Posts Tagged: ‘Bundesdatenschutzbeauftragter’

Und ewig grüßt das Murmeltier: Eigentlich interessiert sich niemand wirklich für Datenschutz und Privatsphäre, viele Bürgerinnen und Bürger nicht, die Regierungsstellen sowieso nicht

24. April 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Am Karfreitag bin ich mal meinen RSS Reader durchgegangen. Da hatte sich einiges angesammelt. Und es ist spricht für sich selbst, was in den vergangenen 4 Wochen so veröffentlicht wurde. Und ewig grüßt das Murmeltier:

  • Die Mehrzahl meiner Bekannten bleibt weiter auf Facebook und nutzt weiter WhatsApp. Ich schaffe es ja nicht mal, meine Frau davon abzubringen. Was muss noch passieren? Zitat eines Freundes: „Wenn Werbung auf WhatsApp kommt, dann würde ich es mir überlegen …“
  • Die deutsche Verwaltung, Bundes- und Landesregierungen bleiben weiterhin Microsoft-hörig. Von ihnen hört man nichts, rein gar nichts zu den potentiellen DSGVO-Verstößen von Microsoft. Es lebe die Loggyarbeit. Ein Hoch auf die Amigos! Kampagnen „Public Money, Public Code“, die Open Source in der Verwaltung fordern, scheinen von genannten Stellen nicht gehört zu werden.
  • Google bleibt die beliebteste Suchmaschine, Chrome der dominierende Browser und Android das zahlenmäßig verbreitetste mobile Betriebssystem – trotz der Datensammelwut und Verwertung der Daten durch Google.
  • Gespräche mit Amazons Alexa werden einfach mal transkribiert, natürlich nur, um Alexa noch besser zu machen.

Frustrierend. Was muss noch alles passieren, damit mehr Anwenderinnen und Anwender und gar Regierungsstellen aufwachen? Oder wollen und werden sie gar nicht aufwachen.

Nur ein Auswahl von Beiträgen aus meinem RSS Reader. Mir ist sicher noch einiges entgangen.

20. April 2019 – Jörg Schieb zu Wie uns Facebook zum Narren hält

Die Salami-Taktik muss dringend unbenannt werden: in Zuckerberg-Rhetorik. Denn Mark Zuckerberg und seine Armee geben immer nur das zu, was ohnehin nicht mehr zu leugnen ist, und zwar so spät und so unauffällig wie möglich. Niemand beherrscht diese Methode so gut wie Facebook – und wendet sie auch so häufig an. …

Ein Konzern, der jeden Monat Milliarden-Gewinne erwirtschaftet, hält seine Nutzer und die Öffentlichkeit zum Narren. Ungestraft. Folgenlos. Wir unternehmen nichts.

über Mehr User betroffen: Wie uns Facebook zum Narren hält › Digitalistan

19. April 2019 – Facebook speicherte Passwörter von Millionen Instagram-Nutzern unverschlüsselt 

Facebook wendet im Falle einer bereits bekannten Datensicherheitspanne die Salami-Taktik an: Bislang sprach der Konzern von einigen Zehntausend betroffenen Nutzern, jetzt wird klar: Die Passwörter von Millionen Nutzern der Fotoplattform Instagram wurden unverschlüsselt auf internen Servern gespeichert. Das erklärte das Unternehmen am Donnerstag.

über Facebook speicherte Passwörter von Millionen Instagram-Nutzern unverschlüsselt – SPIEGEL ONLINE

16. April 2019 – Eine unbedingt lesenswerte Analyse von WIRED zu Facebook: 15 Months of Fresh Hell Inside Facebook

Scandals. Backstabbing. Resignations. Record profits. Time Bombs. In early 2018, Mark Zuckerberg set out to fix Facebook. Here’s how that turned out.

über 15 Months of Fresh Hell Inside Facebook | WIRED

16. April – Mark Zuckerberg leveraged Facebook user data to fight rivals and help friends, leaked documents show

Facebook CEO Mark Zuckerberg oversaw plans to consolidate the social network’s power and control competitors by treating its users’ data as a bargaining chip, while publicly proclaiming to be protecting that data, according to about 4,000 pages of leaked company documents largely spanning 2011 to 2015 and obtained by NBC News.

über Mark Zuckerberg leveraged Facebook user data to fight rivals and help friends, leaked documents show

16. April 2019 – Google Nutzer werden also permanent ausspioniert – auch wenn sie das Gerät nicht aktiv benutzen

Wer sich einmal vor Augen führen möchte, in welchem Ausmaß Google Daten sammelt und verarbeitet, der sollte unbedingt einen Blick auf die Forschungsergebnisse Google Data Collection werfen. …

Google Nutzer werden also permanent ausspioniert – auch wenn sie das Gerät nicht aktiv benutzen.

über Google Data Collection: Eine fundierte Analyse – Kuketz IT Security

16. April 2019 – Internet Explorer ist Einfallstor für Hacker

Über eine Schwachstelle in Microsofts Internet Explorer können sich Cyberkriminelle Daten von Windows-Nutzern beschaffen – auch wenn diese über einen anderen Browser ins Netz gehen.

über Internet Explorer ist Einfallstor für Hacker | NZZ

16. April – Hackerziel Microsoft: 70 Prozent aller Attacken haben Office im Visier

Hacker nehmen laut Sicherheitsforschern zunehmend Office-Produkte ins Visier. 70 Prozent aller Angriffe sollen 2018 auf Sicherheitslücken in Office abgezielt haben.

Microsofts Office-Suite hat im vergangenen Jahr die Browser als beliebtestes Objekt für Angriffe von Hackern abgelöst. Waren Chrome, Firefox, Edge, Safari und Co. 2016 noch für 45 Prozent aller Angriffe auf Sicherheitslücken verantwortlich, waren es 2018 nur noch 14 Prozent. Stattdessen zielen die Hacker offenbar verstärkt auf die Office-Produkte von Microsoft ab, wie Kaspersky mitteilt *.

über Hackerziel Microsoft: 70 Prozent aller Attacken haben Office im Visier

15. April – Sicherheitspanne bei Microsoft Outlook

Drei Monate lang konnten Hacker laut einem Bericht des amerikanischen Tech-Magazins «The Verge» unbemerkt auf den Web-E-Mail-Dienst von Microsoft zugreifen. Abgegriffen werden konnten demnach Konto-Informationen von Outlook.com-Nutzern, nicht aber der Inhalt von E-Mails und Attachments, wie aus einem Schreiben von Microsoft an betroffene Nutzer hervorgeht.

über Sicherheitspanne bei Microsoft Outlook | NZZ

11. April 2019 – Amazon-Mitarbeiter hören sich Privatgespräche mit Alexa an

Um die virtuelle Amazon-Assistentin zu verbessern, transkribieren und analysieren Mitarbeiter jeden Tag Tausende von aufgezeichneten Gesprächen. Wird es zu privat, sollen sie offenbar aufhören. Die Kunden wissen nichts davon.

über Amazon-Mitarbeiter hören sich Tausende Privatgespräche mit Alexa an – SPIEGEL ONLINE

11. April – Nach Microsoft-Patchday: KB4493472, KB4493446 und weitere Updates legen Windows lahm

Die am vergangenen Patchday veröffentlichten kumulativen Windows-Security-Updates KB4493472 (für Windows 7 SP 1 und Windows Server 2008 R2 Service Pack 1) und KB4493446 (Monthly Rollup; Windows 8.1, Windows Server 2012 R2) verursachen auf zahlreichen Systemen schwerwiegende Probleme.

Gegenüber heise online berichteten Leser, dass nach dem Rollout von KB4493472 keine Netzwerkverbindung und Domänenanmeldung mehr möglich gewesen sei.

über Nach Microsoft-Patchday: KB4493472, KB4493446 und weitere Updates legen Windows lahm | heise online

9. April 2019 – DSGVO: Datenschützer untersucht EU-Verträge mit Microsoft

Die EU-Datenschutzbehörde EDPS untersucht, ob die Verträge der EU-Dienststellen mit Microsoft der seit Ende 2018 geltenden Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) entsprechen. Das teilte die Behörde, die für die Überwachung und Durchsetzung des Datenschutzes in der Europäischen Union zuständig ist, am Montag in Brüssel mit.
Microsoft überall

Die verschiedenen Institutionen der EU nutzen Microsofts Produkte und Dienstleistungen für die alltägliche Arbeit. Dabei werden große Mengen an persönlichen Daten verarbeitet. Das ESPS will deshalb nun zunächst erfassen, welche Produkte und Dienstleistungen von Microsoft bei der EU im Einsatz sind. Dann will die Datenschutzbehörde feststellen, ob die zugrundeliegenden vertraglichen Regelungen den Anforderungen der DSGVO entsprechen.

über DSGVO: Datenschützer untersucht EU-Verträge mit Microsoft | heise online

8. April 2019 – EU starts investigation of Microsoft’s contracts with EU institutions after Dutch government report

 

 

 

 

 

6. April – Welche Daten ein Tesla auf seinen internen Systemen (unverschlüsselt) speichert und wie problematisch das sein kann

Kate Fazzini hat hier mit Hilfe von ein paar gutartigen (whitehat) Hackern aufgezeigt, welche Daten ein Tesla auf seinen internen Systemen (unverschlüsselt) speichert und wie problematisch das sein kann, weil diese Daten offenbar nicht routinemäßig von verschrotteten Teslas gelöscht werden. …

Das Problem dürfte sich nicht auf Tesla beschränken, auch Fahrzeuge anderer Hersteller sammeln, was sie können – also unter Umständen sehr, sehr viel. So richtig klar ist das uns allen offenbar nicht, dass nicht nur Facebook, Google, Apple oder Amazon hungrige Datenkraken sind, die wir bereitwillig füttern, sondern eben auch BMW, VW et al. Und wenn der derzeitige Trend zum intelligenten, vernetzten Zuhause anhält, werden auch immer mehr Daten aus unseren Wohnungen auf Vorrat gespeichert und abfließen.

über Wir spenden viel mehr Daten, als wir glauben

5. April 2019 – Google wird zunehmend nerviger

Wenn man Android nutzt, dann hat man sowieso schon den ganzen Google-Kram an Bord und merkt viel weniger, wie invasiv das Google-Auftreten mittlerweile ist. Aber wenn man nicht in Chrome lebt, dann fällt einem auf, das man ständig genervt wird, doch nun endlich den Google Browser zu installieren. Zur Erinnerung: In Chrome muss man sich anmelden, damit Google auch immer schön weiß, wo man ist.

über vowe dot net :: Google wird zunehmend nerviger

3. April 2019 – Das Datenschutz-Paradoxon: Nutzer wollen mehr Kontrolle – aber keine Bequemlichkeit aufgeben

Auf der einen Seite fordern Verbraucher meist lautstark mehr Kontrolle über ihre Daten im Internet. Gleichzeitig sind sie aber vielfach nicht bereit, dafür Abstriche bei der Bequemlichkeit etwa beim Surfen oder beim Online-Shopping in Kauf zu nehmen.

über Das Datenschutz-Paradoxon: Nutzer wollen mehr Kontrolle – aber keine Bequemlichkeit aufgeben | Kroker’s Look @ IT

31. März – Der Facebook-Chef als Datenschützer? Zuckerberg präsentiert vier Ideen zur Regulierung im Internet, die eine Sensation sein könnten – wenn er es ernst meint. 

Für Facebook dürften die Konsequenzen ohnehin überschaubar sein: Die blaue App, das soziale Netzwerk, verliert an Bedeutung. Instagram und Whatsapp werden immer wichtiger. Kommunikation verlagert sich zunehmend aus dem öffentlichen Raum in geschlossene Gruppenchats und private Nachrichten. …

Zuckerberg schreibt viel über Transparenz und demokratische Kontrolle. Eine Sache verschweigt er dabei: Die interne Struktur von Facebook gleicht keiner Demokratie, sondern einer Autokratie. Seine Aktien sichern ihm zehnfaches Stimmrecht zu. Damit kann er theoretisch fast alles allein bestimmen. Es liegt also an Zuckerberg, ob Zuckerbergs Vorschläge auch Realität werden.

über Facebook: Zuckerberg im Glaubwürdigkeits-Check – Digital – Süddeutsche.de

28. März 2019 – EU-Staaten vertrödeln den Datenschutz bis nach der Europawahl

Die EU-Staaten haben es nicht allzu eilig mit der Stärkung des Datenschutzes. Die ePrivacy-Verordnung soll die Privatsphäre bei der elektronischen Kommunikation schützen – und Werbe-Tracking durch Konzerne wie Google und Facebook einschränken. Doch das Gesetz, das die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ergänzen soll, kommt in Brüssel nicht voran, wie nun die Bundesregierung bestätigt.

über EU-Staaten vertrödeln den Datenschutz bis nach der Europawahl – netzpolitik.org

22. März 2019:

 

 

 

22. März 2019 – Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber:

„Es ist zwar traurig, aber ein Datenschutzvorfall bei Facebook ist mittlerweile leider keine große Überraschung mehr. Skandalös ist allerdings, dass einer der weltweit größten IT-Konzerne offensichtlich nicht weiß, wie Kundenpasswörter gespeichert werden müssen.“

über Ulrich Kelber tadelt Facebook für Passwort-Panne – SPIEGEL ONLINE

21. März 2019 – Facebook speicherte Hunderte Millionen Passwörter unverschlüsselt

Das Unternehmen hat zugegeben, Passwörter von Hunderten Millionen Nutzern unverschlüsselt gespeichert zu haben. Auch das Netzwerk Instagram ist betroffen.

über Datensicherheit: Facebook speicherte Hunderte Millionen Passwörter unverschlüsselt | ZEIT ONLINE

20. März 2019:

 

20. März 2019 – 1,49 Milliarden Wettbewerbsbuße für Google wegen Online-Werbung

Die EU-Kommission brummt dem Suchmaschinenbetreiber Google wegen Missbrauchs seiner beherrschenden Stellung auf dem Markt für Online-Werbung eine Milliardenbuße auf. Die Bußzahlung von 1,49 Milliarden Euro werde verhängt, da Google durch restriktive Klauseln mit Internetseiten verhindere, dass Wettbewerber dort Werbeanzeigen plazieren können, teilte die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel mit.

über 1,49 Milliarden Wettbewerbsbuße für Google wegen Online-Werbung

Datenschutz oder „Ich habe ja nichts zu verbergen“ oder was 2018 so passierte bei Amazon, Google, Facebook und Microsoft

3. Januar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Traurig, wie wenige sich Gedanken dabei um die Datenspur, die sie hinterlassen, machen: „Ich hab ja nichts zu verbergen.“ So haben auch viele Bekannte meinen Austritt aus Facebook, Instagram und WhatsApp kommentiert. Dabei gibt es gerade in 2018 genug Berichte über den Datenhunger und die Datenverwertung vor allem durch die GAFAM-Konzerne.

Amazon speichert mit jedem Klick nicht nur ein Datum und eine Uhrzeit, sondern auch den genauen Standort, den Internetanbieter und die entsprechende Ladezeit, berichtet Katharina Nocun auf dem Kongress des Chaos Computer Clubs in Leipzig. Außerdem wird protokolliert, auf welchen Webseiten man vorher unterwegs war. Weitere Pannen wie die versehentliche Weitergabe privater Daten an einen Kunden, der nach Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) seine Daten angefordert hatte, sind durch die Medien gegangen. Lapidare Entschuldigung an vielen Stellen: War doch nur menschliches Versagen. Kann ja jedem passieren.

Reto Stauffacher hat Mitte 2018 einen Test gemacht und eine Woche lang sämtliche Daten ausgewertet, die Google über ihn gesammelt hat. Er hat seinen von Google dokumentierten Tagesablauf durchgesehen. Sein Fazit ist, andere Werkzeuge zu nutzen oder inkognito im. Netz unterwegs zu sein, damit die Daten eben nicht bei Google landen. Ich kann nur jedem raten, sein eigenes Datenprofil bei Google zu lesen (Aktivitätenprotokoll: myactivity.google.com/myactivity; Zeitstrahl: google.com/maps/timeline) und dann zu entscheiden, ob warum man besser Firefox als Browser und Qwant, Ecosia oder DuckDuckGo als Suchmaschine nutzen sollte.

Zwischenfazit: Die Berichte von Katharina Nocun und Reto Stauffacher ähneln sich in verblüffender Weise. Oder besser: Die Praktiken von Google und Amazon …

Der Fokus in 2018 im Thema Datenmissbrauch lag sicher auf Facebook. Besonders prominent war sicher der Fall Cambridge Analytica – das Datenanalyse-Unternehmen  soll an die Daten von bis zu 87 Millionen Facebook-Nutzern gekommen sein – , aber auch die erst kürzlich veröffentlichten Reportagen der New York Times zeigen, wie „ernst“ Mark Z. Datenschutz nimmt.

heise hat eine Übersicht der „Irrtümer“ und Verfehlungen des Facebook-Konzerns inklusive WhatsApp in 2018 dokumentiert. Mein skuriller „Favorit“ jenseits all der ernsteren Vorfälle: Facebook blockierte die Unabhängigkeitserklärung der USA, da diese als „Hate Speech“ eingestuft wurde.

Fast unbemerkt unter dem Radar fliegt Microsoft dahin und geniesst gerade auch in Deutschland vergleichsweise großes Vertrauen und das obwohl auch das Redmonder Unternehmen Dreck am Stecken zu haben scheint. Ein Grund dafür ist sicher, dass ein großer Teil der Presse – Ausnahme der heise-Verlag – einfach nicht oder nur wenig darüber berichten: Microsoft bekam für die Datenübermittlung im Betriebssystem Windows 10 an Microsoft-Server den Big Brother-Award wurde. Seit Jahren gibt es immer wieder Sicherheitslücken in den Produkten. Windows mit der Version 10 war erneut in 2018 kein Ruhmesblatt. Office 365 verletzt EU-Recht und sammelt massiv Daten, was in Deutschland kaum registriert und verbreitet wurde. LinkedIn, bei dem es auch in 2018 mindestens einen Vorfall gegeben hat, lasse ich hier einmal außen vor.

Nur ein Konzern scheint beim Thema Datenschutz etwas außen vor: Apple. Doch mit den Apfelianern kann man in vielerlei anderer Beziehung durchaus ein Hühnchen rupfen. Trotz einer nicht astreinen Politik in China scheint Apple um Klassen „sauberer“ als die werten Marktbegleiter.

Aussteigen oder möglichst anonym blieben – und von innen aushöhlen

Ich habe einmal bewusst, alle Konzernen aufgeführt und versucht, deren „Verfehlungen“ zusammen zu fassen, wohl wissentlich, dass viele Details und weitere Punkte nicht aufgeführt sind. In einem Disput auf Twitter haben Gunnar Sohn und ich die Klingen gekreuzt. Er hält meinen Ausstieg bei Facebook für falsch und scheint eher dafür zu sein, solche Anwendungen von innen auszuhöhlen – „parasitäre Stinkbomben zünden“ – und dabei auch Empfehlungen, wie sie Michael Kroker gerade in der WiWo veröffentlicht hat, zu folgen. Die von Michael publizierte Infografik und eine kurze Beschreibung meiner persönlichen Konsequenzen habe ich in einem separaten Beitrag im Blog zusammengefasst.

Generell muss einmal jeder die Entscheidung treffen, ob man gezielt aussteigt und einige Lösungen nicht mehr nutzt. Oder aber man folgt beschriebener Taktik und hinterlässt so wenig Datenspuren wie möglich. Michael Kroker argumentiert auch gegen den Ausstieg, dass der eher für Menschen geeignet sei, die keine berufsbedingt keine größeren Netzwerke hätten oder in wenig digitalisierten Berufen tätig seien. Seine Kernaussage: „Die große Mehrheit ist aus Facebook, Instagram & Co. jedoch angewiesen, sei es aus beruflichen wie privaten Gründen.

Mein persönlicher Weg in 2019: Ein Leben ohne Mops, äh Facebook ist …

Ich habe mich für den Ausstieg aus Instagram und WhatsApp entschieden und mein Facebook-Konto deaktiviert (mir dort also ein Hintertürchen offen gelassen). Mal schauen, wie meine Erfahrungen in den kommenden Wochen und Monaten sein werden. Google als Suchmaschine benutze ich eh möglichst wenig, fast nur auf dem Smartphone und auch das werde ich ändern. Meine Bestellungen bei Amazon habe ich in 2018 deutlich reduziert, bewusst lokal eingekauft oder andere Online Händler gewählt. Mein Arbeitsplatzrechner ist ein Mac, wodurch ich auch weniger abhängig von Microsoft bin – dafür dort von Apple …

Doch zurück zum Beginn meines Beitrags: „Ich habe doch nichts zu verbergen“, sagten viele meiner Bekannten und Freunde zu meinem Ausstieg und ihrem Verbleib auf Facebook, Instagram und WhatsApp. Das Bild von Gunnar, Stinkbomben auf Facebook zu zünden, ist auf jeden Fall einmal ein schönes und durchaus eine valide Taktik – auch wenn ich mir gerade eine Klammer in die digitale Nase stecke.

Mit der Aussage, dass man nichts zu verbergen hat, habe ich eher meine Probleme. Ich bilde mir ein, dass auch ich nichts (oder wenig) zu verbergen habe, aber trotzdem geht es weder eine Amazon noch eine Google oder eine Facebook etwas an, wie und wo ich meinen Tag verbringe. Gerne verzichte ich in diesem Zusammenhang auf Personalisierung, auf mich zugeschnittene Empfehlungen, vor allem auf mich zugeschnittene Werbung, die mich auf fast allen sozialen Netzwerken nur noch nervt, meistens, weil sie gerade auf Facebook nie personalisiert, sondern eher grobrastrig war.

Du bezahlst mit Deinen Daten – nichts ist kostenlos

Ich weiß, es kommt das Argument mit der Kostenlos-Kultur und man bezahlt halt mit seinen Daten. Wie hat es Michael Kroker treffen formuliert: „Wenn ein Produkt oder Dienst Dich nichts kostet, bist Du das Produkt – weil Du mit Deinen persönlichen Daten bezahlst“. Und nein: Ich bin generell nicht einverstanden, dass meine Daten – so harmlos sie sein mögen – an andere Firmen – oder gar Regierungssstellen – weitergegeben werden.

Wenn die Datensammelei dann gar dazu führen sollte, einen Wechsel der Krankenversicherung wegen meines vermeintlich exakt berechneten Gesundheitszustandes zu verhindern, oder aber Algorithmen und Daten andere Entscheidungen herbeiführen, werde ich misstrauisch. Ob die „Netzgesellschaft“, wie sie Gunnar Sohn nennt, dann wirklich so sauer reagiert? Momentan beobachte ich eher in der Breite eine Lethargie beim Thema Datenschutz und -missbrauch. Möge meine Einschätzung falsch sein.

Wer nichts zu verbergen hat, braucht auch keine Angst haben – oder doch?

Sicherlich basierend auf sorgfältiger Analyse dieser und anderer Diskussionen hat Volker Boehme-Neßler, Professor für Öffentliches Recht an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, einen Beitrag zum Thema „Nichts verbergen haben“ auf Zeit Online veröffentlicht. Auch er greift natürlich auf, dass diejenigen, die nichts zu verbergen hätten, auch keine Angst haben müssten. Wer also für Datenschutz sei, habe dann wohl etwas zu verbergen.

Boehme-Neßler argumentiert, dass jeder etwas zu verbergen habe, private, unüberwachte Rückzugsräume brauche. Eine geschützte Privatsphäre schütze vor dem seelischen Burnout. Vor allem aber sei sie unverzichtbar für die Demokratie: „Ohne Privatsphäre und Datenschutz gibt es keine Demokratie.“ Seine Argumentationslinie: Eine garantierte Privatsphäre sei nötig, um kontroverse Diskussionen und Debatten ohne Angst vor Benachteiligungen fürchten zu müssen. Genau diesen Disput brauche man, es sei das Lebenselexier der Demokratie. Nicht umsonst forcierten gerade totalitäre Staaten die Überwachung.

Nicht konform gehe ich mit der doch sehr plakativ-platten Aussage: “ Big Data ist eben das Gegenteil von Datenschutz.“ Da werden doch Dinge einfach in einen Topf geworfen. Anonymisierung und Pseudonymisierung können dafür sorgen, dass Big Data durchaus Rücksicht auf die Privatsphäre und den Datenschutz nimmt. Es hängt also vom konkreten Anwendungsfall ab und kann nicht so einfach als Behauptung aufgestellt werden.

Privatsphäre und Datenschutz – Persönlich handeln und gesetzlichen Rahmen schaffen und durchsetzen

Ulrich Kelber, der neue Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, hat den Beitrag auf Zeit Online retweetet. Und da sind wir genau an wichtigen Schnittstellen angekommen. Was kann die/der Einzelnen tun, um seine Daten zu schützen und für Privatsphäre einzutreten? Aussteigen oder von innen aushöhlen – oder ist es vielen, gar der Mehrheit vollkommen egal. Und wo kann und will der Staat mit entsprechenden Gesetzen Rahmenbedingungen schaffen. Er sieht seine neue Rolle als Datenschützer nicht nur Aufsichts- und Durchsetzungsbehörde, sondern auch beratend für Parlament und Regierung und sensibilisierend für die Öffentlichkeit. Genau diese Diskussion in und Sensibilisierung der Öffentlichkeit werden wir verstärkt brauchen, wenn wir uns die Geschehnisse des vergangenen Jahres vor Augen halten.

(Stefan Pfeiffer)

Neuer Bundesdatenschutzbeauftragter Ulrich Kelber – Da sind wir mal sehr gespannt, besonders beim NetzDG

29. November 2018 Posted by Stefan Pfeiffer

Due Bundesrepublik hat ab 1. Januar einen neuen obersten Datenschützer: Ulrich Kelber von der SPD. Er schreibt auf seiner Webseite über seine Prioritäten:

Eine wichtige Aufgabe im neuen Amt wird die Umsetzung des europaweiten Datenschutzrechts sein. Die europaweite Harmonisierung beim Datenschutz ist Voraussetzung dafür, auch den großen, nichteuropäischen Internetkonzernen auf Augenhöhe begegnen und unsere europäischen Datenschutzstandards durchzusetzen zu können.

Weitere Themen werden von Bedeutung sein: Der Staat wird seine Dienstleistungen verstärkt auch auf digitalen Wegen anbieten, dies darf aber nicht zum Sammeln von noch mehr Daten über die Bürgerinnen und Bürgern genutzt werden. Die Sicherheitsbehörden, deren Befugnisse in den letzten Jahren massiv ausgebaut wurden, müssen vorbildlich die Grundprinzipen des Datenschutzes einhalten. …

Auf europäischer Ebene müssen wir den Datenschutz weiterentwickeln und dabei Profiling und Scoring effektiv regulieren.

über Ulrich Kelber, MdB | Bonns Bundestagsabgeordneter

Das Handelsblatt sieht ihn als künftig in seiner neuen Funktion als „Bundes-Datenschützer“ als wichtigsten Gegenspieler für die Digital-Staatsministerin Dorothee Bär (CSU). Die beiden scheinen – um es vorsichtig zu formulieren – nicht immer einer Meinung zu sein. Laut Spiegel gilt der Diplom-Informatiker als einer der Architekten des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG). Hier wird er viel zu tun haben, gerade angesichts russischer Troll-Fabriken und zunehmenden Missbrauchs der sozialen Medien für Propaganda-Zwecke. Ich bin gespannt, was er hier auf den Weg bringen will.

Aus meiner Sicht bemerkenswert: „Als „gläserner Abgeordneter“ legt er unter anderem seine Steuererklärungen und alle Treffen mit Lobbyisten offen.“

@Gunnar Sohn: Wie kommentierst Du das denn als Bonner?

(Stefan Pfeiffer)