung zu werden. … Unserer Meinung nach lässt sich das auch auf journalistische Angebote übertragen. Auch Verlage und Sender haben die Chance, sehr viel stärker als bisher (digitale) Begegnungen zu organisieren.

Warum Impf-Desinformation so gefährlich ist, Stratcom-Bericht, Zur Zukunft von Social Media

Der naheliegende Schluß: Auch (und nicht nur) Lokalzeitungen müssten Communities bilden, Interaktion, Austausch ermöglichen. Die Autoren des Social Media Watchblogs nennen ihren eigenen Slack-Kanal, in dem sich interessierte Leser:innen diskutieren können, als Beispiel.

Nun kann ich mir die Konsumenten:innen der Lokalzeitung schwer in einem Slack-Kanal vorstellen, aber es gibt ja durchaus ein mehr oder weniger aktive Facebook-Gruppe Darmstadt, in der sich Heiner:innen austauschen. Bevor ich Facebook verlassen habe beziehungsweise nur noch dorthin publiziere, habe ich darüber durchaus viel Feedback bekommen, wenn ich auf Darmstadt-relevante Themen in meinem Blog hingewiesen habe.

Worauf will ich hinaus? Ist es realistisch, dass eine Lokalzeitung ein Online-Community unterhält und vor allem pflegt. Community Management ist Arbeit und erfordert Engagement. Das weiß jeder, der sich mit diesem Thema, ob firmenintern oder im Netz, auseinandersetzt. Und daneben: Wo betreibt man eine solche Community technisch? Müsste die Redaktion der Lokalzeitung eben besagte (oder eine neue Seite) auf Facebook betreiben und moderieren, weil so viele Heiner:innen eben dort schon registriert sind? Und wie finanziert man diese Seite dann? Mir schaudert natürlich bei dem Gedanken, hier direkt oder indirekt Facebook zu nutzen, doch was wäre eine Alternative für eine solche Community? Ich spreche hier nicht von einer technischen Alternative. Ich spreche von einer Onlineplattform, auf der die Leser:innen mitmachen würden. Und diese Frage (und die anderen Fragen) stelle ich an die Community, an die interessierten Leser:innen.

(Stefan Pfeiffer)

* Stichwort Abofallen: Ich habe angefangen, alle unsere Abonnements, nicht nur die von Medien, in einer Tabelle zu sammeln. Es hat mich erschreckt, wo wir überall Services abonniert haben, von Magenta TV über Software-Pakete hin bis zum Weinabo, wo man quartalsweise Weine zum Probieren bekommt. Ich rate nur jeder:em diese List mal zu führen, um Transparenz zu gewinnen!

** Wir haben die FAZ abonniert, weil eben auch regionale Themen vorkommen. Würden wir in München wohnen, hätte es auch die Süddeutsche sein können.

*** Jetzt mal überlegen, was meine Motive waren und sind, diesen Newsletter zu abonnieren und zu unterstützen …

Schnell mal online abonniert: Zeitungen, Magazine, Musik, Video, Cloud-Speicher, E-Mail, Grafikprogramm, XING, LinkedIn … und so weiter und so … #Abofallen

6. Februar 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Irgendwie Geistesübertragung. Die Tage ist mir noch durch den Kopf geschossen, wie nervig die Abonnements und Abofallen schon jetzt sind und noch mehr werden. Über die Abo-Angebote der Zeitungen und Zeitschriften habe ich schon öfters geschrieben. Vom Spiegel bis zum täglichen Digitalisierung und KI-Briefing des Tagesspiegels, alle wollen, dass man ein Abonnement meist für ein erkleckliches Sümmchen abschließt und sich natürlich oft für mindestens ein Jahr bindet. Da kann schon was zusammen kommen, wenn man nicht aufpasst.

Alternativen zu Abos? Goodbye Blendle – schafft es Buzzard?

Und jedes mal ärgert man sich, wenn man einen Beitrag nicht lesen (und künftig immer mehr hören und sehen) kann, weil mal wieder eine Bezahlschranke den Zugriff verwehrt. Modelle, einzelne Artikel erwerben zu können, wie es Blendle versucht hat, scheinen gescheitert zu sein. Weil ich trotzdem gerne ein solches Modell hätte, unterstütze ich gerade Buzzard, das mir eine neue Nachrichten-App für Perspektiven-Vielfalt verspricht.

Damals in meiner Filterblase: Zeitung und öffentlich-rechtliches Fernsehen

Perspektovenvielfalt? Ach waren das noch Zeiten, als man die Lokalzeitung oder die überregionale Tageszeitung abonniert hatte. Vielleicht noch Die Zeit oder den Spiegel als Wochenlektüre. Die Papierstapel häuften sich an. Oft ungelesen landeten sie dann im Altpapier. Alleine Die Zeit hat mich irgendwann überfordert. Wie schön übersichtlich war unsere damalige Echokammer und Filterblase von Zeitung und öffentlich-rechtlichem Fernsehen. Und dann heute. Diese unüberschaubare Vielfalt.

[Und um es nochmals zu schreiben: Warum – verd…t noch mal – kann ich mir heutzutage nicht die Beiträge einzeln kaufen, die mich interessieren. Ja, ich würde einen fairen Preis dafür zahlen, wenn mich Artikel interessieren.]

Und die netten Filme auf Netflix, Apple TV+, Disney+ …

Doch das Thema Abos für journalistische Erzeugnisse ist nur der Anfang. Der Abo-Wahnsinn geht schon lange weiter! Erst einmal oute ich mich. Ich schaue mir gerne mal einen Fantasy-Film oder eine Serie an. Nicht immer geht es also um die oben erwähnten hochintellektuellen Artikel. Manchmal ist es auch der pure Wunsch nach Unterhaltung. Picard auf Amazon Prime. Oder eine neue StarWars-Serie auf Disney+. Ach ja, Apple TV macht mir auch noch Angebote. Und auf Netflix und Amazon Prime Video starten ja auch bald interessante Serien. Und alle wollen, dass ich abonniere. Wieviele Abos muss ich denn um Himmels willen abschließen,wenn ich all die Filme und Serien kurz nach dem Erscheinen sehen möchte?

Filme und Serien. Da ist doch noch was. Gerne höre ich mir auch Musik an und „meine“ Songs sind in iTunes. Aber ist ja old fashioned. Heutzutage hat man die freie Musikauswahl auf Spotify oder Apple Music. Und natürlich das zugehörige Abo.

Cloud-Speicher, E-Mail-Provider, Grafik-Tool … und … und … und

Und der Abowahnsinn geht schon lange über „Zeitungs“- und Unterhaltungskonsum hinaus. Beispielsweise habe ich ein Abo für meinen iCloud-Speicherplatz oder ich zahle (bewusst) für mein E-Mail-Konto bei Mailbox.org. Da können noch schnell weitere Abos hinzu kommen. Ist ja schließlich alles so schön nützlich hier. Mal schnell Canva abonnieren, um meine Grafiken komfortabel in unterschiedlichsten Formaten und Größen erstellen zu können. Sind ja nur knappe 12 Dollar für die Version, mit der man wirklich schnell was machen kann. Oder ein Abo von E-Camm, um live zu streamen. Ach ja, das Video-Tool Animoto klingt auch gut, um ruck-zuck schöne Videos schneiden zu können. Sind ja nur schlappe 29 Dollar im Monat für die Profi-Version. Klar, für die meisten Tools gibt es Testversionen, die meist 14 Tage laufen. Nur dann nicht vergessen, rechtzeitig zu kündigen.

Für meinen neuen Job zahle locker mal ich bei Xing und/oder LinkedIn

Und auch für die Karriere abonniert man schnell mal was, denn die Profi-Versionen von LinkedIn und Xing können einfach viel mehr und bieten mir sicher bald den Traumjob an. Ich hänge da auch wieder an der Kette, also am Abo. Irgendwie und für mich nicht nachvollziehbar habe ich plötzlich erneut eine Profi-Version von Xing. Keine Ahnung, wie ich dazu gekommen bin. Ehrlich. In meinem Posteingang sind nicht die üblichen Bestätigungs-Mails, aber der Kundendienst stellt sich natürlich stur. Den interessiert das nicht. Auch wenn ich langjähriger treuer Abonnent war. Hmm, soll ich in dem Fall dann doch meinen Rechtschutz bemühen? Sch..abofalle.

Und wie war das mit Amazon Prime? Brauche ich doch eigentlich auch, damit meine Pakete auch morgen da sind. Und sicher fehlt mir noch das ein oder andere weitere Abonnement.

Ganz schnell summieren sich alle Online-Abos

Ihr merkt, worauf ich hinaus will. Ganz schnell summieren sich die Kosten für Abos, für Abo-Fallen. Ganz schnell verliert man die Kontrolle. Da hilft wohl nur höchste Disziplin. Oder gar eine App wie Aboalarm anschaffen? Vielleicht tut es auch eine Tabelle. Mir stellt sich die Frage, ob nicht nur wir als Konsumenten mehr aufpassen müssen, sondern auch hier entsprechende gesetzliche Bestimmungen eingeführt werden sollten. Die Abo-Fallen mit entsprechenden Kosten schlagen nur zu schnell zu und summieren sich.

Wie schreibt die New York Times:

In 2019, we each spent $640 on digital subscriptions like streaming video and music services, cloud storage, dating apps and online productivity tools, according to an analysis for The New York Times by Mint, the online budgeting tool owned by Intuit, using data from millions of its users. That was up about 7 percent from $598 in 2017.

How Much Are We Paying for Our Subscription Services? A Lot – The New York Times

Bild von Bruno /Germany auf Pixabay

Nur kurz mal wieder gek…: Kein Anschluss mit diesen Schnarchnasen-Verlagen

14. September 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Ich ärgere mich gerade mal wieder maßlos über die Plus-Abos der Verlage: Diesmal ein Beitrag auf Spiegel Online, den ich einzeln kaufen würde. Ich werde aber ganz sicher dafür kein Abonnement anschließen.

Auf Blendle konnte ich den Beitrag heute noch nicht einzeln erwerben. Eigentlich dürfte man Artikel solcher Verlage nicht zitieren, verbreiten, zwitschern. Man müsste die entsprechenden Verlage boykottieren. Eigentlich.

Kommt endlich im 21. Jahrhundert an und legt die alten Abokonzepte ad acta. Ihr müsst neue Mischfinanzierungskonzepte entwickeln! Thomas Knüwer, Gunnar Sohn, Richard Gutjahr und andere haben sich ja ausführlich dazu geäußert.