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Christine, mach hinne mit der GWB-Novelle, kommen die richtigen Nachrichten zu mir und macht ein deutsches Autobetriebssystem nach Open Source-Prinzip Sinn? Digitalthemen bei #9vor9

30. Juni 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Auch heute wieder ein #9vor9 mit den Digitalthemen der Woche und Lars Basche, Gunnar Sohn und mir.

Unsere Themen: Gunnar erklärt die GWB-Novelle, die Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), die dem Kartellamt vielfältige Möglichkeiten geben würde und könnte, gegen die immer größere werdende Macht und den Einfluss der GAFAM-Konzerne vorzugehen, die gerade durch die gegenwärtige Covid-19-Krise noch mehr zu profitieren scheinen. Unser Appell an Justizministerin Christine Lambrecht: Gib die Blockadehaltung zum GWB auf und vergiss den Kuhhandel mit Altmaier. Jetzt muss gehandelt werden. Gunnar führt zum Thema mit Justus Haucap am 1. Juli um 11 Uhr ein Gespräch, das über seine Kanäle verfolgt werden kann.

Frech den Ball zugespielt habe ich dann dem Lars Basche, der schon seit Jahren die Meinung vertreten hat, dass wichtige Nachrichten immer in der Chronik der sozialen Kanäle zu einem kommen. Hier hat der Tagesspiegel über das NFM („News Finds Me“)-Phänomen berichtet und dabei auf eine US-Studie verwiesen, nachdem gerade viele Jüngere immer mehr geteilte Inhalte, Links und Empfehlungen in den sozialen Netzwerken glauben und eben nicht journalistischen Plattformen nutzen. Der Tagesspiegel bringt dazu ein flammendes Schlusswort, da die Abkehr von traditionellen Medien auch zu weniger politischem Engagement und gar geringerer Wahlbeteiligung führe:

Wir sollten uns die Information und Meinungsbildung über politische Fragen nicht von Algorithmen, geteilten Neuigkeiten und digitale Freundeskreise aus der Hand nehmen lassen – machen wir uns selbst ein Bild!

Media Lab: Nachrichten aus erster Hand, bitte! – Medien – Gesellschaft – Tagesspiegel Mobil

Bei den Dreien von #9vor9 ist es gemischt: Wir alle schauen wenn auch selektiert nach Listen oder Stichworten auf Twitter, nutzen aber auch andere Kanäle und Medien und recherchieren eigenständig. Hier ist die Studie wohl zu finden. Sie kostet allerdings bei kommerzieller Nutzung.

Mein Thema war dann anknüpfend an das IBM Livestudio vom 23.6.2020 die Automobilindustrie. Unverkennbar ist der Individualverkehr durch die Covid-19-Krise wieder stärker geworden, aber wird das so bleiben? Reguliert es sich nach dem Virus wieder und öffentliche Verkehrsmittel oder Car Sharing-Modelle erleben ein Comeback? Oder bleiben wir Deutsche autoverliebt? Eigentlich und streng genommen kein Digitalthema.

Ein Digitalthema ist aber auf jeden Fall die Bestrebung deutscher Automobilhersteller, zu Softwarekonzernen zu werden und das Betriebssystem ihrer Fahrzeuge nicht Google und Co zu überlassen, sondern selbst zu „ownen“. Volkswagen hat es angekündigt, Daimler will es tun, wie ja auch Sascha Pallenberg im Livestudio wortgewaltig erklärt. Lesenswert dazu der Bericht auf Auto Motor Sport. Unser Appell in #9vor9: Nehmt Euch die Corona-Warn-App zu Beispiel, schaut auf den #WirVsVirus-Hackathon und baut doch gemeinsam nach dem Open Source-Prinzip ein Betriebssystem für Eure Fahrzeuge, statt allein vor Euch hin zu wursteln. Sonst werdet Ihr gegen Google, Tesla, Amazon, Apple & Co überhaupt keine Chancen haben.

Dabei muss nicht zwingend ein zentrales Betriebssystem für alle deutschen Autobauer herauskommen. Wer aber mit Google, Apple oder Amazon mithalten will, wird um Kooperation nicht herumkommen.

Auto-Betriebssysteme von Tesla, Google, Daimler, BMW oder VW – auto motor und sport

Allein es bleiben Zweifel. Die groß angekündigte Kooperation von BMW und Daimler im Bereich autonomes Fahren ist ja erst kürzlich gescheitert. Warum sollte dann die Zusammenarbeit bei „dem“ Betriebssystem für das Auto der Zukunft funktionieren?

Schließlich noch die Notiz, dass wir jetzt erst einmal Urlaubspause mache. Wir melden uns dann rechtzeitig, sobald wir mit #9vor9 wieder live gehen. Bis denne.

(Stefan Pfeiffer)

Schafft die Macht über Daten Kartelle und Monopole? – Zur Facebook-Entscheidung des OLG Düsseldorf

29. August 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Erst einmal kann Facebook weiter Daten sammeln wie eh und je

Die Überschriften und Kommentare sind hämisch: Gericht zerpflückt Vorwürfe des Kartellamts gegen Facebook, Kartellamt kassiert Niederlage gegen Facebook … Dabei ist es eine Niederlage für den Datenschutz: Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat die Anordnungen des Bundeskartellamts au0er Kraft gesetzt. Das Kartellamt hatte im Februar (endlich) entschieden, dass Facebook seine Marktmacht missbrauche, wenn es die Nutzerdaten, die über die Tochterfirmen Whatsapp und Instagram sowie über fremde Webseiten gesammelt werden, zu einem Profil zusammenfügt – und vermarktet. Man forderte von Facebook, dass Anwender explizit zustimmen müssten und dies binnen eines Jahrs umzusetzen.

Genau das hat das OLG jetzt ausgehebelt. Dort sieht man – so die Begründung – “ keinen relevanten Wettbewerbsschaden und auch keine wettbewerbliche Fehlentwicklung“. Auch das Thema Marktmacht wird negiert. Selbst wenn Facebook gegen Datenschutzregeln verstoße, habe das ja nichts mit Wettbewerbsrecht zu tun. Also sei das Kartellamt gar nicht zuständig. Volle Breitseite also. Kartellamts-Chef Andreas Mundt sieht das anders: Daten seien heute und in Zukunft ein entscheidender Wettbewerbsfaktor.  Das Kartellamt geht jetzt vor den Bundesgerichtshof.

Schafft die Macht über Daten also Monopole? Gibt es gar Kartelle? Gesunden Menschenverstand oder gar Marktkenntnis spielen keine Rolle. Vor Gericht und auf hoher See …

Zum Thema auch:

(Stefan Pfeiffer)

 

 

[EN] German Regulators Order Facebook to Change Data Collection Practices

13. Februar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

On Feb. 7, the German Federal Cartel Office (FCO), the Bundeskartellamt, imposed far-reaching restrictions on Facebook’s processing of user data. The action followed several years of investigations and an announcement earlier in the year that such a decision would be coming. The FCO is Germany’s independent anti-trust regulator.

So what does the FCO’s decision mean in more concrete terms?

Demanding Explicit Opt-In for Data Collection Processes

According to Facebook’s terms and conditions, people can only use the social network if they agree to Facebook tracking their behavior not only on Facebook but also on external websites and apps. Facebook collects this data and assigns it to the user’s account. Facebook maintains it uses this third-party data as well as activity from its own platform, as well as on WhatsApp and Instagram, to create a comprehensive picture of the individual users in order to serve relevant ads.

The FCO ruling is trying to make it mandatory for users to explicitly agree to having their data collected from any site other than Facebook. To be clear: The FCO is not prohibiting the collection of data, rather making it necessary to clearly inform users of the data collection policies and obtain their consent. Under the ruling, Facebook has 12 months to submit a proposal on how it can meet this demand and set it into practice.

In a press release accompanying the ruling, FCO president Andreas Mundt made the case for why these data collection policies make it relevant to anti-trust regulators, „The combination of data sources has played a decisive role in Facebook’s being able to create such a unique overall database about each individual user and achieve its market power.” Mundt argued Facebook should give users the choice whether or not to have their data collected and Facebook should not exclude users who disagree, as it currently does: „If the user does not give their consent, Facebook may not exclude them from its services and must refrain from collecting and merging data from different sources.”

Related Article: Privacy Scandals Don’t Harm Profit: The Case for Regulations

Facebook’s Monopoly in the German Market

According to the FCO press release, Facebook dominates the German market for social networks, with 23 million daily and 32 million monthly users. Facebook has a market share of over 95 percent among daily active users and over 80 percent among monthly active users in the country. Comparisons to other social networks don’t apply, as services such as Snapchat, YouTube, Twitter, as well as professional networks such as LinkedIn and Xing, each offer only a selection of the services Facebook provides. The statement goes on to state that even if other social networks were included in the assessment, the Facebook group, including its subsidiaries Instagram and WhatsApp, would achieve such high market shares as to suggest a monopoly.

The FCO’s decision is not yet final. Facebook has one month to file an appeal, which would then be decided by the Düsseldorf Higher Regional Court. And the company has already announced in a press release that it will do so, arguing that its data collection practices improves the individual services and makes them more secure. In addition, the company contended it does not hold a dominant market position, but rather is in fierce competition for user attention with apps such as YouTube, Snapchat, Twitter and others.

In a rare moment of harmony, the German media, analysts, commentators and the German government and opposition parties agreed that Facebook dominates the market. The only one who still doesn’t find Facebook dominant seems to be Facebook itself.

Related Article: Facebook: A Case Study in Ethics

The FCO Ruling Goes Beyond the GDPR

Facebook further argued in its statement that the FCO is not responsible for reviewing data protection, due to its compliance with the European data protection regulation (GDPR). However, under FCO guidelines, the authority must become active if a company holds a „dominant market position.“ Although at first glance it may be about data protection, the real motivation is whether Facebook exploits its database to achieve its dominant market position. Or as has been written before: Because there is no real alternative to Facebook in Germany, users have no choice. The FCO therefore is intervening because its task is to prevent monopolies and maintain competition in the market.

What will happen now? You don’t have to be a prophet to predict it could take years for the case to make its way through the courts. The investigations leading up to last week’s ruling took just under three years. Despite the possibility of a long legal dispute, the signal the antitrust authorities sent is extremely important, because it creates a clear link between data protection and the guarantee of competition.

The relevance of the ruling becomes even clearer in light of recent reports that Facebook was working on integrating WhatsApp, Instagram and Facebook in a common infrastructure. Once again, the official statement from the company was that it was acting in the interests of users, to help them communicate more easily between the three networks. Meanwhile, some in Germany are demanding that Facebook should guarantee communication with other services such as Signal, Telegram and Threema.

Related Article: Will Google’s $57M Fine Finally Push the US Toward Comprehensive Privacy Regulations?

Potential Fallout for Other Companies and the Public

Facebook isn’t alone in being called out for bad data practices or of being a monopoly. In Germany, for example, Google has a monopoly-like position, fielding 95 percent of all search queries made by German users. It also links profile data across multiple services, such as Gmail, Google Maps and YouTube. But if interviews with FCO president Mundt are any indication, it looks as if the FCO has Amazon in its sites next. A call is also being raised for a pan-European approach within the framework of the EU to take action against other providers who collect and share data.

The FCO’s decision has been reported on in all serious media outlets and even was a lead story on German television news outlets. It is not the potential fines that Facebook could face that are important — there is a threat of severe penalties in the form of fines of up to 10 million Euros — but rather the publicity of the ruling and the associated education of users.

Will Facebook users become more sensitive when they hear and see the corresponding reports? Let’s not kid ourselves. The mixture of convenience, sloppiness and lack of education make this unlikely. How many users were and are really aware that Instagram and especially WhatsApp are owned by Facebook? And convenience dominates, especially in light of the few alternatives, when everyone else is on WhatsApp or Facebook. I experience this myself when I want to communicate with friends and acquaintances using another messenger — in my case, Signal.

The Work Ahead

When cases like these come out, we always here the refrain: „I have nothing to hide.“ The work ahead is to educate people to the many ways they are handing over their data in every day life, and to share the alternatives readily available, such as DuckDuckGo, Qwant, Ecosia for search or Firefox as a browser.

Of course, the FCO, the government and public administration, schools, universities and educational institutions absolutely must act, educate and enlighten. But at the (bitter) end, however, it is the individual user who will decide on his or her own data.

Written for and published at CMSWire: German Regulators Order Facebook to Change Data Collection Practices

#9vor9 verpennt: Hoffentlich macht es das @Kartellamt besser

12. Februar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Eigentlich darf man es ja nicht mehr publizieren, wenn der Gunnar schon #9vor9 verpennt. Neben der „Netzwerkbibel“ von @TijenOnaran stand natürlich der Entscheid des Kartellamts im Mittelpunkt des Geschwätzes. Doch natürlich mussten wir auch die Umbenennung von Xing SE in New Work SE kommentieren. Was für ein … Und LinkedIn macht jetzt Livevideo

Entscheid des Kartellamts gegen Facebook schützt nicht vor Bequemlichkeit, Schlampigkeit und Unwissen

12. Februar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Seit März 2016 wird ermittelt. Anfang dieses Jahres hat hat der Chef des deutschen Bundeskartellamts Andreas Mundt angekündigt, dass bald eine Entscheidung über Facebook fallen werde. Nun hat das Bundeskartellamt hat Facebook weitreichende Beschränkungen bei der Verarbeitung von Nutzerdaten auferlegt.

Was heißt das konkreter? Nach den Geschäftsbedingungen von Facebook können Nutzer das soziale Netzwerk bislang nur dann nutzen, wenn sie akzeptieren, dass Facebook auch außerhalb der eigentlichen Facebook-Präsenz Daten sammelt. Seitens Facebook werden Daten darüber erfasst, welche Seiten im Netz besucht werden, oder über die Smartphone-Apps werden Daten gesammelt und dem Facebook-Nutzerkonto zugeordnet. Haben Webseiten und Apps beispielsweise einen „Like-“ oder „Share-Button“ implementiert, fließen schon Daten an Facebook, auch wenn der „Like-Button“ gar nicht geklickt wird. Facebook führt all diese Daten, z.B. WhatsApp und Instagram sowie Drittwebseiten, zusammen und bekommt so ein umfassendes Bild der einzelnen Anwender.

Explizite Zustimmung – sonst darf Facebook Daten nicht kombinieren

Das Kartellamt will nun durchsetzen, dass Anwender einer solchen Datensammlung und Zusammenführung der Daten explizit zustimmen muss. Um es nochmals klar zu betonen: Die Sammlung der Daten wird nicht generell verboten. Es geht darum, die Anwender aufzuklären und deren Einverständnis dafür einzuholen. Das Bundeskartellamt fordert nun von Facebook einen entsprechenden Vorschlag zu unterbreiten, wie diese Forderung technisch realisiert werden soll und kann, um sie dann binnen zwölf Monaten umzusetzen.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagt dazu: „Die Kombination von Datenquellen hat ganz maßgeblich dazu beigetragen, dass Facebook einen so einzigartigen Gesamtdatenbestand über jeden einzelnen Nutzer erstellen und seine Marktmacht erreichen konnte.“ Den Anwendern soll die Wahlmöglichkeit gegeben werden, Wer derzeit nicht dem Sammeln von Daten einverstanden ist, kann Facebook einfach nicht nutzen: „Wenn der Nutzer die Einwilligung nicht erteilt, darf Facebook ihn nicht von seinen Diensten ausschließen und muss auf eine Datensammlung und -zusammenführung aus den verschiedenen Quellen verzichten.“

Monopol? Facebook dominiert deutschen Markt für soziale Netzwerke

Das Bundeskartellamt geht laut seiner Pressemitteilung davon aus, dass Facebook den deutschen Markt für soziale Netzwerke beherrscht. Facebook habe mit 23 Millionen täglichen und 32 Mio. monatlichen Nutzern einen Marktanteil von über 95 Prozent bei den täglich aktiven Nutzern und von über 80 Prozent bei den monatlich aktiven Nutzern. Dienste wie Snapchat, YouTube oder Twitter, aber auch berufliche Netzwerke wie LinkedIn und Xing böten jeweils nur einen Ausschnitt der Leistungen. Selbst wenn man diese Unternehmen einbeziehe, würde der Facebook-Konzern inklusive seiner Tochterunternehmen Instagram und WhatsApp auf so hohe Marktanteile kommen, dass ein Monopol nahe läge.

Die Entscheidung des Bundeskartellamtes ist noch nicht rechtskräftig. Facebook hat die Möglichkeit innerhalb eines Monats Beschwerde einzulegen, über die dann das Oberlandesgericht Düsseldorf entscheiden würde. Und der Konzern hat schon in einer Pressemitteilung angekündigt, das zu tun. Das Zusammenführen von Daten verbessere die einzelnen Services und mache diese sicherer.

Zudem habe man keine marktbeherrschendere Stellung inne, sondern konkurriere in hartem Wettbewerb mit Apps wie YouTube, Snapchat, Twitter und vielen anderen Wettbewerbern um die Aufmerksamkeit der Nutzer. Eine erstaunliche Einschätzung: In allen deutschen Medien, bei Analysten, Kommentatiren und bei der deutschen Regierung sowie den Oppositionsparteien herrscht Einigkeit darüber, dass Facebook den Markt dominiert. Ein äußerst seltener Moment der Harmonie. Der einzige, der Facebook immer noch nicht marktbeherrschend findet, scheint wohl Facebook selbst zu sein.

Es geht um mehr als die Datenschutzgrundverordnung DSGVO

Weiterhin vertritt Facebook die Auffassung, dass das Kartellamt nicht für die Überprüfung des Datenschutzes zuständig sei. Facebook befolge die europäische Datenschutzgrundverordnung. Das Kartellamt wurde aber aus anderen Gründen aktiv: Die Behörde muss aktiv werden, wenn ein Unternehmen eine „marktbeherrschende Stellung“ innehat. Zwar mag es auf den ersten Blick um Datenschutz gehen. der wirkliche Beweggrund ist aber, ob Facebook seinen Datenbestand ausnutzt, um eine marktbeherrschende Stellung zu erreichen. Oder wie bereits geschrieben: Weil es in Deutschland keine echte Alternative zu Facebook gibt, haben Anwenderinnen und Anwender keine Wahl. Das Kartellamt schaltet sich also ein, weil es seine Aufgabe ist, Monopole zu verhindern und Konkurrenz im Markt zu erhalten.

Was wird nun passieren? Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass der Fall jahrelang durch verschiedene juristische Instanzen gehen könnte. Allein die Ermittlungen haben ja knapp unter drei Jahren gebraucht. Trotz dieses möglichen langen Rechtsstreits ist das Signal des Kartellsamts extrem wichtig, eben weil in ihm Datenschutz und Gewährleistung des Wettbewerbs verknüpft sind. Hält man sich zudem vor Augen, dass Facebook plant, noch mehr Daten miteinander zu verbinden, wird die Relevanz noch deutlicher.

Erst kürzlich wurde in verschiedenen Medien berichtet, dass Facebook an einer gemeinsamen Infrastruktur für die Messenger-Dienste WhatsApp, Instagram und Facebook arbeitet. Auch hier ist wieder die offizielle Aussage von Facebook, dass man natürlich nur im Interesse der Nutzerinnen und Nutzer handele, die dadurch besser von einem Netzwerk zum anderen kommunizieren könnten. Ja, von einem Netzwerk, das Facebook gehört, zu den anderen Netzwerken, die Facebook gehören. In Deutschland sind unterdessen auch Stimmen laut geworden, die fordern, dass Facebook die Kommunikation mit anderen Diensten wie Signal, Telegram oder Threema garantieren müsse.

Und was ist mit anderen Datenkraken?

Natürlich gibt es auch schon erste Stimmen wie Lisa Hegemann, die mit dem Finger auf andere Monopole und Datenkraken zeigen. Google hat beispielsweise in Deutschland eine monopolartige Stellung mit 95 Prozent aller Suchanfragen der deutschen Anwender und einer Verknüpfung der Profildaten mit Google Services wie Gmail, Google Maps oder YouTube. Das Kartellamt ermittelt derzeit eher Richtung Amazon, wie man Interviews mit Präsidenten Andreas Mundt entnehmen kann. Auch steht die Forderung nach einem gesamteuropäischen Vorgehen im Rahmen der EU im Raum, um auch gegen andere Anbieter vorzugehen, die Daten sammeln und miteinander teilen dürfen.

Die Meldung über den Entscheid des Bundeskartellamts hat es in alle seriösen Medien geschafft und war sogar Aufmacher in die wichtigsten Nachrichtensendungen im deutschen Fernsehen. Genau dort liegt die Bedeutung: Nicht die potentiellen Geldstrafen, die Facebook mehr oder weniger aus der Portokasse zahlen könnte, sondern vielmehr die Öffentlichkeitswirksamkeit der Entscheidung und eine damit verbundene Aufklärung der Anwender ist wichtig.

Werden die Anwender sensibler, wenn sie jetzt die entsprechenden Berichte hören und sehen? Machen wir uns nichts vor. Auf Anwenderseite herrscht eine Mixtur von Bequemlichkeit, Schlampigkeit und auch Unwissen. Markus Beckedahl schreibt auch aus diesen Gründen, dass es besser wäre gewesen, das Kartellamt hätte die Zusammenführung von Daten komplett untersagt. Nutzerinnen und Nutzer seinen nie richtig gut im Bilde, was Facebook genau mit den Daten macht und welche Konsequenzen das habe. Wie vielen Anwendern war und ist wirklich bewusst, dass Instagram und vor allem WhatsApp zum Facebook-Konzern gehören? Und es dominiert Bequemlichkeit, eine vermeintliche Alternativlosigkeit, weil alle anderen ja auf WhatsApp oder Facebook sind. Ich erlebe dies selbst, wenn ich mit Freunden und Bekannten mit einem anderen Messenger – in meinem Fall Signal – kommunizieren will.

Power to the people – Am Ende entscheidet der Anwender

Und natürlich hört man immer wieder den unterdessen berühmt-berüchtigten Satz „Ich habe doch nichts zu verbergen“. Es bleibt nur Aufklärungsarbeit, um mehr und mehr Anwender zu sensibilisieren, dass sie eben nicht im Alltag ihre Daten blauäugig preisgeben und so gläserne Profile von ihnen entstehen. Wir müssen informieren, dass es mit DuckDuckGo , Qwant, Ecosia in der Suche oder mit Firefox als Browser durchaus Alternativen gibt. Und ja, Bundeskartellamt, Regierung und öffentliche Verwaltung, Schulen, Universitäten und Weiterbildungsinstitutionen müssen unbedingt handeln, erziehen und aufklären. Am (bitteren) Ende jedoch entscheidet der einzelne Anwender selbst über seine Daten.

(Stefan Pfeiffer)

(Dieser Beitrag ist die Grundlage für einen Artikel für die englischsprachige Plattform CMSWire.)

@kartellamt zum Abschluss des #Facebook Verfahrens —  via @CIOKurator 

7. Februar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

 

Gunnar Sohn hat auf CIOKurator die wichtigsten Fakten und das live ausgestrahlte Video dokumentiert:

Das Bundeskartellamt hat dem Unternehmen Facebook weitreichende Beschränkungen bei der Verarbeitung von Nutzerdaten auferlegt. Nach den Geschäftsbedingungen von Facebook können Nutzer das soziale Netzwerk bislang nur unter der Voraussetzung nutzen, dass Facebook auch außerhalb der Facebook-Seite Daten über den Nutzer im Internet oder auf Smartphone-Apps sammelt und dem Facebook-Nutzerkonto zuordnet. Alle auf Facebook selbst, den…

über @kartellamt zum Abschluss des #Facebook Verfahrens – Live via Facebook —  CIO Kurator 

Kartellamts-Chef Mundt zitiert zu Netzabdeckung und dem Verfahren gegen Facebook: „Können Entscheidung durchsetzen“

7. Januar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Die RP Online hat Kartellamts-Chef Andras Mundt interviewt. Hier einige aus meiner Sicht relevante und bemerkenswerte Aussagen von „Deutschlands oberster Wettbewerbshüter“. Zu Mobilfunkt und Netzabdeckung sagt er beispielsweise:

Gemeinhin belebt Wettbewerb das Geschäft und damit auch die Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Beim aktuellen Mobilfunkstandard LTE liegen wir bei der Netzabdeckung nur auf Platz 26 der 31 Länder des Europäischen Wirtschaftsraumes. Trotzdem zahlen die Verbraucher verhältnismäßig viel – die Preise für intensive Datennutzung sind die neunt-höchsten der 35 OECD-Staaten. In dieser Kombination sind das Indikatoren für einen Mangel an Wettbewerb.

über Bundeskartellamt erhöht den Druck auf Facebook und Amazon – RP Online

Er erhoffe sich einen stärkeren Wettbewerb, auch „wenn das dann vielleicht zu Lasten der staatlichen Einnahmen gehen könnte.“

Zu Facebook sagte Mundt im Interview, dass man Anfang 2019 eine Entscheidung zu verkünden werde. Und man sei auch in der Lage, diese Entscheidung durchzusetzen.

Wir meinen, dass Facebook den relevanten Markt beherrscht. Wir prüfen, ob das Unternehmen den Kunden unangemessene Geschäftsbedingungen aufzwingt und durch die Art und Weise, wie Daten gesammelt und genutzt werden, seine Marktmacht zu Lasten der Kunden missbraucht. …

Facebook ist keine gemeinnützige Veranstaltung, die Kunden zahlen mit ihren Daten und sie Zahlen mit Aufmerksamkeit für Werbung und Anzeigen. Wenn die Daten der Nutzer nun stärker genutzt und erhoben werden als vielen Bürgern bewusst ist, kann man dies als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung bewerten.

über Bundeskartellamt erhöht den Druck auf Facebook und Amazon – RP Online

Auch geben Amazon hat man eine Untersuchung gestartet. Mehr im Interview der RP Online.

 

Amazon, Google, Facebook & Co.: Und man kann sie doch zügeln …

20. Januar 2018 Posted by Stefan Pfeiffer

Ein wertvoller Beitrag, den Ulrich Schäfer auf Sueddeutsche.de veröffentlicht. Es geht um die auch hier schon oft vermeintliche Allmacht und Unangreifbarkeit der großen amerikanischen Internetgiganten. Oft entsteht der Eindruck des Fatalismus. Geht nicht, sind eh schon zu mächtig, hört man allenthalben. Mehr als  nur ein Hauch von Resignation schwingt da bei dem Einen oder Anderen mit.

In seinem Essay widerspricht Schäfer und das vollkommen zu Recht. Hoffnung macht … Europa.

Tatsächlich lassen sich die Digitalkonzerne sehr wohl einhegen. Und ausgerechnet Europa weist dabei die Richtung. Die EU-Staaten haben damit begonnen, dem wilden, ungezügelten Internetkapitalismus Made in USA etwas entgegenzusetzen: einen eigenen Ordnungsrahmen. Noch existiert dieser Rahmen erst in Fragmenten, noch fehlen wichtige Verbindungsstücke, noch werden die einzelnen Elemente zu zögerlich zusammengefügt. Aber: Ein Anfang ist gemacht.

via Facebook, Google und Co.: Fangt die Tech-Konzerne ein! – Wirtschaft – Süddeutsche.de

Auch das Kartellamt zeigt Profil – wie nicht viele deutsche andere deutschen Behörden, die doch einknicken oder nicht gegenwärtig sind, wie wichtig es ist, Kante zu zeigen. Das Drama rund um Linux in der Stadt München zeigt, wie gerade auch die großen Parteien vor Lobbyisten und Konzernen einknicken. Da können EU-Experten noch so mahnen und gar von Drogendealer-Modellen sprechen. Lieber folgt man dann den Empfehlungen des engen Microsoft-Alliierten Accenture zur Ablösung von Open Source und Einführung von Windows. Ein Schelm …

Schäfer zitiert Kartellamtschef Andreas Mundt:

Und nun legen sich die deutschen Wettbewerbshüter auch noch mit Facebook an, weil das Unternehmen Daten in viel zu großem Stil sammelt und dabei, kritisiert Kartellamtschef Andreas Mundt, „ein echtes Profiling, fast im kriminaltechnischen Sinn“ betreibt: Facebook sammelt von Followern und anderen Internetnutzern nicht bloß Informationen aus dem sozialen Netzwerk selbst, sondern auch aus anderen Quellen; und zwar, ohne darüber zu informieren. Die Kartellwächter schrecken auch nicht davor zurück, sich mit scheinbar übermächtigen Gegnern anzulegen: Dass ein Konzern wie Facebook „eine globale Geschäftsstrategie verfolgt, kann ja nicht dazu führen, dass wir die Hände in den Schoss legen“, sagt Andreas Mundt.

via Facebook, Google und Co.: Fangt die Tech-Konzerne ein! – Wirtschaft – Süddeutsche.de

Chapeau, Herr Kartellamtschef für die klaren Worte und das Handeln. Und ja, das Thema ist angesichts nationaler und europäischer Rangeleien und Zuständigkeiten sicher nicht einfach. Und ja, die Macht der Konzerne nimmt zu, in ihrem Börsenwert und bei den Anwendern:

Laut der Unternehmensberatung PwC kaufen 90 Prozent aller Deutschen, die Online-Shops nutzen, auch bei Amazon ein, und 90 Prozent nutzen hierzulande die Suchdienste von Google.

via Facebook, Google und Co.: Fangt die Tech-Konzerne ein! – Wirtschaft – Süddeutsche.de

Alles nicht so schlimm. Der Konkurrenzkampf zwischen Unternehmen wird es schon richten, glaubt man Verfechtern des freien, ungezügelten Wettbewerbs wie Alexander Armbruster, der am 20. Januar in der FAZ schreibt:

Andererseits ist auch die den großen Tech-Konzernen gerne zugewiesene Allmacht eine Übertreibung. Infolge nicht nur des Fortschritts in der Künstlichen Intelligenz sind sie einander sogar härtere Wettbewerber geworden – im Bereich der digitalen Assistenten, Cloud-Angeboten, Musik- und Videodiensten oder mobilen Betriebssystemen. Manchen mag die Moral des Silicon Valley befremden, der großes Zutrauen in die Problemlösungsfähigkeit von Technologie, Wissenschaft und dem Wettstreit um die besseren Produktideen zugrunde liegt. Bedrohlich ist sie nicht, im Gegenteil.

Eine aus meiner Sicht befremdliche Wahrnehmung, wenn man die monopolartige Stellung einiger Konzerne in durchaus kritischen Segmenten wie Online Shopping, Suche, soziales Netzwerken oder Betriebs- und Office-System sieht.

Alles nicht so schlimm, denn Monopole sind ja sogar gut, glaubt man dem deutschstämmigen PayPal-Mitgründer Peter Thiel, der „ausschließlich in der Wissenschaft und dem stetig technologischen Fortschritt der Schlüssel zum gesellschaftlichen Wohlstand“ sieht und die europäischen, insbesondere Bedenkenträger und „Regulierungswahnsinnigen“ scharf kritisiert. Wettbewerb zwischen unter Unternehmen führe nur dazu, dass die entsprechenden Unternehmen sich ausschließlich auf Profit konzentrierten anstatt großen Ideen hinterherzujagen. Eine steile These, die aus den Monopolen entstehende Macht besagter Konzerne mal so einfach ignoriert.

Bei aller Zustimmung, dass wir technologischen Fortschritt brauchen und konstruktiv gestalten müssen, schließe ich mich gerne Schäfer an, der die Behörden zum Handeln in vier Bereichen auffordert: gegen die Monopolmacht vorgehen, das Thema Datenschutz regeln, auf Bruch von Gesetzen prüfen und das Thema Steuerflucht adressieren:

Nötig ist ein Eingriff immer dann, wenn gegen Gesetze verstoßen wird, sei es im Wettbewerbs-, Steuer-, Sozial- oder Datenrecht ….

Das Ziel muss es sein, dem Wild-West-Prinzip, das anfangs im Internet galt, jenes Prinzip entgegenzusetzen, das sich in Europa seit Jahrzehnten bewährt haben: das Prinzip der sozialen Marktwirtschaft.

via Facebook, Google und Co.: Fangt die Tech-Konzerne ein! – Wirtschaft – Süddeutsche.de

Leider scheint es aber am politischen Willen und in vielen Parteien oft auch an der digitalen Kompetenz zu fehlen. Gerade in den großen Parteien, die ja auch gegen ein Lobbyisten-Verzeichnis sind … Stattdessen wird beispielsweise im „Ausschuss Digitale Agenda“ ja-wie-soll-man-es-denn-nennen? (Ursprünglich wollte ich herumdilettiert schreiben.)

(Stefan Pfeiffer)