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Regionaler Ökostrom, optimiertes Energieverbrauch, Laden für das E-Auto oder der Ponyhof der Energiewirtschaft | Digitalthema bei #9vor9

9. Februar 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Der Strom-, Wasser- oder Gaszähler wird abgelesen. So kenne ich es noch von meiner Oma. Doch auch heute noch ist es gang und gäbe. Einmal im Jahr hängt einen Zähler der Techem an der Haustür, dass man um 14 Uhr vorbei komme und man bitte da sein solle. Um ehrlich zu sein, ich weiß nicht, ob Gas oder Strom abgelesen wird, doch es spielt auch keine Rolle. Es war meine Einleitung zum Gespräch mit meinem ehemaligen Kollegen Thorsten Zoerner, der von Lars und mir zu #9vor9 eingeladen. Und unser Digitalthema der Woche war Ökostrom und Digitalisierung, einem Bereich, dem sich Thorsten nun seit geraumer Zeit mit seiner Firma Corrently und einigen weiteren Unternehmungen und Aktivitäten widmet.

Mit Corrently wollen Thorsten und sein Team gezielt lokalen, regionalen Ökostrom zur Verfügung stellen und möglichst vermeiden, dass in Spitzen trotz eines Ökostromtarifs nicht erneuerbarer Energien verbraucht werden. Genau das versucht Corrently zu vermeiden, analysiert die vorhandenen Daten und bietet im Grünstrom Index regional Transparenz darüber, welcher Ökostrommix verfügbar und wann die „besten“ Zeiten für Ökostrom sind. Ich habe gelernt, dass für meinen Standort Ökostrom zu 85 Prozent aus Windrädern auf Land kommt. Solar und Biomasse folgen dann mit jeweils 7 Prozent.

Und der Corrently GrünstromIndex erstellt eine Vorhersage, wann der Strom zu hohen Anteilen Region kommt. Mir fiel natürlich die leidige Diskussion um das Laden von E-Autos ein, wo ja schon diskutiert wurde, zu Zeiten mit hohem Stromverbrauch das Laden zu drosseln. Aufgrund der Daten des Grünstromindexes könnte man ohne weiteres die eigenen Ladezeiten optimieren. Sehe ich mir die Vorhersage oben an, so könnte und müsste ich mein E-Auto am besten kommende Nacht, z.B. zwischen 3 und 6 Uhr laden. Dann ist laut Chart viel Strom aus regenerativen Quellen vorhanden. Ich würde also klimaschonend laden.

Im Idealfall könnte das Laden sogar automatisiert geschehen, wenn, ja wenn zum Beispiel die APIs der Wallboxen der verschiedenen Hersteller offen wären. Dann wäre es ohne weiteres denkbar, das eigene E-Auto gezielt zu den günstigsten und „ökologischsten Zeiten“ automatisiert zu laden. Entsprechende Schnittstellen gibt wie das Energie Management System OpenEMS oder dem MQTT Broker gibt es, aber sie müssen halt unterstützt werden. Nun warten wir mal darauf, dass Volkswagen und andere dies tun und dann Thorsten und sein Team anrufen.

Corrently wurden schon mal als Ponyhof der Energiewirtschaft bezeichnet. Für mich ist es mehr ein Beispiel dafür, was mit Kreativität an sinnvollen digitalen Lösungen möglich wäre und wie und wo Daten beziehungsweise die nutzenorientierte Analyse wirklich eine hilfreiche Rolle spielen könnten. Doch scheint es so, dass die kleinen Startups, die Robin Hoods der Digitalisierung, leider nur zu oft mit deutscher Bräsigkeit und eingefahrenen Besitzständen zu kämpfen haben. Für solche Lösungen würde ich mir Unterstützung seitens des Umweltministeriums oder Wirtschaftsförderung wünschen. Sinnvolle Steuerung des Energieverbrauchs ist vielleicht keine Sprunginnovation, aber auf jeden Fall eine wichtige Innovation.

Und einmal mehr wird klar, wie wichtig Schnittstellen und Open Source sind, um ein offenes Ökosystem zu schaffen. Es könnte aber sein, dass einige Konzerne genau so etwas nicht wollen. Dabei geht es nicht nur um Nachhaltigkeit und Klimaschutz, sondern auch durchaus um Wettbewerbsvorteile für den Standort Deutschland.

Auf der Webseite von Corrently befinden sich noch viele weitere Informationen, vom Grünstrombonus. über die man beispielsweise Anteile an Solaranlagen erwirbt (nicht auf dem eigenen Dach, sondern dezentral), bis zu Casa Corrently, einer Lösung die auf Basis der vorhandenen Daten Energiemanagement mit vollständiger Kostentransparenz schaffen will.

Dem Thorsten seine Links zu unserem Gespräch:

P.S. Mir bleibt leider ein schaler Geschmack im Mund: Vor rund 20 Jahren habe ich versucht, eine Solaranlage auf dem Dach unserer Eigentumswohnungsgebäudes installiert zu bekommen. Das leicht gewölbte Dach, das Richtung Süden zeigt, wäre ideal geeignet. Eine Miteigentümerin hat das damals gekippt. Und zu der Zeit war die Förderung noch deutlich höher. Es ist manchmal sehr mühsam. Ich werde Thorsten seine Bemühungen weiter verfolgen und mir auch mal ein Angebot rechnen lassen.

Und natürlich gibt es #9vor9 auch wieder als Podcast auf den bekannten Plattformen und hier im Netz.

(Stefan Pfeiffer)

Bilder von Gerd Altmann und von Anrita1705 auf Pixabay