“Big Data” ist ein neues Modewort, das nicht nur die IT Industrie durch das digitale Mediendorf treibt. Auch “The European” widmet sich in seiner aktuellen Printausgabe des Themas. Die Beiträge sind wohl geschrieben worden, bevor der PRISM-Aspekt von “Big Data” publik wurde. Dies gibt manchem Beitrag ein gewisses Geschmäckle. Wenn T-Systems-Vorstandsmitglied Reinhard Clemens darüber lästert, wie wir Deutschen wieder einmal technologieskeptisch sind, dabei die Obama-Wahlkampagne zitiert und IT-Unternehmen dazu auffordert, den Nutzen von “Big Data” jenseits des rein Kommerziellen deutlich zu machen, bekommt das schon jetzt eine neue Bedeutung.
Um es klar zu sagen: Ich bin technologiefreundlich und glaube, dass Technologien wie Watson und vergleichbare Systeme in der zielgerichteten Analyse von “Big Data” unendlich viel Nützliches und Gutes bewirken können, in Wirtschaft ebenso wie im Gesundheitswesen. Jedoch machen PRISM und die vergleichbaren Vorfälle auch deutlich, dass der kontrollierte Umgang mit unseren Daten ein elementares Thema ist. Sich dabei auf Behörden wie die NSA zu kaprizieren, ist nicht genug. Die Google’s und Amazon’s dieser Welt gehören ebenfalls in den Blick – und kontrolliert. Gerd Leonhard vergleicht die Datenkraken von heute mit den Ölgiganten, den Exxons und MobileOils, von gestern. Nur wer kann Kontrolle in einer globalen Welt jenseits der Nationalstaaten leisten? Wer kann multinationale Konzerne und Stattsorgane kontrollieren? Darüber müssen wir nachdenken und dabei – so weit möglich – mit der Kontrolle unserer eigenen, persönlichen Daten beginnen.
Die Potenziale, die derzeit entfaltet werden, sind gigantisch. “Big Data” wird von anderen Megatrends befeuert: “Mobile” – überall “on” sein, Daten generieren und abrufen – und “Social” – sich vernetzen, Informationen teilen und austauschen, eben gerade auch mobil – produzieren immer mehr Daten, die ausgewertet werden können. Die Cloud (um es mal platt zu sagen) ist der Ort, wo sie mehr oder weniger sicher und gesichert gespeichert werden.
Der Rohstoff Öl ist endlich. Der Rohstoff Information, Data, scheint – so der Vergleich nicht hinkt – unendlich, ja wachsend. MEssieht so aus, als ob wir erst am Anfang der Möglichkeiten von “Big Data” sind. Wenn heute unerlaubt, ohne persönliche Einwilligung E-Mails unter dem Deckmäntelchen der nationalen Sicherheit abgehört werden, wenn schon seit Jahren persönliches Surf- und Kaufverhalten ausgewertet und monetarisiert wird, so kommen schon jetzt Geoinformationen und vor allem multimediale Inhalte unzähliger Kameras hinzu. Und all diese Informationen werden intelligent vernetzt. Ich will hier bestimmt nicht den Datenteufel an die Wand malen, aber jedem sollte bewusst sein, welche auch negativen Möglichkeiten “Big Data” bietet und wie – besser in welchem Rahmen – man seine persönlichen Daten auf Google und Co. schützen kann. Ich rede von Schutz, nicht Verweigerung!
Das Bekanntwerden von PRISM läutet (hoffentlich) eine neue Phase der Sensibiltität gegenüber Datenüberwachung und den “Big Brother’s “ein, hoffentlich nicht im Sinne platter Bilderstürmerei und Technologiefeindlichkeit (wie wir sie nur zu oft gerade in Deutschland pflegen), sondern vielmehr in der konstruktiven, streithaften und streitbaren Auseinandersetzung um die Vorteile und Gefahren von “Big Data”. Das Netz und die dort generierten Daten haben ungeheueres, positives Potential. Es liegt an uns allen die negativen Aspekte einzudämmen.
P.S. Ich hoffe, dass die gegenwärtige Diskussion nicht wieder einmal nur dazu führt, dass ausschliesslich die USA-Administration platt kritisiert werden. Es wäre endlich an der Zeit, dass auch gerade die selbsternannte deutsche Netzeliten endlich einmal einen kritischen Blick auf die kommerziellen Datensammler und -verwerter wirft, statt blauäugig und anbetend selbstdeklarierten Gutkonzernen alles durchgehen zu lassen.
P.P.S. In einem solchen “Big Picture” bekommt das Verhalten eines Snowden eine neue Dimension.
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