Posts Tagged: ‘wandel’

Social Business bedingt offene Unternehmenskulturen

23. November 2012 Posted by Rita Lewandowski

Unternehmen im Wandel zu neuer Unternehmenskultur und offenen Unternehmensstrukturen - ist das alles eine Folge von Social Media und zunehmender Mobility? 3 Fragen dazu an Alexander Broj, Partner und Leiter der Social Business Consulting Initiative bei IBM Global Business Services.

RL: Unternehmen haben erkannt, daß Social Business jede Menge Chancen für sie birgt. Herr Broj, wo sehen Sie die Hauptvorteile?

Die Chancen liegen in der Vernetzung von Individuen, sowohl nach innen als auch nach außen mit Kunden und Partnern. Schauen wir zunächst auf die Kundenseite. Das Kundenverhalten hat sich massiv geändert. Ein mündiger Kunde erwartet heute mehr von einem Unternehmen als jemals zuvor: eine individuelle Ansprache, umfangreiche Informationen, Austausch mit Experten und anderen Kunden. Damit ein Unternehmen solche Kunden binden und begeistern kann, ist eine umfassende Einbindung in den Informations- und Kaufprozess erforderlich. Im Gegenzug erhalten Unternehmen wertvolle Information und Verhaltensdaten ihrer Kunden, um maßgeschneiderte Angebote zu erstellen oder Marktentwicklungen frühzeitig zu erkennen.

Auch Produkt- oder Serviceinnovationen werden stark von Kunden beeinflußt und können über soziale Medien viel stärker und einfacher in den Entwicklungsprozess eingebunden werden. Das gilt aber auch für Geschäftspartner, die beispielsweise in gemischten Teams über Innovationsplattformen einfacher miteinander kooperieren können.

Der dritte wesentliche Vorteil liegt in der Produktivtätschance, die sich Unternehmen durch Social Business eröffnet. Experten- und Wissenssuche sind zwei typische Anwendungsfälle im Unternehmen, die durch Unternehmensnetzwerke und Kollaborationsplattformen erheblich verbessert werden. Aber auch generell lassen sich Kommunikationsaufgaben neu gestalten, da die Verbreitung von Informationen in einem Netzwerk schneller und effizienter ablaufen kann.


RL: Gleichzeitig sehen wir sehr viel Nachholbedarf und Unsicherheit bei der Integration von Social Media und Mobility in den Unternehmen. Woran liegt das?

Es gibt eine Reihe von Ursachen, die Unternehmensentscheidern heute Sorge bereiten, wenn es um Social Business geht. Zunächst mal ist das Themenfeld noch vergleichsweise neu und damit der Erfahrungsschatz noch eingeschränkt. Häufig sind auch die Fragestellungen rund um das Thema Datensicherheit und -schutz noch nicht ausreichend verstanden und beispielsweise auch mit den mitbestimmenden Gremien diskutiert.

Aus Sicht einer Geschäftsverantwortung wird auch der "Business Value" noch nicht in ausreichendem Maße gesehen und verstanden. Es fehlt dabei häufig der Blick für künftige Entwicklungen - Netzwerke sind das neue Betriebssystem von Unternehmen und das Ökosystem, in dem sich ihre Kunden und Partner bewegen. Einen wesentlichen Unsicherheitsfaktor stellt aber der kulturelle Wandel dar, den der Einzug von sozialen Techniken in Unternehmen bewirkt. Informationstransparenz, andere Formen der Führung und der damit einhergehende Kontrollverlust bereitet vielen Unternehmen Sorge.


RL: Heißt das, daß Unternehmen nur dann das Potenzial von Social Business ausschöpfen, wenn sie eine Transformation einleiten, die alle Ebenen von den Leitwerten bis hin zu Prozessabläufen einschließt?

Die Antwort darauf lautet Ja und Nein. In der Tat ist es so, daß Unternehmen nur dann das Potenzial dieser revolutionären Entwicklung heben können, wenn es einen geordneten, gewollten Veränderungsprozess gibt. Unsere Erfahrung zeigt: das ist eine Transformation mit allen Aspekten rund um Kultur, Prozess und Technologie. Andererseits gibt es auch die Chance gewisse Ausprägungen des Social Business auszuprobieren. Aber auch dies sollte gewollt und gesteuert sein, beispielsweise wenn es darum geht eine Innovationsplattform für Kunden einzuführen oder eine Partnercommunity aufzusetzen. So können Organisationen lernen mit den Effekten des Social Business umzugehen und dann die Erkenntnisse skalieren.

In jedem Fall ist diese Entwicklung kein Thema, das in der IT verbleiben sollte und auf die Ebene eines File-Sharingsystems gehoben werden darf. Eine Beteiligung einer oder mehrerer Geschäftsfelder, der Kommunikationsabteilung und HR zusammen mit dem CIO-Bereich ist für die Erarbeitung des unternehmenspezifischen Social Business Potenzials und der daraus resultierenden Strategie zu empfehlen. Wieviel Transformation dann notwendig ist, hängt vom Reifegrad und Ausgangspunkt der betroffenen Organisation ab.

Mehr zum Thema in der Analyse: The business of social business