Hinweis: Dieser Beitrag gibt wie immer meine persönliche Meinung wieder und stellt keine offizielle Äußerung der IBM dar.
Jetzt sind es keine zwei Wochen mehr bis zur CeBIT 2012, auf der ich am Demopunkt 113 auf dem IBM-Stand in Halle 2 unter anderem IBM Docs und IBM Lotus Symphony zeigen werde. Da ich in letzter Zeit ab und an auf den Status und die Zukunft von IBM Lotus Symphony angesprochen wurde, möchte ich an dieser Stelle einmal den aktuellen Stand zusammenfassen.
Die Geschichte von OpenOffice.org und IBM Lotus Symphony
OpenOffice.org 1.0 wurde 2002 durch Sun Microsystems veröffentlicht und basierte auf der Software StarOffice, die Sun 1999 von der Hamburger Firma Star Division gekauft hatte.
Im Jahr 2008 stellte IBM die Version 1.0 von IBM Lotus Symphony vor. Symphony basierte auf OpenOffice.org, stellte aber einen neuen Entwicklungszweig ("Fork") dar. Ergebnisse aus der Entwicklung von Symphony flossen zwar teilweise wieder in OpenOffice.org zurück, grundsätzlich gab es aber zwei parallele Entwicklungen.
2010 erfolgte dann die Übernahme von Sun durch Oracle, in deren Rahmen auch die Rechte am Projekt OpenOffice.org an Oracle übergingen. Mit Oracle als Verwalter des Projektes nicht einverstanden, entschloss sich ein großer Teil der OpenOffice-Community zur Gründung der The Document Foundation und stellte unter dem Namen LibreOffice einen neuen Abzweig vor. Man hatte anfangs wohl noch die Hoffnung, Oracle würde den Namen OpenOffice.org an die Foundation übertragen und sich dann in einem von der Community gesteuerten Entwicklungsprozess engagieren. Oracle lehnte aber jede Art der Kooperation ab und so entstand mit der Zeit ein immer unabhängigeres Projekt in Form von LibreOffice.
Da Oracle aber schnell das Interesse an OpenOffice.org verlor, wurde das Projekt im letzten Jahr an die Apache Software Foundation (ASF)
übergeben, wodurch sich für die Zukunft der freien Office-Alternative ganz neue Möglichkeiten ergeben.
Die Zukunft von IBM Lotus Symphony heißt Apache OpenOffice the IBM Edition
Nach der Übergabe durch Oracle wurde das Projekt unter dem Namen
Apache OpenOffice bei Apache in den sogenannten "Incubator" übernommen, wo das Projekt an die Regeln der Apache Software Foundation angepasst wurde. Hier wurde beispielsweise der gesamte Quelltext auf die Verwendung von nicht frei verfügbaren Komponenten überprüft.
IBM hat sich entschlossen, die unter dem Dach von Apache weitergeführte Entwicklung von OpenOffice zu unterstützen und keinen separaten Entwicklungszweig mehr zu betreiben. Dafür wurde der Code von IBM Lotus Symphony an die ASF übergeben und wird in die Entwicklung der kommenden Version von Apache OpenOffice einfließen. IBM hat außerdem einige vormalige StarOffice-Entwickler eingestellt, die sich in das Projekt einbringen werden.
Mit
IBM Lotus Symphony 3.0.1 wurde vor kurzem die letzte Version des eigenen Entwicklungszweiges vorgestellt. Diese bringt viele Verbesserungen gegenüber der Version 3.0 und wurde bei IBM intern bereits für über 400.000 Mitarbeiter ausgerollt. Für IBM selbst und vor allem für die vielen Kunden, die bereits auf die freie Office-Alternative gewechselt sind, wird der nächste Schritt sehr wahrscheinlich Apache OpenOffice 4.0 heißen. Außer dem neuen Namen bedeutet das vor allem erhöhte Geschwindigkeit und verbesserte Qualität der Entwicklung für den durch die Community und durch IBM vorangetrieben gemeinsamen Entwicklungszweig.
Die durch IBM angebotene Variante wird dabei den Namen Apache OpenOffice the IBM Edition tragen und auf einem unveränderten Apache OpenOffice basieren, dass durch Plugins um IBM-spezifische Funktionalitäten erweitert wird, die beispielsweise eine Anbindung an Lotus Notes oder die Integration von IBM Connections, IBM Docs und IBM SmartCloud for Social Business bieten. Einzig das integrierte Starten von Symphony in IBM Lotus Notes wird wohl mit der kommenden Variante nicht mehr möglich sein.
Aus meiner Sicht bietet die beschriebene Entwicklung viele Vorteile. IBM Lotus Symphony stellt keine Konkurrenz zu OpenOffice.org mehr da, es gibt einen einheitlichen Entwicklungszweig, Kräfte werden gebündelt und für bestehende Symphony-Nutzer ändert sich kaum etwas.
Meine persönliche Hoffnung für die Zukunft ist, dass sich auch das Projekt LibreOffice wieder in die Entwicklung von Apache OpenOffice eingliedert, um eine gemeinsame, starke Alternative zu Microsoft Office voranzutreiben. Aufgrund einiger Vorbehalte gegenüber Apache auf Seiten der The Document Foundation und durch die mittlerweile doch recht weit voneinander entfernten Entwicklungen halte ich das in naher Zukunft allerdings leider für nicht sehr wahrscheinlich.

