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#Twitter-#Ticker zu angedachten neuen #Reply-Funktionen: Senf kontrollieren und Hass eindämmen oder mehr Desinformation und schlechterer Diskurs

9. Januar 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Twitter hat auf der CES 2020 angekündigt, neue Funktionen in der Kommunikation zu testen. Direkt beim Erstellen von Tweets soll man angeben können, ob ein Tweet

  • global ist – jeder kann antworten und kommentieren,
  • für eine Gruppe – Leuten, denen man folgt oder die man erwähnt, können kommentieren,
  • für ein Panel – nur diejenigen, die im Tweet erwähnt wurden, können kommentieren,
  • oder ein Statement ist, das man nicht kommentieren kann.

Diese Funktionalität wird, so Suzanne Xie, Twitters Director für Product Management laut The Verge, derzeit geprüft und im ersten Quartal in einem Experiment getestet. Basierend auf diesem Experiment und den „Learnings“ könnte die Funktionalität später im Jahr global eingeführt werden.

Und ich gebe zu, dass ich mir nicht sicher bin, ob dieser Weg richtig ist, um Konversationen besser zu steuern und trotzdem eine lebendige Diskussion zu erhalten, oder ob dadurch Grundmechanismen des sozialen Netzes ausgehebelt werden und gar diejenigen davon profitieren, die schon jetzt manipulieren Propaganda betreiben.

Ich sammele hier einige Kommentare und Einschätzungen – auch Euer Input ist willkommen – und schreibe diese in einem Ticker die kommenden Tage fort:

9.1.2020 – Schöner Titel der taz – Und ja erst Tests werden zeigen, ob man damit A..löcher aus seiner Timeline verbannen kann und welche Nebeneffekte es hat

9.1.2020 – Vivien Stellmach begrüßt in Ihrem Kommentar auf Basic Thinking die neue Funktionalität:

Manchmal geben Twitter-Nutzer ihren Senf dazu, obwohl sie nicht dazu aufgefordert wurden oder wir sie nicht einmal kennen. …

Deshalb sind die neuen Einstellungsmöglichkeiten sehr gut gewählt. Für Nutzer, die die offene Kommunikation mit anderen Menschen schätzen, ändert sich nämlich nichts. Nutzer hingegen, die auf Twitter lieber auch mal mit einem engeren Personenkreis kommunizieren wollen, können das nun endlich ebenfalls tun.

Twitter-Replies: Wir dürfen einschränken, wer auf unsere Tweets antwortet

9.1.2020 – Neue Funktion Mittel gegen Hass?

9.1.2020 – @DerPeder befürchtet, dass genau das Gegenteil erreicht wird: mehr populistische Meinungsbildung

9.1.2020 – Ole Wintermann findet die Neuerungen spannend … und hebt nicht nur auf Steuerung von Konversationen ab … welch eine Formulierung

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Nicht schwarz-weiß – die Grauwerte sind die Realität, auch wenn das alles komplizierter macht

31. Dezember 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Zum Jahresabschluss doch noch eine Leseempfehlung, da mir Christian Buggisch aus der Seele spricht. Er äußert sich zu unser digitale Diskussionsunkultur, die ihn „an eine wochenalte Obstschale erinnert“:

Gerade sah alles noch frisch aus und duftete verheißungsvoll nach Vernetzung, Austausch und Dialog auf Augenhöhe. Doch die Verfallserscheinungen sind unübersehbar. Faszinierenderweise haben die neuen Möglichkeiten digitaler Kommunikation rasend schnell dazu geführt, dass wir verlernt haben, wie Kommunikation funktioniert, was eine Debatte ist, wie der Austausch von Argumenten funktioniert und was der mit uns machen kann, nämlich uns dazu zu bewegen, Positionen zu finden, einzunehmen, nachzujustieren, ganz aufzugeben oder sie mit neuen Argumenten zu festigen. Statt dessen gibt es nur noch Turbo-Festlegungen auf Richtig und Falsch, Gut und Böse, Freund und Feind.

über Fünf Anmerkungen zu 2019 ‹ Christian Buggischs Blog ‹ Reader — WordPress.com

Gerade diese Schwarz-Weiß-, Richtig-Falsch-Festlegung macht Angst, denn sie wird gerade von radikalen Kräften betrieben und instrumentalisiert.

Alles muss Freund oder Feind sein, Innen oder Außen, Patriot oder Verräter, Mann oder Frau, Schwarz oder Weiß. Dieses Schema der Bipolaritäten wird der Realität übergestülpt.

über Björn Höcke: Der Angstmacher | ZEIT ONLINE

Doch die reale Welt, die Herausforderungen sind in der Regel nicht schwarz oder weiß. Die Grauwerte sind Realität. Das ist natürlich unbequemer und erfordert genau eine Streit- und Debattenkultur (wie sie auch Christian fordert), die Bereitschaft zu Kompromissen, die nicht faul sein müssen, und zuletzt den Respekt vor anderen Meinungen und Menschen.

Morddrohungen. und Beschimpfungen gehören ganz sicher nicht zu dieser Kultur. Genau solches Verhalten macht Angst, persönlich und um unsere Demokratie. Und solches Verhalten sollte nicht toleriert werden. Vereinfachende Freund-Feind-Bilder und Weltverschwörungstheorie hatten wir schon einmal und das hat zu den größten Verbrechen in der deutschen Geschichte und zu den größten Verbrechen in deutschem Namen oft durch Deutsche geführt. Das war und ist kein Vogelschiss. Diese Verbrechen sind und waren der größte Haufen Scheiße, der noch heute und für immer zum Himmel stinkt.