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Taxi Taxi: Eine Branche in Aufruhr

22. August 2014 Posted by Benedikt

Die Taxi-Branche ist in Aufruhr und fühlt sich bedroht. Aus meiner Sicht eine richtige Wahrnehmung, aus der allerdings die falschen Schlüsse gezogen werden. Nachdem in den vergangenen Jahren die Taxi-Zentralen durch Apps wie mytaxi ihre Daseinsberechtigung (und vor allem ihr Geschäftsmodell) in Frage gestellt sahen, greift der kürzlich auch in Deutschland gestartete Dienst Uber nun nicht nur nach dem Geschäft mit der Vermittlung, sondern zielt direkt auf die Dienstleistung an sich ab: die Taxifahrten. Zu allem Überfluss kommt der ADAC in einem aktuellen Test zu einem ziemlich kritischen Urteil über das Taxigeschäft:

In fast 90 Prozent aller Fälle waren Quittungen unvollständig ausgefüllt. Zudem registrierten die Tester bei 16 Fahrten unnötige Umwege sowie vier Fahrtverweigerungen. Bei 17 Prozent aller Fahrten haben sich die Fahrer nicht an die Verkehrsregeln gehalten.

Auch wenn man (wie es der Radiosender 1Live beispielsweise gestern tat) dem ADAC vorwerfen kann, dass 160 Fahrten eine recht kleine Stichprobe sind und dass das Bemängeln von nicht vollständig ausgefüllten Quittungen sehr kleinlich ist, passt das Ergebnis doch zu meinen bisherigen Erfahrungen mit Taxifahrten in ganz Deutschland.

Besonders in meiner Heimatstadt Essen fällt mir aber immer wieder auf, dass viele Taxifahrer (nicht alle, ich möchte das nicht verallgemeinern)

  • keinerlei Ortskenntnis haben
  • kaum Deutsch sprechen
  • nicht gerade freundlich sind
  • Verkehrsregeln eher als Empfehlungen betrachten
  • ungepflegte Fahrzeuge fahren
  • auf Quittungen höchstens den Betrag ausfüllen
  • während der Fahrt telefonieren

Wenn ich dann sehe, wie einerseits Uber viel Zulauf und gute Bewertungen erhält und andererseits die Taxi-Branche und lokale Interessenvertreter verzweifelt versuchen den Dienst zu diskreditieren oder besser noch verbieten zu lassen, wird mein Wunsch nach Wettbewerb in diesem seit Jahren durch Regulierung beschützten Markt nur noch stärker.

Zugegeben, es gibt einige Argumente der Uber-Gegner die ich durchaus berechtigt finde und für die Lösungen erarbeitet werden sollten:

  • Personenbeförderungsschein: Dieser ist für Taxifahrer Pflicht, für private Fahrer nicht. Voraussetzungen sind unter anderem eine ärztliches Gutachten, ein Führungszeugnis und nachgewiesene Ortskenntnis. So soll sichergestellt werden, dass man nicht unwissentlich zu einem fahruntüchtigen Straftäter ohne jede Ortskenntnis ins Taxi steigt. Ehrlich gesagt ist das jedoch genau der Eindruck, den ich bei mancher Taxifahrt schon hatte. Vielleicht sollte hier also die Kontrolle sowohl für neue Dienste wie Uber wie auch für die traditionellen Taxifahrer verbessert werden.
  • Versicherung: Kommerzielle Taxifahrer haben eine Versicherung, die den Fahrgast mit absichert. Dies scheint für private Fahrten die über Uber vermittelt werden, nicht der Fall zu sein. Ich kann das selbst nicht bewerten, dies ist sicherlich ein Punkt der geklärt werden muss.
  • Schwarzarbeit: Ausgerechnet die Taxibranche argumentiert, dass Dienste wie Uber zur Schwarzarbeit auffordern. Natürlich müssen die Fahrer das mittels Uber erzielte Einkommen versteuern und genau wie im traditionellen Taxigewerbe besteht hier ein großes Potential für Schwarzarbeit, dass es durch Kontrollen zu minimieren gilt. Da bei Uber alle Zahlungen zentral und bargeldlos abgewickelt werden, ist aus meiner Sicht hier im Gegensatz zum dezentralen Bargeldgeschäft der Taxifahrer eine effektive Kontrolle viel einfacher möglich.

Ich möchte hier keinen Abgesang auf eine Branche anstimmen und ich habe auch schon viele freundliche, ortskundige und hilfreiche Taxifahrer kennengelernt, deren Dienste auch in Zukunft sicherlich gefragt sein werden. Wenn aber eine Branche, die aus meiner Sicht tiefgreifende Veränderungen bitter nötig hat, mit Verbotsforderungen auf Innovationen reagiert um Fortschritt zu verhindern, ist es Zeit als Kunde den Mund aufzumachen und ebenfalls eine Forderung zu stellen: Lasst den Markt entscheiden. Lasst uns Kunden entscheiden.