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Alles Mumpitz? Digitalisierung in der Literatur, Talkshows und Nachrichtenkompetenz bei #9vor9

30. März 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Ein ganz spezielles #9vor9 heute mit unserem Schöngeist und Literaten Lars Basche, der quasi in Tradition des legendären Marcel Reich-Ranicki das Thema Digitalisierung in der Literatur am Beispiel des Deutschen Literaturarchivs Marbach vorstellte. Die Direktorin Sandra Richter hat hier wohl viel neuen Wind ins Archiv gebracht und es in vielerlei Weise digital geöffnet, von der Erfassung digitaler Literaturformate über die Digitalisierung (Scannen<) von Literatur über digitale Kommunikation in und über soziale Medien (hier das Literaturarchiv auf Twitter und Facebook) bis hin zur Kollaboration mit digitalen Hilfsmitteln. Diese Initiativen sind im zwischen Heilbronn und Stuttgart gelegenen Marbach wohl nicht immer auf Zustimmung gestoßen, wusste der Lars zu berichten.

Legendär ist „Das Literarische Quartett“, die Literaturtalkshow mit Reich-Ranicki, Karasek und Löffler. Dort ging es immer wieder zur Sache und geblieben ist auch der Satz „Alles Mumpitz“ des ehemaligen Chefs der Literaturredaktion der FAZ. Dieser Ausspruch liegt mit auch immer wieder auf der Zunge, wenn ich derzeit in der Flut der Talkshows ertrinke, die auf den Öffentlich-Rechtlichen gefühlt stündlich gesendet werden, wo man oft die gleichen (oder sind es die selben) Gesichter zu sehen und die gleichen Argumente und Positionen zu hören glaubt. Eine Debattenkultur ist wichtig, aber es scheint, dass hier doch viel Einheitsbrei und weniger Erkenntnis und sachliche Auseinandersetzung produziert wird.

Um aber Einheitsbrei, Meinung auf der eine Seite und Fakten und Manipuliertes auseinander halten zu können, braucht es entsprechende Kompetenz, oft – wie es Gunter Dueck formuliert – entsprechendes Kontextwissen. Das gilt für die besagten Talkshows ebenso wie für die immer wichtiger werdenden Onlinemedien, von journalistischen Angeboten bis zu soziale Medien und Kanälen. Wer seine eigene Kompetenz im Bereich Onlinenachrichten und -informationen prüfen will, dem sei der-newstest.de ans Herz gelegt Hier werden 24 Fragen aus den Bereichen Navigieren, Beurteilen, Fakten checken, Mitreden und Wissen und Verstehen gestellt, man kann seine eigenen Kenntnisse prüfen und vor allem auch durch die Auflösung und Tipps dazu lernen. In diesen und in kommenden Zeiten, in denen Online immer wichtiger wird. ist das für sogenannte mündige Bürger:innen extrem wichtig, um nicht auf Nepper, Schlepper und Bauernfänger im Netz (und daneben) herein zu fallen.

Und natürlich gibt es #9vor9 auch wieder als Podcast auf den bekannten Plattformen und hier im Netz.

(Stefan Pfeiffer)

Bild von Comfreak auf Pixabay

Talkshow-Überdruss: Immer die gleichen Gäste, viel Unsachlichkeit, oft Polemik, zu wenig fachliche Diskussion, schwächelnde Moderatoren:innen

26. März 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Der letzte Satz von Manfred Lindlinger in seinem Beitrag zum Project Debater, einer von IBM entwickelten KI, die mit Menschen debattieren, diskutieren und argumentieren kann, hat mich ins Mark getroffen. Mancher Talkshow würde ein entsprechender Diskussions- und Debattierpartner gut tun, der fundierte Argumente identifizieren und vortragen würde. Das hat gesessen, denn viele, ja die meisten Talkshows gehen mir derzeit sehr auf die Nerven. Natürlich dominiert das Thema Corona bzw. Covid-19. Kein Tag ohne eine entsprechende Talkshow (und deren „Nachbehandlung“ in den Medien). Und ich glaube, auch immer wieder die gleichen Gäste zu sehen. (Dazu kann man gerne die am Ende eingeblendete Statistik checken. Ist zwar nur 2020, aber immerhin.)

Vor allem scheint mir zu oft nur heiße Luft zu kommen. Regierende aus Bund und Ländern, die ihre Wankelmüdigkeit rechtfertigen, oder Politiker, die schon im Wahlkampfmodus auf Stimmenfang sind. Die FDP sticht mir dabei gerade heraus, die ganz offensichtlich der CDU/CSU Wähler:innen mit wirtschaftsfreundlichen Öffnungsparolen abjagen will. Emotional berührt haben mich die Aussage von Herrn Kubicki, der die Diskussion um die Mutante gar lustig findet frei nach dem Motto:

Zwar hat die Partei wenig Konkretes anzubieten, aber aus der Opposition heraus kann man schon mal breitflächig stänkern.

Kubicki beim ARD-Talk in Fahrt: „Diese Mutanten-Diskussion finde ich lustig“ – FOCUS Online

Eine höhere Ansteckung sei nicht nachgewiesen. Dem RKI oder britischen Forschern scheint Herr Kubicki ganz offensichtlich nicht zu glauben. Immerhin Widerspruch vom Grünen (und Arzt) Janosch Dahmen in der Diskussion bei Anne Will. Ein Negativbeispiel, das heraus sticht, mir natürlich besonders auf die Nerven geht, weil ich anderer Meinung bin*, das aber beispielhaft meine Talkshow-Müdigkeit verdeutlicht. Viel Unsachlichkeit, oft Polemik, zu wenig fachliche Diskussion, manchmal schwache Moderatoren:innen. Und das zieht sich durch. Ausnahmen bestätigen die Regel. Michael Radunski kommentiert in der FAZ eine Talkshow mit Maybrit Illner:

Lauterbach mahnte, warnte und forderte neue scharfe Maßnahmen, während Madsen die Zeit für Öffnungskonzepte, Hoffnung und Mut gekommen sieht. Über beide Sichtweisen lässt sich diskutieren. Man mag zu ihren jeweiligen Forderungen stehen, wie man will. Aber sowohl Lauterbach wie auch Madsen vertreten zumindest eine klare Haltung, für die sie jeweils auch Argumente ins Feld führten. Und nur so ergibt eine Talkshow einen Sinn.

TV-Kritik Maybrit Illner: Osterruhe und Versagen der Corona-Politik

Mehr Argumente – der Link zurück zu Project Debater und mancher Talkshow würden fundierte Meinungen gut tun – , gerne lebhafte Diskussion, vor allem weniger Schaumschläger und standhafte, kritische Talk Master. Aber das sind sicher fromme Wünsche – passend zur Vorosterzeit. Vielleicht sollte ich einfach abends wegzappen, wenn man mal wieder eine derartige Runde aufpoppt. Wahrscheinlich die klügere Variante, auch wenn ich eigentlich jemand bin, der eine faire und harte Debatte liebt und für wichtig erachtet.

* Ich bin auf der Seite eines Christian Drosten, einer Melanie Brinkmann und eines Karl Lauterbachs, die nach meiner Beobachtung und Einschätzung fundierte Empfehlungen aufgrund der Datenlage geben, denen aber immer wieder nur partiell gefolgt wird. Nur zu schnell werden die Maßnahmen wieder zurück genommen mit verheerenden Folgen, wie es beispielsweise auch Gunter Dueck beschreibt. Notbremsen werden gelockert, doch – wie auch Karl Lauterbach aufgrund der Datenlage und seiner Fachkompetenz vermutet – der Lockdown wird kommen, nur dann noch härter, weil viele Politiker jetzt wieder windelweich einknicken.

Hier nun zum Abschluss die angekündigte Übersicht der Talkshow-Gäste von ARD und ZDF in 2020:

(Stefan Pfeiffer)

Talkshow-Überdruss: Ein glaubwürdiger, eloquenter Faktenchecker und Debattierer würde gut tun

26. März 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Sowohl die FAZ wie auch Die Zeit haben aktuell Beiträge über das Project Debater von IBM Research veröffentlicht. Anlass ist ein Aufsatz von Noam Slonin und seiner Kollegen:innen aus den IBM Laboren in Haifa und Dublin in Nature. Die Forscherinnen und Forscher haben „eine KI“ entwickelt, die mit Menschen debattieren, diskutieren und argumentieren kann. Dazu sucht sich das System Informationen zu einem Thema aus unterschiedlichen Quellen heraus, gewichtet und analysiert die Argumente und Gegenargumente und bereitet sie in natürlicher Sprache auf.

In einer öffentlich übertragenen Debatte zwischen Harish Natarajan und Project Debater, on einer Säule mit blau leuchtendem Display und einer weiblichen Stimme verkörpert, wurden die Fähigkeiten an der Fragestellung „Sollten wir Vorschulen subventionieren?“ demonstriert. Meine Kollegin Anke Breitwieser und mein Kollege Dr. Wolgang Hildesheim beschrieben das näher in diesem Beitrag. Dort ist auch das Video der (englischsprachigen) Diskussion zu sehen.

Warum greife ich es hier auf? Noam Slonim und seine Kollegen:inne schreiben in Nature“, dass es ihnen gar nicht so sehr darum gehe, dass eine KI eines Tages besser als Menschen argumentieren könne. Vielmehr sollen die Weiterentwicklungen von Debater dabei helfen, angesichts der Informationsflut und auch zunehmender Fake News Fakten zu extrahieren, überzeugende Argumente zu identifizieren oder zu entwickeln und so bei der Entscheidungsfindung unterstützen. Das erscheint in diesen Zeiten auch dringend notwendig, denn wie Manfred Lindinger in der FAZ so schön seinen Artikel schließt:

In manchen hitzigen Talkshows, die derzeit Hochkonjunktur feiern, würden die fundierten Meinungen von Project Debater sicherlich viel Zuspruch finden.

Debattierfreudige KI: Jetzt redet der Computer

Dem kann ich nur zustimmen. Viele Diskussionen (und zugegebenermaßen auch einige ach so populistische Dauergäste) gehen mir gerade jetzt in Corona-Zeiten extrem auf die Nerven. Da würde ein weiterer glaubwürdiger, eloquenter Faktenchecker, der die durchaus vorhandenen glaubwürdigen Experten unterstützt, sicher gut tun.

„In manchen hitzigen Talkshows, die derzeit Hochkonjunktur feiern, würden die fundierten Meinungen von Project Debater sicherlich viel Zuspruch finden.“ @m_lindinger auf @faznet #KI #AI #IBM @IBMDACH

(Stefan Pfeiffer)