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Diskussion um Urheberrechtsreform und Uploadfilter oder Welten prallen aufeinander: @AlaArmbruster in der FAZ und @SaschaLobo auf Spiegel Online

23. Februar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Ich möchte hier zwei Kommentare nebeneinander stellen: Alexander Armbruster in der FAZ und Sascha Lobo im Spiegel. Alexander Armbruster auf die Vision des freien Internets:

Diese Idee besteht quasi als technologisches Glaubensbekenntnis bis heute fort, es schwingt teils unterschwellig mit, wenn junge Menschen im Streit um das europäische Urheberrecht online und auf der Straße gegen #Merkelfilter demonstrieren, #SaveYourInternet plakatieren oder kundtun, #NieMehrCDU zu wählen;

über Kommentar zur Onlinewelt : Der Internet-Irrtum

Es schwingt mit, dass die Kritiker von Uploadfiltern naive junge Leute und Freaks sind, die vom wahren wirtschaftlichen Leben keine Ahnung haben. In Wahrheit gehe es im Netz um Wettbewerb, Knappheit und Streit um die Macht. Schön, dass mir endlich das mal jemand erklärt.

Sascha Lobo schreibt auf Spiegel Online:

Ja, wir brauchen eine Urheberrechtsreform, ja, wir brauchen ein Urheberrecht, das im Digitalen vor allem für Kreative besser funktioniert, und ja, wir brauchen unbedingt eine Regulierung der großen Plattformen, und zwar eine ohne Rücksicht auf deren radikale Profitorientierung.

Es gäbe für eine sinnvolle Urheberrechtsreform auch Ansätze. Anders als oft behauptet, lagen in den Jahren der Verhandlungen viele kluge, konkrete Vorschläge auf dem Tisch der Verantwortlichen, sind aber ignoriert worden.

über Angela Merkels Digitalpolitik: Witze übers eigene Versagen – SPIEGEL ONLINE

Lieber Alexander Armbruster, fragen Sie sich einmal, wie viel Gelassenheit und Wissen manche Politiker haben, die leichtfertig Nachrichten über den Mob und Manipulationen lancieren und dann zurücknehmen müssen.

Fragen Sie sich einmal, wie viel Netzkompetenz es in Brüssel und in anderen „Behörden“ gibt. Fragen Sie sich einmal, wie viel Schnarchnasigkeit und Hochnäsigkeit in deutschen Verlagen noch immer vorherrscht, die veränderten Medienkonsum über Jahre hinweg mehr oder weniger ignoriert haben und die neuen Realitäten mit alt hergekommenem Lobbyismus bekämpfen. Auch wenn ich sicher nicht mehr jung und taufrisch bin, kann ich den Protest derer verstehen, die sich von „der Politik“ einfach abgehängt und nicht verstanden fühlen. Die Ausgestaltung der geplanten Urheberrechtsreform zeigt das einmal mehr.

Gerade die Nerds und die Netzgeneration verklären bestimmt nicht „das Internet“. Das können Sie allenthalben nachlesen. Aber es ist durchaus mehr als einen Versuch wert, die Vision von Tim Berners-Lee – #ForTheWeb – zu verteidigen und ein möglichst freies Netz anzustreben!

(Stefan Pfeiffer)

Lesezeichen: „Man kann auf YouTube lernen – und ebenso gut verblöden.“ | FAZ

12. Januar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Heute ist in der FAZ ein langer, ausführlicher Beitrag zur Bedeutung von YouTube und sozialen Medien für Jugendliche am Beispiel der Diskussion um Artikel 13 der geplanten EU-Urheberrechtsrichtline erschienen. Kommission, Parlament und Rat diskutieren gerade darüber, wie geistiges Eigentum in der digitalen Welt besser geschützt werden könnte.

Rund um potentielle „Upload-Filter“ und einer Gefährdung des freien Netzes gibt es nun seit geraumer Zeit eine Diskussion, die von Google und YouTube angefeuert wird. Der Artikel setzt sich damit auseinander, wie sich Jugendliche mit dem Thema auseinandergesetzt, wo sie sich informiert (oder desinformiert) haben.

Die Autoren führen einige interessante Statistiken auf, sicherlich dem interessierten Leser bekannt, aber im Beitrag nochmals gut zusammengefasst. Jugendliche schauen immer weniger Fernsehen, stattdessen nutzen sie YouTube und Streaming-Dienste. Sie vertrauen (immer noch) der Tagesschau, schauen sie aber eigentlich nicht mehr. Stattdessen informieren sie sich über soziale Medien:

Für 29 Prozent erfüllt Facebook die Funktion, für 17 Prozent ist Youtube Hauptinformationsquelle. Auch dort gibt es seriöse Nachrichten und Dokumentationen, aber sie begegnen einem nicht zufällig. Das ist im Fernsehen anders.

Das Internet, hieß es schon früh, macht die Schlauen schlauer und die Dummen dümmer. Man kann auf Youtube lernen, wie man ein Floß baut, wie die Relativitätstheorie funktioniert – und ebenso gut verblöden.

über Jugendliche informieren sich vor allem über Youtube

Na ja, ist das so neu, frage ich mich da? Auch vor sozialen Medien haben nicht alle ARD, ZDF, Arte und Tagesschau angesehen. Und davor soll es viele Jugendliche gegeben haben, die nicht die FAZ, Süddeutsche oder Zeit gelesen haben. Und schon damals, ja sogar heute gibt es diejenigen, die auf BILD News reinfallen oder sie nicht hinterfragen. Schon vor Social Media gab es Filterblasen und Scheuklappen, Leute, die andere Informationen einfach ignoriert haben oder ignorieren wollten.

Ja, die Empfehlungsalgorithmen der Netzplattformen sind eine neue Stufe, nicht links und rechts zu schauen. Höher ist die Reichweite, größer die Geschwindigkeit, in denen Diskussionen geführt werden und eskalieren können. Und vergessen wir bei der oft auch unangebrachten Verteufelung der sozialen Medien nicht die unvergleichlich höhere und weitere Macht der Plattformbetreiber wie der Google-Tochter YouTube oder die Praxis des Facebook-Konzerns im Bereich Privatsphäre und Datenschutz. Ein Springer-Konzern war in seinen besten Zeiten da vergleichsweise harmlos. Dass die neue Clique von Amazon, Google, und Facebook sich gegen Regulierungen wären, die sie Geld kosten und potentiell den Einfluss beschränken, ist nur zu logisch.

Medienkompetenz nicht nur, aber vor allem auch von Jugendlichen ist in der heutigen Zeit ebenso notwendig wie im Fernseh- oder Print-Zeitalter. Ja, heute mag sogar noch mehr Misstrauen gegenüber Falschinformationen gefragt sein. Und seien wir besonders misstrauisch, wenn Konzerne als weiße Ritter auftreten, die von Werbung und Daten bestens leben und oft einen Markt monopolartig beherrschen. Sie gehören kontrolliert.

Und zum Streitpunkt, dem Artikel 13, schreiben die Autoren der FAZ mit Bezug auf EU-Quellen, dass sich dieser nicht gegen Youtuber richte, denn diese „Creators“  seien – wie es der Name eigentlich schon sagt – geistiger Urheber und damit Inhaber von Rechten. Auch habe man nichts zu befürchten, wenn man in kurzen Ausschnitten Bezug auf andere Quellen nehme und aus geschützten Werken zitiere. Lizenzen sollten (nur) dann fällig werden, wenn längere Einspielungen genutzt würden.

(Stefan Pfeiffer)

 

 

 

 

Datenschutz: Dorothee Bär will den für Patientenakte lockern und Ulrich Kelber will Öffentlichkeit sensibilisieren

28. Dezember 2018 Posted by Stefan Pfeiffer

Auch 2019 wird das Thema Datenschutz ein sehr wichtiges Diskussionsfeld sein. Dorothee Bär, die Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung, hat Ende des Jahres nochmals in der WELT auf die Pauke gehauen und eine Lockerung der Datenschutzgesetze im Gesundheitswesen gefordert, um die elektronische Patientenakte bis bis spätestens Ende 2021 – Ende der Legislaturperiode –  realisieren zu können:

Wir haben in Deutschland mit die strengsten Datenschutzgesetze weltweit und die höchsten Anforderungen an den Schutz der Privatsphäre. …

Das blockiert viele Entwicklungen im Gesundheitswesen, deshalb müssen wir da auch an der einen oder anderen Stelle abrüsten, einige Regeln streichen und andere lockern.

über Dorothee Bär will Datenschutz für Patienten lockern – WELT

Und sie legt nochmals öffentlichkeitswirksam nach: Die Prozesse der Selbstverwaltung seien oft Prozesse der Selbstbeschäftigung:

Zum Glück zwingt uns die Digitalisierung, alle Systeme infrage zu stellen und auch mal zu überlegen, ob tatsächlich alles noch zeitgemäß ist, was sich im Laufe der Jahre eingeschliffen hat.

über Dorothee Bär will Datenschutz für Patienten lockern – WELT

Ich bin einmal gespannt, ob und wie es in den kommenden Monaten mit dem Thema elektronische Patientenakte voran geht. Wie hier schon öfters geschrieben und selber erfahren musste, glaube ich, dass der Datenaustausch im Gesundheitswesen ganz sicher gerade auch im Interesse der Patienten reformbedürftig ist. Das muss aber nicht – so denke ich – automatisch, weniger Schutz für die Daten des Einzelnen heissen.

Was von Doro Bär und dem zuständigen Minister Jens Spahn oft mit viel Getöse am deutschen Datenschutz kritisiert wird, ist im Grunde eine Chance, Digitalisierung und Datenschutz mit Sorgfalt konstruktiv zu harmonisieren. Nur – und da stimme ich mit Bär und Spahn überein – sollte endlich Gas gegeben werden.

Besonders gespannt bin ich, wie sich der neue Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Ulrich Kelber positionieren wird. Der ct hat der studierte Informatiker kürzlich ein Interview gegeben, in dem er erste Kante gezeigt hat. Er kritisiert im Gespräch Vorratsdatenspeicherung als falsch und bezeichnet die angedachten Uploadfilter als „Schnapsidee“. Seine Aussagen darüber, die Stellungnahmen von Lobbyisten, auf der Website des Justizministeriums zu veröffentlichen, macht Mut und Hoffnung auf mehr Transparenz gerade im Bereich Lobbyismus.

Kelber hat maßgeblich am Netzdurchsetzungsgesetz mitgearbeitet, doch hat er meiner Ansicht die richtige Perspektive darauf:

Also ich bin nach wie vor der Auf­fas­sung, dass das Netz­DG rich­tig war. Aber es ist nicht das Ende der Weis­heit, es war der An­fang des Pro­zes­ses.

Quelle: Gefährliche Schnapsidee | c’t | Heise Select

Wir befinden uns in einem Prozess und angesichts des Wettbewerbs in der Digitalisierung müssen wir Gas geben, aber mit Sachverstand und Hirn. Seiner Behörde kommt dabei eine wichtige Rolle in der Aufklärung der Öffentlichkeit bei:

Wir Datenschützer sind nicht nur Aufsichts- und Durchsetzungsbehörde. Wir sollen Parlament und Regierung beraten, wir sollten die Öffentlichkeit sensibilisieren.

Quelle: Gefährliche Schnapsidee | c’t | Heise Select

Und da schließt sich der Kreis zur elektronischen Patientenakte. Da haben Ulrich Kelber und seine Behörde sicher auch eine Rolle zu spielen …

(Stefan Pfeiffer)