Posts Tagged: ‘Mobiles Arbeiten’

Mitarbeiter an der Leine führen? Homeoffice und mobiles Arbeiten bei #9vor9 mit Birgit und Ole Wintermann

15. Juni 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Zu Gast bei #9vor9 bei Dachdecker Lars und mir waren diesmal Birgit und Ole Wintermann von der Bertelsmann Stiftung zu unserem gemeinsamen Thema Homeoffice beziehungsweise mobiles Arbeiten. Und in den 25 Minuten unseres Gespräches haben wir die Befürchtung diskutiert, dass gar manche Führungskraft oder gar manche Personalabteilung gerne wieder den Geist in die Flasche, sprich die Mitarbeiter:innen ins Büro befehlen würden. Wird das so kommen?

Entsprechende Initiativen und Statements sind auf jeden Fall an verschiedenen Stellen nachzulesen. Die Erfahrungen der vergangenen Monate werden hier und da ignoriert. Statt aus den Homeoffice-Zeiten in der Pandemie zu lernen und neue, hybride Arbeitsmodelle zu entwickeln wird versucht, einen Status Quo von gestern zurück zu holen, so oft der Eindruck.

Ole hat es schön auf den Punkt gebracht: Bei den Betrachtungen sollte man sich auf die Beschäftigten konzentrieren, was die wollen, um so das Beste für das Unternehmen und die Mitarbeiter:innen heraus zu holen. Genau die Studien, die darauf ihren Fokus legten, solle man sich zu Gemüte führen, statt die oft aus reiner Arbeitnehmer- oder Arbeitgebersicht verfassten Berichte zu Rate zu ziehen. An dieser Stelle seien beispielsweise die Studien der Initiative D21, von Bitkom oder auch von der Bertelsmann Stiftung zur Zukunft der Arbeit genannt und verlinkt.

Auch manifestiert sich vieler Orten ein fragwürdiges Verständnis von Führung: Müssen Mitarbeiter:innen an der Leine wie ein Hund geführt werden? Sitzt frei nach Udo Lindenberg Jonny Controletti, der unter Führung nur zu oft Excel-Charts versteht, in vielen Leitungspositionen – und lässt die Kollegen:innen leiden? Arbeitszeitkontrolle durch Erfassung der Zeiten, wer wie lange mit einem bestimmten Tool arbeitet, sind nur zu deutliche Auswüchse einer entsprechenden Mentalität. Nur zu gut, dass in Deutschland dann doch gegen diese Dinge – so sie sichtbar werden – vorgegangen wird. Die Situation in anderen Ländern ist sicherlich schlimmer und man geht unbedarfter mit solchen Daten um.

Interessant ist es sicherlich zu beobachten, ob sich Büros wirklich zu den Kreativplätzen entwickeln werden, die vielerorts in Hochglanz promotet werden. Orte der Zusammenkunft, der Zusammenarbeit und des kreativen Miteinanders statt Großraumbüros, in denen eh jeder hinter seinem Bildschirm in Videokonferenzen sitzt. Kann man denn nur im Büro kreativ und innovativ sein? Dieser Wahrnehmung wurde in unserem Gespräch vehement widersprochen. Geographisch verteilte Teams sind in vielen Unternehmen gelebte Realität – und diese Teams waren nach unserer aller Beobachtung durchaus innovativ und kreativ.

Nur zu oft wird schwarz-weiß gemalt, wird von einem entweder-oder gesprochen, statt gezielt über Mischmodelle von Büro, Homeoffice und mobilem Arbeiten nachzudenken und diese umzusetzen. Leicht sind plakative und provokante Statements abgesondert, dass Gemeinschaft und Teamsport nur im Büro entstehe.

Auch sei an dieser Stelle durchaus nochmals auf die ökologischen Aspekte verwiesen. Vor Jahren habe ich einmal ausgerechnet, wie viele Kilometer ich in meiner Zeit im Büro bei der FileNet GmbH auf der Straße verbracht habe, wie viel Zeit im Auto auf dem Weg ins oder vom Büro. Erschreckende Zahlen für das Klima und das persönliche Wohlbefinden, die man zumindest teilweise entschärfen könnte, so man es denn will.

Der Erdumfang am Äquator beträgt rund 40.000 Kilometer. Ich habe also in den sieben Jahren fünfmal die Erde umrundet und unendlich viel Lebenszeit auf der Autobahn verbracht.

Nochmals herzlichen Dank an Birgit und Ole Wintermann für das Gespräch. Wir werden in Kontakt bleiben und die beiden sicherlich wieder zu ihrem neuen Schwerpunkt Nachhaltigkeit und digitale Transformationen zu #9vor9 einladen!


#9vor9 – Digitalthemen der Woche erscheinen auch immer als Podcast unter https://9vor9.podigee.io/ und sind natürlich über die gängigen Podcast-Plattformen abrufbar.

Anhang

Die Links, die uns Birgit und Ole besonders ans Herz legen:

Bild von Peggychoucair auf Pixabay

Mobiles Arbeiten, mehr Vertrauen und Zusammenarbeit und die neue Dorfmitte – Alexandra Schmied und Birgit Wintermann bei #9vor9

4. Mai 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Dr. Alexandra Schmied und Birgit Wintermann von der Bertelsmann Stiftung und dem Projekt Zukunft der Arbeit waren zu Gast bei #9vor9, den Digitalthemen der Woche. Und natürlich haben Lars und ich mit den beiden über Homeoffice, besser mobiles Arbeiten und ihre Studienergebnisse gesprochen. Ein Thema waren dabei, die Gesetze und Bestimmungen, die in Deutschland für Arbeitsplätze gelten oder auch: Wann steht der Betriebsstättenprüfer vor der Wohnungstür, um die Gegebenheiten des Homeoffice zu prüfen?

Wieder einmal gibt es kein schwarz-weiß. Einerseits sind Bestimmungen für die Gestaltung des Arbeitsplatzes und die Arbeit sinnvoll und notwendig, um Arbeitnehmer:innen und auch Unternehmen zu schützen. Andererseits kann eine Überregulierung mit zu detailverliebten Vorschriften dazu führen, dass schnelle und flexible Lösungen be- oder gar verhindert werden. Einen pragmatischen, regulatorischen Rahmen zu geben, scheint ja keine besondere deutsche Stärke zu sein, wenn man sich gerade umschaut.

Dabei wäre es das, was eigentlich gefragt ist. Und so die Beobachtungen von Birgit und Alexandra ist es auch das, was gerade viele kleinere und mittlere Unternehmen umgesetzt haben. Sie sind angesichts der Krisensituation einfach voran gegangen, was in diesem Moment ja auch absolut notwendig war und ist. Aber über solchem Vorgehen scheint immer die Gesetzeskeule zu schweben und dementsprechend herrscht natürlich in den KMUs Unsicherheit. Wie kann man sich absichern? Wie kann man die Unsicherheit senken, fragt @itbeobachter nicht zu Unrecht.

Da tut Birgits Anregung gut, besser über mobiles Arbeiten, über die Möglichkeit im Prinzip von überall zu arbeiten zu sprechen und dafür ein Rahmenwerk zu schaffen mit dem gearbeitet werden kann. Doch ist neben den regulatorischen Rahmenbedingungen – so unsere Diskussion – vor allem eine Vertrauenskultur und ein Miteinander gefragt. Nur so kann mobiles, dezentrales Arbeiten gelingen. Daneben braucht es ein Übereinkommen, einen Kodex: Nach 18 Uhr keine E-Mails mehr schicken, darauf achten, dass die Pausen und Freizeiten gibt, kein zu großes „Overblending“ von Arbeits- und Freizeit und vieles mehr sind Aspekte, die zusammen im Blick behalten werden müssen.

Dem stehen oft verhärtete Fronten gegenüber. Statt über sinnvolle hybride Arbeitsmodelle zu sprechen und diese zu ermöglichen, wird zu oft über ein Entweder-Oder gesprochen. Dabei zeigt sich, dass ein intelligentes, gemischtes Modell nicht nur von den Arbeitnehmer:innen gewünscht wird, sondern auch für Unternehmen die besten Ergebnisse bringen kann. Das erfordert natürlich ein Umdenken und damit den Willen zu gemeinschaftlicher Veränderung von allen Seiten – und ein Abschneiden alter Zöpfe, Kontroll- und „Machtverhältnisse“.

Dabei geht es eben nicht nur um Homeoffice und Arbeiten im Büro. Mobiles Arbeiten kann und sollte auch andere Arbeitsorte und -weisen beinhalten Das können beispielsweise auch Coworking Spaces sein, die ich bisher meist aus den großen Städten und Zentren kenne. Alexandra Schmied hat aber Coworking Spaces im ländlichen Raum gearbeitet, wo noch ganz andere Wirkungsweisen zum Tragen kommen könnten. Coworking Spaces auf dem Land als neue dörfliche Mitte, in der man nebeneinander und zusammen arbeitet und vielleicht auch neue Chancen gemeinsam entdecken kann?

Liest man allenthalben, hört man sich bei Unternehmen und Experten:innen, bei Arbeitnehmer:innen um, so will die große Mehrheit ein hybrides Arbeitsplatzmodell in der Zeit von und vor allem nach der Pandemie. Genau dies gilt es jetzt kreativ jenseits alter Grabenkämpfe gemeinsam zu gestalten, sozial verträglich, wirtschaftlich sinnvoll und bitte nicht mit der typisch deutschen Überregulierung.


#9vor9 – Digitalthemen der Woche erscheinen auch immer als Podcast unter https://9vor9.podigee.io/ und sind natürlich über die gängigen Podcast-Plattformen abrufbar.

(Stefan Pfeiffer)

Bild von moonkee na auf Pixabay

Jeder, der möchte, soll im Homeoffice arbeiten können – auch nach Covid-19 – Hubertus Heil

27. April 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Bevor wieder die Schwarz-Weiß-Malerei anfängt: „… soll im Homeoffice arbeiten können„. Nicht müssen. Aber eben gesetzlich verankert. Das ist zeitgemäße Flexibilisierung der Arbeitswelt. Das ist Umweltschutz. Und für mich, der sieben Jahre auf der Autobahn zwischen Darmstadt und Bad Homburg war, ist das ein probates Mittel gegen vergeudete Lebenszeit auf der Autobahn und im Stau. Hoffen wir mal, dass es dazu kommt und nicht wieder die Controlettis und ewig Gestrigen ob-siegen, mit welchen vorgeschobenen Begründungen auch immer. Sie bringen sich ja schon wieder in Position polemisieren über „politische Ladenhüter“ und einer Beschränkung,“ die Wachstum und Flexibilität“ würden. Welch ein Schwachsinn. Welch ewig Gestrige. Sollen im Homeoffice arbeiten können, wenn es der Job erlaubt.

Oder ich zitiere Gunnar Sohn:

Das sind die beiden wichtigsten Angstaspekte: Zum einen die Frage aus Arbeitgebersicht, ob Mitarbeiter ohne Kontrolle überhaupt Ergebnisse leisten und zum anderen, ob Kontrolle außerhalb der Unternehmensgrenzen überhaupt möglich ist.

Das sind die beiden wichtigsten Angstaspekte: Zum einen die Frage aus Arbeitgebersicht, ob Mitarbeiter ohne Kontrolle überhaupt Ergebnisse leisten und zum anderen, ob Kontrolle außerhalb der Unternehmensgrenzen überhaupt möglich ist.

Lesenswert dazu auch der einleitende Text von Claudia Tödtmann zum Thema Homoffice (bevor sie zur Internet-Ikone @Ahoibrause überleitet). Die Rahmenbedingungen für Heimarbeit müssen ebenso gegeben sein, wie das Vertrauen in die Mitarbeiter oder die „ureigene Angst, nicht genug Kontrolle zu haben“. Aber wenn sich Führungskräfte eben als Kontrolleure definieren …:

Interessant: In manchen Unternehmen müssen alle Mitarbeiter wenn sie mal von zuhause aus arbeiten oder besonders jetzt, in Corona-Zeiten – quasi zeitgleich – alle Mann um acht Uhr online gehen. Bis 18 Uhr oder so. … Vertrauen von Chefs in Mitarbeiter? Gar nicht nötig. Es herrscht ohnehin Dauerkontrolle.

Das ist jedoch nicht der Sinn und Zweck von Home-Office-Arbeit, sondern dass sich die Leute ihre Arbeit zeitlich frei einteilen und am Ende die geleistete Stundenzahl eintragen.

Internet-Ikone Willms Buhse: Die fünf goldenen Regeln zur virtuellen Führung in Corona-Zeiten und auch sonst | Management-Blog

* Und ja, Remote Working oder mobiles Arbeiten ist oft der richtigere Begriff.

** Und ja, nicht für jede:jeden ist das Homeoffice eine wirkliche Option. Nicht jeder hat die räumlichen und technischen Rahmenbedingungen. Nicht jedem liegt Remote Working.

D21-Digital-Index 2018 / 2019: Noch viel in Aus- und Weiterbildung und beim Stadt-/Land-Gefälle zu tun

29. Januar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Und erneut ist der „D21-Digital-Index 2018 / 2019“ der Initiative D21 veröffentlicht worden, der einen Überblick der digitalen Gesellschaft in Deutschland geben soll. Auf einer Hunderterskala hat Deutschland dabei einen Wert von 55 und damit eine Steigerung von 2 Punkten gegenüber dem vergangenen Jahr erreicht. Kein Grund zur Selbstzufriedenheit, denn in vielen Bereichen gibt es noch viel zu tun, um ein Auseinanderdriften zwischen Stadt und Land, höher und niedriger Gebildeten zu vermeiden.

In der Aus- und Weiterbildung gibt es noch viel zu tun, wie die von Kantar TNS durchgeführte Studie jährlich durchgeführte Studie zeigt. Selbst ausprobieren und Hilfe von Bekannten und Familie dominieren deutlich gegenüber methodischen Schulungs- und Ausbildungsangeboten. Nichts gegen selber probieren, aber es zeigt, dass noch ein enormer Nachholbedarf herrscht, dem Unternehmen sowie private und öffentliche Institutionen begegnen müssen.

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Zudem gibt es ein Stadt-/Landgefälle. Die Bevölkerung großer Städte hat einen um 5 Punkten höheren Digital-Index um Vergleich zu eher ländlichen Gebieten. Nicht der 45850234815_6b9dc60a8e_zZugang zum Netz, sondern Faktoren wie Bildung, Beschäftigung, Altersgefälle zwischen Stadt und Land sind hier die wesentlichen Aspekte. Auch nutzen die Städter/-innen eher die Möglichkeiten von Telearbeit, Homeoffice oder mobilem Arbeiten. Hier ist gerade auf dem Land noch viel Potential vorhanden, um auch ländliche Regionen wieder attraktiver zu machen. Generell könnte eine höhere Akzeptanz von mobilem Arbeiten in Stadt und Land dazu beitragen, dem Pendlerwahnsinn mit entsprechenden Fahrzeiten und potentiellen Fahrverboten zu begegnen. Ole Wintermann von der Bertelsmann Stiftung bringt es in der Studie auf den Punkt: „Bei etwas mehr als der Hälfte der befragten Berufstätigen ist (zumindest theoretisch) mobiles Arbeiten möglich. Nur jeder sechste Beschäftigte nutzt dies aber auch. Hier stehen die Arbeitgeber in der Pflicht.“  Das Potential ist – wie man den Studienergebnissen entnehmen kann – in Deutschland noch sehr groß. Doch sind nicht nur die Arbeitgeber gefragt. Auch beim Bewusstsein und der Aufklärung der Arbeitnehmer/-innen ist noch viel Raum. Hier noch einige interessante Statistiken zum Einfluss der Digitalisierung auf das Arbeitsleben und die Beschäftigung:

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Und was tun die Nutzerinnen und Nutzer eigentlich, wenn sie ihre Geräte daheim oder auch immer stärker mobil nutzen? Die Suche im Netz dominiert ganz klar vor allen anderen Anwendungen. Danach kommen in einer Bandbreite zwischen 35 und 44 Prozent die Nutzung von Textverarbeitung, Tabellenkalkulation oder Präsentationsprogramm, Instant Messaging (immerhin 39 Prozent), Online-Shopping und die Nutzung von Navigationssystemen. Alexa, Siri und Co, also Systeme zur Sprachsteuerung liegen (erst) bei 10 Prozent ebenso wie Collaboration-Werkzeuge.

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Die Studie enthält noch viele andere Aspekte der digitalen Gesellschaft in Deutschland. Sie kann hier heruntergeladen werden.

(Stefan Pfeiffer)