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Social Media-Splitter: Facebook schrumpft in Deutschland, Regelungen für Live Streaming und gegen Hasspostings

13. Dezember 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Einige interessante Nachrichten rund um das Netz und soziale Medien. eMarketer bringt neue Zahlen zur Nutzung von Facebook:

Last year, Facebook usage in Germany dropped 1.2% and will fall another 0.9% by the end of 2019 to 25.9 million people. Our previous forecast predicted growth of 0.1%, however the number of users who left the platform outpaced those who joined.

über Facebook Losing Users in Germany and France Faster than Anticipated – eMarketer Trends, Forecasts & Statistics

Um es ins rechte Licht zu rücken: Facebook bleibt mit 25,9 Millionen Nutzern die dominierende Social Media-Plattform in Deutschland, die auch die meisten Werbegelder abräumt. Aber gerade junge Leute gehen weg und andere Netzwerke wie Instagram (auch zum Facebook-Konzern gehörend) mit 17.7 Millionen, Snapchat mit 10,6 Millionen und Twitter mit 4 Millionen Nutzern wachsen in deutschen Landen. Schade, dass TikTok nicht in der Statistik war. Im kommenden werden mehr unter 25 Jährige auf Instagram als auf Facebook sein. Wird Facebook zum Netz der alten Säcke, lieber Gunnar? Aber die haben ja auch die Kohle und deshalb müssen Unternehmen und Verlage auf Facebook sein, gelle Gunnar?

Und dann noch ein Beitrag auf netzpolitik.org zum Medienstaatsvertrag. Interessant für unsere Streaming-König Gunnar:

Für Inhalte, die einer Meinungsbildung dienen, soll ein fixer Schwellwert gelten. Erst wer über einen Zeitraum von sechs Monaten im Schnitt 20.000 gleichzeitige Nutzer:innen hat, muss bei der jeweils zuständigen Landesmedienanstalt eine Zulassung beantragen.

über Medienstaatsvertrag – Neue Spielregeln für Streamer, Google und Falschmeldungen

Da müssen wir noch ein bisschen was tun, damit beispielsweise #9vor9 die Zahlen erreicht. Sind noch weitere durchaus interessante Punkte drinnen wie die journalistische Sorgfaltspflicht auch für Blogs, „sofern diese nicht privat betrieben werden und einen publizistischen Charakter haben„. Spannend dürfte auch werden, wie sich die Regelungen für Medienintermediäre, „Plattformen, die zwar keine eigenen Inhalte herstellen, aber publizistische Angebote von Dritten aufbereiten und sie der Allgemeinheit zugänglich machen„, umsetzen lassen wird. Sie sollen offen legen, nach welchen Kriterien sie beispielsweise Nachrichten ausspielen. Auf die Auseinandersetzung mit Facebook und Co bin ich gespannt. Ach ja, und Bots sollen in sozialen Netzwerken auch explizit als solche gekennzeichnet werden.

Und noch eine relevante Nachricht und geplante Regulierung für das Netz: Die GroKo hat sich wohl auf Änderungen des Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) geeinigt, nach denen Hasspostings nicht mehr nur gelöscht, sondern auch dem Bundeskriminalamt (BKA) gemeldet werden müssen. Es wird natürlich spannend, ob und wie dann gegen die Autoren der Hasspostings vorgegangen wird. Bei Beleidigungen soll man übrigends weiterhin selbst aktiv werden und Anzeige erstatten müssen.

Zum Abschluss noch ein Hinweis auf den treffenden Artikel von Gerry McGovern. Erinnert Ihr Euch, als man auf Google klar Werbung erkennen konnte?

Do you remember back in those innocent, hippy, don’t be evil days, when Google placed the ads in the right-hand column, so as to clearly differentiate them from the organic search results?

über Google: From ‚Don’t Be Evil‘ to ‚Be Evil‘

(Stefan Pfeiffer)

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Datenschutz: Dorothee Bär will den für Patientenakte lockern und Ulrich Kelber will Öffentlichkeit sensibilisieren

28. Dezember 2018 Posted by Stefan Pfeiffer

Auch 2019 wird das Thema Datenschutz ein sehr wichtiges Diskussionsfeld sein. Dorothee Bär, die Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung, hat Ende des Jahres nochmals in der WELT auf die Pauke gehauen und eine Lockerung der Datenschutzgesetze im Gesundheitswesen gefordert, um die elektronische Patientenakte bis bis spätestens Ende 2021 – Ende der Legislaturperiode –  realisieren zu können:

Wir haben in Deutschland mit die strengsten Datenschutzgesetze weltweit und die höchsten Anforderungen an den Schutz der Privatsphäre. …

Das blockiert viele Entwicklungen im Gesundheitswesen, deshalb müssen wir da auch an der einen oder anderen Stelle abrüsten, einige Regeln streichen und andere lockern.

über Dorothee Bär will Datenschutz für Patienten lockern – WELT

Und sie legt nochmals öffentlichkeitswirksam nach: Die Prozesse der Selbstverwaltung seien oft Prozesse der Selbstbeschäftigung:

Zum Glück zwingt uns die Digitalisierung, alle Systeme infrage zu stellen und auch mal zu überlegen, ob tatsächlich alles noch zeitgemäß ist, was sich im Laufe der Jahre eingeschliffen hat.

über Dorothee Bär will Datenschutz für Patienten lockern – WELT

Ich bin einmal gespannt, ob und wie es in den kommenden Monaten mit dem Thema elektronische Patientenakte voran geht. Wie hier schon öfters geschrieben und selber erfahren musste, glaube ich, dass der Datenaustausch im Gesundheitswesen ganz sicher gerade auch im Interesse der Patienten reformbedürftig ist. Das muss aber nicht – so denke ich – automatisch, weniger Schutz für die Daten des Einzelnen heissen.

Was von Doro Bär und dem zuständigen Minister Jens Spahn oft mit viel Getöse am deutschen Datenschutz kritisiert wird, ist im Grunde eine Chance, Digitalisierung und Datenschutz mit Sorgfalt konstruktiv zu harmonisieren. Nur – und da stimme ich mit Bär und Spahn überein – sollte endlich Gas gegeben werden.

Besonders gespannt bin ich, wie sich der neue Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Ulrich Kelber positionieren wird. Der ct hat der studierte Informatiker kürzlich ein Interview gegeben, in dem er erste Kante gezeigt hat. Er kritisiert im Gespräch Vorratsdatenspeicherung als falsch und bezeichnet die angedachten Uploadfilter als „Schnapsidee“. Seine Aussagen darüber, die Stellungnahmen von Lobbyisten, auf der Website des Justizministeriums zu veröffentlichen, macht Mut und Hoffnung auf mehr Transparenz gerade im Bereich Lobbyismus.

Kelber hat maßgeblich am Netzdurchsetzungsgesetz mitgearbeitet, doch hat er meiner Ansicht die richtige Perspektive darauf:

Also ich bin nach wie vor der Auf­fas­sung, dass das Netz­DG rich­tig war. Aber es ist nicht das Ende der Weis­heit, es war der An­fang des Pro­zes­ses.

Quelle: Gefährliche Schnapsidee | c’t | Heise Select

Wir befinden uns in einem Prozess und angesichts des Wettbewerbs in der Digitalisierung müssen wir Gas geben, aber mit Sachverstand und Hirn. Seiner Behörde kommt dabei eine wichtige Rolle in der Aufklärung der Öffentlichkeit bei:

Wir Datenschützer sind nicht nur Aufsichts- und Durchsetzungsbehörde. Wir sollen Parlament und Regierung beraten, wir sollten die Öffentlichkeit sensibilisieren.

Quelle: Gefährliche Schnapsidee | c’t | Heise Select

Und da schließt sich der Kreis zur elektronischen Patientenakte. Da haben Ulrich Kelber und seine Behörde sicher auch eine Rolle zu spielen …

(Stefan Pfeiffer)

„DSGVO könnte die Bemühungen um ein neues Internet und eine höhere Datensouveränität unterstützen“ | Jürgen Litz

17. Dezember 2018 Posted by Stefan Pfeiffer

Ganz sicher gibt es Dinge, die in der Umsetzung und Gestaltung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verbessert werden können und müssen. Doch die DSGVO bietet auch Chancen – und das wird sogar im Silicon Valley bemerkt, Johannes Ceh hat sich mit Jürgen Litz, Geschäftsführer des CRM-Anbieters cobra, dazu unterhalten:

Die DSGVO ist nicht nur Totengräber für Unternehmen, die den Datenschutz nicht ganz so ernst genommen haben. Man glaubt es kaum: Die DSGVO kann auch Geburtshelfer und Export-Produkt sein. … Die DSGVO könnte in noch größerem Rahmen ins Spiel kommen. Sie könnte die Bemühungen um ein neues Internet und eine höhere Datensouveränität unterstützen.

über DSGVO: Starthilfe für ein neues Internet? | LEAD

In dieses Horn, ja darüber hinaus stieß auch der ehemalige Berater von Hillary Clinton am 4. Dezember 2018 auf einer netzpolitischen Soiree der grünen Bundestagsfraktion in Berlin, berichtet heise online:

Nicht die Russen haben Donald Trump ins Weiße Haus gebracht, sondern der von sozialen Netzwerken und digitalen Technologien vorangetriebene Wandel der Öffentlichkeit, ist sich Ben Scott aus dem Vorstand der Stiftung neue Verantwortung sicher. Auf Facebook, Google oder Twitter sähen alle Nachrichtenquellen gleich aus, sodass „wir nicht mehr zwischen wahr und falsch unterscheiden können“, …  Die EU müsse den Online-Markt daher im Kampf gegen Desinformation und Filterblasen ähnlich scharf regulieren wie mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).

über Hacked Democracy: Ruf nach einer DSGVO gegen Fake News und Filterblasen | heise online

Sascha Lobo hat ja vor kurzem über die Trolle-Armeen und Bots aus Russland geschrieben. Und auch andere Nepper, Schlepper und Bauernfänger missbrauchen vor allem die sozialen Medien, um zu manipulieren und zu agitieren. Die Antwort, wie wir das zumindest eindämmen können, haben wir aus meiner Sicht noch nicht gefunden. Auch wenn es ein normaler Zyklus in der Entwicklung der sozialen Medien sein mag, wie es Hirnforscher Wolf Singer im Interview mit der FAZ sagt können wir alle nicht tatenlos zuschauen.

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), mit dem Anbieter sozialer Medien angewiesen werden, Hasskommentare zu löschen, ist durchaus umstritten. Und wenige scheinen es zu nutzen. Nur 704 online eingebene Meldungen sind bis Ende November beim Bundesamt für Justiz (BfJ) laut „Handelsblatt“ eingegangen. Man hatte mit rund 25.000 Meldungen und 500 Bußgeldverfahren pro Jahr gerechnet.

Der UN-Sonderberichterstatter für Meinungsfreiheit, David Kaye, spricht vom „Outsourcing“ rechtsstaatlicher Kernprinzipien wie eine richterliche Kontrolle über Meinungsäußerungen an Plattformbetreiber und fordert so immanent, dass staatliche bzw. richterliche Instanzen die Aufgabe wahrnehmen sollten. Natürlich ist es ein schmaler Grat und andere werden vor der durchaus vorhandenen Gefahr von Zensur warnen.

Das Thema bleibt aktuell und muss diskutiert werden. Die nächsten Wahlen sind nicht fern. Und auch die Gefahr der Manipulation im Alltag bleibt bestehen. Neben einem wirkungsvollen Instrument, einem NetzDG, auf den sich die Mehrheit einigen und die Propaganda stärker unterbindet, braucht es auch mehr Transparenz und Kontrolle der Algorithmen und der Datenkraken. Diese Fragen beziehungsweise Bedrohungen gehören zur Digitalisierung und Digitalen Transformation dazu, ob wir es wollen oder nicht.

(Stefan Pfeiffer)