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Nach der Cebit: „Eine digitale Weltausstellung in jedem Bahnhof“ – Neue Initiative digitalgermany – Brauchen wir ein thematisch breites IT-Fachevent?

2. Dezember 2018 Posted by Stefan Pfeiffer

Die Cebit ist am Ende und allerorten wird überlegt, wie es weitergehen soll. Die Deutsche Messe wird versuchen, interessante Teile und Aussteller der Cebit noch stärker in die Industrie-/Hannover Messe einzubinden. Und man träumt von spitzen Fachveranstaltungen. Mit Andreas Gebhard haben Gunnar Sohn und ich darüber gesprochen, ob und wie die republica interessante Themen und Aspekte der Cebit übernehmen könnte. Andreas betonte in dem Gespräch nochmals das Konzept und die Notwendigkeit digitaler Volksfests, das man seitens der re:publica schon diesem Jahr veranstaltet hat.

In eine ähnliche Richtung scheinen auch die Vorschläge des Deutschen Startup-Verbandes zu gehen, die am 30.11.2018 eine entsprechende Pressemitteilung herausgelassen haben. Dort wird Florian Nöll, Vorsitzender des Startup-Verbands, zitiert:

Die CEBIT war nicht nur ein Symbol für den Innovationsstandort Deutschland. Die CEBIT war für viele meiner Generation zur Jahrtausendwende der digitale Wallfahrtsort im komplett analogen Deutschland. Statt in den Freizeitpark sind viele spätere Digitalexperten und Startup-Gründer in ihrer Jugend einmal im Jahr zu CEBIT gefahren. Für einen Tag waren wir Nerds unter uns. Dieser IT-Freizeitpark für die ganze Familie war die auf Fachbesucher beschränkte CEBIT in den letzten Jahren natürlich schon längst nicht mehr. Aber genau das braucht Deutschland jetzt, um den Menschen Lust auf die digitale Welt zu machen. Digitalisierung zum Anfassen. Für die ganze Familie. Eine digitale Weltausstellung in jedem Bahnhof.

über Digital Germany – Pressemitteilung des Bundesverbands Deutsche Startups e.V.

Schöne Formulierung, IT-Freizeitpark für die ganze Familie. Genau in diese Richtung scheint der Vorschlag des Verbands zu gehen. Digitalisierung erlebbar machen, eine digitale Weltausstellung in jedem Bahnhof. Die Schweiz dient dabei als Vorbild. Auch Andreas denkt in diese Richtung: informieren, aufklären, diskutieren, unterhalten, an ein digitales Volksfest, das man 2018 schon in Berlin gestartet hat.

Video-Eindrücke von Studierenden des SAE Instituts Berlin zum Netzfest 2018 – des erstes digitale Volksfest – im Park am Gleisdreieck in Berlin!

Wenn ich das so lese und zustimmend nicke, können es dann eigentlich nur viele dezentrale Veranstaltungen in deutschen Städten sein. Und was ist mit Land? Die Diskussion haben wir ja gerade wieder wegen 5G und Breitbandausbau. Unwirklich schiessen mir Erinnerungen an die beiden Bloggerbus-Touren durch den Kopf, die wir als IBM 2010 und 2011 in Kooperation mit der republica gemacht haben. Enterprise 2.0 war damals das Thema, also ein etwas spitzeres und auf Unternehmen fokussiertes Thema. Und ich denke an Trucks, in denen Digitalisierung erleb- und anfassbar gemacht werden könnte.

Der Bedarf ist aus meiner Sicht auf jeden Fall da: Bürgerinnen und Bürger müssen deutlich mehr über digitale Themen, über Chancen und Risiken am Arbeitsplatz 4.0, im Smart Home, der Industrie 4.0, dem Internet of Things (IoT) der digitalen Verwaltung, der zunehmenden Mobilität informiert werden. Gar keine Frage. Dorothee Bär, Staatsministerin für Digitalisierung, unterstützt laut Pressemitteilung den Ansatz des Startup-Verbandes, die unter dem Namen Initiative digitalgermany gestartet wurde und nun Unterstützer sucht.

Lokal etwas tun: Digitaltag in der Digitalstadt Darmstadt?

Lokal gedacht bin ich gespannt, ob die Digitalstadt Darmstadt auf diesn Zug mit aufzuspringen versucht und für Darmstadt ein digitales Volksfest angeht. Öffentliche Wahrnehmung und Information, Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern, das ist das, wo ich deutlichen Verbesserungsbedarf in der Digitalstadt sehe. Strategiepapiere können wichtig sein, sind aber dann nur Papier, wenn die Öffentlichkeit nicht konstruktiv dabei ist.

Und ich frage mich auch, was mit den Unternehmen ist, die eher versteckt im Maschinenraum der Informationstechnologie, der Cloud, den Rechenzentren und in Unternehmen wirken, also neudeutsch dem B2B-Bereich. Was könnte deren Interesse an dezentralen digitalen Volksfesten sein, wenn sie eigentlich mit dem Endanwender nur wenig oder nichts zu tun haben? Sie wollen in Kontakt mit den IT-Spezialisten, den IT- oder Fachbereichsverantwortlichen und den CIOs treten, um ihre Lösungen zu präsentieren. Ja, sie wollen Leads schreiben, Pipeline generieren und im Endeffekt Geschäft machen. Und dieses Anliegen ist ja nicht per se negativ. Da werden eher auf Bürgerinnen und Bürger ausgerichtete, dezentrale Veranstaltungen nicht unbedingt vorbehaltlose Begeisterungswellen auslösen. Image-Pflege und Aufklärung könnte hier ein Argument sein, aber wie weit trägt das, wie weit öffnet das den Geldbeutel?

Bestehende Veranstaltungen kompensieren Verlust der Cebit – wenn es überhaupt ein Verlust ist

Eigentlich sind wir wieder bei den alten Themen, die auch eine Cebit hatte: Will ich Endkunden/innen, Consumer, Bürger/innen erreichen? Oder adressiere ich ein IT-Spezialisten- und Fachsbereichspublikum aus Unternehmen und öffentlicher Verwaltung? Geht beides zusammen? Braucht es dazu neben den oft auch schon vorhandenen spitzen Fachveranstaltungen auch ein größeres Event, wie es die Cebit war oder hat sich eine solche generische IT-Fachmesse überholt? Braucht der Standort Deutschland eine solche Ankerveranstaltung? Oder haben dmexco die Marketingfachleute, die Hannover Messe die Industrieunternehmen, die it-sa in Nürnberg die Sicherheitsexperten und die republica die Netz-Avantgarde bereits abgeholt und wir brauchen eigentlich nur noch selektiv neue Veranstaltungen? Spitz und fachlich halt.

Ein klares ja für dezentrale Digitaltage für Bürger/innen

Als Bürger und jemand, der dafür brennt, dass über Digitalisierungsthemen aufgeklärt und auch diskutiert wird, begrüße ich die Idee der vorgeschlagenen Digitaltage. Und ich habe ein schönes Bild vor Augen, wenn ich mir in den Bahnhöfen entsprechende Ausstellungen vorstelle, wenn Unternehmen zu diesen Anlässen ihre Pforten öffnen und vielleicht auch erwähnte Busse und Trucks unterwegs wären.

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Bedarf für eine IT-Themen übergreifendes Event?

Aber irgendwie habe ich auch das Gefühl einer Lücke, dass es ein Fachevent geben müsste, auf dem derzeit relevante Themen wie Künstliche Intelligenz, Blockchain, Internet of Things, Cloud, Security gemeinsam und übergreifend, eben nicht nur auf einer Fachkonferenz diskutiert würden. Und für mich wäre es eine Veranstaltung jenseits der erwähnten und von mir begrüßten Digitaltage für Bürger/innen, für Fachfrauen und -männer. Und nein, wir brauchen keine neue IT-Heizdecken-Verkäufer-Veranstaltung. Vielleicht sollte man hier mal die Fachleute in Unternehmen und Verwaltung direkt befragen, um deren Feedback einzuholen, bevor man im eigenen Saft schmort und etwas produziert und finanziert, was keiner wirklich will. Welche Inhalte und welche Formate holen denn den interessierten IT-Fachfrau/-mann hinter dem Ofen hervor und motivieren sie in Zug, Bus oder Auto zu steigen, um sich vor Ort auszutauschen? Was geht online und digital, wo braucht man ein klassisches Event?

Das sind alles Gedanken im Fluss und Kommentare sind mehr als willkommen.

(Stefan Pfeiffer)

Cebit-Talk mit Andreas Gebhardt und Gunnar Sohn: Welche Themen und Formate könnte man an eine re:publica sinnvoll anflantschen?

30. November 2018 Posted by Stefan Pfeiffer

Da haben wir 45 Minuten über die Cebit, das überraschende Ende und mögliche neue Formate gesprochen, der Andras Gebhardt von der re:publica, Live- Streaming-Gott Gunnar Sohn  und ich (als Blogger und Interessierter an der Digitalisierung). Durch die Bank waren wir überrascht über das plötzliche Ende der Cebit und sind gespannt auf mehr Insights, wie es dazu gekommen ist. Ein wirklich nahezu filmreifer Stoff, dieses Ende.

Fehlende Transformation und Anpassung an das Netzzeitalter über die vergangenen 10 Jahre oder gar länger, fehlender Atem beim Durchhalten von Themen und Formaten, der wirtschaftliche Druck, der Druck seitens der Aussteller, Leads und Pipeline zu produzieren, wir haben einige Themen und Gründe diskutiert, warum es eine Cebit nicht mehr geben wird. Und unsere Skepsis über die vollmundig angekündigten „inhaltlich spitze Fachveranstaltungen“ geäußert. Auf jeden Fall ist er Erneuerungsversuch mit Formaten, die man auch von einer re:publica kennt, krachend gescheitert. Woran im Endeffekt auch immer.

Und wir haben auch eine Denksportaufgabe mitgenommen. Welche Themen und Formate könnte man einer re:publica in welcher Form auch immer anflantschen? Sicher keine klassische IT-Messe mit altbackenen Ständen und IT-Heizdeckenverkaufsgesprächen. Deutschland auf dem Weg in die Digitale Gesellchaft hat Andreas schon vorgeschlagen. Nicht nur angesichts des deutschen KI-Gipfels fällt mir natürlich Künstliche Intelligenz in allen Facetten ein. Datenschutz, Datensicherheit, Hackerangriffe, DSGVO, alle Themen rund um den Umgang mit Daten werden uns beschäftigen müssen. Der Einsatz moderner Technologien für den Umweltschutz von Blockchain bis KI, es gäbe wirklich genug Ansätze.

Und hier sind auch Eure Ideen und Vorschläge gefragt. Wir wollen im Januar wieder zusammen kommen mit weiteren Teilnehmern, um genau das zu diskutieren und vielleicht neue Konzepte zu entwickeln. Ich freue mich drauf.

(Stefan Pfeiffer)

Kommentar zum Ende der Cebit: Zug abgefahren, andere haben es vorgemacht, Trends verschlafen und fehlender Wille

29. November 2018 Posted by Stefan Pfeiffer

Sie hat viele Jahre meines Lebens in der IT geprägt, die Cebit. Nun wird sie eingestellt und ich gebe zu, dass ich es bedauere. Aus Nostalgie, aber auch weil es eine deutsche Leitveranstaltung war, hätte weiter sein können, wenn sie man sie rechtzeitig reformiert hätte. Wie sagte noch Wirtschaftsminister Peter Altmaier zur Eröffnung der Cebit 2018: „Wo wir überall reden über die größte Herausforderung unserer Generation wäre es eine Dummheit sondergleichen, wenn wir die Cebit nicht bewahren.“

Allein scheinen fehlende Quaddratmeter-Buchungen, damit das Budget, vor allem der politische Wille zu einer Investition gefehlt zu haben, der Cebit noch eine Chance zu geben. Ob es eine Zukunftsinvestition geworden oder nur Geld versenkt worden wäre, weiß ich nicht. Auch letzteres hätte gut passieren können.

Stattdessen hat sich das Management der Cebit lange Jahre in Quadratmetern und Besucherzahlen gesuhlt, besser darin geschlafen und dabei Trends verschlafen. Mit Glück und mit Konzepten zu richtigen Zeit haben ein Mobile World Congress, eine DMEXCO (Marketing und Digitalagenturen), eine republica (Festival der Digitalavantgarde oder derer, die es zu sein glauben), vielleicht sogar eine South by Southwest (Festival der Digitalen in den USA) Themen besetzt, die etwas Weitsicht in die Cebit hätten wandern können. Zug abgefahren.

Es bleibt aus meiner Sicht eine Lücke. Ob, wie und wer mit welchen Formaten (online oder offline) die füllt, wird sich zeigen.

(Stefan Pfeiffer)