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Voll im Gange: Die Renaissance der E-Mail Newsletter

24. Mai 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Ich weiß gar nicht mehr, wie lange ich den Nuzzel konsumiert und auch genutzt habe, um einen eigenen, wöchentlichen Newsletter zu versenden. Nun wurde der Dienst durch den neuen Besitzer Twitter eingestellt*. Wer die Nuzzel-URL aufrufen will, bekommt die abgebildete Nachricht: Wir (= Twitter) versuchen die „Nuzzel-Experience“ nach Twitter zu bringen. Es ist wohl eine Richtung, in der Twitter seine Funktionalität erweitern und auch durch kostenpflichtige Services Geld einnehmen will.

Zurück zu Nuzzel (mit einem Tränchen im Augenwinkel): Wie haben die Kollegen:innen vom Social Media Watchblog so schön geschrieben:

Twitter bietet mehr Inhalte, als man jemals lesen kann (geschweige denn will). Nuzzel filtert die Signale aus dem großen Rauschen und bringt Ordnung ins Nachrichtenchaos.

SM Watchblog

Neben der Möglichkeit, Newsletter zu beziehen und selbst einen Newsletter zu generieren und Interessenten:innen anzubieten, half mir Nuzzel auch dabei die Informationsflut auf Twitter zu strukturieren: Sobald eine bestimmte Anzahl von Accounts, denen man folgt, einen Link geteilt haben, wurde man benachrichtigt. Diese Funktionalität ist jetzt erst einmal weg.

Es stellt sich natürlich die Frage, was Twitter im Bereich Newsletter plant. Nicht nur Nuzzel-Provider Scroll wurde von Twitter übernommen, auch Revue, ein vergleichsweise kleiner Anbieter aus den Niederlanden. Im Januar 2021 titelt die Columbia Business Review nach der Übernahme, ob denn Twitter nun ins Geschäft mit Newslettern einsteigen wolle und Substack – der gegenwärtige Platzhirsch – besorgt sein müsse. Revue bietet einen kostenlosen Newsletter-Dienst an – den ich gerade teste – , aber auch kostenpflichtige Services werden für „Content Creators“ und Verlage angeboten, damit diese – und Twitter mit 5 Prozent der verlangten Abokosten – Geld verdienen können.

Der Markt für Newsletter-Dienste ist auf jeden Fall in Bewegung, denn auch Facebook will – so u.a. Simon Hurtz – einen eigenen Service starten. Beide Unternehmen – Twitter und Facebook – könnten dabei von ihrer Mitgliederzahl profitieren, um einerseits Abonnenten für die entsprechenden Newsletter zu gewinnen und andererseits auch die ganze Verwaltung inklusive Bezahlung zu optimieren. Für Twitter scheint es zudem eine wichtige Möglichkeit zu sein, mehr Umsatz zu generieren und ein wenig gegenüber Facebook aufzuholen, das durch mehr tägliche Anwender und einen höheren durchschnittlichen Umsatz pro User profitiert.

Die Home Page von Revue nach der Übernahme durch Twitter: Es wird klar auf die abgezielt, die Newslettern auch Umsätze erzielen wollen.

Wie schreibt Torben Lux auf OMR.COM: Wir erleben einen Boom der „Paid Newsletter“ und damit einhergehend den Kampf um die entsprechenden, potentiellen Einnahmen. Ich sehe dabei nicht nur den Aspekt der zu bezahlenden Newsletter, über die verschiedenste Klassen von Content Creators Einnahmen erzielen und vergleichsweise einfach zum Publisher und Verlag werden können, sondern auch potentiell eine generelle Renaissance der E-Mail-Newsletter:

Lange galten Newsletter als unsexy und altbacken. Und dass das Ur-Format des digitalen Publishings noch einmal zu einem der boomenden Trend-Themen überhaupt werden sollte, hätte vor ein paar Jahren vermutlich kaum jemand prognostiziert.

Der Paid-Newsletter-Boom: So steht es um den Kampf um die Inbox | OMR – Online Marketing Rockstars

Torben geht in seinem Beitrag auf den Boom neuer Newsletter und den finanziellen Erfolg von Autoren ein, die entsprechend zu bezahlende Newsletter jenseits der normalen Verlagsangebote publizieren und vermarkten. Substack, das schon erwähnt wurde, hat davon profitiert. Nun steigen also Twitter, Facebook und auch LinkedIn in den Ring und die traditionellen Verlage bekommen durch eine Kombination von Content Creators und Plattformen neue Konkurrenz – oder entwickeln selbst entsprechende Modelle.

Doch ich habe noch eine andere Sicht auf diesen Newsletter-Boom: Es kann durchaus sein, dass auch der Marketer im B2B-Umfeld jetzt plötzlich wieder stärker den Newsletter entdecken und nicht mehr nur online promotet und geworben wird. In diesem Segment schienen mir Newsletter etwas aus der Mode gekommen zu sein, während sie im B2C-Umfeld nach meiner durch meinen privaten Posteingang geprägten Erfahrung immer eine wichtige Rolle gespielt haben. Tja, das Ende der E-Mail und des Posteingangs ist also auch unter dieser Perspektive nicht abzusehen. Nicht nur wer schreibt bleibt, auch die E-Mail und der volle Posteingang bleiben. Und bald mehr über meinen ersten Erfahrungen mit den Funktionen von Revue, dem erwähnten Newsletter-Dienst, den Twitter übernommen, und ein Tipp, wie man die Filterfunktionen von Nuzzel ersetzen können soll.

(Stefan Pfeiffer)

*Nuzzel gehörte seit 2019 dem Unternehmen Scroll, das Twitter kürzlich übernommen hat. Neben Nuzzel bot Scroll auch Services an, mit denen Werbeeinblendungen verhindert werden können.

Die Nadel im Heuhaufen oder wie finde ich wirklich relevante Inhalte – Das Beispiel CIOKurator

27. Februar 2018 Posted by Stefan Pfeiffer

Helmut Schmidt soll ein Schnellleser gewesen sein. Er hat wohl mit einem Radarblick Dokumente und Texte überflogen und zielsicher die wichtigen Informationen erkannt und für sich heraus gezogen. Früher hat man wohl mal Aktenfresser gesagt. Ernsthaft: Ich bewundere diese Fähigkeit als jemand, der selbst Informationjunkie ist, in hohem Maße. Mir selbst habe ich meine Informationsquellen, über die ich mich informiere, mehr oder weniger gut zurechtgelegt.

Ich erkläre es beispielhaft an meiner beruflichen Aufgabe, im Namen der IBM CIOs in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu informieren, zu bespassen. Das kann man nun dadurch tun, dass man offizielle Verlautbarungen weiter verbreitet, wiederkäut, oder aber indem man mit einem anderen Kommunikations-, Informations- und Kommentierungsverständnis an die Thematik herangeht. Aus diesen Überlegungen heraus ist unser Experiment des CIOKurators entstanden, dass ich Ende 2017 wie folgt beschrieben habe:

Wenn wir also auf aus unserer Sicht wertvolle Informationen stoßen, publizieren und kommentieren wir sie hier. … Es gibt unzählige solcher inhaltlichen Beispiele und es mangelt nicht an relevanten Quellen. Jedoch muss der Aufwand des Monitorings, des Zusammenfassens und Kommentierens betrieben werden und da sind wir bei der Rolle des Marketiers oder des Unternehmenskommunikators als Kurator, der im Dialog mit seinen Interessenten tritt und sich nicht hinter Excel-Tabellen verschanzt oder lediglich werbliche Pressemitteilungen rausfeuert.

via Das Experiment CIOKurator oder B2B Technologiemarketing in 2017 – und hoffentlich darüber hinaus – StefanPfeiffer.Blog

An der Stelle möchte ich nicht auf die sicher auch interessante Frage über die Rolle des Marketiers – Kommunikationspartner auf Augenhöhe oder Webseitenklick-Mekatroniker eingehen. Das wäre ein eigener Artikel. Heute geht es darum, wie wir bzw. ich wie oben angesprochen relevante Inhalte für den CIO finden, die wir dann kuratieren, den CIOs also präsentieren, gegebenenfalls kommentieren.

Natürlich gibt es die offiziellen IBM-Quellen: die Pressemitteilungen, die tägliche Presseschau, Blogbeiträge und Artikel von IBM’ern meist auf IBM-eigenen Plattformen, Tweets und Social Tiles, die vorgeschrieben sind und tolle Quellen wie beispielsweise die fast immer werthaltigen Studien des IBM Institutes for Business Value (IBV). Daneben haben wir speziell für den CIOKurator zusammen mit Gunnar Sohn die Videointerviews mit IBM Experten und auch Kunden als Format entwickelt bzw. wir sind dabei, dieses Format auszubauen. Video ist in, auch wenn ich persönlich eher der Freund des geschriebenen Wortes bin. Alles gegessen und schon eine gute Grundlage.

Doch wie komme ich, wie kommen wir an weitere interessante Informationen, die über den IBM Kosmos hinaus gehen, ja ihn intelligent ergänzen und in unserem Falle CIOKurator dem CIO – unserer Zielgruppe – einen breiteren, interessanten und informativen Mehrwert bieten. Ich persönlich setze dabei auf die folgende Mixtur von Informationsquellen, mit denen ich dann auch die anderen Autorinnen und Autoren des CIOKurators durchaus thematisch anfüttere:

  • Ich nutze die kostenlose Alerts von Talkwalker. Über Talkwalker kann ich Stichwortkombinationen eingeben und mir in regelmässigen Abständen die entsprechenden Suchergebnisse per E-Mail schicken lassen oder per RSS abonnieren. Talkwalker durchsucht News, Blogs, Twitter und Diskussionen – und das kostenfrei. Hier ein Beispiel:

Kommentar zu Talkwalker: In den vergangenen Wochen und Monaten ist mir die Zahl der relevanten Treffer leider zu gering gewesen. Ich bekomme viel Grundrauschen und Lärm, aber nicht wirklich in dem Maße die Nuggets, die ich suche. Als nächsten Schritt werde ich wohl nochmals intensiv an den Suchkombinationen arbeiten und mir die Ergebnisse statt per E-Mail – wir kennen alle das Problem überfluteter E-Mail-Eingang – vielleicht eher per RSS anliefern lassen. Der Vorteil der Alerts ist gegenüber den RSS Feeds- die ich gleich beschreibe -, dass eben im Netz und nicht nur in von mir vordefinierten Quellen gesucht wird.

  • Lange Jahre habe ich den Google Reader benutzt, um mir über RSS die Nachrichten und Informationen für mich relevanter Webseiten zu abonnieren und in einer Oberfläche zusammengefasst anzeigen zu lassen. Seit einiger Zeit nutze ich nun Feedly (die ich auch entsprechend finanziell in ihrer Startphase unterstützt habe). Feedly ist für mich ein tolles Werkzeug, das ich für mich noch weiter erschließen werde. Funktionen wie die Filter, mit denen ich den auch hier vorhandenen „Lärm“ lautlos schalten kann, sind Funktionen, die ich noch ausprobieren will und muss.
    Die Content Boards, mit denen ich Inhalte im Team teilen kann, sind eine tolle Funktion, aber hier fängt dann auch ein weiterer  kostenpflichtige Service von Feedly an. Und ob der Service die $18/Monat pro Anwender wert ist, wäre zu prüfen. Zu erwähnen ist, dass Feedly auch auf Smartphone und Tablet verfügbar ist!

Kommentar zu Feedly: In Feedly bekomme ich logischerweise nur Informationen von den Webseiten, die ich auch explizit per RSS abonniert habe. Das ist nun einmal die Logik. Und auch hier mein bekanntes Problem, vielleicht sogar noch verschärft: Zu viel Müll, zu viel Grundrauschen, zu wenig Nuggets. Mal schauen, wie die Kombination mit Talkwalker und die Filter funktionieren.

  • Tja, und dann kommen die deutschsprachigen IDG Newsletter. Natürlich lese ich als „CIOKurator“ die Newsletter von CIO.DE und auch die der Computerwoche, auch wenn wir uns thematisch bewusst oft ganz anders positionieren. Zudem geht mir gerade bei den Computerwoche-Newslettern der hohe Anteil promoteter Inhalte extrem auf den Zeiger. Die Computerwoche-Newsletter scheinen oft nur noch aus Schulungslinks für Excel, Powerpoint oder Outlook zu bestehen. Rein zufällig werden entsprechende Videotrainings etc. durch IDG Töchter erstellt. Das – liebe IDG – hat mit Journalismus nichts mehr zu tun und ist nur noch … Offensichtlich sind aber die anderen Anzeigenkunden von IDG nicht in der Lage, entsprechenden Druck auszuüben, um andere Qualität zu erreichen. Das Beispiel unten ist exemplarisch:

Kommentar zu den IDG Newslettern: Den CIO Newsletter brauchen wir, brauche ich als Korrektiv, um zu sehen, was man dort publiziert. Das können wir aber auch über RSS „kontrollieren“, also vielleicht Zeit, die Nachrichten abzubestellen. Der Computerwoche-Newsletter wird immer verzichtbarer und ist nur noch ein niveauloses Werbemedium. Andere für den CIO relevante, deutschsprachige Newsletter sind bisher nicht auf meinem Radar aufgetaucht. Ich bin aber natürlich für Hinweise dankbar.

  • Im Vergleich zu den gerade beschriebenen, eher eingeschränkt nützlichen Newslettern von IDG sind die US-amerikanischen Nachrichten wesentlich gehaltvoller. ZDNet, CMSwire und TechTarget sind immer wieder Quellen, aus denen man wertvolle Informationen und Anregungen für Beiträge schöpfen kann, die eben noch nicht in Deutschland breitgetreten wurden oder wie oben reines Werbeblabla sind.

Kommentar zu den US Newslettern: Der Nachteil der US-Newsletter: Sie haben oft nur den amerikanischen Blick. Themen wie Datenschutz, wo Daten gespeichert werden dürfen, dass sie missbraucht werden könnten, kommen in aller Regel nicht vor. Das muss man wissen und auch kommentieren. eWeek werde ich wohl wegen Irrelevanz wieder abbestellen. Auf und über andere wertvolle Plattformen (Wired etc.) bekomme ich leider keine zielgruppenspezifische Informationen. Vielleicht auch besser so, denn das Problem des Informationslärms, der Überflutung statt der selektiv ausgewählten für mich und den CIO relevanten Informationen bleibt.

    • Und schließlich noch als letzte Informationsquelle Nuzzel. Ich selbst generiere aus den Beiträgen des CIOKurators und aus handverlesenen Nachrichten einen täglichen Nuzzel-Newsletter für CIOs. Doch daneben kann ich mir auch Newsletter von Freunden abonnieren. Die Nachrichten von Siegfried Lautenbacher von Bea Services sind für mich beispielsweise immer eine tolle Quelle. Hier zeigt sich, dass Interessengleichheit dazu führt, dass man wertvolle Informationen findet. Klar, das Problem einer Filterblase, in der man nicht mehr links und rechts schaut, besteht natürlich dabei.

Kommentar zu Nuzzel: Nuzzel werde ich sehr intensiv weiter verfolgen und nutzen, einerseits um Interessenten am CIOKurator einen Newsletter-Service zu bieten, andererseits als für den CIO und mich relevante Informationsquelle. Die kostenpflichtigen Services von Nuzzel klingen interessant, sind aber eben … kostenpflichtig.

Meine Mitautorinnen und -autoren auf dem CIOKurator werden wahrscheinlich gerade aufschreien und aufstöhnen. Sind das nicht genug Quellen? Bombardierst Du uns nicht schon mit genug Themen? Wohl wahr und richtig. Trotzdem bleibt bei mir der Wunsch nach einer intelligenteren Bereitstellung der für den CIO und mich relevanten Informationen. Momentan geschieht vieles händisch, durch Schnell- und Querlesen von Überschriften. Im Zeitalter von künstlicher Intelligenz, intelligenter Algorithmen, sollte es möglich sein, auch intelligenter Informationen vorzufiltern ohne sie zu zensieren. Für Ideen und Vorschläge, wie das gehen könnte, für eine rege Diskussion sind die Autoren vom CIOKurator und ich natürlich offen.

(Stefan Pfeiffer)