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Cybersecurity ist Toppriorität – in Unternehmen, Behörden, für die Infrastruktur, im Homeoffice und privat – Unser Thema bei #9vor9

6. Juli 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Hackerangriffe und Cyberattacken, das war heute ein zentrales Thema bei #9vor9 mit der Stammbesatzung Lars und Stefan. Man kommt an dem Thema einfach nicht mehr vorbei, nicht nur wegen der aktuellen Angriffe der russischsprachigen Hackergruppe REvil, die in die Systeme des amerikanischen IT-Dienstleisters Kaseya  eingedrungen ist und wohl über deren Fernwartungssoftware dann eine Schadprogramme an wohl mehrere hundert Unternehmen in den USA und Europa verteilt hat. Daten wurden verschlüsselt und können nur von den Hackern – natürlich gegen Lösegeld – wieder entschlüsselt und damit nutzbar gemacht werden.

Es scheint, dass die Methoden immer perfider werden und es ist ja auch nicht das erste Mal, dass professionelle Software-Produkte infiziert werden und über diese Hintertür in Unternehmensnetzwerke eingedrungen wird. Und jeder sei vor dem Satz gewarnt „Uns kann das nicht passieren“. Hochmut kommt vor einem potentiellen Sicherheitsvorfall mit entsprechenden Lösegeldforderungen. In den vergangenen Monaten haben wir erlebt, dass auch IT-Unternehmen wie die Software AG, denen man IT-Expertise bestimmt nicht absprechen kann, befallen werden können.

Und vergessen wir nicht die Meldungen über veraltete Windows-Server, die noch immer im Einsatz sind, oder Server und Clients, die nicht die neuesten Patches eingespielt haben. Auf Millionen Rechnern ist noch Windows 7 installiert und und sie sind eine Sicherheitslücke. Diese Microsoft-Probleme existieren schon seit Jahren immer wieder, beispielsweise vor kurzem beim E-Mail-Dienst Microsoft Exchange. Und sie betreffen Unternehmen, Privatpersonen und unsere Infrastruktur.

Angriffe wie der aktuelle, bei denen die schwedischen Filialen der Supermarktkette Coop schließen mussten, Attacken auf Krankenhäuser in Deutschland oder Ölpipelines in den USA zeigen, dass auch unsere Infrastruktur betroffen ist. Analysen bezüglich der Anfälligkeit deutscher Behörden sind nicht besonders ermutigend. Auch mit Blick auf die Bundestagswahl ist das Thema brisant und (nicht nur) die deutschen Sicherheitsbehörden – vom BND über den Verfassungschutz bis zum BSI – sind gefordert. Cybersecurity ist unterdessen durchaus auch ein politisches Thema, wie der Schlagabtausch zwischen Putin und Joe Biden deutlich macht. Das Thema Digitalisierung, an dem wir nicht vorbei kommen, bringt das Thema Cybersecurity mit gleicher Priorität auf die Topagenda von CEOs und Top Management.

Ich betrachte die jährlichen Sicherheitskurse, die jeder im Unternehmen erfolgreich durchlaufen muss, unterdessen mit ganz anderen Augen. Eine Sensibilisierung ist in Unternehmen wie auch als Privatperson unbedingt nötig, denn mit einem falschen Klick kann das Unglück ausgelöst werden. Deshalb rate ich auch meiner Familie (und mir selbst) zu absoluter Vorsicht, wenn E-Mails oder Messenger-Nachrichten von uns unbekannten Personen eintreffen. Immer die E-Mail-Adresse auf Plausibilität prüfen. Keine Dateien von Personen öffnen, die man nicht kennt. Word-, Excel- oder PDF-Dateien können infiziert sein. Keine Links (URLs) anklicken. Im Zweifelsfall ist Vorsicht wichtiger als Neugier. Achtsam muss man bei jeder E-Mail sein. In den vergangenen Monaten wurden in der Pandemie beispielsweise E-Mails verschickt, die angaben von bekannten Paketdiensten zu sein.

Vorsicht auch bei Anrufen, die angeblich von Microsoft (oder anderen bekannten Anbietern) kommen, die vor Sicherheitsproblemen warnen und Zugriff auf den privaten Rechner haben wollen. Auch das sind Cyberverbrecher. Die Liste möglicher Bedrohungen ist groß. Deshalb sollte jede und jeder, der einen Computer, Tablet oder Smartphone nutzt aufgeschlaut werden. Es ist eine Aufgabe für die Schulen und die Erwachsenenbildung. Und an dieser Stelle seien auch Security-Ratgeber und Checklisten – beispielsweise von heise – ausdrücklich empfohlen. Oder aber die kostenlosen Wegweiser für den digitalen Alltag des BSI, des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik, herunterladen, die hier zu finden sind. Die Wegweiser gehen auf die unterschiedlichsten Aspekte vom sichern Nutzen von Cloud-Diensten bis zur Verwendung von Smartphone oder Tablet ein.

Sicherheit und Vorsicht sollten in Unternehmen, privat und natürlich auch im Homeoffice herrschen. Natürlich wird die Arbeit daheim auf potentiell nicht so gut geschützten Rechnern auch schon als verstärkendes Sicherheitsrisiko angesehen – und das wird natürlich von den Gegnern von Homeoffice entsprechend instrumentalisiert. Selbstverständlich sollte gerade auch im Homeoffice Vorsicht herrschen. Jedoch können natürlich auch dortige Geräte, ob eigene nach dem BYOD-Prinzip genutzte oder von der Firma gestellte Rechner, abgesichert und geschützt werden.

Lars nahm das Stichwort Homeoffice zum Anlass, um nochmals auf den sehr aufmerksamkeitsheischenden Beitrag von Thomas Knüwer zum Thema Homeoffice einzugehen. Der führt veinige Gründe an, warum Unternehmen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder ins Büro holen sollten: Homeoffice schade der Gesundheit (der legendäre schlechte Bürostuhl …), schade der eigenen Karriere im Unternehmen (keine Gesichtsmassage bei den Chefs), erodiere die Unternehmenskultur (kein Wir-Gefühl mehr), sei schlecht bis katastrophal für neue Mitarbeiter (wie soll man die Firma kennenlernen) und konterkariere Millenial-Werte.

Meine 2 Cents: Viel Schwarz-Weiß-Malerei und Polemik, um Reichweite und Öffentlichkeit zu erzielen. Ist mir zu einfach gestrickt und durchschaubar, auch wenn Thomas im Text dann doch differenzierter und beispielsweise zugeben muss, dass Millenials durchaus auch im Homeoffice arbeiten wollen. Statt solcher Artikel sollten wir lieber daran gehen, über die hybriden Arbeitsmodelle von heute und morgen, die notwendige Neugestaltung der Büros als Begegnungsorte oder die notwendige Änderung im Mindset der Führungskräfte zu diskutieren, vor allem an einer Veränderung arbeiten.


#9vor9 – Digitalthemen der Woche erscheinen auch immer als Podcast unter https://9vor9.podigee.io/ und sind natürlich über die gängigen Podcast-Plattformen abrufbar.

So von wegen Besserstellungsverbot: Deutschland auf Platz 25 gefallen – Dramatische Lesung zum Stand unserer Digitalisierung bei #9vor9

22. Juni 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Er hat es dann doch nicht getan, der Lars Basche, und hat keine dramatische Lesung des Partei- oder Wahlprogramms derf CDU/CSU vorgenommen. Ich überlege noch, eine entsprechende Petition zu starten, damit er zu dieser Lesung gezw…, äh überredet wird. Das ist ein wirklichguter Plan für Deutschland, wie ich finde. Wir sind doch wieder bei einem hier schon oft diskutierten Thema gelandet. FDP und CDU fordern ein Digitalministerium, Olaf Scholz will die Kompetenz im Kanzleramt verankern und Robert Habeck will – so ein Bericht des Handelsblatts (€€) – die Richtlinienkompetenz in einem bestehenden Ministerium bündeln. Kanzlerkandidat Laschet jedenfalls träumt vom starken Digitalministerium mit einem App-Store für Verwaltung, in dem digitale Lösungen ausgetauscht werden.

Hehre Worte und Versprechen, aber das hatten wir doch schon einmal: Ein gewisser Peter Altmaier, damals noch Kanzleramtsminister, sagte 2017, dass Deutschlands Verwaltung bis 2021 komplett digital sei. Er sei bereit, zwölf Flaschen guten Grauburgunder darauf zu verwetten, dass dies klappe. Die Flaschen nehmen Lars und ich gerne entgegen, denn ganz so gut ist es dann doch nicht gekommen, wie wir alle wissen. Eher sogar schlimmer, scheint es, denn Deutschland ist im internationalen E-Government-Vergleich auf Platz 25 abgefallen, berichtet t3n. Man ist innerhalb von nur 2 Jahren um 13 Plätze abgefallen. Die Dänen liegen übrigens auf Platz 1. Zu den typisch deutschen Entscheidungsprozessen möchte ich nochmals auf diesen Artikel und die Grafik des Normenkontrollrats verweisen.

Und ich muss unserem Lars noch ein zusätzliches Lob aussprechen. Während ich nur die Zusammenfassung des Papers, was die Landesverwaltung Hessen aus der Corona-Pandemie gelernt hat, gelesen habe, ist er in die intellektuellen Tiefen des entsprechenden Papiers abgetaucht und hat dort bahnbrechende Vorschläge gefunden. Unter anderem hat er dort die Forderung nach schnellem Internet – an jeder Milchkanne?? – gefunden. Endlich hat es jemand nieder geschrieben!

Es ist schwer, zu diesem Thema nicht sarkastisch oder frustriert zu werden. Und damit haben sicher gerade diejenigen zu kämpfen, die Dinge in diesem Land verändern sollen und wollen. Im Interview mit der Wirtschaftswoche hört man solchen Frust auch beim Chef der Chef der Agentur für Sprunginnovationen, dem geschätzte Rafael Laguna, heraus:

Wir sollen Sprunginnovationen ermöglichen, müssen uns aber bei der Finanzierung von Forschungsprojekten an zahlreiche Verwaltungsvorschriften halten: an die Bundeshaushaltsordnung, ans Vergaberecht, ans EU-Beihilferecht, ans Besserstellungsverbot.  All das sind Konstruktionen, mit denen wir ein agiles Handeln des Staates nahezu unmöglich gemacht haben.

„Während wir Paragraf 65 einhalten müssen, hängen uns China und die USA ab“ – Wirtschaftswoche

Das ganze Interview lesen. Er macht den Job nur so lange, bis er sieht, ob die neue Regierung wirklich etwas ändert … Mal bewusst die drei Punkte gesetzt.

Mein Digitalthema der Wochen ist durch eine von ihm vorgestellte Studie und seinen Rant initiiert worden: Michael Kroker berichtet in seinem WiWo-Blog über Studienergebnisse, nach denen jeder fünfte Mitarbeiter in kleineren und mittleren Unternehmen am Arbeitsplatz überwacht (21 Prozent) würden. Logischerweise fühlen sich vielfach unter Druck gesetzt.

Im Windschatten der vermeintlichen neuen Freiheiten für viele Beschäftigte fürchteten viele Manager offenbar einen Kontrollverlust – und führten im großen Stil Tools zur Überwachung ihrer Mitarbeiter ein.

Krokers RAM: Vergesst Mitarbeiterüberwachung – sie steht Vertrauensarbeit diametral entgegen!

Geht natürlich gar nicht, wie auch Michael kommentiert, aber die Überwachung hat sich wohl deutlich seit der Pandemie erhöht. Man kann nun diesen Trend sehr leicht in Beziehung zu den Sicherheitsanforderungen setzen, die in der Pandemie im Homeoffice gelten sollten. Nur zu oft wird hier geschlampt und Daten oder Verbindungen sind eben nicht so abgesichert, wie es sich gehört. Sicherheit ist das Eine, Überwachung etwas Anderes und diese sollte nicht unter dem Deckmäntelchen Security durch die Hintertür eingeführt werden.

Und Lars musste mich natürlich noch auf einen weiteren Tweet aufmerksam machen, den ich kürzlich abgesetzt habe. Die Datenschutz- und Internet-Blase regt sich über die neuen Bestimmungen von WhatsApp aka Facebook auf und fordert – nicht erst seitdem – auf, die Plattform zu verlassen. Die normalen Anwender:innen schert es einen feuchten Kehricht (oder geht am Boppes vorbei), so eine Umfrage, die dpa in Auftrag gegeben hat. Sie zucken mit den Schultern, stimmen den neuen Bedingungen und bleiben auf WhatsApp, auch wenn viele angeben, ein schlechtes Gefühl zu haben.

Ja, lieber Rainer Pausch, wir sollten das Thema mal bei #9vor9 adressieren, wie Du vorgeschlagen hast, aber ich hätte hier gerne einen echten Experten mit an Bord und bin für Vorschläge dankbar. Dass ich selbst WhatsApp schon lange verlassen habe, habe ich ja ift genug kommuniziert. Im Gegensatz zu Katze oder Mops: Ein Leben ohne WhatsApp ist durchaus möglich und sinnvoll. In diesem Sinne lassen wir uns nicht unterkriegen!


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Eine kleine Tweet-Sammlung:

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Mitarbeiter an der Leine führen? Homeoffice und mobiles Arbeiten bei #9vor9 mit Birgit und Ole Wintermann

15. Juni 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Zu Gast bei #9vor9 bei Dachdecker Lars und mir waren diesmal Birgit und Ole Wintermann von der Bertelsmann Stiftung zu unserem gemeinsamen Thema Homeoffice beziehungsweise mobiles Arbeiten. Und in den 25 Minuten unseres Gespräches haben wir die Befürchtung diskutiert, dass gar manche Führungskraft oder gar manche Personalabteilung gerne wieder den Geist in die Flasche, sprich die Mitarbeiter:innen ins Büro befehlen würden. Wird das so kommen?

Entsprechende Initiativen und Statements sind auf jeden Fall an verschiedenen Stellen nachzulesen. Die Erfahrungen der vergangenen Monate werden hier und da ignoriert. Statt aus den Homeoffice-Zeiten in der Pandemie zu lernen und neue, hybride Arbeitsmodelle zu entwickeln wird versucht, einen Status Quo von gestern zurück zu holen, so oft der Eindruck.

Ole hat es schön auf den Punkt gebracht: Bei den Betrachtungen sollte man sich auf die Beschäftigten konzentrieren, was die wollen, um so das Beste für das Unternehmen und die Mitarbeiter:innen heraus zu holen. Genau die Studien, die darauf ihren Fokus legten, solle man sich zu Gemüte führen, statt die oft aus reiner Arbeitnehmer- oder Arbeitgebersicht verfassten Berichte zu Rate zu ziehen. An dieser Stelle seien beispielsweise die Studien der Initiative D21, von Bitkom oder auch von der Bertelsmann Stiftung zur Zukunft der Arbeit genannt und verlinkt.

Auch manifestiert sich vieler Orten ein fragwürdiges Verständnis von Führung: Müssen Mitarbeiter:innen an der Leine wie ein Hund geführt werden? Sitzt frei nach Udo Lindenberg Jonny Controletti, der unter Führung nur zu oft Excel-Charts versteht, in vielen Leitungspositionen – und lässt die Kollegen:innen leiden? Arbeitszeitkontrolle durch Erfassung der Zeiten, wer wie lange mit einem bestimmten Tool arbeitet, sind nur zu deutliche Auswüchse einer entsprechenden Mentalität. Nur zu gut, dass in Deutschland dann doch gegen diese Dinge – so sie sichtbar werden – vorgegangen wird. Die Situation in anderen Ländern ist sicherlich schlimmer und man geht unbedarfter mit solchen Daten um.

Interessant ist es sicherlich zu beobachten, ob sich Büros wirklich zu den Kreativplätzen entwickeln werden, die vielerorts in Hochglanz promotet werden. Orte der Zusammenkunft, der Zusammenarbeit und des kreativen Miteinanders statt Großraumbüros, in denen eh jeder hinter seinem Bildschirm in Videokonferenzen sitzt. Kann man denn nur im Büro kreativ und innovativ sein? Dieser Wahrnehmung wurde in unserem Gespräch vehement widersprochen. Geographisch verteilte Teams sind in vielen Unternehmen gelebte Realität – und diese Teams waren nach unserer aller Beobachtung durchaus innovativ und kreativ.

Nur zu oft wird schwarz-weiß gemalt, wird von einem entweder-oder gesprochen, statt gezielt über Mischmodelle von Büro, Homeoffice und mobilem Arbeiten nachzudenken und diese umzusetzen. Leicht sind plakative und provokante Statements abgesondert, dass Gemeinschaft und Teamsport nur im Büro entstehe.

Auch sei an dieser Stelle durchaus nochmals auf die ökologischen Aspekte verwiesen. Vor Jahren habe ich einmal ausgerechnet, wie viele Kilometer ich in meiner Zeit im Büro bei der FileNet GmbH auf der Straße verbracht habe, wie viel Zeit im Auto auf dem Weg ins oder vom Büro. Erschreckende Zahlen für das Klima und das persönliche Wohlbefinden, die man zumindest teilweise entschärfen könnte, so man es denn will.

Der Erdumfang am Äquator beträgt rund 40.000 Kilometer. Ich habe also in den sieben Jahren fünfmal die Erde umrundet und unendlich viel Lebenszeit auf der Autobahn verbracht.

Nochmals herzlichen Dank an Birgit und Ole Wintermann für das Gespräch. Wir werden in Kontakt bleiben und die beiden sicherlich wieder zu ihrem neuen Schwerpunkt Nachhaltigkeit und digitale Transformationen zu #9vor9 einladen!


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Anhang

Die Links, die uns Birgit und Ole besonders ans Herz legen:

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Mobiles Arbeiten, mehr Vertrauen und Zusammenarbeit und die neue Dorfmitte – Alexandra Schmied und Birgit Wintermann bei #9vor9

4. Mai 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Dr. Alexandra Schmied und Birgit Wintermann von der Bertelsmann Stiftung und dem Projekt Zukunft der Arbeit waren zu Gast bei #9vor9, den Digitalthemen der Woche. Und natürlich haben Lars und ich mit den beiden über Homeoffice, besser mobiles Arbeiten und ihre Studienergebnisse gesprochen. Ein Thema waren dabei, die Gesetze und Bestimmungen, die in Deutschland für Arbeitsplätze gelten oder auch: Wann steht der Betriebsstättenprüfer vor der Wohnungstür, um die Gegebenheiten des Homeoffice zu prüfen?

Wieder einmal gibt es kein schwarz-weiß. Einerseits sind Bestimmungen für die Gestaltung des Arbeitsplatzes und die Arbeit sinnvoll und notwendig, um Arbeitnehmer:innen und auch Unternehmen zu schützen. Andererseits kann eine Überregulierung mit zu detailverliebten Vorschriften dazu führen, dass schnelle und flexible Lösungen be- oder gar verhindert werden. Einen pragmatischen, regulatorischen Rahmen zu geben, scheint ja keine besondere deutsche Stärke zu sein, wenn man sich gerade umschaut.

Dabei wäre es das, was eigentlich gefragt ist. Und so die Beobachtungen von Birgit und Alexandra ist es auch das, was gerade viele kleinere und mittlere Unternehmen umgesetzt haben. Sie sind angesichts der Krisensituation einfach voran gegangen, was in diesem Moment ja auch absolut notwendig war und ist. Aber über solchem Vorgehen scheint immer die Gesetzeskeule zu schweben und dementsprechend herrscht natürlich in den KMUs Unsicherheit. Wie kann man sich absichern? Wie kann man die Unsicherheit senken, fragt @itbeobachter nicht zu Unrecht.

Da tut Birgits Anregung gut, besser über mobiles Arbeiten, über die Möglichkeit im Prinzip von überall zu arbeiten zu sprechen und dafür ein Rahmenwerk zu schaffen mit dem gearbeitet werden kann. Doch ist neben den regulatorischen Rahmenbedingungen – so unsere Diskussion – vor allem eine Vertrauenskultur und ein Miteinander gefragt. Nur so kann mobiles, dezentrales Arbeiten gelingen. Daneben braucht es ein Übereinkommen, einen Kodex: Nach 18 Uhr keine E-Mails mehr schicken, darauf achten, dass die Pausen und Freizeiten gibt, kein zu großes „Overblending“ von Arbeits- und Freizeit und vieles mehr sind Aspekte, die zusammen im Blick behalten werden müssen.

Dem stehen oft verhärtete Fronten gegenüber. Statt über sinnvolle hybride Arbeitsmodelle zu sprechen und diese zu ermöglichen, wird zu oft über ein Entweder-Oder gesprochen. Dabei zeigt sich, dass ein intelligentes, gemischtes Modell nicht nur von den Arbeitnehmer:innen gewünscht wird, sondern auch für Unternehmen die besten Ergebnisse bringen kann. Das erfordert natürlich ein Umdenken und damit den Willen zu gemeinschaftlicher Veränderung von allen Seiten – und ein Abschneiden alter Zöpfe, Kontroll- und „Machtverhältnisse“.

Dabei geht es eben nicht nur um Homeoffice und Arbeiten im Büro. Mobiles Arbeiten kann und sollte auch andere Arbeitsorte und -weisen beinhalten Das können beispielsweise auch Coworking Spaces sein, die ich bisher meist aus den großen Städten und Zentren kenne. Alexandra Schmied hat aber Coworking Spaces im ländlichen Raum gearbeitet, wo noch ganz andere Wirkungsweisen zum Tragen kommen könnten. Coworking Spaces auf dem Land als neue dörfliche Mitte, in der man nebeneinander und zusammen arbeitet und vielleicht auch neue Chancen gemeinsam entdecken kann?

Liest man allenthalben, hört man sich bei Unternehmen und Experten:innen, bei Arbeitnehmer:innen um, so will die große Mehrheit ein hybrides Arbeitsplatzmodell in der Zeit von und vor allem nach der Pandemie. Genau dies gilt es jetzt kreativ jenseits alter Grabenkämpfe gemeinsam zu gestalten, sozial verträglich, wirtschaftlich sinnvoll und bitte nicht mit der typisch deutschen Überregulierung.


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(Stefan Pfeiffer)

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Talent Management #9vor9: Das Informelle-Persönliche ist in Corona-Zeiten besonders wichtig

18. März 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Wenn es um Homeoffice oder Themen rund um HR geht, dann ist gern gesehener Stammgast, ja Co-Moderator bei #9vor9: Peter M. Wald, Professor für HRM an der HTWK Leipzig. Und bei #9vor9 vom 16. März haben wir das uns das Thema Talent Management in diesen besonderen Zeiten der Pandemie vorgenommen. Talent Management und entsprechende Lösungen waren ja auch einmal Teil meiner Marketingarbeit in der IBM.

In unserem Gespräch haben wir die verschiedenen Aspekte, vom Finden und der Rekrutierung neuer Mitarbeiter:innen über die Einarbeitung bis hin zum Halten und Motivieren besprochen. All diese Phasen sind natürlich jetzt deutlich schwieriger geworden, wie auch gerade mein Freund Henry Walther bestätigt, dem es auch schwer einfällt neue Kollegen:innen in die Firma einzuarbeiten. Dabei geht es gar nicht nur um die fachliche Einarbeitung. Vielmehr ist der soziale Aspekt offenbar wesentlich relevanter und wichtiger. Wie soll man über virtuelle Verbindungen den Stallgeruch des Unternehmens oder der Abteilung einatmen und sich im positiven Sinn gesprochen sozialisieren und wohl fühlen?

Peter hat natürlich durch seine Tätigkeit die Herausforderung, die Studenten:innen virtuell zu unterrichten. Er legt wert auf persönliche „Open Peter-Stunden“, wo Studierende das persönliche Gespräch mit ihm führen können. Mehr Privates preis geben und so mehr Nähe schaffen, das ist eine seiner Empfehlungen. Der Arbeitstag kann und sollte nicht nur aus den formellen Meetings, Webex’en und Zooms stattfinden. Gerade Führungskräfte sollten auch auf informelle, virtuelle Kaffeepausen und Gespräche Wert legen, so unisono die Meinung des #9vor9 Plenums. Nur so kann eine gewisse Atmosphäre, Vertrauen, Motivation, Mitarbeiterzufriedenheit, Bindung an das Unternehmen erzielt werden.

Meine 2 Cents: Wenn ich im Büro bin, dann genieße ich auch die informellen, sozialen Kontakte. Mit denen, mit denen ich eng zusammenarbeite, versuche ich das auch heute virtuell zu leben. Man redet auch so mal unter vier Augen, egal mit welchem Werkzeug. Das muss sein. Auch das Gelästere über manche Zustände. Ausk…tzen gehört dazu und befreit. Was mir „on top“ fehlt sind die spontanen Treffen mit Kollegen :innen, denen man auf dem Flur begegnet und wo man einfach mal einen Kaffee trinken geht. Das gelingt mir eher selten in der komplett virtualisierten Homeoffice-Umgebung. Der Zufall ist schwer virtuell nachzubauen …

Und natürlich gibt es #9vor9 auch wieder als Podcast auf den bekannten Plattformen und hier im Netz.

(Stefan Pfeiffer)

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#9vor9 mit Andreas Stiehler zum Digital Workplace: Arbeiten oberhalb des Algorithmus oder die Notwendigkeit, Routineaufgaben zu automatisieren

3. März 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Die Gestaltung des DigitalWorkplace und von #NewWork krankt daran, dass die Gestalter selbst oft noch in ihren Silos verhaftet sind. Das war und ist eine der Thesen von Andreas Stiehler, mit dem sich Lars und ich am 2. März in #9vor9 unterhalten haben. Andreas ist als Analyst schon viele Jahre im Thema verhaftet und hat auch aufgrund seiner Studienarbeit u.a., für Hays, Computacenter oder Damovo Einblicke in die Thematik gewonnen. Hier nun unser Gespräch:

Einig waren wir uns, dass Technologie allein oder bestimmte Produkte alleine nicht den Digital Workplace und Produktivität und Zufriedenheit am Arbeitsplatz ausmachen. Da mag sich Microsoft Teams im Fahrwasser von Office365 noch so eine starke Position geschaffen haben, da mag Microsoft sogar Teams als das „Betriebssysteme der Zukunft“* postulieren und mit Viva eine angebliche Employee Experience-Lösung auf den Markt bringen, das wird nicht genügen den Arbeitsplatz der Gegenwart und Zukunft zu definieren.

Mehr Produktivität auf Kosten der Mitarbeiter:innen im Homeoffice? Weil die eben noch mehr „schaffen“. Das war ein weiterer Diskussionspunkt in unserem Gespräch und da sind wir ganz schnell beim Thema Automatisierung gelandet. Wie unser gemeinsamer Freund Axel Oppermann postuliert Andreas auch die Notwendigkeit, Routineaufgaben zu adressieren und zu automatisieren. Meine Anmerkung, dass ich für meine ganz persönliche Arbeit kaum Potential zur Automatisierung sehe, kommentierte Axel dann auch gleich per Tweet:

Hier sind wir wieder bei der Diskussion, was automatisierbar ist und wo Kreativität des Menschen entscheidend. Auf letztere sollten wir uns jedoch nicht zu viel einbilden, denn manche KI liefert heute schon Ergebnisse in vermeintlich kreativen Bereichen, wo wir uns das nicht vorstellen konnten oder wollten. Denken wir beispielsweise an das Verfassen von journalistischen Beiträgen und Artikeln. Trotzdem glaube ich weiter, dass wir keine Angst haben, uns aber neuen Möglichkeiten der Co-Creation mit KI und auch möglicher Automatisierung öffnen müssen.

Andreas sieht die Notwendigkeit, mit passenden Servicekonzepten den Digital Workplace zu gestalten. Hierbei könne die Personalabteilung, könne HR eine Rolle als Regisseur spielen. meine 2 Cents: So man das wirklich will und sich nicht auf die administrativen Aufgaben und Prozesse in der HR Abteilung fokussiert. Servicekonzepte trifft es aus meiner Sicht auch nicht ganz. Ich sehe durchaus die Notwendigkeit darüber nachzudenken, wie man seinen Arbeitstag sinnvoller strukturieren und gestalten kann und dass muss aus meiner Sicht über den morgentlichen Standup als Motivation, die und die Aufgabe doch ruck-zuck bis zum nächsten Mal gefälligst abzuarbeiten, hinausgehen.

Lars hat dann noch das Loblied auf das soziale Miteinander in den Büros und die ach so heile Office-Welt gesungen. Da musste ich natürlich widersprechen. Auch im Büro war nicht alles rosarot, auch dort gab und gibt es Routineaufgaben und verschwendete Arbeitszeit und das nicht zu knapp, wenn ich an manche Meetingorgien denke. Von Flurfunk, Latrinenparolen, „Unternehmenspolitk“ und karriereorientiertem Lobbying bei Vorgesetzten will ich gar nicht anfangen. Und ja, auch mir fehlt natürlich der Kaffee oder Kantinenbesuch mit Kollegen:innen. Ich möchte nur den Kaffee eben in der Kaffeeküche lassen, das Kind nicht mit dem Bade ausschütten und die Vorteile von Homeoffice und Treffen im Büro realistisch im Blick behalten … Noch immer glaube ich ganz naiv daran, dass hybriden Lösungen die Zukunft, die aber eben sinnvoll – ich betone das enthaltene Wort Sinn – gestaltet werden müssen.

Nur einen Nebenstrang* der Diskussion: Schon vor Jahren haben wir über das Leben außerhalb des E-Mail-Posteingangs philosophiert, Luis Suarez – hier ein Video von 2011 – und andere haben das postuliert. Dem Activity Stream im sozialen Unternehmensnetzwerk sollte einmal die Zukunft gehören. Ich habe mich über das Zerfledderphänomen, die vielen verschiedenen Post- und Informationseingänge aufgeregt und auf die Universal Inbox gehofft. Nun soll nach dem Willen von Microsoft eben Teams wohl diese universelle Arbeitsumgebung werden. Hier sei ausdrücklich auf die:den Artikel von Axel Oppermann verwiesen.

Ich selbst bin nun seit geraumer Zeit ein Slack-Anwender, bewege mich zwischen E-Mail, Slack, Webex, Trello und Box, ab und an Mural. Und ich muss feststellen, dass Slack für mich als Informationseingang und als Plattform zur Zusammenarbeit mit dem „persistent Chat“ eine hohe Bedeutung gewonnen hat bis zum Punkt, dass ich mich unterdessen frage, wo denn die entsprechende Nachricht angekommen ist. Slack ist unterdessen gefühlt auf Augenhöhe mit dem traditionellen E-Mail-Posteingang. Ist es meine ständige Arbeitsumgebung? Nein, so weit bin ich nicht. Noch immer springe ich in die oben genannten Programme, um dort bestimmte Aufgaben zu erledigen. Das kann ich noch nicht so direkt in der Slack-Umgebung tun, aber die verschiedenen Tools sind natürlich bereits eng miteinander integriert, Box, Webex und Trello mit Slack. Mal schauen, wie sich das so weiter entwickelt.

Und natürlich gibt es #9vor9 auch wieder als Podcast auf den bekannten Plattformen und hier im Netz.

(Stefan Pfeiffer)

Bild von Alexandra ❤A life without animals is not worth living❤ auf Pixabay

Im Büro sind alle ach so fleißig, im Homeoffice faulenzen alle – Noch ein Homeoffice-Allerlei in der Pandemie

28. Januar 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Das Thema Homeoffice bleibt weiter auf der Tagesordnung, auch durch die neue „SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung“ der Bundesregierung. Treibendes Motiv, warum die Bundesregierung hier aktiv wurde, ist derzeit wohl vor allem die Erkenntnis, dass durch mehr Homeoffice weniger Infektionen entstehen, am Arbeitsplatz und auf dem Weg zum Arbeitsplatz. Mehr Homeoffice könne die Zahl der Infektionen halbieren, jedoch sind die Unternehmen wohl im Gegensatz zum ersten Lockdown zurückhaltender. Im November 2020 arbeiteten demnach nur 14 Prozent daheim, im April 2020 waren es noch 27 Prozent. Diese Zahl mag sich unterdessen (hoffentlich) positiv geändert haben.

Auffällig ist noch immer der Widerstand, mit dem sich der Homeoffice-Gedanke vielerorts konfrontiert sieht. Nur zu gerne wird über Marginalien wie die korrekte Tischhöhe diskutiert, doch viel ernster, offensichtlich gibt es in einigen Unternehmen massiven Widerstand. Firmen umgehen Verordnung – Wer ins Homeoffice will, wird gefeuert, titelt Oliver Heinz auf ZDF.de. Es sind wohl keine Einzelfälle. Laura Sophie Dornheim von den Grünen hat über 150 Fälle von Unternehmen gesammelt und dokumentiert. Weitere Fälle können Ihr beispielsweise via Twitter übermittelt werden.

Ein Schreibtisch, sie zu knechten, sie alle zu binden,
Ins Büro zu treiben, wo viele sich winden.
Im Großraumbüro, wo die Kontrolleure drohn.
Die Herren der Präsenzpflicht #Homeoffice

Der Widerstand ist groß und viele Arbeitgeber wehren sich. Man habe geliefert und überall dort Homeoffice ermöglicht, wo es die Arbeitsaufgabe zulasse, so der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände laut FAZ. Die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Das findet auch Katharina Borchert, frühere Chief Innovation Officer bei der Mozilla Foundation, mit klaren, deutlichen Worten auf Spiegel Online. Sie nimmt einige Punkte aufs Korn, bei denen auch ich immer den Kopf schüttele. Wie kann man angesichts der Corona-Pandemie über Tischhöhe oder diskutieren oder in den Raum stellen, Datenschutz sei das Problem, ein Aspekt der sowohl technisch, wie auch organisatorisch gelöst werden kann. Mit solchen Pseudoauseinandersetzungen wird immer wieder der Wunsch kaschiert, einfach kontrollieren und beaufsichtigen zu wollen.

Immer wieder werden solche und andere Bedenken geäußert. Natürlich stellt das Arbeiten im Homeoffice besondere Herausforderungen. Wenn aber in einem Beitrag der Wirtschaftswoche unter dem Titel Wo wir im Homeoffice unsere Zeit verschwenden Dinge genannt werden, die wenig mit Homeoffice, oft generell mit Arbeitsorganisation zu tun haben, ist das merk- und fragwürdig. „Arbeitnehmer könnten jede Woche 6 Stunden und 5 Minuten sparen, wenn die Abläufe im Unternehmen optimiert würden“, so der Autor der Wiwo.

Stimmt, gilt aber generell, egal wo man arbeitet. Es würden dreieinhalb Stunden pro Woche für unnötige Besprechungen draufgehen. Stimmt, aber diese unnötigen Besprechungen gab es schon vorher und ich bin mir nicht so sicher, ob sie durch Homeoffice so viel mehr geworden sind. Oft werden zu viele Tools, zu viele Softwareprogramme benutzt, die sich teilweise auch noch funktional überlappen. Zudem ist oft nicht klar, welche Inhalte man wo wie ablegt und was man wofür benutzt. Stimmt, aber auch das ist ein Problem, das schon vor der Pandemie existierte.

Meist gewinnt man den Eindruck, dass Dinge künstlich aufgeführt werden, nur um Homeoffice schlecht zu reden. Auch habe ich in keinem Beitrag der Kritiker von Homeoffice gesehen, dass die Verhältnisse im Büroalltag kritisiert werden. Dort scheint alles rund zu laufen, wenn man das glauben mag. Arbeiten aber wirklich alle, die im Büro sind, höchst effizient? Oder werden Mitarbeiter:innen nicht auch dort mal abgelenkt? Verbringen sie nicht auch dort Zeit in unnötigen Meetings und mit bürokratischen Dingen, die nicht sein sollten und müssten. Werden sie nicht auch dort, vielleicht gerade dort immer wieder abgelenkt und verlieren den Faden bei der Erledigung ihrer Aufgaben. Die heile Bürowelt existiert ebenso wenig wie heile Homeoffice-Welt.

Auch finde ich die Aussage, dass man im Homeoffice beziehungsweise in der Onlinezusammenarbeit nicht kreativ, agil und produktiv sein kann, hanebüchen. In jeder großen Organisation, bei vielen Mittelständlern gibt es ortsunabhängig zusammenarbeitende Teams, ob in Deutschland, Europa oder weltweit verteilt. Katharina Borchert, die für die Mozilla Foundation arbeitete, kann das sicher bestätigen. Sind die alle per se unproduktiv und nicht kreativ? Das ist absoluter Mumpitz, um es frei nach Reich-Ranicki zu schreiben.

Um es nochmals klar zu schreiben. Arbeiten im Homeoffice ist nicht immer das Paradies und alles läuft dort rund. Es kann viel verbessert werden, in der Kommunikation, in der Art der Zusammenarbeit, in der Weise wie geführt wird und wie sich Führungskräfte und Mitarbeiter:innen verhalten, miteinander möglichst empathisch umgehen. Das soll gar nicht in Abrede gestellt werden, doch schütten wir das Kind nicht mit dem Brunnen aus. In diesen Zeiten sollten wir wo immer möglich Homeoffice praktizieren. Es ist ein Muss, um Corona-Infektionen und -Tote zu verhindern.

Doch auch nach der Pandemie ist es wichtig, dass wir denen, die es wollen und auch von der persönlichen Infrastruktur können weiter Homeoffice wollen und anbieten. Es gibt viele gute Gründe dafür, die schon oft genannt wurden und werden, vom Umweltschutz über verlorene Lebenszeit im Pendelverkehr bis zu einer besseren Work-Life-Balance. Und diejenigen, die ins Büro wollen, sollen das auch tun können. Ich bin der festen Überzeugung, dass ich sehr oft hybride Modelle durchsetzen werden. Man arbeitet einige Stunden und Tage im Büro, die anderen daheim oder mobil. Das sollte die neue reale Arbeitswelt werden. Daran sollten sich die ewig Gestrigen und Controlettis gewöhnen. Und wenn es dafür ein Gesetz braucht, dann ist es halt so.

* Disclaimer: Mir ist sehr wohl bewusst, dass in vielen Berufen kein Homeoffice möglich ist. Mir ist auch sehr bewusst, dass es genug Fälle gibt, in denen die persönlichen Umstände es nicht wirklich komfortabel möglich machen, von daheim produktiv und zufrieden zu arbeiten. Mir ist auch klar, dass viele gerne ins Büro gehen, weil sie sich vielleicht daheim nicht so gut selbst disziplinieren können oder aber den direkten Kontakt mit Kollegen:innen wollen und brauchen. Und das ist alles ok und akzeptiert. Nur warum sollten diejenigen, die daheim arbeiten wollen und können, es nicht tun dürfen? Das muss mir mal jemand erklären.

(Stefan Pfeiffer)

Bildser von Please Don’t sell My Artwork AS IS auf und Alexandra_Koch auf Pixabay

Wir vermissen Freunde und Sonne, aber jetzt müssen und sollten wir halt mal verzichten – das geht!

1. Januar 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Und das Jahr ist um. Eigentlich ein gutes Jahr. Endlich mal keine nennenswerten gesundheitlichen Probleme. Auch meinen Eltern geht es gut. Und Ehefrau und die beiden Prachtkater sind wohlauf. Das ist auf jeden Fall schon mal etwas, was ich zu schätzen gelernt habe. 2020 ist auch das erste Jahr, in dem ich jeden Tag all meine Fitnessziele erreicht habe (auch wenn mir das katastrophal schlechte Softwareupdate von Apple auf Watch iOS 7 einige Daten zerschossen hat). Sieht man auch daran, dass das Bäuchlein etwas weg geschmolzen ist. Don’t break the chain bleibt ein Ziel auch für 2021.

Aber natürlich steht das Jahr auch im Zeichen der Pandemie. Wir hatten Urlaube geplant, im Sommer und im November mit unseren Freunden in Ägypten. Nochmals Sonne vor den grauen deutschen Winterwochen. Das wurde dann leider nichts. Auch die Treffen mit Freunden, die Trips mit Freunden in die umliegenden Weingegenden zu Winzern, unser Stammtisch, die Veranstaltungen und Treffen mit Freunden und Bekannten fehlen natürlich. Schade, aber man kann und muss gerade jetzt auch einmal verzichten.

Jahr des Kopfschüttelns

Schon sind wir beim Stichwort. Verzichten scheint heute vielen schwer zu fallen. Oder sie tun es einfach nicht, obwohl die reine Vernunft dafür spricht. Deshalb ist es auch für mich ein Jahr des Kopfschüttelns. Kopf schütteln darüber, warum man jetzt Ski fahren muss, eine Kreuzfahrt machen muss oder zu Weihnachten einfach nicht mal auf Treffen verzichten kann. Einmal verzichten. Das scheint uns Babyboomern und auch den nachfolgenden Generationen nicht leicht zu fallen. Unsere Großeltern, manchmal auch unsere Eltern haben ganz andere Zeiten erlebt. Unseren Generationen ging und geht es immer gut. Können wir uns da nicht einige Monate oder ein Jahr mal am Riemen reißen?

Jahr des Kopfschüttelns auch, wenn ich die Verschwörungstheoretiker, die Demonstranten ohne Maske, die mit marschierenden Nazis sehe oder die Tiraden von Trump und seinen Anhängern in den USA höre. Kopf schütteln darüber, dass man glaubwürdige Stimmen der Vernunft und der Wissenschaft verunglimpft. Chapeau einem Drosten und anderen Wissenschaftlern, aber auch Journalistinnen wie Dunya Hayali und ihren Kollegen:innen, die den niveaulosen Anfeindungen und Hassreden widerstehen.

Heimarbeit als „new normal“

Beruflich hat sich natürlich auch einiges geändert, denn nun sind fast alle meine Kolleginnen und Kollegen im Homeoffice, etwas, was ich seit vielen Jahren kenne und praktizieren darf. Das letzte große Event war die Euroshop in Düsseldorf, die im Februar noch durchgeführt wurde. Danach war Schluss und es ging dann richtig los. Seit März produziere und streame ich nun für meine Firma ein wöchentliches Magazin. Zuerst alleine, nun mit Unterstützung eines Teams, berichte ich jeden Dienstag um 11 Uhr aus der Welt der IBM. Einerseits bekomme ich viel Zuspruch, andererseits wird natürlich die Frage gestellt, was denn so ein Magazin bringt. Wo sind die Leads, die man doch so leicht auf konventionellen Veranstaltungen oder auch bei registrierungspflichtigen Onlineevents schreiben kann. So bleibt es eine fortwährende und auch notwendige Diskussion, was denn eine solche Sendung die das IBM Livestudio Magazin denn bringt – und vor allem, wie man noch besser werden kann.

Natürlich hat mich auch das Thema Homeoffice in diesem Blog und bei #9vor9, den privat von Lars und mir produzierten Digitalthemen, beschäftigt. Unterdessen bin ich der Diskussion und auch der Schwarz-Weißmalerei zugegebenermaßen etwas müde. Für mich steht fest, dass die Möglichkeit zum Homeoffice oder Remote Work eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Wer daheim oder mobil arbeiten kann oder will, dem sollte es erlaubt sein. Auch in verteilten Teams kann man kreativ und agil sein. Das haben nicht erst die vergangenen Monate gezeigt. Und die Zukunft sollte in hybriden Modellen, wo man mal im Büro, mal daheim arbeitet, wo einige lieber in die Firma gehen, andere im CoWorking Space oder eben von daheim arbeiten. Und natürlich geht Heimarbeit nicht in jedem Beruf, aber das sollte nicht bedeuten, dass sie nicht dort gefördert wird, wo es möglich ist.

Und ja, ich bin froh darüber, dass ich so arbeiten darf und kann, denn manch Andere:r ist gerade jetzt mit ganz anderen Situationen konfrontiert. Ob es nun die Pfleger:innen und Ärzte im Krankenhaus oder den Praxen sind, die Lehrer:innen und Kindergärtner:innen, die Kassierer:innen, die Polizisten:innen, alle die gerade jetzt noch größeren Belastungen ausgesetzt sind – bei meist nicht gerade feudaler Entlohnung. Hier bin ich nur dankbar für deren Arbeit. Und wenn es darauf ankommt hoffentlich auch solidarisch.

Hoffnung auf den Impfstoff und mehr persönliche Treffen in 2021

Nun geht es mit Hoffnung in das Jahr 2021, Hoffnung, dass der Impfstoff möglichst allen hilft und wir vielleicht ab September wieder zu normaleren Umständen zurückkehren. Natürlich hoffe ich, dass wir alle gesund bleiben, meine Eltern (und meine Frau) bald geimpft werden und der Impfstoff auch bei mir wirkt. Viele Grüße und alles Gute an alle Freunde und Bekannten, auch denen aus „dem Netz“. Lasst uns gegen Unvernunft, Fanatismus und Radikale zusammen stehen. Vor allem seid vorsichtig und bleibt gesund. Und mit dem:der ein oder anderen habe:n ich:wir uns ja schon verabredet in der Zeit nach der Pandemie, wenn das wieder geht. Ob das nun im Kölner Zoo mit Geißbock, Fohlen den Bremer Stadtmusikanten ist oder aber auf ein Glas Wein. bei einem Winzer in der Nähe.

(Stefan Pfeiffer)

Bild von Engin Akyurt auf Pixabay

Es braucht die sozialen Taktgeber, gerade in Zeiten des Homeoffice – #9vor9

22. Dezember 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Leider stand heute bei #9vor9 jemand bei Peter M. Wald auf der Leitung. Doch hat er nichtsdestotrotz das treffende Schlusswort zum Thema Homeoffice gesprochen: Jenseits von Technik, Tools und Werkzeugen, von weniger oder mehr Produktivität, von möglicher oder unmöglicher Innovation müssen wir gerade in den kommenden Wochen und Monaten mehr Wert auf die sozialen und menschlichen Aspekte legen. Wir brauchen gerade jetzt in den Teams die sozialen Taktgeber. Sie sind wichtiger als je zuvor.

Soziale Taktgeber sind dabei nicht unbedingt immer die Führungskräfte. Es können durchaus auch Teammitglieder sein, die aber genau diese sozialen Aspekte im Blick haben. Ob es dann das virtuelle gemeinsame Mittagessen, die immer offene Kaffeeecke auf Slack oder das Feierabendbier oder Glas Wein, das man zusammen trinkt, das hängt von den Vorlieben der Kolleginnen und Kollegen und der berühmten Teamdynamik ab. Wichtig ist aber – und da waren wir uns alle einig -, dass wir in den kommenden Wochen und Monaten genau auf diese sozialen Aspekte noch stärker achten sollten und müssen.

Wir bitten die Tonprobleme bei Peter M. Wald zu entschuldigen. Die Leitung war heute leider nicht besonders gut. Bevor wir aber herum schneiden und „doktoren“, lassen wir das Gespräch so wie es ist. Und man möge mir verzeihen: Die von mir erwähnte neue Studie, wonach das mobile Arbeiten bei der Mehrheit der Unternehmen im dritten Quartal 2020 zu erheblichen Produktivitätssteigerungen geführt hat, stammt von Capgemini.

Und natürlich gibt es #9vor9 auch wieder als Podcast auf den bekannten Plattformen und hier im Netz.

An dieser Stelle danken Lars Basche und ich allen Gäste, die zu uns zu #9vor9 gekommen sind. Wir hoffen, dass wir wieder viele Gesprächspartner 2021 begrüßen dürfen, um die Digitalthemen der Woche zu besprechen, denn das bleibt unsere Passion. Besonderen Dank natürlich allen, die zu uns zuschauen und zuhören. Trotz oder gerade wegen der Pandemie eine frohe Weihnachtszeit, haltet Abstand und trefft Euch im Zweifelsfall eben virtuell, damit wir möglichst früh in 2021 jenseits der Homeoffice-Diskussionen zu einem halbwegs normalen menschlichen Miteinander zurückkehren können. In diesem Sinne eine gute Zeit.

#HomeOfficeSteuer

13. November 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Manchmal denkt man, es kann nicht schlimmer kommen – aber dann kommen die Strategen der Deutschen Bank um die Ecke und fordern eine 5 prozentige Strafsteuer auf Homeoffice. Einige Tweets zum Thema, die ich hier mal kuratiere, quasi als Nachtrag zu meinem Homeoffice-Allerlei dieser Woche:

(weitere Tweets werden angehängt)

Homeoffice-Allerlei: Die Weber von heute sind die besser verdienenden Wissensarbeiter, die Heimarbeit verrichten, und kein Privatleben mehr haben?

10. November 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Es wird mal wieder Zeit für ein Homeofiice-Allerlei, denn natürlich sind wieder viele neue Studien und Berichte erschienen. Der Digitalverband Bitkom, Interessenvertretung von mehr als 2.700 Unternehmen der digitalen Wirtschaft, hat eine repräsentativen Befragung von mehr als 1.000 Personen in Deutschland durchführen lassen und titelt plakativ, dass 56 Prozent der Befragten dem von Hubertus Heil angestrebte Recht auf Homeoffice kritisch gegenüber stünden. Jedoch gibt es wohl einen Altersunterschied:

Während die Gruppe der 16- bis 29-Jährigen das Vorhaben mit 51 Prozent mehrheitlich begrüßt, überwiegt in den Altersgruppen ab 30 Jahren die Ablehnung mit 58 Prozent. …
… Viele befürchten eine Zwei-Klassen-Gesellschaft unter den Arbeitnehmern: Für jeden zweiten Befragten (48 Prozent) spricht gegen ein Recht auf Homeoffice die Ungerechtigkeit gegenüber Kollegen, deren Tätigkeit nicht für Homeoffice geeignet ist. Unter den Gegnern des Rechts auf Homeoffice sagen dies sogar 63 Prozent.

Mehrheit gegen Recht auf Homeoffice | Bitkom e.V.

Neue Zwei-Klassen-Gesellschaft?

Zwei-Klassen-Gesellschaft? Das klingt ja schon fast nach einer Neiddebatte, die hier bewusst geschürt wird. Und natürlich wird der Bitkom-Vorsitzende Achim Berg zitiert, dass die Entscheidung über Homeoffice beim Arbeitgeber liegen müsse. Als Interessenverband digitaler Arbeitgeber wundert mich das einerseits nicht, andererseits hätte ich gerade von einem Digitalverband mehr Offenheit und fortschrittliches Denken erwartet. Apropos Zwei-Klassen-Gesellschaft. Die gibt es sicherlich nicht erst seitdem mehr im Homeoffice gearbeitet wird. Die Diskussion darum wird offensichtlich jetzt bewusst geschürt.

Daheim wird weniger gearbeitet?

Ach ja, noch eine entsprechend Aussage, die in der Pressemitteilung zitiert werden muss: „Jeder Dritte (32 Prozent) meint, Kollegen im Homeoffice würden weniger arbeiten, …“ Da gibt es Studien – und nicht nur Meinungsäußerungen -, die das genau das Gegenteil belegen. Eine Analyse von Atlassian, Anbieter von Kollaborationslösungen, unter Anwender:innen dieser Werkzeuge zeigt, dass quer über alle Länder die Mitarbeiter:innen mehrt arbeiten. In Deutschland – so die Analyse – wird demnach im Schnitt 30 Minuten länger gearbeitet. Man fängt 15 Minuten früher an und hört demnach 14 Minuten später auf.

Deutschen gelingt es besser, die Grenze von Arbeit und Privatleben zu ziehen

Mut macht, dass die Deutschen es wohl im Vergleich zu anderen Ländern besser schaffen Arbeits- und Privatleben voneinander zu trennen:

In Deutschland fällt es den Berufstätigen weniger schwer, die Grenze zwischen Arbeit und Privatleben zu ziehen, als in den anderen untersuchten europäischen Ländern.

Studie: Homeoffice bedroht Work-Life-Balance, ist aber gut für Frauen | heise online

Frauen seien im und durch Homeoffice selbstbewusster und … wer Karriere machen wolle, sei mehr im Büro, wer sich eher auf die Familie konzentriere, mehr daheim. Meine 2 Cents: Gesichtsmassage und Flurfunk hat wohl noch keiner Karriere geschadet.

Der klassische Büroangestellte ist ein Auslaufmodell

Das Handelsblatt wiederum formuliert sehr pointiert …

Der klassische Büroangestellte, der Tag für Tag zur Arbeit pendelt, ist ein Auslaufmodell; ein Relikt des 20. Jahrhunderts, als noch Kontrolle vor Vertrauen ging und Einzelleistungen vor Kollaboration standen.

Die Pandemie zerstört dieses anachronistische Bild gerade heftiger, als es jede technische Innovation der vergangenen Jahre geschafft hat.

Homeoffice und Corona: Büroangestellte werden zum Auslaufmodell

… weist aber auch auf die Risiken im Bereich Unternehmenskultur und -führung hin. Auch hier wieder Hinweis auf die malochenden Mitarbeiter in der Produktion und die besser verdienenden Wissensarbeiter, die sich dort vielleicht einen faulen Lenz machen? Letztere Bemerkung stammt von mir, nicht vom Handelsblatt.

Mehr oder weniger produktiv?

Die im Homeoffice Arbeitenden selbst sind laut einer vom Handelsblatt in Auftrag gegebenen Befragung gespalten, ob sie dort produktiver oder weniger produktiv sind:

Demnach glauben 39 Prozent, sie seien produktiver, 4 Prozent, sie seien weniger produktiv. Wichtig der Hinweis am Ende des Beitrags, dass Büros nicht verschwinden würden, sondern sich (hoffentlich) mehr zu Begegnungs- und Dialogstätten entwickeln würden.

Sind die im Homeoffice arbeitenden besser Verdienenden nun die Weber des 19. Jahrhunderts?

Historische Vergleich sind beliebt. Auch ich ziehe hier und da solche Vergleiche, Weimarer Republik und Bundesrepublik und was auch immer. Als jemand, der Geschichte studiert hat, greife ich natürlich gerne auf historische Erfahrungen zurück. Doch manchmal hinken diese Vergleiche auch. So im Beitrag von Ralph Bollmann in der FAZ, der die Geschichte(n) erzählt, wie die Weber und andere das Recht erkämpft hätten, eben nicht daheim zu arbeiten.

Auch er schürt wieder die Sozialneid-Debatte von den sozial abgesicherten Wissensarbeitern und davon, dass an Errungenschaften der Moderne aufs Spiele setze:

Die Geschichtsvergessenheit, mit der die Homeoffice-Befürworter von heute entscheidende Errungenschaften der Moderne aufs Spiel setzen, ist bemerkenswert. Die Vorstellung von Freizeit und Privatheit etwa ist durch die Trennung von Wohnen und Arbeiten überhaupt erst entstanden. Dasselbe gilt für den geregelten Achtstundentag und die gewerkschaftliche Organisation, die in den meisten historischen Fällen an eine gemeinsame Betriebsstätte gebunden war.

Als das Ende der Heimarbeit erkämpft wurde

Hier wird einfach mal so über eine Kamm geschert, die Zeit der Industrialisierung mit dem heutigen digitalen Zeitalter gleichgesetzt, die soziale Unsicherheit vor den Reformen des 19. Jahrhunderts mit einem Sozialstaat von heute in einen Topf geworfen. Folgt man dem Artikel, so sieht man uns alle in das Elend und die Armut der damaligen Zeit zurückfallen. Das Ende des Privatlebens wird quasi postuliert.

Lebensumstände und Gesetzgebung von heute sind nicht mit dem 19. Jahrhundert vergleichbar

Und natürlich werden geschätzte Historiker von Wehler bis Kocka herangezogen. Aber nochmals: Heimarbeit im 19. Jahrhundert, die Weber von damals sind nicht mit den Heimarbeitern von heute vergleichbar. Das sind ja eh – folgt man andererseits Bollmann – die Besserverdiener. Lebensumstände und Gesetzgebung von heute sind nicht mit dem 19. Jahrhundert vergleichbar. Für mich ist dieser Beitrag ein Zeichen, wie man historische Vergleiche nicht durchführen sollte. Und natürlich kein Wort über Pendlerzeiten, Umweltschutz, Chancen und Risiken in der Kinderbetreuung. Differenziert betrachten geht anders.

Und von den Gegnern des Homeoffice wird natürlich auch die Rückkehr der Stechuhr, der Arbeitszeiterfassung postuliert. Es werde zu einer verschärfte Pflicht zur Aufzeichnung der täglichen Arbeitszeit kommen, nicht nur während der Arbeit daheim, sondern auch im Büro. Genau dazu führe der Heil’sche Gesetzentwurf.

Freies Wirtschaften, freie Unternehmen, aber keine freie Wahl des Arbeitsortes

Es ist schon sehr auffallend, wie diejenigen, die für sich unternehmerische Freiheiten und liberales Wirtschaften postulieren, genau diese Rechte denjenigen, die freiwillig Homeoffice machen wollen, genau dieses Recht, die eigene Arbeit, den eigenen Arbeitsort selbst zu bestimmen, nicht zugestehen. Es geht hier auch um Freiheit und es gibt meiner Wahrnehmung genug Arbeitende, die weiter im Büro arbeiten wollen. Es gibt aber auch sehr viele Arbeitnehmer:innen, die mehr ins Homeoffice wollen. Und mir scheint, die Mehrheit will mehr Flexibilität, ein hybrides Modell von Büro und Homeoffice, das eben genau dem 21. Jahrhundert, dem digitalen Zeitalter entspräche. Genau dieses Modell gilt es konstruktiv zu entwickeln, statt mit falschen Vergleichen zu arbeiten und Futterneiddebatten zu schüren.

(Stefan Pfeiffer)

Das verwendete Bild stammt von der Webseite des Schauspiels Stuttgart zu deren Aufführung von „Die Weber“

Corona bremst auch mal Digitalisierung und wie wichtig Security und Softwarequalität sind und werden – Die Digitalthemen bei #9vor9

20. Oktober 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Hier nun unsere Digitalthemen der Woche mit Lars Basche und mir: Lars zitiert den „Digital Transformation Index 2020“ von Dell, der kürzlich erneut durchgeführt wurde und führt aus, wie Corona Digitalisierung treibt und bremst. Dabei ist Sicherheit einer der wesentlichen Aspekte und mancher macht privat, mancher als Unternehmen so seine Erfahrungen mit entsprechenden Angriffen.

Security als große, größte (?) Herausforderung der Digitalisierung in Corona-Zeiten?

Die Zahl der Angriffe nimmt zu und auch Unternehmen aus der IT-Branche wie die Software AG sind nicht gefeit, was natürlich in meiner Heimat Darmstadt-Eberstadt – ich wohne maximal 500 Meter von der Software AG weg – zu Diskussionen bei meiner Physiotherapeutin führt. Sicherheit und Datenschutz müssen ganz oben auf der Agenda bleiben, privat und in Unternehmen und wie be- und versprochen verweisen wir auf dieses Booklet mit Security-Checklisten von heise.

Lars hebt noch einen anderen Aspekt ab: Unterdessen haben Unternehmen auch wirtschaftliche Ängste, ja Existenzängste, die die Digitalisierung bremsen:

Aber die Pandemie beschleunigt die Digitalisierung nicht nur: Auf Platz 4 der größten Hindernisse bei der digitalen Transformation stehen wirtschaftliche Gründe – die spielten 2016 und 2018 noch keine Rolle.

Studie: Wie Corona die digitale Transformation beschleunigt – und ausbremst | heise online

Bei mir steht das Thema Softwarequalität im Vordergrund: Die Health-Anwendung meiner Apple Watch Serie 3 tut es nicht mehr korrekt. Ursache sind wohl das neue Betriebssystem watchOS7 (unterdessen schon als 7.0.2 draußen) und iOS14. Doch nicht nur ich beschwere mich, dass meine Daten verloren gegangen sind. Es sind wohl Tausende von Anwendern.

Softwarequalität bei der Apple Watch: Diese Fehler dürfen einfach nicht passieren

Und die von Apple empfohlene Lösung, die Watch zu entkoppeln, Watch und iPhone komplett neu aufzusetzen tut es – zumindest bei mir – nicht wirklich. Sehr frustrierend und sehr bedenklich, wenn man beobachtet, wie Apple ja gerade rund um die Watch auf das Thema Gesundheit abhebt. So geht es auf jeden Fall nicht. Das schafft kein Vertrauen.

Gesundheitsdaten sind zu wichtig – Softwarequalität muss stimmen, sonst geht Vertrauen verloren

Nochmals: Jenseits des persönlichen Ärgers geht es um mehr. Das Thema Gesundheitsdaten ist hochsensibel. Da darf ein solcher Fehler nicht passieren. Da dürfen keine Daten einfach so mal verloren gehen. Und da darf Apple nicht einfach nur schweigen, gerade wenn man sich selbst so positioniert. Ich möchte hier ausdrücklich betonen, dass ich ein Freund der Digitalisierung im Gesundheitswesen bin. Genau deshalb bin ich gerade ziemlich sauer auf Apple.

Softwarequalität spielt allenthalben eine wichtige Rolle. Im c’t uplink Podcast nehmen die Redakteure die Software des neuen Volkswagen ID.3 aufs Korn und geben einen sehr negatives Urteil ab. VW könne keine Software. Man habe eine nicht fertige Lösung auf den Markt gebracht. Wieder frustrierend für mich, der ich darüber nachdenke, Mitte kommenden Jahres einen ID.3 anzuschaffen.

Softwarequalität und Security waren wichtig und werden immer wichtiger

Quintessenz: Softwarequalität und Security waren wichtig und werden immer wichtiger, da Software in alle Lebensbereiche vordringt, in die persönliche Gesundheit, das eigene Heim (Stichwort Smart Home), in Homeoffice oder in persönliche Mobilität. Hier kommen große Herausforderungen auf uns zu, denen wir uns stellen müssen. Unbedingt, mit Qualität und Bedacht.

Und natürlich gibt es #9vor9 auch wieder als Podcast auf den bekannten Plattformen und hier im Netz.

* Eigentlich wollten Lars und Stefan heute auf parallel auf LinkedIn, YouTube und Twitter/Periscope senden. Das ging aus technischen Gründen bzw. mangelnder technischer Kompetenz von Stefan in die Hose. Streaming-Gott Gunnar fehlt hat. Aber wir glauben, dass wir den Fehler gefunden haben und kommende Woche dann parallel live sein werden.

(Stefan Pfeiffer)

Homeoffice-Allerlei: Strandurlaub und der eigentlich notwendige große Wurf rund um Remote Work

15. Oktober 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Ich gebe zu, dass ich gerade der Diskussion um das Thema Homeoffice, besser Remote Work, etwas über war. Die Sache ist für mich persönlich einfach klar: Remote Work, mobiles Arbeiten oder Homeoffice müssen dort, wo es im Job möglich ist. zu einer Selbstverständlichkeit werden. Dies sollte auch rechtlich entsprechend abgesichert werden. Die Hürden müssen angemessen sein, das heißt man sollte als Arbeitgeber und Arbeitnehmer darauf achten, einen vernünftigen Arbeitsplatz, der auf Gesundheit und Ergonomie Rücksicht nimmt. Aber ich persönlich möchte keinen Arbeitsstättenprüfer in meiner Wohnung haben (obwohl ich sehr gut ausgestattet bin). Hybride Modelle, an denen man einige Tage daheim und mobil arbeitet, ab und an in die Büros geht, um wirklich zusammen zu arbeiten und zu „socializen“ sollten „the new normal“ werden. Aber natürlich ist die Sache noch lange nicht abgehakt. Es wird viel Detailarbeit, Diskussionen und Kompromisswillen geben müssen. Gar den Willen zum „großen Wurf“?

Die Rumpelkammer des Schreckens wird zum Homeoffice

Wieder hinter meinem Ofen hervorgeholt haben mich jetzt insbesondere zwei Beiträge: Sascha Pallenberg, guter alter Bekannter und Freund, hat mit Sarah Elsser und Karsten Lohmeyer den StbnhckrPodcast rund um das Homeoffice gestartet. Habe in die Generalprobe rein gehört und mich über den etwas anderen Podcast mit Ernährungs- und Fitnesstipps gefreut. Und besonders amüsiert hat mich, wie Sascha seine „Rumpelkammer des Grauens“ (angelehnt an die Känguru-Chroniken von Marc-Uwe Kling) renoviert und zu seinem Homeoffice und Podcast-Studio gemacht hat. Ein Homeoffice-Podcast mit interessanten Zutaten. Mal schauen, wie es schmeckt. Ich wünsch auf jeden Fall viel Erfolg und werde natürlich immer wieder zuhören.

Faul am Strand liegen …

Der andere Beitrag stammt vom geschätzten Dr. Ole Wintermann, der seinen Text „Ist Home Office verkappter Strandurlaub?“ betitelt hat. Genau solche Untertöne, oft direkte Aussagen schwingen in so manchen Äußerungen mit, gerade auch in solchen, die gegen den Gesetzentwurf von Hubertus Heil herziehen. Und wie schreibt Ole so treffend: „Der Kampf um Fachkräfte kann mit Sicherheit nicht mit einer Arbeitskultur gewonnen werden, die noch aus Zeiten der Schreibmaschinen stammt.“

Doch scheint der Wunsch nach der Möglichkeit, Homeoffice zu machen, besser mobil zu arbeiten bei vielen Mitarbeiter:innen angekommen zu sein. Sie wissen die Vorteile gewonnener Flexibilität und Selbstbestimmung zu schätzen, während gleichzeitig gemäß einiger Studien die Produktivität steigert. Auch ist durchaus im mobilen Modell Innovation möglich. Den Geist von Remote Work bekommt man wohl nicht mehr in die Flasche. Gott sei Dank.

Und jenseits der Diskussion um den Gesetzentwurf gilt, wie Ole so treffend formuliert:

Es gilt nicht die eine Arbeitsweise, die für alle Beschäftigten immer gültig und optimal ist. Arbeitgeber müssen lernen, die Diversität und individuellen Bedürfnisse ihrer Beschäftigten anzuerkennen und dies in eine Steigerung der Produktivität umzuwandeln.

Ist Home Office verkappter Strand-Urlaub? – Zukunft der Arbeit

Es bleibt an vielen Stellen eine Menge zu tun und zu verändern. Natürlich müssen Dinge wie der Unterschied zwischen mobiler Arbeit und Homeoffice (Telearbeit) ebenso aufgearbeitet werden kulturelle oder technische Fragen und Führung in Zeiten des Homeoffice. Und ja, es sollte ein gesetzlicher Rahmen geschaffen werden.

Spaltung zwischen privilegierten Homeoffice-Workern und „dem Rest“?

Ich möchte auch auf die Blätterschau des geschätzten Homeoffice-Mitkurators Peter M. Wald verweisen, der wieder fleißig gelesen und kommentiert hat. Unter anderem macht wer auf potentielle Konflikte zwischen Mitarbeitenden, bei denen Homeoffice möglich ist und denjenigen, wo dies nicht möglich ist, aufmerksam. Sind es die Besserverdienenden, die wieder in die Büros kommen müssen? Werden sie gar privilegiert und dürfen daheim arbeiten. Sind es nicht vielmehr die weniger gut Verdienenden, deren Präsenz in der Fabrik, im Supermarkt und in der Pflege notwendig. Muss es hier wieder ein gegeneinander Aufrechnen, eine Neiddiskussion und gar eine Spaltung der Belegschaft geben? In diese Kerbe schlägt eher Josephine Hofmann vom Fraunhofer IAO Institut in ihrem Beitrag anläßlich der Heil’schen Gesetzesvorlage.

Eigenverantwortung hier, Kontrolle dort

Zum Abschluss noch ein Hinweis auf den Artikel von Gunter Dueck, der sich Fluch und Segen des Home Office widmet. Bei der Bezeichnung Massentierhaltungsgroßraumflächen muss ich schmunzeln und nicken. Und wenn er adressiert natürlich auch einen möglichen gefühlten Verlust von Kontrolle, den manche Führungskraft empfinden mag: „Manager brauchen andere Kontroll-Instrumente, wenn es keine Zeiterfassung vor Ort gibt. Sie schalten um auf ‚Ziele‘.“

Das Bild ist zwiespältig, wie auch eine Umfrage von Hays unter Wissensarbeitern zum Thema New Work zeigt:

So nehmen 41 Prozent der angestellten Wissensarbeiter, die für eine Studie von Hays befragt wurden, einen Ausbau der Eigenverantwortung wahr, während 30 Prozent eine Stärkung der Hierarchien feststellen. Eine Vertrauenskultur halten 38 Prozent für etabliert, dagegen sprechen 30 Prozent von perfektionierten Anreiz- und Kontrollsystemen. Und dass die Selbstorganisation ausgebaut wird, konstatieren 34 Prozent. Umgekehrt sehen jedoch 38 Prozent eine Entwicklung hin zu strafferen Prozessen, Regeln und Hingaben.

Digitaler Wandel: Für Wissensarbeiter in Deutschland ist New Work noch keine flächendeckende Realität – IT-Rebellen

Eigenverantwortung auf der einen, stärkere Hierarchien auf der anderen Seite. Selbstorganisation hier, straffere Prozesse da, das Bild ist und bleibt uneinheitlich.

(Stefan Pfeiffer)

Was die richtige Webcam (und richtige Ausleuchtung) so ausmachen kann …

30. September 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Wie viele andere kämpfe auch ich mit der technischen Ausstattung. Deshalb im Anschluss an #9vor9 vom 29.9.2020 mit Gerhard Schröder dieser kleine Beitrag (der ursprünglich als Abschluss in meinem inhaltlichen „Block“ hinterlegt war – habe ihn bewusst separiert). Schaut Euch an, wie perfekt Gerhard technisch ausgeleuchtet und inszeniert ist. Da fallen der Videokeller in Siegburg und das Homeoffice in Darmstadt deutlich ab.

Die Kamera in meinem Apple-Monitor. Vergleicht mit dem professionellen Bild von Gerhard!
Zickige Marshall …

Nun ist Gerhard sicher Profi, Dienstleister in dem Sektor und hat eben die entsprechende Ausstattung Aber es geht auch mit einfachen Mitteln mehr. Da meine professionelle Marshall Streaming-Kamera mit Skype und Eccamm rumzickt, hatte ich die eingebaute Kamera meines Apple Monitors genommen. Wie man sieht, suboptimal trotz zweier LED-Leuchten hinter dem Monitor. So sieht das Bild dann schon bei gleicher Beleiuchtung mit der Logitech ConferenceCam Connect aus, die ich nach den heutigen Erfahrungen doch wieder in Betrieb nehme.

Die Logitech ConferenceCam Connect zeigt schon deutlich bessere Ergebnisse.

Schon ein deutlicher Unterschied bei gleicher Beleuchtung … Und weiter warte ich auf die Lieferung der Logitech Streamcam, die ich vor Wochen (am 29. Juni 2020) bei meinem Händler Comspot bestellt habe und die noch immer nicht da ist. Unglaublich. Und so kann es aussehen, wenn es die Marshall tut.

Und das ist eine Quicktime-Aufnahme mit der Marshall. Schade, dass sie es nicht mit Ecamm und Skype tut.

Und natürlich macht es nicht die Kamera allein. Ein gutes Mikrofon (bei mir ein Samson Meteor) und entsprechende Beleuchtung (z.B. Elgato Key Light Air oder Ring Light) sind ebenso wichtig – wie der Hintergrund. Auch hier kann man bei Gerhard oder auch bei Gunnar entsprechend nachlesen und -hören, was denn so zu empfehlen ist.

(Stefan Pfeiffer)

Homeoffice-Allerlei: Wie wäre es mit einem Blumenstrauß für die, die im Homeoffice mehr arbeiten? Und weitere Links und Zitate

7. September 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Es ist mal wieder Zeit für ein Homeoffice-Allerlei, für eine Zusammenstellung von Beiträgen, die mir in den vergangenen 2-3 Wochen zum Thema Remote Work, mobiles Arbeiten und Homeoffice aufgefallen sind. Hier nun meine natürlich subjektiv kuratierte Auswahl.

Ist die Mehrheit schon zurück im Büro?

Zuerst einmal: Wo stehen wir denn real beim Thema Homeoffice. Die FAZ berichtet unter Berufung auf eine Umfrage von Morgan Stanley Research:

Inzwischen sind im europäischen Durchschnitt 70 Prozent aller Büroangestellten an ihre Arbeitsplätze im Unternehmen zurückgekehrt. … In Deutschland sind 74 Prozent der Büroangestellten zurück in ihrem Unternehmen, in Italien und Spanien 76 Prozent, in Frankreich sogar 84 Prozent. Die große Ausnahme bleibt Großbritannien. …

Nur noch eine kleine Minderheit arbeitete in Deutschland permanent von zu Hause aus. 16 Prozent sitzen die komplette Woche über im Homeoffice, jeweils 5 bis 7 Prozent bleiben einen, zwei, drei bis vier Tage in der Woche dem Büro fern.

Home Office: Die meisten Arbeitnehmer machen Überstunden

Ich gebe zu, dass mich die Zahlen erstaunen. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass so viele schon wieder zurück im Büro sind. Allerdings sei die Zahl derer, die daheim arbeiten, im Vergleich zu vor der Krise deutlich gestiegen.

Nicht erstaunlich: Öffentlicher Dienst schlecht auf Homeoffice vorbereitet

Immer wieder wird berichtet, wie unterschiedlich die Möglichkeiten in verschiedenen Berufen und Branchen für Remote Work und Homeoffice sind. In manchen Jobs geht es einfach nicht. Nun bin ich nicht bei denen, die mit den Fingern auf diejenigen, die angeblich Privilegierten zeigen, die remote arbeiten können, gar ihnen diese Möglichkeit nehmen wollen. Jedoch sollten wir uns genauer die Umstände in spezifischen Branchen anschauen. Eine YouGov-Umfrage hat den öffentlichen Dienst beleuchtet:

Danach haben Beamte und Angestellte bei öffentlichen Arbeitgebern das Gefühl, der Arbeitgeber sei schlecht auf die Homeoffice-Phase vorbereitet gewesen (67 Prozent). Bei den Arbeitnehmern in der freien Wirtschaft war dagegen lediglich knapp ein Drittel (30 Prozent) der Ansicht, dass die Firma für das Homeoffice schlecht gerüstet war. …

Knapp die Hälfte der öffentlichen Bediensteten gab an, vom Arbeitgeber keine Infrastruktur oder geeignete Hardware für das Homeoffice gestellt bekommen zu haben.

Öffentlicher Dienst sieht sich schlechter für Homeoffice gerüstet als Industrie | heise online

Das Thema Infrastruktur – hat die Arbeitnehmer entsprechenden schnelles Internet – und Hardware – stellt der Arbeitgeber einen Computer (und vielleicht mehr) zur Verfügung – sind sicherlich Fragen, die nicht nur im öffentlichen Dienst relevant sind. Da kommt auch schnell die Fragen nach sicheren Geräten und geschützten Daten von Nutzung der eigenen Geräte (BYOD und potentieller Nutzung von Geräten durch andere Familienmitglieder auf. Die von Lenovo in Auftrag gegebene Studie geht auch auf Themen wie Homeschooling oder die Vereinbarkeit von Job und Kinderbetreuung ein, auf jeden Fall sehr relevante Fragen rund um Homeoffice.

Ein Blumenstrauß als kleines Danke für mehr Arbeit im Homeoffice

Claudia Tödtmann geht in ihrem Blog darauf ein, dass viele der Arbeitenden sich in schwierigen Zeiten unter teilweise nicht idealen Arbeitsbedingungen daheim „rein hängen“, länger arbeiten, um den Laden am Laufen zu halten.

Warum als Vorgesetzter oder Unternehmen einfach mal Danke sagen?

Nur die wenigsten Arbeitgeber schickten ihren Leuten mal zum Dank für so viele einseitige Opfer einen Strauß Blumen oder andere Aufmerksamkeiten nach Hause. Als Anerkennung fürs Pflichtbewusstsein. Einige wenige aber eben doch, samt handgeschriebener Dankeskarten der Vorgesetzten. … Laut Arbeitsrecht sind Arbeitnehmer nicht dazu verpflichtet, woanders als in der Firma ihre Arbeitsleistung zu erbringen.

Home-office: Beim Lockdown arbeiteten die Angestellten zuhause täglich eine Stunde länger als sonst | Management-Blog

Claudia Tödtmann geht in ihrem Beitrag auch auf die oft nicht idealen Arbeitsbedingungen in eigenen vier Wänden ein. Ganz sicher nicht jede:r hat ein eigenes Arbeitszimmer oder auch den richtigen Bürostuhl. Klar, die Arbeitsbedingungen müssen stimmen, aber mir graut auf der anderen Seite bei der Vorstellung, dass der Arbeitsschutz die Wohnungen und Heimarbeitsplätze der remote Arbeitenden aufgrund unzähliger Paragraphen und Vorschriften kontrolliert und inspiziert. Und Diskussionen um die Bereitstellung von Technik, die Bezahlung von Telekommunikationskosten oder einer möglichen Beteiligung der Arbeitgeber an Mietkosten, werden anstehen, wenn viele Unternehmen ihre Mitarbeiter:innen auch nach der Covid-19-Krise weiter daheim arbeiten lassen wollen.

Wenn die Pointe die Sachlichkeit auffrisst

Gabor Steingart fordert in seinem Morning Briefing vom 7. August die Arbeitswelt neu zu denken:

Die Heimarbeit hat drei unschlagbare Vorteile aus Sicht der Arbeitgeber:

Erstens: Der Beschäftigte stellt seinem Arbeitgeber kostenlose Bürofläche zur Verfügung. Die entsprechende Quadratmeterzahl kann in der Firma mittelfristig eingespart werden, was die Fixkosten deutlich reduzieren dürfte.

Zweitens: Die firmeninterne Kommunikation, verharmlosend Flurfunk genannt, wird durch die körperliche Abwesenheit drastisch reduziert. Die beliebten Bürosportarten – Mobben, Schleimen, Tratschen – lassen sich von zu Hause deutlich schwerer ausüben.

Drittens: Erstmals zählt wirklich nur die messbare und damit nachprüfbare Leistung des Beschäftigten. Das rhetorische Maulheldentum, das vielerorts das Konferenzgeschehen beherrscht, entfällt. Erstmals fallen Anwesenheit und Arbeitszeit zusammen.

Morming Briefing, 7.8.2020

Er macht es sich zu einfach, finde ich. Punkt 1 ist sicher umstritten, bei den zwei weiteren „Vorteilen“ zählen wieder einmal Pointe und knackige Formulierung mehr als die Sache.

Doch gerade in den rechtlichen und finanziellen Fragen sind Kompromisse, pragmatische Lösungen notwendig, bei denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer:innen aufeinander zugehen. Ich hoffe nur, dass wir die erzielten Möglichkeiten nicht durch Bürokratie und Paragraphen kaputt „reformieren“.

Übersicht aktueller Studien

Hinweisen möchte ich auf den Blogbeitrag des von mir geschätzten Andreas Stiehler. Er hat im QSC-Blog eine Übersicht aktueller Studien zusammengestellt und schreibt in einer ersten Zwischenbilanz:

Trotz der Unterschiede im Befragungsdesign fügen sich die Hinweise aus den verschiedenen Untersuchungen zu einem durchaus stimmigen Gesamtbild. Unsere wichtigsten Erkenntnisse nach Sichtung der Studien hier kurz zusammengefasst:

Die Umstellung auf Remote Work funktionierte überraschend gut.

Homeoffice macht zufrieden und produktiv, auch weil die Mitarbeitenden dazulernen.

Das Stresslevel sinkt in Summe, aber Berufsanfänger und Manager fühlen sich überfordert.

Die Attraktivität flexibler Arbeit steigt, aber soziale Interaktion wird vermisst.

Arbeitswelt nach Corona (1): Empirische Studien im Überblick – QSC Blog %

Wir sind auf seine weiteren Beiträge gespannt.

Verschwörungstheorien im Büro?

Nicht direkt mit Homeoffice hat das Thema Verschwörungstheorien auf der Arbeit zu tun. Doch es ist derzeit ein relevantes Thema. Was, wenn die Verschwörungstheoretiker ihre Botschaften im Betrieb verbreiten oder dort keine Maske tragen wollen? Die FAZ hat hier einen Bericht veröffentlicht und zitiert Sabine Riede von der Sekten-Info Nordrhein-Westfalen:

Riedes Rat ist, schnell Grenzen zu ziehen, wenn Kollegen anfangen, Verschwörungstheorien zu verbreiten: „Das hat hier nichts zu suchen!“ Zu diskutieren oder den anderen überzeugen zu wollen sei fast nie erfolgreich. „Wenn jemand völlig fanatisiert ist, wird am Arbeitsplatz keine Zeit sein, ihn zu überzeugen. Man sollte aber bewusst seine eigene Meinung vertreten.“ Sollten Kollegen zu aufdringlich werden, rät sie, den Chef oder den Betriebsrat einzuschalten. „Große Firmen haben ja auch Psychologen und Sozialarbeiter.“

Verschwörungstheorien im Büro: Was tun mit Kollege Aluhut?

(Stefan Pfeiffer)

Bild von klimkin auf Pixabay