Posts Tagged: ‘Heimarbeit’

Homeoffice-Allerlei: Die Weber von heute sind die besser verdienenden Wissensarbeiter, die Heimarbeit verrichten, und kein Privatleben mehr haben?

10. November 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Es wird mal wieder Zeit für ein Homeofiice-Allerlei, denn natürlich sind wieder viele neue Studien und Berichte erschienen. Der Digitalverband Bitkom, Interessenvertretung von mehr als 2.700 Unternehmen der digitalen Wirtschaft, hat eine repräsentativen Befragung von mehr als 1.000 Personen in Deutschland durchführen lassen und titelt plakativ, dass 56 Prozent der Befragten dem von Hubertus Heil angestrebte Recht auf Homeoffice kritisch gegenüber stünden. Jedoch gibt es wohl einen Altersunterschied:

Während die Gruppe der 16- bis 29-Jährigen das Vorhaben mit 51 Prozent mehrheitlich begrüßt, überwiegt in den Altersgruppen ab 30 Jahren die Ablehnung mit 58 Prozent. …
… Viele befürchten eine Zwei-Klassen-Gesellschaft unter den Arbeitnehmern: Für jeden zweiten Befragten (48 Prozent) spricht gegen ein Recht auf Homeoffice die Ungerechtigkeit gegenüber Kollegen, deren Tätigkeit nicht für Homeoffice geeignet ist. Unter den Gegnern des Rechts auf Homeoffice sagen dies sogar 63 Prozent.

Mehrheit gegen Recht auf Homeoffice | Bitkom e.V.

Neue Zwei-Klassen-Gesellschaft?

Zwei-Klassen-Gesellschaft? Das klingt ja schon fast nach einer Neiddebatte, die hier bewusst geschürt wird. Und natürlich wird der Bitkom-Vorsitzende Achim Berg zitiert, dass die Entscheidung über Homeoffice beim Arbeitgeber liegen müsse. Als Interessenverband digitaler Arbeitgeber wundert mich das einerseits nicht, andererseits hätte ich gerade von einem Digitalverband mehr Offenheit und fortschrittliches Denken erwartet. Apropos Zwei-Klassen-Gesellschaft. Die gibt es sicherlich nicht erst seitdem mehr im Homeoffice gearbeitet wird. Die Diskussion darum wird offensichtlich jetzt bewusst geschürt.

Daheim wird weniger gearbeitet?

Ach ja, noch eine entsprechend Aussage, die in der Pressemitteilung zitiert werden muss: „Jeder Dritte (32 Prozent) meint, Kollegen im Homeoffice würden weniger arbeiten, …“ Da gibt es Studien – und nicht nur Meinungsäußerungen -, die das genau das Gegenteil belegen. Eine Analyse von Atlassian, Anbieter von Kollaborationslösungen, unter Anwender:innen dieser Werkzeuge zeigt, dass quer über alle Länder die Mitarbeiter:innen mehrt arbeiten. In Deutschland – so die Analyse – wird demnach im Schnitt 30 Minuten länger gearbeitet. Man fängt 15 Minuten früher an und hört demnach 14 Minuten später auf.

Deutschen gelingt es besser, die Grenze von Arbeit und Privatleben zu ziehen

Mut macht, dass die Deutschen es wohl im Vergleich zu anderen Ländern besser schaffen Arbeits- und Privatleben voneinander zu trennen:

In Deutschland fällt es den Berufstätigen weniger schwer, die Grenze zwischen Arbeit und Privatleben zu ziehen, als in den anderen untersuchten europäischen Ländern.

Studie: Homeoffice bedroht Work-Life-Balance, ist aber gut für Frauen | heise online

Frauen seien im und durch Homeoffice selbstbewusster und … wer Karriere machen wolle, sei mehr im Büro, wer sich eher auf die Familie konzentriere, mehr daheim. Meine 2 Cents: Gesichtsmassage und Flurfunk hat wohl noch keiner Karriere geschadet.

Der klassische Büroangestellte ist ein Auslaufmodell

Das Handelsblatt wiederum formuliert sehr pointiert …

Der klassische Büroangestellte, der Tag für Tag zur Arbeit pendelt, ist ein Auslaufmodell; ein Relikt des 20. Jahrhunderts, als noch Kontrolle vor Vertrauen ging und Einzelleistungen vor Kollaboration standen.

Die Pandemie zerstört dieses anachronistische Bild gerade heftiger, als es jede technische Innovation der vergangenen Jahre geschafft hat.

Homeoffice und Corona: Büroangestellte werden zum Auslaufmodell

… weist aber auch auf die Risiken im Bereich Unternehmenskultur und -führung hin. Auch hier wieder Hinweis auf die malochenden Mitarbeiter in der Produktion und die besser verdienenden Wissensarbeiter, die sich dort vielleicht einen faulen Lenz machen? Letztere Bemerkung stammt von mir, nicht vom Handelsblatt.

Mehr oder weniger produktiv?

Die im Homeoffice Arbeitenden selbst sind laut einer vom Handelsblatt in Auftrag gegebenen Befragung gespalten, ob sie dort produktiver oder weniger produktiv sind:

Demnach glauben 39 Prozent, sie seien produktiver, 4 Prozent, sie seien weniger produktiv. Wichtig der Hinweis am Ende des Beitrags, dass Büros nicht verschwinden würden, sondern sich (hoffentlich) mehr zu Begegnungs- und Dialogstätten entwickeln würden.

Sind die im Homeoffice arbeitenden besser Verdienenden nun die Weber des 19. Jahrhunderts?

Historische Vergleich sind beliebt. Auch ich ziehe hier und da solche Vergleiche, Weimarer Republik und Bundesrepublik und was auch immer. Als jemand, der Geschichte studiert hat, greife ich natürlich gerne auf historische Erfahrungen zurück. Doch manchmal hinken diese Vergleiche auch. So im Beitrag von Ralph Bollmann in der FAZ, der die Geschichte(n) erzählt, wie die Weber und andere das Recht erkämpft hätten, eben nicht daheim zu arbeiten.

Auch er schürt wieder die Sozialneid-Debatte von den sozial abgesicherten Wissensarbeitern und davon, dass an Errungenschaften der Moderne aufs Spiele setze:

Die Geschichtsvergessenheit, mit der die Homeoffice-Befürworter von heute entscheidende Errungenschaften der Moderne aufs Spiel setzen, ist bemerkenswert. Die Vorstellung von Freizeit und Privatheit etwa ist durch die Trennung von Wohnen und Arbeiten überhaupt erst entstanden. Dasselbe gilt für den geregelten Achtstundentag und die gewerkschaftliche Organisation, die in den meisten historischen Fällen an eine gemeinsame Betriebsstätte gebunden war.

Als das Ende der Heimarbeit erkämpft wurde

Hier wird einfach mal so über eine Kamm geschert, die Zeit der Industrialisierung mit dem heutigen digitalen Zeitalter gleichgesetzt, die soziale Unsicherheit vor den Reformen des 19. Jahrhunderts mit einem Sozialstaat von heute in einen Topf geworfen. Folgt man dem Artikel, so sieht man uns alle in das Elend und die Armut der damaligen Zeit zurückfallen. Das Ende des Privatlebens wird quasi postuliert.

Lebensumstände und Gesetzgebung von heute sind nicht mit dem 19. Jahrhundert vergleichbar

Und natürlich werden geschätzte Historiker von Wehler bis Kocka herangezogen. Aber nochmals: Heimarbeit im 19. Jahrhundert, die Weber von damals sind nicht mit den Heimarbeitern von heute vergleichbar. Das sind ja eh – folgt man andererseits Bollmann – die Besserverdiener. Lebensumstände und Gesetzgebung von heute sind nicht mit dem 19. Jahrhundert vergleichbar. Für mich ist dieser Beitrag ein Zeichen, wie man historische Vergleiche nicht durchführen sollte. Und natürlich kein Wort über Pendlerzeiten, Umweltschutz, Chancen und Risiken in der Kinderbetreuung. Differenziert betrachten geht anders.

Und von den Gegnern des Homeoffice wird natürlich auch die Rückkehr der Stechuhr, der Arbeitszeiterfassung postuliert. Es werde zu einer verschärfte Pflicht zur Aufzeichnung der täglichen Arbeitszeit kommen, nicht nur während der Arbeit daheim, sondern auch im Büro. Genau dazu führe der Heil’sche Gesetzentwurf.

Freies Wirtschaften, freie Unternehmen, aber keine freie Wahl des Arbeitsortes

Es ist schon sehr auffallend, wie diejenigen, die für sich unternehmerische Freiheiten und liberales Wirtschaften postulieren, genau diese Rechte denjenigen, die freiwillig Homeoffice machen wollen, genau dieses Recht, die eigene Arbeit, den eigenen Arbeitsort selbst zu bestimmen, nicht zugestehen. Es geht hier auch um Freiheit und es gibt meiner Wahrnehmung genug Arbeitende, die weiter im Büro arbeiten wollen. Es gibt aber auch sehr viele Arbeitnehmer:innen, die mehr ins Homeoffice wollen. Und mir scheint, die Mehrheit will mehr Flexibilität, ein hybrides Modell von Büro und Homeoffice, das eben genau dem 21. Jahrhundert, dem digitalen Zeitalter entspräche. Genau dieses Modell gilt es konstruktiv zu entwickeln, statt mit falschen Vergleichen zu arbeiten und Futterneiddebatten zu schüren.

(Stefan Pfeiffer)

Das verwendete Bild stammt von der Webseite des Schauspiels Stuttgart zu deren Aufführung von „Die Weber“

Die neue Normalität: Arbeite von daheim, triff dich im Büro

26. August 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Über Volker Webers Beitrag bin ich auf diese Infografik und den Report von Poly* aufmerksam geworden. Hier sind viele Dinge zusammengefasst, die ich ganz ähnlich sehe:

  • Die neue Normalität sind hybride Arbeitsmodelle.
  • Mobiles Arbeiten oder Remote Work wird allgemein akzeptiert.
  • Work from home; meet in the office – Arbeite von daheim, triff dich im Büro
    • In den Wohnungen und Eigenheimen werden mehr und mehr professionelle Arbeitsplätze eingerichtet. Der Ausstattung des Heimbüros gebührt die gleiche Aufmerksamkeit wie der Küche …
    • Büros werden mehr und mehr zu Treffpunkten und Co-Working Spaces, in denen man wirklich zusammen arbeitet und kreativ ist.
  • Statt zentraler Büros könnte es mehr kleinere Lokationen geben. Bürostädte wie beispielsweise Frankfurt-Niederrad oder Innenstädte werden sich verändern.
  • Nur wenn es wirklich notwendig ist, wird noch gereist oder geflogen.

Klar, Poly ist Interessenvertreter und verkauft von Headsets bis zu Videokonferenz-Hardware entsprechende Lösungen (die natürlich auch immer wieder in der Infografik auftauchen). Trotzdem können die Aussagen ja richtig sein.

Der Poly Report Hybrid Working: Creating the “next normal” in work practices, spaces and culture kann hier – natürlich gegen Eingabe der eigenen Adresse – heruntergeladen werden.

* Poly ist der Zusammenschluss von Plantronics und Polycom (NYSE: PLT)

Die Think Digital beginnt – wir berichten heute und morgen – Und mehr zum Thema Homeoffice und virtuelle Desktopumgebungen im IBM Livestudio Magazin

5. Mai 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Auch heute war wieder IBM Livestudio-Zeit. Und morgen gibt es sogar eine Sondersendung, die wir anläßlich der Think Digital ausstrahlen und das erstmals – so alles klappt – live auf LinkedIn. Über die IBM-Seite auf LinkedIn können deutschsprachige Interessenten und Kunden am 6. Mai ab 11 Uhr unser Studio verfolgen, live kommentieren und auch Fragen stellen. Im IBM Livestudio Magazin Extra dabei sein werden die Gründerin, Moderatorin und LinkedIn Top Voice Céline Flores Willers zusammen mit Andrea Martin, der Chefin des IBM Watson Centers in München.

6. Mai 2020, 11 Uhr: Das IBM Livestudio Magazin Extra zur Think 2020 auf LinkedIn

Danach wird es wolkig, kantig und künstlich-intelligent: Mit Frank Theisen, zuständig für Cloud- und Cognitive Software in Deutschland, Österreich und der Schweiz, und Wolfram Richter, Principial Solution Architect bei Red Hat in DACH, spreche ich über die wichtigsten Neuigkeiten zu Cloud, Edge Computing und künstlicher Intelligenz. Ich freue. ich auf den morgigen Tag und bitte alle, auf Holz zu klopfen, dass alles technisch* und inhaltlich klappt. Doch ich eile der Zeit voraus. Erst einmal schaue ich mir heute einige Vorträge der Think Digital an, damit ich morgen mitreden kann.

Um was ging es aber heute? Überraschung, auch um die Think Digital. Am Ende des heutigen Magazins sagen Euch meine Kolleginnen und Kollegen, warum auch Ihr unbedingt zuschauen solltet!

Damals, 1998, das e-Place-Konzept der IBM

Außerdem habe ich mich mit Bernhard Dilly, dem CIO Services Leader der IBM in DACH, über den e-Place und Homeoffice unterhalten. e-Place? Bereits in den Jahren 1998 bis 2000 wurde bei IBM das sogenannte „e-place Konzept“ erarbeitet und kurz darauf eingeführt beziehungsweise umgesetzt. Ein Aspekt der neuen Büroumgebung war der nahtlose Übergang von Büroarbeit und mobiler Telearbeit, also dem Arbeiten auf Dienstreisen, beim Kunden oder von zu Hause. Wer sich dafür interessiert: Hier ist ein Dokument von 2006, das das Konzept erläutert. Die Erfahrungen, die wir gesammelt haben, haben uns natürlich jetzt sehr geholfen. Bernhard lässt uns an seinen und Erfahrungen der IBM teilhaben. Für mich, das wissen die Leserinnen und Leser dieses Blogs, ist es ja auch sehr spannendes Thema, über das ich immer wieder schreibe und diskutiere.

Wie man seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter technisch in die Lage versetzen kann, von daheim „zu schaffen“, das bespreche ich dann mit meinen Kollegen Isabel Knaust und Rolf Vogelgesang. Die beiden erklären, wie man mit Hilfe virtueller Desktop-Uumgebungen schnell Arbeitsplätze remote auf Notebooks, Computern, ja auch privaten Computern und natürlich mobilen Geräten ausrollen kann. Ich konnte es mir dann nicht verkneifen, auch auf die „weichen Faktoren“ der Heimarbeit einzugehen.

Unser neuer CEO Arvind Krishna hat ja gerade auf LinkedIn einen Beitrag unter dem Titel  The IBM Work from Home Pledge  veröffentlicht. Es ist ein Versprechen, wie wir in Zeiten von COVID-19 miteinander umgehen wollen und sollen.  Es geht dabei um die menschlichen Aspekte der Zusammenarbeit in diesen Zeiten. Es geht um Rücksicht, Toleranz und Respekt für die Situation, in der wir uns befinden. Es geht auch um Anerkennung, dass es Zeiten geben muss, in denen man sich nicht „camera-ready“ fühlt, Zeiten, in denen man sich um seine Lieben kümmern muss, Zeiten, in denen man selbst Pausen einlegen sollte und vieles mehr. Ich empfehle allen, die sich mit Remote Working auseinandersetzen und selber derzeit im Homeoffice sind, diesen Beitrag zu lesen. 

(Stefan Pfeiffer)

hessen extra zu “Corona und die Arbeitswelt”: Danach wird es mehr Homeoffice geben, aber der Mix macht es!

25. März 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Manchmal wird man überrascht. Das Hessische Fernsehen hat ein extra zu Corona und die Arbeitswelt gemacht. So um die Minute 2:00 durfte ich etwas zum Thema Homeoffice sagen. Es wird mehr Heimarbeit geben. Wir können das Rad nicht zurückdrehen, auch wegen des Klimawandels und wegen der verlorenen Lebenszeit, die wir im Stau und auf Straßen verlieren. Doch der Mix von Homeoffice und Präsenz im Büro macht es, denke ich.

Lustig war die Aufnahme. Leider hatte die Reporterin Verbindungsprobleme, also habe ich mal einfach selbst mit Ecamm für hessen extra aufgezeichnet und ihnen das Material geschickt. Geht doch auch so. Unkompliziert.

Und hier nochmals zur Sache. Diese Berechnung habe ich mal über meine 7 Jahre bei FileNet gemacht. jeden Tag von Darmstadt nach Bad Homburg und zurück. Die Zahlen sprechen für sich. Zum Thema Homeoffice: 7 Jahre im Büro, on top mehr als 1 Arbeitsjahr auf der Straße und fünf mal rund um den Äquator gefahren. Und ich habe noch gar nicht über den CO2-Ausstoß geschrieben.

#9vor9: Zwei Kappen, der Sinn von HomeOffice, CO2, DSGVO und Newsletter, das Känguru und Beethoven

18. Dezember 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Lars war geistig schon im Urlaub, ich bin mitten in #9vor9 abgestürzt und die beiden Kappen tragen Kappen. So könnte man das letzte #9vor9 diesen Jahres in aller Kürze und Würze kennzeichnen. Themen waren HomeOffice, DSGVO und Newsletter, Beethoven und das Känguru.

Am Sonntag habe ich den folgenden Tweet verschickt …

… und danach gab es viele Likes, ReTweets und Kommentare. Grund genug, es im Blog und auch bei #9vor9 nochmals aufzugreifen und Gunnar hat das Themim aktuellen BeitragWarum Homeoffice und Heimarbeit? Klimaschutz, Gleichberechtigung, verlorene Lebenszeit auf den Straßen … dann mit eBike weiter getrieben. Auch in seiner Timeline sind wieder viele Kommentare aufgelaufen. Die Diskussion ist und bleibt akut.

Ich habe dann auch mal in meinem Blog nach HomeOffice oder Heimarbeit gesucht. Die ersten Beiträge sind kurz nach Gründung des Blogs erschienen. Grund genug, das ein oder andere Statement nochmals hervorzukramen und zu zwitschern. Im Blog habe ich nur einige Beiträge nochmals als „Literaturverzeichnis“  verlinkt.

Was haben wir noch besprochen? Lars bekommt trotz DSGVO noch immer viele Newsletter, Gunnar nicht. Dann flog ich raus, um vom iPhone aus mein Abschlussstatement und Ausblick auf 2020 zu geben: Im März 2020 kommt der Film zu den Känguru-Chroniken auf den Markt. Da musste der Hochkulturträger Gunnar natürlich mit Beethoven, dem 250. Geburtstag und Bonn kontern und seine Feingeistigkeit demonstrieren.

In diesem Sinne schöne Festtage, ein bisschen Besinnung und vor allem Gesundheit. Schließen möchte ich trotz der Neunten oder Fünften doch mit dem Beuteltier, dem Netz, natürlich ohne beabsichtigten Bezug auf #9vor9:

Das Tolle am Internet ist, dass endlich jeder der ganzen Welt seine Meinung mitteilen kann. Das Furchtbare ist, dass es auch jeder tut.

Buchzitat von Marc-Uwe Kling aus Die Känguru-Chroniken – Ansichten eines vorlauten Beuteltiers

(Stefan Pfeiffer)

 

Warum Homeoffice und Heimarbeit? Klimaschutz, Gleichberechtigung, verlorene Lebenszeit auf den Straßen …

17. Dezember 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Das Thema Homeoffice ist und bleibt ein heißes Thema, was ich gerade aktuell wieder feststellen durfte. Am 15. Dezember, einem Sonntag, habe ich diesen Tweet abgesetzt, in dem ich einen Beitrag auf manage.it des AP Verlags zitiert habe. Es geht dort darum, wie viel CO2 man einsparen könnte, wenn Arbeitnehmer einen Tag in der Woche daheim arbeiten würden, statt mit dem Auto zur Arbeit zu fahren.

Die Resonanz auf Twitter und LinkedIn war beeindruckend. Retweets und Kommentare kamen schon am Sonntag rein. Eine rege Diskussion, die zeigt wie wichtig das Thema ist, egal ob man Homeoffice als Grundrecht verankern sollte. Vielleicht holt ja noch unser Gunnar die Meinung auf Facebook ein, wo ich ja bewusst nicht mehr aktiv bin.

Im Januar 2019 habe ich noch eine andere, ähnliche Rechnung aufgemacht: Rund 7 Jahre lang bin ich jeden Tag von Darmstadt nach Bad Homburg gefahren. Dabei sind ansehnliche Kilometer und viele Tage zusammengekommen, die ich auf der A5 verbracht habe.

Den Beitrag habe ich dann vor kurzem auch nochmals für den Booksprint Vereinbarkeit 4.0 der Bertelsmann Stiftung aufgearbeitet.

Der Auslöser dieses Beitrags, der oben verzwitscherte Beitrag auf manage.it wird noch von Prof. Dr.-Ing. habil. Sascha Stowasser kommentiert, der zum ifaa-Gutachten zur Mobilen Arbeit Stellung nimmt und feststellt: Deutlich mehr Vorteile als Nachteile. Das ist auch mein Fazit, wohl wissentlich, dass man die Szenarien differenziert anschauen muss.

Und ja, man muss auch die Energiekosten bedenken, die durch Videokonferenzen von daheim verursacht werden, wie Dirk im Twitter-Thread anmerkt:

„Etwa 200 Milliarden Kilowatt Strom werden jährlich durch Streamingdienste und Skype verbraucht“, schreibt Zeit Online, wobei hier auch Netflix und Co beinhaltet sind. Meine flapsige Antwort dazu (und ich meine es ernst): Stellt Sonnenkollektoren auf Euer Dach und versucht generell den Energieverbrauch dezentral abzufangen. Ich weiß, geht auch nicht immer, aber wir werden Streaming-Dienste nicht stoppen können, sondern sollten sie so ökologisch verträglich wie möglich unterstützen.

Das Thema ist heiß und ich entnehme vielen Kommentaren, dass viele – nicht alle -. Arbeitgeber gerne Heimarbeit leisten würden, aber ausgebremst werden. Die Gründe dafür sind vielfältig, reichen von fehlendem Vertrauen bis zu Kontrollwahn in der hierarchischen Unternehmensorganisation – und auch fehlenden Voraussetzungen im eigenen Heim. Nicht jeder hat ein Arbeitszimmer. Nicht jeder wird daheim in Ruhe gelassen, um konzentriert arbeiten zu können.

Doch ich stehe zu meinem Zwischenfazit vom Januar 2019: Nicht in jedem Beruf geht Heimarbeit. Und ja, es macht durchaus Sinn, auch in Berufen, in denen es geht, sich zu Projektbesprechungen vor Ort im Büro zu treffen, sich in der richtigen Arbeits- und Workshopatmosphäre auszutauschen und so gemeinsam kreativer und produktiver zu sein. Das ist nun mal kein Entweder-Oder, sondern Hybrid-Modelle sind gefragt.  ‚Eine ‚Lösung für Alle‘ kann es nicht geben“. schreibt Ole Wintermann. Stimmt. Doch Homeoffice ist auch ein Stück gerade für Diversity und Gleichberechtigung für Teilzeitkräfte. Nicht zuletzt deshalb gehört es zur heutigen modernen Arbeitswelt.

_1__LinkedIn

(Stefan Pfeiffer)

SELRES_130b87b0-9c12-4349-8331-58020201b703SELRES_e47aaa73-64de-475b-acf5-1d8f15a09aeeSELRES_8234685b-0869-4838-9f71-1c0f25267841SELRES_ed2de315-7abc-4217-b9e9-d6aa0ce6f3c2SELRES_ed2de315-7abc-4217-b9e9-d6aa0ce6f3c2SELRES_8234685b-0869-4838-9f71-1c0f25267841SELRES_e47aaa73-64de-475b-acf5-1d8f15a09aeeSELRES_130b87b0-9c12-4349-8331-58020201b703(Stefan (

D21-Digital-Index 2018 / 2019: Noch viel in Aus- und Weiterbildung und beim Stadt-/Land-Gefälle zu tun

29. Januar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Und erneut ist der „D21-Digital-Index 2018 / 2019“ der Initiative D21 veröffentlicht worden, der einen Überblick der digitalen Gesellschaft in Deutschland geben soll. Auf einer Hunderterskala hat Deutschland dabei einen Wert von 55 und damit eine Steigerung von 2 Punkten gegenüber dem vergangenen Jahr erreicht. Kein Grund zur Selbstzufriedenheit, denn in vielen Bereichen gibt es noch viel zu tun, um ein Auseinanderdriften zwischen Stadt und Land, höher und niedriger Gebildeten zu vermeiden.

In der Aus- und Weiterbildung gibt es noch viel zu tun, wie die von Kantar TNS durchgeführte Studie jährlich durchgeführte Studie zeigt. Selbst ausprobieren und Hilfe von Bekannten und Familie dominieren deutlich gegenüber methodischen Schulungs- und Ausbildungsangeboten. Nichts gegen selber probieren, aber es zeigt, dass noch ein enormer Nachholbedarf herrscht, dem Unternehmen sowie private und öffentliche Institutionen begegnen müssen.

46765417881_57f5780c41_o

Zudem gibt es ein Stadt-/Landgefälle. Die Bevölkerung großer Städte hat einen um 5 Punkten höheren Digital-Index um Vergleich zu eher ländlichen Gebieten. Nicht der 45850234815_6b9dc60a8e_zZugang zum Netz, sondern Faktoren wie Bildung, Beschäftigung, Altersgefälle zwischen Stadt und Land sind hier die wesentlichen Aspekte. Auch nutzen die Städter/-innen eher die Möglichkeiten von Telearbeit, Homeoffice oder mobilem Arbeiten. Hier ist gerade auf dem Land noch viel Potential vorhanden, um auch ländliche Regionen wieder attraktiver zu machen. Generell könnte eine höhere Akzeptanz von mobilem Arbeiten in Stadt und Land dazu beitragen, dem Pendlerwahnsinn mit entsprechenden Fahrzeiten und potentiellen Fahrverboten zu begegnen. Ole Wintermann von der Bertelsmann Stiftung bringt es in der Studie auf den Punkt: „Bei etwas mehr als der Hälfte der befragten Berufstätigen ist (zumindest theoretisch) mobiles Arbeiten möglich. Nur jeder sechste Beschäftigte nutzt dies aber auch. Hier stehen die Arbeitgeber in der Pflicht.“  Das Potential ist – wie man den Studienergebnissen entnehmen kann – in Deutschland noch sehr groß. Doch sind nicht nur die Arbeitgeber gefragt. Auch beim Bewusstsein und der Aufklärung der Arbeitnehmer/-innen ist noch viel Raum. Hier noch einige interessante Statistiken zum Einfluss der Digitalisierung auf das Arbeitsleben und die Beschäftigung:

46765418261_dd3f0635f2_o

 

 

Und was tun die Nutzerinnen und Nutzer eigentlich, wenn sie ihre Geräte daheim oder auch immer stärker mobil nutzen? Die Suche im Netz dominiert ganz klar vor allen anderen Anwendungen. Danach kommen in einer Bandbreite zwischen 35 und 44 Prozent die Nutzung von Textverarbeitung, Tabellenkalkulation oder Präsentationsprogramm, Instant Messaging (immerhin 39 Prozent), Online-Shopping und die Nutzung von Navigationssystemen. Alexa, Siri und Co, also Systeme zur Sprachsteuerung liegen (erst) bei 10 Prozent ebenso wie Collaboration-Werkzeuge.

46040263854_d46a1d24ea_o

Die Studie enthält noch viele andere Aspekte der digitalen Gesellschaft in Deutschland. Sie kann hier heruntergeladen werden.

(Stefan Pfeiffer)

Zum Thema Homeoffice: 7 Jahre angestellt, oben drauf mehr als 1 Arbeitsjahr auf der Straße und fünf mal rund um den Äquator gefahren

28. Januar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Ich habe sieben Jahre bei der FileNet GmbH gearbeitet. Mein Dienstsitz war Bad Homburg. Es gab zur damaligen Zeit (2000 – 2007) keine Homeoffice-Regelung. Die Strecke zwischen meinem Wohnort und der Dietrich-Bonhoeffer-Straße – der damaligen lokalen Zentrale – beträgt rund 67 Kilometer. Die Navigationssysteme gehen von einer durchschnittlichen Fahrzeit von 40 Minuten aus. Sieben Jahre also, durchschnittlich 220 Arbeitstage, ich habe – wenn man das hochrechnet – rund 123.200 Minuten im Auto auf der Straße verbracht, was 2.053 Stunden und circa 257 achtstündigen Arbeitstagen entspricht. Das entspricht bei jährlich durchschnittlich 220 Arbeitstagen also mehr als einem Arbeitsjahr, das ich alleine auf der Straße verbracht habe. Sieben Jahre bei FileNet angestellt plus für FileNet als Pendler auf der Straße …

Mappe1.png

Nun könnte man noch rechnen, wie oft ich die Erde mit meinen Diesel-Fahrzeugen umrundet habe. Am Äquator sind es wohl über 40.000 km, also mehr als fünf mal. Klar, ist nur eine durchschnittliche Rechnung und ist nur ein Zahlenspiel. Ich war auch – was es noch schlimmer macht – oft in Deutschland, Europa und den USA unterwegs und es gab natürlich auch mal Staus. Die Reisezeit und die abgerissenen Kilometer im Auto sind sicherlich noch höher. Hinzu kommen noch die Flugzeiten mit entsprechender Umweltbelastung. Oder um es mit Canned Heat zu sagen:

Well, I’m so tired of crying
But I’m out on the road again
I’m on the road again

Zu diesem Zahlenspiel wurde ich heute Morgen durch den Beitrag zur gerade wieder einmal entbrannten Diskussion um das pro und contra von Homeoffice in Beruf und Chance der FAZ vom 26. Januar 2019 animiert. Eine neue, für deutsche Verhältnisse durchaus fragwürdige US Studie* und der SPD-Vorstoß, Heimarbeit als Grundrecht gesetzlich zu verankern, heizen gerade wieder die Diskussion an. Um mir gleich die Butter vom eigenen Brot zu nehmen: Ich bin absoluter Verfechter des Homeoffice, glaube aber, dass der Mix von Homeoffice und Büro die richtige Lösung ist. Die Diskussion um Homeoffice versus Arbeiten im Büro geht zu oft am Thema vorbei. Meist ist es eine Spiegelfechterei.

Ich gebe zu, dass ich bei Tillmann Neuscheler’s Contra Homeoffice-Kolumne, Titel „Niemals Feierabend und kein Flurfunk“ ab und an geschmunzelt habe. Man erkennt doch Verhaltensmuster und Klischees wieder. Nicht umsonst habe ich meine Frau im Ohr: Du bist ja daheim, kannst also den Müll runter tragen oder mal schnell einkaufen. Und ja, es führt ab und an auch zu Diskussionen und Reibereien, aber insgesamt tragen wir beide (und unsere Kater) meine Heimarbeit mit viel Humor und sind dankbar, auch wenn diese Idylle wahrscheinlich irgendwann unverständlicherweise vorbei sein dürfte.

Und das mit dem Feierabend machen und dem Flurfunk, den man verpasst: Auch in der Zeit in Bad Homburg oder bei der Darmstädter MIS, wo ich im Büro gearbeitet habe, habe ich Überstunden abgerissen und nicht zu wenige. Die im Beitrag beschworene soziale Feierabendkontrolle hat da nicht funktioniert. Tja, der berühmte Flurfunk: „Wer nicht im Großraumbüro sitzt oder in der Kantine informiert wird, dem entgeht so einiges„, schreibt Tillmann Neuscheler. Ist vielleicht was dran, aber ganz ehrlich: Ich bin – glaube ich – froh, dass mir manches entgeht, was auf Ehninger Fluren so an Gerüchten herumgeistert.

In der gleichen Ausgabe der FAZ vom 26. Januar ist im Rhein-Main-Teil ein Beitrag zum Coworking-Anbieter Sleeves-Up unter der Überschrift „Gefragt sind vor allem Einzelbüros„. Da musste ich natürlich grinsen und an die vielen Großraumbüros denken, die ja nach damals aktuellen Trends und Studien eingerichtet wurden. Und sorry, ich stehe dazu: In einem offenen Großraumbüro ist es extrem schwer, Lärm und Ablenkung auszublenden und konzentriert an einem Thema zu arbeiten. Punkt. Wer es also ernst nimmt mit agilem Arbeiten im Büro, müsste diese massiv umgestalten und umbauen lassen.

Und ja, es macht durchaus Sinn, sich zu Projektbesprechungen vor Ort im Büro zu treffen, sich in der richtigen Arbeits- und Workshopatmosphäre auszutauschen und so gemeinsam kreativer und produktiver zu sein. Das ist nun mal kein Entweder-Oder, sondern ich komme wieder auf das Thema Mix zurück. Und da bin ich voll bei Nadine Bös, die im besagten Teil der FAZ die Pro Homeoffice-Fahne, besser „gut funktionierende Hybrid-Modelle, die die Vorteile beider Welten verbinden: Ruhige Arbeitstage zu Hause, ohne Meetings und ständige Unterbrechungen, und kommunikative Arbeitstage vor Ort mit den Kollegen“ hoch hält, inklusive Kaffeeklatsch mit Kolleginnen und Kollegen. Auch Ole Wintermann von der Bertelsmann Stiftung, der am neuen D21 Digital Index 2018/2019 mitgearbeitet hat, schreibt: „‚Eine Lösung für Alle‘ kann es nicht geben. Dennoch sollten sie [die Unternehmen] natürlich Endgeräte und digitale Services im gleichen Maße für Frauen und Männer sowie unabhängig von der Hierarchieebene anbieten … Auf diese Weise könnten viele Themen gleichzeitig – Pendlerwahnsinn, Fahrverbote, Verdichtung der Arbeit, Vereinbarkeit von Privat- und Arbeitsleben – adressiert und im Sinne aller Beteiligten gelöst werden.

Und ich möchte auch nochmals ausdrücklich auf die Bedeutung von Homeoffice für Teilzeitkräfte hinweisen. Vielen Frauen und Männern, die in unserem ach so kinderfreundlichen Deutschland ihren Nachwuchs betreuen und erziehen wollen, sind auf Heimarbeit angewiesen. Sie per order mufti ins Büro zu beordern, zwingt sie zur Entscheidung: Kind oder Job. Das verstehe ich nicht unter Diversity und Gleichberechtigung.

Hier nochmals leicht modifiziert meine 10 Thesen zu Heimarbeit vom Februar 2017:

  1. Homeoffice und mobiles Arbeiten können heutzutage nicht mehr abgeschafft werden, ohne dass ein Arbeitgeber große Risiken eingeht. Viele Talente, jung oder älter, wird man nicht für ein Unternehmen gewinnen können, das kein Homeoffice oder kein mobiles Arbeiten anbietet. Heimarbeit zu erlauben und fördern, ist auch ein Teil von Familienpolitik, Familienfreundlichkeit und Diversity
  2. Gerade auch in Berufen und Unternehmen, in denen man international über Ländergrenzen und Zeitzonen hinweg zusammen arbeitet, ist ein Ruf nach Präsenzpflicht in Büros abstrus, denn …
  3. … Reisezeit, Staus auf der Autobahn, Warten auf das Einsteigen am Flughafen oder Warten auf einen verspäteten Zug sind verplemperte Lebenszeit und verursachen Stress.
  4. Man sollte also bewusst und mit gutem Grund reisen, weil die reale Kaffeeküche oder das gemeinsame Mittagessen wertvoll für den sozialen Kontakt zwischen Kolleginnen und Kollegen sind. Und mancher Karriere schadet es nicht, dass ein Chef regelmässig das Gesicht eines Mitarbeiters sieht.
  5. Wahr ist aus meiner Sicht auch, dass reale Treffen vor Ort von Projektteams in der Regel produktiver sind als Telefon- oder Videokonferenzen. Viele solcher Telefonmeetings sind eine Pest und verplemperte Arbeitszeit, was nicht am Medium Telefon sondern an falscher Organisation und falsch verstandener Anwesenheitspflicht liegt.
  6. Konzentriert im kleinen und überschaubaren Team vor Ort zusammen zu arbeiten, ist ein probates Mittel, Projekte besser zu managen. Das ist schon lange bekannt, jedoch wurden in vielen Unternehmen solche internen Projekttreffen in den vergangenen Jahren aufgrund anfallender Reisekosten sinnigerweise untersagt, Reisen nur dann erlaubt, wenn externe Kunden und Partner involviert waren. Jetzt plötzlich Anwesenheitspflicht auszurufen, lässt auf ganz andere Motive denn Produktivität schliessen.
  7. Viele heutige Büros sind für effizientes Arbeiten nicht geeignet. Wer wie oben beschrieben viele Stunden am Telefon verbringt, verzweifelt in den heutigen Großraumbüros, in denen es nie genug „Quiet Rooms“ gibt. Auch sind viele Bürolandschaften für kreative Projektarbeit nicht wirklich eingerichtet. Nicht umsonst mieten mehr und mehr auch große Unternehmen ihre Projektteams in CoWorking Spaces wie bei Design Offices ein, wo flexible Projekt- und Arbeitsräume für unterschiedlichste Tätigkeiten zur Verfügung gestellt werden.
  8. Wir werden weiter moderne Werkzeuge zur Kommunikation und Zusammenarbeit brauchen, die vor allem auch mobiles Arbeiten und Kommunizieren synchron und asynchron unterstützen. Die Tools müssen aber noch wesentlich einfacher und komfortabler zu bedienen werden, um endlich Produktivitäts- und Projektmanagementkillern wie E-Mail und Dateianhängen Herr zu werden.
  9. Doch es nicht nur eine Tool-Frage: Lasst Eure Mitarbeiter nicht dumm sterben, sondern unterrichtet und „coached“ sie darin, wie sie die heutigen Werkzeuge besser nutzen können. Ja, die Tools sind alle durch die Bank verbesserungsfähig bieten aber durchaus heute schon eine Menge sinnvoller Funktionen. Nur kennen sie Erna und Otto Normalangestellte/r nicht, weil sie/er nie eine vernünftige Schulung erhalten hat.
    Vieles wird geschult, nicht aber das tägliche Arbeitswerkzeug oder wie man sich in der täglichen Arbeit organisiert. Ich glaube, dass nicht nur Schulungen benötigt werden. Es müsste ein Coaching-Konzept entwickelt werden, über das laufend weitergebildet wird. Hier liegen aus meiner Sicht riesige Potentiale.
  10. Und mein letzter Punkt: Arbeitswelten von heute und morgen brauchen eine Vertrauenskultur. Wer noch immer auf „Command and Control“ und Hierarchien setzt, hat die Zeichen der digitalen Transformation verpasst. Dass, was Vorstandsvorsitzender Dieter Zetsche derzeit beim Daimler versucht  – Hierarchien einzureissen und auf Schwarmorganisation umzustellen – ist meiner Ansicht nach wegweisend. In ein solches Konzept gehören auch Vertrauensarbeitszeit und Vertrauensarbeitsplatz.

(Stefan Pfeiffer)

* Es gibt durchaus viele andere Studien mit anderen Ergebnissen: Neue Stanford-Studie: Heimarbeiter sind deutlich produktiver

 

Müssen wir Heimarbeit als „Grundrecht“ vorschreiben, damit Unternehmen und Chefs die Vorteile endlich verstehen?

6. Januar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Ich bin ein glühender Befürworter des Home Office. Wege ins Büro, Staus auf den Strassen, verspätete Züge und „Öffentliche“ sind verlorene Lebenszeit. Und es gibt aus meiner Sicht viele Dinge, die man genauso oder sogar konzentrierter und besser im Home Office tun kann. Selbst die Zusammenarbeit im Team ist in der Regel kein Problem, da heutzutage die Werkzeuge für Videogespräche und -konferenzen, Messenger und moderne Collaborations-Werkzeuge verfügbar sind, um in Echtzeit zu kommunizieren und Informationen zu teilen. Nun macht die SPD ein Fass auf und will ein Recht auf Home Office für alle Arbeitnehmer gesetzlich durchsetzen. Die Holländer haben es uns bereits vorgemacht. Dort gibt es eine entsprechende Regelung.

Vor allem aber ist auch in Deutschland ein Nachholbedarf da: Laut D21 Digital Index mit Fokus „Digitales Arbeiten“ und „Künstliche Intelligenz“ liegen riesige Potenziale mobilen Arbeitens in Deutschland noch immer brach. Bezogen auf die Erwerbspersonenzahl von 44 Millionen könnten – so der Index – mindestens 15 Millionen Erwerbstätige Zeit und Kosten sparen könnten, wenn ihnen die Möglichkeit zum mobilen Arbeiten eingeräumt würde. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen …

Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) scheitert der Wunsch nach Heimarbeit meist an den Vorgesetzten. Die Notwendigkeit des selbständig handelnden und denkenden Mitarbeiter, von Vertrauenskultur und Vertrauensarbeitszeit, von familien- und mitarbeiterfreundlichem Home Office, mobiles Arbeiten wird hohchglanz öffentlich postuliert. Doch in Wahrheit dominieren nur zu oft verkrustete Strukturen, das Beharrungsvermögen und die Angst um die eigene Position in der Hierarchie nicht. Oder aber es wird die Abschaffung der Heimarbeit vorgeschoben, um andere Ziele zu erreichen. Wir optimieren, automatsieren und sparen …

Ob es nun der Wunsch nach Kontrolle oder ein wirklicher Glaube daran ist, dass man zusammen im Büro produktiver arbeitet, sei dahin gestellt. Für mich ist die Forderung nach Präsenz im Büro in einer globalisierten Welt, wo Teams oft weltweit verstreut sind und trotzdem miteinander arbeiten müssen, obskur und von gestern. Viel wichtiger ist in der heutigen digitalen Welt, dass die richtigen Talente konstruktiv und kreativ an den wichtigen Projekten arbeiten, dafür die besten Werkzeuge haben und so ein Unternehmen voran bringen. Wild Ducks und Change Agents sperrt man nicht ins Großraumbüro.

Um es nochmals aus meiner Sicht in die richtige Perspektive zu rücken: Home Office sollte sein, aber ich bin auch durchaus davon überzeugt, dass sich Teams, die zusammen arbeiten, nach Möglichkeit regelmäßig in persona treffen sollten. Das eine ist kein Widerspruch zum anderen. Aber Anwesenheit im Büro vorzuschreiben, ist sicher nicht mehr zeitgemäß. Die ganze Diskussion um Home Office versus Arbeiten im Büro geht am Thema komplett vorbei. Eine Spiegelfechterei. Es geht um die intelligente Mixtur.

Braucht es nun Gesetze, um überhaupt einen Fortschritt in Deutschland zu erzielen? Björn Böhning, Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, scheint davon überzeugt. Geht es nach seinen Vorstellungen, ist Heimarbeit generell erlaubt und Unternehmen sollen begründen müssen, warum Heimarbeit nicht möglich ist. Natürlich schreien unternehmerfreundliche Publikationen und Politiker auf: Hendrik Wiedulwit kommentiert in der FAZ unter der Überschrift Freiheit mit der Peitsche, dass die Forderung nach Präsenz im Büro zu unternehmerischer Freiheit gehöre, selbst wenn ein Chef aus bloßer Tradition an Präsenzzeiten daran festhalte. Selbst in einen Technologiekonzernen rudere man zurück zur Präsenz im Büro. Dass es auch andere Technologiekonzerne gibt, die die Zeichen der Zeit verstanden haben, ignoriert er geflissentlich.

Ich bin zwiegespalten. Unter normalen Umständen würde ich dafür plädieren, Unternehmen die Entscheidung zu überlassen und auf den gesunden Menschenverstand zu vertrauen. Doch andererseits scheint der oft genug bei Unternehmensführern ausgeschaltet zu werden, die brachial per „Order Mufti“ Arbeit im Büro einfordern, auch wenn es genug Gründe dagegen und für Heimarbeit – besser mobiles Arbeiten, wo man gerade ist – gibt. Umweltbewusstsein, Familienfreundlichkeit, Diversity, höhere Motivation und Leistungsbereitschaft, ja sogar freiwillige höhere Arbeitszeiten werden nur zu oft einfach ignoriert und über Bord geworfen.

Da fragt man sich dann doch, ob der Ansatz von Böhning was für sich hat, dass Unternehmen umgekehrt argumentieren müssen, warum es keine Heimarbeit geben soll. Ja, ich habe trotzdem weiter Zweifel: Wer soll dann entscheiden, ob oder ob nicht Home Office erlaubt wird? Wie werden Arbeitnehmer, die auf Heimarbeit bestehen, gegen Repressionen geschützt? Wie könnte so etwas ohne endlose Genehmigungsprozesse umgesetzt werden? Fragen über Fragen. Ich bin auf Eure Meinungen gespannt.

(Stefan Pfeiffer)

Der Beitrag repräsentiert natürlich nur meine private, persönliche Meinung.