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Amazon, Google, Facebook & Co.: Und man kann sie doch zügeln …

20. Januar 2018 Posted by Stefan Pfeiffer

Ein wertvoller Beitrag, den Ulrich Schäfer auf Sueddeutsche.de veröffentlicht. Es geht um die auch hier schon oft vermeintliche Allmacht und Unangreifbarkeit der großen amerikanischen Internetgiganten. Oft entsteht der Eindruck des Fatalismus. Geht nicht, sind eh schon zu mächtig, hört man allenthalben. Mehr als  nur ein Hauch von Resignation schwingt da bei dem Einen oder Anderen mit.

In seinem Essay widerspricht Schäfer und das vollkommen zu Recht. Hoffnung macht … Europa.

Tatsächlich lassen sich die Digitalkonzerne sehr wohl einhegen. Und ausgerechnet Europa weist dabei die Richtung. Die EU-Staaten haben damit begonnen, dem wilden, ungezügelten Internetkapitalismus Made in USA etwas entgegenzusetzen: einen eigenen Ordnungsrahmen. Noch existiert dieser Rahmen erst in Fragmenten, noch fehlen wichtige Verbindungsstücke, noch werden die einzelnen Elemente zu zögerlich zusammengefügt. Aber: Ein Anfang ist gemacht.

via Facebook, Google und Co.: Fangt die Tech-Konzerne ein! – Wirtschaft – Süddeutsche.de

Auch das Kartellamt zeigt Profil – wie nicht viele deutsche andere deutschen Behörden, die doch einknicken oder nicht gegenwärtig sind, wie wichtig es ist, Kante zu zeigen. Das Drama rund um Linux in der Stadt München zeigt, wie gerade auch die großen Parteien vor Lobbyisten und Konzernen einknicken. Da können EU-Experten noch so mahnen und gar von Drogendealer-Modellen sprechen. Lieber folgt man dann den Empfehlungen des engen Microsoft-Alliierten Accenture zur Ablösung von Open Source und Einführung von Windows. Ein Schelm …

Schäfer zitiert Kartellamtschef Andreas Mundt:

Und nun legen sich die deutschen Wettbewerbshüter auch noch mit Facebook an, weil das Unternehmen Daten in viel zu großem Stil sammelt und dabei, kritisiert Kartellamtschef Andreas Mundt, „ein echtes Profiling, fast im kriminaltechnischen Sinn“ betreibt: Facebook sammelt von Followern und anderen Internetnutzern nicht bloß Informationen aus dem sozialen Netzwerk selbst, sondern auch aus anderen Quellen; und zwar, ohne darüber zu informieren. Die Kartellwächter schrecken auch nicht davor zurück, sich mit scheinbar übermächtigen Gegnern anzulegen: Dass ein Konzern wie Facebook „eine globale Geschäftsstrategie verfolgt, kann ja nicht dazu führen, dass wir die Hände in den Schoss legen“, sagt Andreas Mundt.

via Facebook, Google und Co.: Fangt die Tech-Konzerne ein! – Wirtschaft – Süddeutsche.de

Chapeau, Herr Kartellamtschef für die klaren Worte und das Handeln. Und ja, das Thema ist angesichts nationaler und europäischer Rangeleien und Zuständigkeiten sicher nicht einfach. Und ja, die Macht der Konzerne nimmt zu, in ihrem Börsenwert und bei den Anwendern:

Laut der Unternehmensberatung PwC kaufen 90 Prozent aller Deutschen, die Online-Shops nutzen, auch bei Amazon ein, und 90 Prozent nutzen hierzulande die Suchdienste von Google.

via Facebook, Google und Co.: Fangt die Tech-Konzerne ein! – Wirtschaft – Süddeutsche.de

Alles nicht so schlimm. Der Konkurrenzkampf zwischen Unternehmen wird es schon richten, glaubt man Verfechtern des freien, ungezügelten Wettbewerbs wie Alexander Armbruster, der am 20. Januar in der FAZ schreibt:

Andererseits ist auch die den großen Tech-Konzernen gerne zugewiesene Allmacht eine Übertreibung. Infolge nicht nur des Fortschritts in der Künstlichen Intelligenz sind sie einander sogar härtere Wettbewerber geworden – im Bereich der digitalen Assistenten, Cloud-Angeboten, Musik- und Videodiensten oder mobilen Betriebssystemen. Manchen mag die Moral des Silicon Valley befremden, der großes Zutrauen in die Problemlösungsfähigkeit von Technologie, Wissenschaft und dem Wettstreit um die besseren Produktideen zugrunde liegt. Bedrohlich ist sie nicht, im Gegenteil.

Eine aus meiner Sicht befremdliche Wahrnehmung, wenn man die monopolartige Stellung einiger Konzerne in durchaus kritischen Segmenten wie Online Shopping, Suche, soziales Netzwerken oder Betriebs- und Office-System sieht.

Alles nicht so schlimm, denn Monopole sind ja sogar gut, glaubt man dem deutschstämmigen PayPal-Mitgründer Peter Thiel, der „ausschließlich in der Wissenschaft und dem stetig technologischen Fortschritt der Schlüssel zum gesellschaftlichen Wohlstand“ sieht und die europäischen, insbesondere Bedenkenträger und „Regulierungswahnsinnigen“ scharf kritisiert. Wettbewerb zwischen unter Unternehmen führe nur dazu, dass die entsprechenden Unternehmen sich ausschließlich auf Profit konzentrierten anstatt großen Ideen hinterherzujagen. Eine steile These, die aus den Monopolen entstehende Macht besagter Konzerne mal so einfach ignoriert.

Bei aller Zustimmung, dass wir technologischen Fortschritt brauchen und konstruktiv gestalten müssen, schließe ich mich gerne Schäfer an, der die Behörden zum Handeln in vier Bereichen auffordert: gegen die Monopolmacht vorgehen, das Thema Datenschutz regeln, auf Bruch von Gesetzen prüfen und das Thema Steuerflucht adressieren:

Nötig ist ein Eingriff immer dann, wenn gegen Gesetze verstoßen wird, sei es im Wettbewerbs-, Steuer-, Sozial- oder Datenrecht ….

Das Ziel muss es sein, dem Wild-West-Prinzip, das anfangs im Internet galt, jenes Prinzip entgegenzusetzen, das sich in Europa seit Jahrzehnten bewährt haben: das Prinzip der sozialen Marktwirtschaft.

via Facebook, Google und Co.: Fangt die Tech-Konzerne ein! – Wirtschaft – Süddeutsche.de

Leider scheint es aber am politischen Willen und in vielen Parteien oft auch an der digitalen Kompetenz zu fehlen. Gerade in den großen Parteien, die ja auch gegen ein Lobbyisten-Verzeichnis sind … Stattdessen wird beispielsweise im „Ausschuss Digitale Agenda“ ja-wie-soll-man-es-denn-nennen? (Ursprünglich wollte ich herumdilettiert schreiben.)

(Stefan Pfeiffer)

 

 

 

[DE] Fehlende Kritikfähigkeit „der“ Journaille: Zu viel des Lobes über geplante neue Facebook-Newsfeed

12. Januar 2018 Posted by Stefan Pfeiffer

Man kann eigentlich nur erstaunt sein, wie positiv die geplanten Änderungen im Facebook-Newsfeed seien. Zuckerberg gebe den Anwendern mehr soziales Netzwerk und weniger Werbung und Meinung.

Facebook hat Medien und Unternehmen zumindest teilweise von sich abhängig gemacht. 2018 könnte das Jahr sein, in dem sich alle Seiten wieder voneinander lösen und auf die eigenen Stärken besinnen. …

Wenn sich Nachrichtenseiten in Zukunft weniger an ihrer Performance in sozialen Netzwerken orientieren müssen, können sie nach neuen, innovativen Wegen suchen, die Leser mit gutem Journalismus zu erreichen. Wenn Werbetreibende merken, dass Clickbait nicht mehr ankommt, rücken im besten Fall die Produkte wieder in den Vordergrund. Und wenn Facebook sich von der Idee verabschiedet, der weltgrößte Meinungsmultiplikator sein zu wollen, kann es wieder das machen, was es schon immer am besten konnte: ein soziales Netzwerk sein. Es ist besser so.

via Facebook: Lass uns doch einfach wieder Freunde sein! | ZEIT ONLINE

Mir auch die Sichtweise des ZEIT-Reporters deutlich zu blauäugig. Wird Facebook wirklich seine sprudelnde Einnahmequelle so aufgeben oder nur disversifizieren:

Facebook trieb diese Entwicklung aktiv voran. Es köderte die Medien und Unternehmen mit dem Versprechen von mehr Reichweite und neuen Vermarktungsmöglichkeiten, von personalisierter Werbung und mehr Aufmerksamkeit – und die folgten den Rufen nur zu gerne. Likes, Shares und Follower wurden zur Währung einer neuen Aufmerksamkeitsökonomie, aus Inhalten wurde Content, und Geschäftsmodelle stiegen und fielen mit den Entscheidungen des Netzwerks. Medien und Unternehmen wurden zur Laborratten des Newsfeed-Algorithmus.

via Facebook: Lass uns doch einfach wieder Freunde sein! | ZEIT ONLINE

Und natürlich bleibt – weniger Werbung im Newsfeed hin oder her – auch die Macht über die persönlichen Daten der Anwender: 

„Es kann nicht sein, dass ein Privatunternehmen ein Monopol über unsere persönlichen Daten besitzt und sie einfach weiterverkaufen kann.“

Die gibt Herr Zuckerberg nicht so einfach auf. Mir wäre etwas mehr Kritikfähigkeit und Distanz gerade der sogenannten kritischen Journaille sehr angebracht. Ja, vielleicht wird die Newsfeed wieder „entwerbter“. Ja, aber Facebook ist trotzdem ein Monopolist unserer Daten. Und das bleibt anprangernswert.

„Es kann nicht sein, dass ein Privatunternehmen ein Monopol über unsere persönlichen Daten besitzt und sie einfach weiterverkaufen kann“

30. Dezember 2017 Posted by Stefan Pfeiffer

Das Interview mit dem Historiker Niall Ferguson schliesst sich quasi nahtlos an den gestrigen Bericht zur Geiz-ist-geil- und Kostenlosmentalität im Umgang mit Google, Facebook & Co an. Auch Ferguson prangert die Monopolisierung an. Früher hätte man das Wettbewerbsrecht verschärft. Das könne man heute vergessen:

Im Gegensatz dazu gibt es für die Tech-Riesen aus dem Silicon Valley heute keinerlei Regulierung. Hier gilt einzig und allein das Prinzip, dass der Gewinner alles erhält. So haben ein paar Unternehmen eine Monopolstellung erreicht, die ihnen unvergleichliche Dominanz verschafft. Google als Suchmaschine, Amazon im E-Commerce, Facebook unter den sozialen Netzwerken – und jeder, der von Wettbewerbsrecht spricht, wird ausgelacht. Die Politik wird Amazon oder Google nicht aufspalten, das können Sie vergessen.

via Soziale Netzwerke: Facebook zerstört die Demokratie | ZEIT ONLINE

Ferguson fürchtet um unsere Daten. Ferguson fürchtet gar um die westliche Demokratie:

Kurz gefasst haben wir also zwei Firmen, Google und Facebook, die den globalen Werbemarkt bestimmen und zugleich auch die Macht haben, den öffentlichen Raum zu dominieren. Das ist ein Zustand, der langfristig nicht aufrechterhalten werden kann. Es kann nicht sein, dass ein Privatunternehmen ein Monopol über unsere persönlichen Daten besitzt und sie einfach weiterverkaufen kann. Das ist schlicht und einfach verrückt. Genauso wie die Tatsache, dass Facebook durch seinen Newsfeed der mit Abstand größte Herausgeber von Nachrichten in der Geschichte der USA ist. Das ist desaströs für den Fortbestand der westlichen Demokratie.

via Soziale Netzwerke: Facebook zerstört die Demokratie | ZEIT ONLINE

Über Amazon habe ich mich ja kürzlich geäußert. Ich glaube, dass man auch hier ganz persönlich etwas tun kann und muss. Die Google-Suche zu nutzen oder nicht zu nutzen, ist wohl auch eine Frage der Selbstdisziplin. Ich werde es in der kommenden Zeit mal mit Alternativen versuchen und hoffe, erfolgreich zu sein.

Keine Alternative zu Facebook?

Doch frustrierenderweise gibt es – zumindest wohl für meine Generation – keine wirkliche Alternative zu Facebook, wenn man sich weltweit mit Freunden vernetzen und austauschen will. Und ich zitiere meinen Kollegen Gunnar Sohn zur Resonanz auf Livevideo-Übertragungen: Größere Interaktion und Resonanz gäbe es nur auf Facebook. Führt man beispielsweise entsprechende Gespräch auf Google Hangout, passiert an Livediskussion und Interaktion nicht viel.

Gibt es also zumindest privat also keine Alternative, wenn man seine Kontakte pflegen, sich vernetzen und mit Freunden weltweit in Kontakt bleiben will? Auch beruflich scheint Facebook fast konkurrenzlos, wenn man Interaktion und eine Livediskussion möchte. Was meint Ihr?

Eigenes Verhalten ändern und bei Bedarf Kante zeigen

Und ist es wirklich so wie Ferguson befürchtet („.., je größer der Blödsinn, umso größer die Chance, dass er viral geht.“), dass automatisch die Polarisierer diesen neuen öffentliche Raum beherrschen müssen? Haben wirklich nur polarisierende und radikale Meinungen Weiten- und Breitenwirkung? Pessimismus gegenüber neuen Medien (Zeitung, Radio, Fernsehen) hatten wir schon in der Vergangenheit und ja, es gibt auch in der Vergangenheit genug Beispiele, wie Medien missbraucht wurden.

Trotzdem möchte ich daran glauben, dass eine moderne Öffentlichkeit möglich sein muss, in der zwar kontrovers gestritten wird, aber die auch den humanen und demokratischen Werten verbunden bleibt. Wir können und dürfen die modernen Massenmedien nicht Radikalen überlassen. Genau das sollten wir auch aus der Vergangenheit gelernt haben. Deshalb bedarf es an den verschiedensten Stellen Regularien und Gesetze. Deshalb müssen Plattformen wie Facebook zur Selbsthygiene verpflichtet werden. Und deshalb muss jeder einer aufstehen und wenn notwendig auch dort Kante zeigen.

(Stefan Pfeiffer)

 

 


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[DE] Collaboration: Die Welt ist heute vielfältig – und das ist gut so

30. August 2017 Posted by Stefan Pfeiffer

Vorab zur Verortung: Ich habe lange Jahr das Marketing für die Collaboration-Produkte der IBM in Deutschland und zeitweise auch Europa verantwortet, bin also sicher parteiisch. Ob das der Autor dieses Beitrags ist, mag jeder selbst entscheiden. Man lese dazu nur die Informationen, was der Schreiber verantwortet und tut.

Was für eine Artikel, warum Unternehmen Microsoft Office 365 als allseligmachende Kollaborationslösung nehmen sollten. Und das wegen der Globalisierung. Mich schüttelt und schaudert es.

  1. Kosteneinsparungen durch Office 365: Microsoft hat es immer hervorragend geschafft, Kunden mit neuen Tools erst mal anzufüttern. Sind die allerdings auf den Zug gesprungen, wurden und werden die Zügel, Verträge und Lizenzgebühren schnell angezogen. Ob mit „einer“ Lösung von Microsoft hier wirklich Kosten, Deployment-Zeiten etc. optimiert werden, wird einfach mal so in Raum gestellt und sei dahingestellt. Hinsichtlich Kosten verweise ich nur einmal auf die Aussagen zu Microsoft 365 und den wahren Kosten (laut Microsoft): „So gibt Microsoft an, dass pro Euro Umsatz von Microsoft die Partner 9 Euro Umsatz durch eigene Leistungen realisieren.
  2. Das vermeintlich so homogene Office 365 ist in Wirklichkeit nicht homogen, sondern hat diverse funktionale Überschneidungen (Yammer und Microsoft Teams) und unterschiedlichste Ablageorte für Dateien und Dokumente (OneDrive, Sharepoint etc.). Nur mal so von wegen keine Datensilos und Homogenität.
  3. Die neuen analytischen Funktionen von Office 365 sind in Deutschland mit größter Vorsicht zu geniessen bzw. so wegen Überwachung der Mitarbeiter so nicht einsetzbar. Office 365 ist laut DGB mitbestimmungspflichtig.
  4. Im Zeitalter der Apps, von immer mehr Micro Services und der Generation Y, die mit Apps arbeiten will, ist die Zeit monolithischer Lösungen wie Office 365 vorbei. Wer diese Lösung den Anwendern aufzwingen will, fördert nur die Ausbreitung der Schatten IT. Hier sind andere Ansätze und ein anderes Rollenverständnis für die IT Abteilung und den CIO gefragt, wie wir es ja auf dem CIOKurator schon öfters zitiert haben (von unwesentlichen Beratern wie McKinsey, KPMG / Harvey Nash, Deloitte etc.)
  5. Lösungen verschiedener Anbieter einsetzen, heisst nicht automatisch Daten Silos generieren – wie es auf abgebildeten Werbefolien einfach mal so suggeriert wird. Fortschrittliche Kollaboration- und Kommunikationslösungen haben diverse Schnittstellen und tauschen Daten transparent aus.
  6. Und dann noch die Globalisierung heranzuziehen, vielfältige Kulturen und Kommunikationspräferenzen zu zitieren, um für monopolistische Systemwelten zu werben. Nun ja … Was daran – wie in der Überschrift postuliert – logisch ist, geht über mein bescheidenes Hirn.

Schade, dass die geschätzten Denkhandwerker so was einfach mal publizieren.

 

 


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