Posts Tagged: ‘handel’

Notiert und zitiert: Amazon profitiert von der Corona-Krise und baut seine Handelsmacht aus

7. April 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Eine gute Freundin hat die Tage mit meiner Frau telefoniert. Sie sei in 5 Supermärkten gewesen und habe nirgendwo Toilettenpapier bekommen. Jetzt habe sie auf Vorrat bei Amazon bestellt. Ob das Papier schon da ist, weiß ich nicht, aber wer profiliert und profitiert gerade ganz offensichtlich von der Corona-Krise?

Ein Krisengewinner zeichnet sich jetzt schon ab: der Versandriese Amazon. Mit beachtlicher Raffinesse hält Amazon die weltweiten Lieferketten intakt. Besonders bitter ist dieser kometenhafte Aufstieg für die deutschen Versandhaus-Könige der Nachkriegszeit, die den Schuss in der Stunde Null des Internets nicht gehört haben. Die Familien Neckermann, Schickedanz (Quelle) und Otto dürfen sich hier durchaus angesprochen fühlen.

Die Liquiditätsfalle: Familienunternehmer im Stress- Gabor Steingarts Morning Briefing vom 1. April (aber leider kein Aprilscherz)

Na ja, das Nachkarten bei den ehemals deutschen Versandhaus-Königen nutzt nichts mehr. Der Zug scheint abgefahren. Nur lokale, regionale Angebote und Plattformen scheinen mir noch eine Chance zu haben, sich vielleicht gegenüber Amazon durchzusetzen. Wieder ein Stück nicht nur digitale Unabhängigkeit, das wir in Deutschland und Europa wohl verloren haben.

Dazu dann auch passend: Wer hat schon die TV-Werbung gesehen, die Amazon in diesen Tagen schaltet, und die zufriedene Mitarbeiter zeigt und „zitiert“. Über 100.000 neue Arbeitsplätze will Amazon allein in den USA in diesen Zeit schaffen. Aber es scheint auch (wieder einmal) die andere Seite der Medaille zu geben, wie Daniel Fiene und Richard Gutjahr in ihrem Podcast und Newsletter berichten:

Amazon profitiert gleich doppelt von der aktuellen Situation, denn das Unternehmen verfügt nicht nur über eine weltumspannende Transport- und Lieferlogistik auf der Straße, sondern noch dazu über die Internet-Infrastruktur mit AWS Amazon Web Services, einem der größten Cloud-Anbieter der Welt. In den letzten Tagen mehren sich jedoch die kritischen Schlagzeilen über den Umgang von Amazon mit seinen an Corona erkrankten Lagerarbeitern und die Sorge von gesunden Arbeitern vor Ansteckung. Der auf Effizienz getrimmte Konzern hat noch keinen optimalen Weg für den Umgang mit seinen Mitarbeitern und die gleichzeitig deutlich steigende Zahl an Bestellungen gefunden.

Tech Briefing: Was sollten wir im Kampf gegen Corona von Asien lernen?

Die Tagesschau hat am gestrigen 6. April auch unter der Überschrift Schutzlose Paketboten entsprechend berichtet.

(Stefan Pfeiffer)

Was stört die Kunden vor Ort beim Einkauf? Meine Gespräche auf der Euroshop zur Integration von Online und Offline im Handel

20. Februar 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Die vergangenen Tage hat mich ja das Thema Handel vor allem durch das IBM Livestudio auf der Euroshop 2020 beschäftigt. Und die Frage, ob und wie der Einzelhandel bestehen, ja überstehen kann war und ist eine wichtige Frage, die Tina und mich schon vor Monaten beschäftigt hat und die ich auch mit kompetenten Ansprechpartnern auf der Euroshop diskutiert habe. Passend dazu bin ich jetzt zum letzten Tag der Euroshop auf eine Statistik von Capgemini über eMarketer gestoßen. Was stört denn die Konsumenten am meisten beim Shoppen vor Ort im Einzelhandel?

Ein „Pain Point“ ist das Bezahlen. Konsumenten wollen beim Bezahlen nicht in einer Schlange stehen. Wie hat es Gunnar Sohn gefordert: Er möchte beim jedem Verkäufer im Laden einfach zahlen können, wie es in Apple Stores der Fall ist. Der danach genannte Frustrationspunkt ist, dass die gewünschten Produkte nicht auf Lager sind oder sie nicht oder schwer gefunden werden. All die drei genannten Punkte sollten doch technologisch lösbar sein, in dem beispielsweise Online und Offline integriert werden.

Danach wird bemängelt, dass man keine:n Verkäufer:in findet, der beim Kauf hilft oder informiert. Qualifiziertes Fachpersonal war übrigens auch ein Punkt, der in den Gesprächen auf der Euroshop oft genannt wurde. Und schließlich fühle sich einige Interessenten vor Ort nicht gut genug über die Produkte informiert. Hier können die Verkäufer:innen eine wichtige Rolle spielen, aber die Problematik kann auch vor Ort mit entsprechenden Informationssystemen adressiert werden. Natürlich muss dann auch die Produktinformation in der entsprechenden Qualität vorhanden sein.

Hier nun einige der Gespräche, in denen die Integration von Online- und Offline-Handel eine Rolle spielen. Dazu habe ich mich mit einem Branchenkenner, mit Michael Gerling, dem Geschäftsführer des EHI Retail Institute unterhalten, der uns Einblick über die Trends im Handel gibt. Mal informiere man sich online und wolle dann vor Ort kaufen. Oder aber man lasse sich im Laden beraten, der Artikel solle aber dann zugeschickt werden. Die Kombinationsmöglichkeiten seien vielfältig und deshalb die Integration besonders wichtig. Er führte das Beispiel Amazon als Beleg dafür an, dass Offline nicht tot ist, denn Amazon eröffnet nicht umsonst Läden. Und natürlich muss die Balance Offline und Online auch branchenspezifisch gesehen werden. Elektronik werde beispielsweise mehr und mehr online gekauft, Lebensmittel immer noch vor Ort.

Vor allem unter der Marketingbrille – wie integriere ich die Online und Offline im Marketing – war das ein Thema des Talks mit Professor Dr. Claudia Hilker. Dabei haben wir sinnigerweise genau das Thema „online informieren und dann ein Produkt vor Ort abholen“ als positive Customer Experience angesprochen. Sie hat auch darauf hingewiesen, dass die Story der Marke prägnant vor Ort in den Läden erzählt werden muss.

Künstliche Intelligenz und Personalisierung sind dabei Aspekte, die für das Kundenerlebnis nicht nur online eine wichtige Rolle spielen. Diese Thematik stand im Mittelpunkt des Gesprächs mit Stephan Tromp, dem stellvertretenden Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland. Er nennt unter anderem dynamische Preisbildung als ein Einsatzgebiet, das auch vor Ort helfen kann.

E-Commerce und Ladengeschäft: Jeder Dritte nutzt online verfügbare Preisinformation, um im Laden einen günstigeren Preis zu verhandeln

13. Februar 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Michael Kroker stellt mal wieder eine interessante Studie und Infografik vor. Passt gerade inhaltlich. Die Kernaussagen der Studie des Berliner Preisvergleichsportals Idealo:

  • Drei von zehn Deutschen shoppen mindestens einmal die Woche online. Unter den Millenials (18 bis 29 Jahre alt) sind es sogar 41 Prozent.
  • 57 Prozent kaufen mit dem Smartphone ein, 61 Prozent mit dem Notebook.
  • Ladengeschäfte haben bei Lebensmitteln, Möbeln oder Medikamenten noch die Nase vorn.
  • E-Commerce dominiert bei Elektronik, Unterhaltungsmedien und Büchern.
  • Viele schauen online nach Preisen, wenn sie im Ladengeschäft ein Produkt anschauen.
  • Jeder Dritte nutzt die online verfügbare Preisinformation, um im Laden einen günstigeren Preis zu verhandeln.

Weitere Einzelheiten unter 3 von 10 Deutschen shoppen mindestens einmal die Woche online – 41 Prozent der Millenials in Kroker’s Look @ IT.

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Künstliche Intelligenz im Handel: Amazon baut auf deutsche Forscher und Entwickler | eMarketer

12. Februar 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Bei meiner Vorbereitung zur EuroShop bin ich auf diesen Beitrag von eMarketer zum Thema Künstliche Intelligenz im Handel gestoßen. Und die folgende Aussage finde ich bemerkenswert:

Germany in particular is crucial to Amazon, not just as a major regional consumer market, but as a source of brainpower in the battle for AI supremacy. Politico reported in May 2019 that Amazon has several research and development sites in Germany pursuing AI projects, and now employs hundreds of AI experts. Amazon’s director of machine learning Ralf Herbrich is based in Berlin and manages all AI operations in collaboration with the firm’s chief economist based in Seattle.

What Retail AI Looks Like in Western Europe – eMarketer Trends, Forecasts & Statistics

Wieder etwas gelernt.

Bild von Tumisu auf Pixabay

“Stirbt der Einzelhandel aus, und kaufen wir künftig alles bei Amazon?” & Meinen Kaffee mit Blockchain verfolgen – Themen im IBM Livestudio auf der Euroshop

12. Februar 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Kommende Woche am Montag und Dienstag werde ich auf der Euroshop in Düsseldorf sein. Nicht in meiner derzeitigen Rolle als an Acoustic ausgeliehener Marketer, sondern mal wieder als Moderator für das IBM Livestudio, das am 17. und 18. Februar jeweils zwischen 10 und 12 Uhr sowie zwischen 14 und 16 Uhr aus Düsseldorf senden wird. Wer die Beiträge live verfolgen will, kann das über die Facebook-Seite oder (wahrscheinlich auch) die YouTube-Seite der IBM Deutschland tun.

Der Weg der Bohne vom Kaffeestock in meine Tasse

Am Sendeplan arbeiten wir noch. Ein wichtiges Thema wird sicher Blockchain sein, da diese Technologie im Handel große Bedeutung zu bekommen scheint. Ein ganz aktuelles Anwendungsbeispiel ist die neue App „Thank My Farmer“, mit der Kaffeetrinker ihren Kaffee künftig zurückverfolgen und die Bauern unterstützen können, die die Bohnen anbauen. Möglich macht das Farmer Connect, eine von Genf, aus tätige Plattform zur Rückverfolgung, die mit führenden Unternehmen der globalen Lieferkette für Kaffee entwickelt wurde und von IBM Blockchain betrieben wird. Die Blockchain-Technologie bringt alle Parteien der Kaffeelieferkette zusammen, vereinfacht den Austausch und die Verfolgung von Informationen und Zahlungen und sorgt so für mehr Vertrauen. Unter anderem werde ich mit Christian Schultze-Wolters von der IBM über diese Themen sprechen.

Was muss der Einzelhandel tun, um zu bestehen?

Ein weiteres spannendes Thema ist das Verhältnis zwischen Einzelhandel und E-Commerce. Wie formuliert es Horizont in der Einleitung zum Beitrag von Marc Schumacher von Liganova so schön:

Stirbt der Einzelhandel aus, und kaufen wir künftig alles bei Amazon? Dieses Horrorszenario wird zum Glück niemals Realität werden.

Überleben im E-Commerce-Zeitalter: 5 Stellschrauben, an denen Handelsunternehmen drehen müssen

Als Freund einer lokalen Infrastruktur und damit des Einzelhandels hoffe ich einmal, dass es wirklich nie Realität wird. Doch wie muss sich der Einzelhandel ändern, um bestehen zu können.

Marc Schumacher nennt Stellschrauben, an denen der Handel drehen muss. Das reicht von der Neubewertung der Flächen über die Rolle der Stores für die Markenbildung bis zu Anreizen, die Besucher in die Stores locken. Er fordert eine Kuratierung und Inszenierung von Produkten, die Geschichten erzählt und inspiriert. Da kann der Store auch zum Treffpunkt werden, wo sich die Fans in ihrer Community austauschen. Warum muss ich jetzt gerade an die Think at IBM im Bikini Popup Store in Berlin denken? Nicht neu, aber dringend notwendig ist die Forderung nach einem gesamtheitlichen Konzept, in dem Stores in die Multichannel-Welt als wichtiges Modul eingebunden werden. Diese Thesen werden sicher auch in meinem Gespräch am 17. Februar um 11 Uhr mit Michael Gerling vom EHI behandelt werden.

Noch Slots frei: Wer hat noch spannende Themen für ein Livestudio-Gespräch?

Weitere Infos, wer wann über was redet, werde ich über meine sozialen Kanäle verteilen. Und natürlich geht hier auch nochmals die Einladung hinaus, uns alle auf dem IBM Stand in Halle 6, Stand E27 zu besuchen. Und wer noch spannende Gesprächsthemen rund um die Euroshop, E-Commerce, Supply Chain, Retail und Handel hat, kann gerne auf mich zukommen. Noch sind Slots verfügbar.

So wird der IBM Auftritt in Halle 6, Stand E27 aussehen.

(Stefan Pfeiffer)

Das Euroshop-Foto wurde dem Online-Pressebereich der Euroshop entnommen und stammt aus 2017. Alle Rechte der Messe Düsseldorf und Euroshop vorbehalten.

IBM Livestudio auf der EuroCIS: Vom Puls der Metropolen bis zur sicheren Lieferkette für Lebensmittel

16. Februar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Hoffentlich liest das meine Frau nicht, aber nächste Woche werde ich mal fremd gehen, also einen anderen Bereich der IBM bei deren Präsenz auf der EuroCIS in Düsseldorf unterstützen. Dort wird es am 20. Februar eine Wiederauflage des von der Cebit bekannten Livestudios geben, diesmal mit Themen rund um den Handel, denn die EuroCIS firmiert als führende Technologiemesse eben für Retail und IBM hat ja hier viel zu bieten. Alle Gespräche werden live im Facebook-Kanal der IBM Deutschland übertragen und stehen natürlich auch als „Konserve“ – passend zum Lebensmittelhandel – zur Verfügung.

Mit Maria Gomez und Daniel Unkelhäusser von IBM spreche ich über die neuen Herausforderungen gerade im Lebensmittelhandel, wo immer mehr Märkte regionale Erzeuger und Lieferanten in ihr Portfolio integrieren. Das hat natürlich Implikationen von einer komplexeren Lieferkette bis hin zu individualisierten Angeboten in den einzelnen Märkten vor Ort.

Thema wird auch MetroPulse von IBM sein, eine Analyse-Plattform aus der Cloud, die dem Einzelhandel helfen kann, zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Produkte am richtigen Ort vorrätig zu haben. Dafür werden vielfältige Daten wie etwa Wetterberichte und -vorhersagen ebenso genutzt wie der örtliche Veranstaltungskalender oder Verkehrsdaten und Analysen zu Konsumvorlieben und Bewegungsmustern in bestimmten Regionen.

Mit Agnes Heftberger, Geschäftsbereichsleiterin Consumer Industries der IBM, geht es um 10:30 Uhr dann um Food Trust, die lückenlose Nachverfolgung von Lebensmitteln von der Produktion über die Lieferkette bis zum Konsumenten mit Hilfe von Blockchain-Technologie. Dadurch soll zur Nachhaltigkeit beigetragen werden, Abfälle vermieden und frische, sichere Lebensmittel auf den Tisch kommen.

Zur Mittagszeit gibt uns Michael Gerling, Geschäftsführer des EHI Retail Institute. Das EHI ist ein wissenschaftliches Institut des Handels. Zu den rund 800 Mitgliedern des EHI zählen internationale Handelsunternehmen und deren Branchenverbände, Hersteller von Konsum- und Investitionsgütern und verschiedene Dienstleister. Das EHI wird in Kürze eine Studie zum Thema IT im Handel veröffentlichen, über deren Ergebnisse wir (hoffentlich) sprechen werden.

Besonders freue ich mich auf Elke Moebius, sozusagen die Chefin der EuroCIS. Sie wird uns um 13 Uhr besuchen und mit uns darüber sprechen, wie es mit EuroCIS und Euroshop weiter geht und welche Trends sie gerade im Markt sieht.

Ein geschätzter Experte und Realisierungspartner der IBM, Klemens Huber, Vice President Business Development, der Dialogschmiede GmbH steht dann um 16 Uhr Rede und Antwort zum Wandel in der Marketingwelt im Zeitalter von immer mehr Daten.Um 17 Uhr spreche ich dann mit Domenico Carapezza von Axino Solutions GmbH. Und wenn alles klappt, werden ich Maria Gomez und Daniel Unkelhäusser  dann um 18 Uhr die Studiotür zuschließen.

Weitere Termine sind noch in der Finalisierungsphase und ich ergänze, sobald entsprechende Zusagen eintreffen. Ich freue mich auf jeden Fall auf einen interessanten und spannenden Tag. Und als Appetitmacher schon hier mal unser Intro- und Outro-Trailer.

(Stefan Pfeiffer)

 

 

IBM-LIVESTUDIO_EuroCIS_INTRO_V2
IBM-LIVESTUDIO_EuroCIS_OUTRO_V2

Das Ruder herumreissen – In zehn Schritten zum digital Master im Handel

24. November 2014 Posted by Burkhard Schulte

Sicherlich hat das jeder von uns schon mehrfach erlebt: Das etablierte Fachgeschäft in der eigenen Straße schließt plötzlich, weil der Inhaber mit dem Online-Angebot der Konkurrenz nicht mehr mithalten kann (oder will). Und dieser Trend wird sich auch in der Zukunft fortsetzen. Laut einer Prognose der IFH Köln, werden bis zum Jahr 2020  rund 78.000 aller stationären Outlets aus dem Markt ausscheiden. Das sind ca. 30 Prozent! Weitere 40 % werden nur überleben, wenn es ihnen gelingt, ihr Geschäftsmodell grundlegend zu verändern. Nur diejenigen Konzepte, die den online-getriebenen Anforderungen der Kunden gerecht werden, haben eine Chance zu überleben.

Denn schon heute besteht die Gruppe der Smart Natives – und damit die Zielgruppe der Zukunft – zu 65 % aus „selektiven Online-Shoppern“, die ihre Käufe zwischen stationärem Handel und Online-Shops aufteilen. 26 % sind „begeisterte Online-Shopper“, die möglichst alle Einkäufe online erledigen wollen. Der „traditionelle Handelskäufer“ ist mit einem Anteil von 9% unter den Smart Natives hingegen kaum noch zu finden. Kurzum, der traditionelle Handelskäufer stirbt aus und mit ihm auch der traditionelle Handel

Doch ist der Handel dieser Entwicklung wirklich machtlos ausgeliefert? Will der Handel im herkömmlichen Sinne auch weiterhin existieren, muss er sich an die geänderten Kundenbedürfnisse anpassen. Doch es ist weitaus mehr als ein einzelner Schritt notwendig, um die Kunden mit einem ansprechenden Angebot wieder zu gewinnen - und dabei rede ich nicht nur von den zu verkaufenden Artikeln oder Dienstleistungen.

 

Die folgenden 10 Schritte können beim Wandel helfen und damit das Fortbestehen des Unternehmens sichern:

Schritt 1: Kundenanalyse

Ein wesentlicher Vorteil von Online-Shops gegenüber dem stationären Handel besteht in der konsequenten Beobachtung des Einkaufsverhaltens der eigenen Kunden sowie der Möglichkeit, darauf basierende Auswertungen und Optimierungen tätigen zu können. Bislang sind die Charakteristika der Einkäufer in den eigenen Filialen dem Offline-Händler weitestgehend unbekannt. Dies ist ein  gravierender Nachteil, dem entgegengewirkt werden muss, um gegen die Konkurrenz aus dem Internet bestehen zu können!

In den vergangenen Jahren wurden vermehrt Technologien entwickelt, die insbesondere stationären Händlern zu Gute kommen, indem sie ihnen detaillierte Kundenanalysen ermöglichen. Digital Master im stationären Handel machen sich diese zu Nutze, um beispielsweise personalisierte Angebote an Kunden zu versenden oder ihre Produktplatzierungen in der Filiale zu optimieren. Das Feld der Tools zur Kundenanalyse im Handel ist mittlerweile breit gestreut. Technologien wie Sensoren, WLAN und/oder Bluetooth sowie Kameras können dazu dienen, das Verhalten der Kunden in und außerhalb der eigenen Filiale zu analysieren. Ein prominentes Beispiel, welches seit über einem Jahr für Furore sorgt, sind Beacons. Die kleinen Peilsender verbinden sich via Bluetooth mit dem Smartphone des Kunden und ermöglichen beispielsweise im Geschäft die Laufwege sowie die Aufenthaltsdauer dieser zu überwachen. Hieraus erwachsen praktische Funktionen, wie die Übermittlung von standortbezogenen Produktinformationen oder Indoor-Navigation. Des Weiteren können Passanten vor dem Schaufenster der Filiale automatischerkannt und durch personalisiertes Couponing in die Filiale gelockt werden. Ein Unternehmen, das die Kundenanalyse bereits erfolgreich betreibt ist American Apparel. Die Verkäufe konnten seit Einführung einer detaillierten Kundenanalyse auf Basis von intelligenten Software-Lösungen, um mehr als 30 % gesteigert werden. Gleichzeitig hat der Händler seine Diebstahlrate um rund 16 % reduziert.

BildSchritt 2: Entwicklung einer individuellen Digital Master Strategie

Händler unterscheiden sich unter anderem nach Handelsformaten, Zielgruppen, Produktkategorien und Größe. Aufgrund der verschiedenen Ausgangslagen ist für jedes Unternehmen der Weg zum Digital Master individuell und nicht übertragbar. Den unternehmerischen Ursprung und seinen Kern zu kennen ist wichtig, denn nur so können Stärken ausgebaut und Defizite ausgeglichen werden. Mit dem von MS&C entwickelten Digital-Master-Modell können Unternehmen auf wissenschaftliche Weise ihre digitale Wettbewerbspositionierung bestimmen. Darauf basierend können dann Ableitungen getroffen und die Strategie entwickelt werden. Händler können ihre Fähigkeiten in verschiedenen Dimensionen ausbauen. Diese Fähigkeiten können interner oder externer Art sein. Beispiele hierfür sind das Innovationsmanagement oder die Personalentwicklung. Digital Master versuchen nicht in allen Dimensionen die Besten zu werden, sondern die relevanten für ihr Unternehmen zu erkennen und diese dann zu entwickeln. Auf diese Weise können Ressourcen effektiv eingesetzt werden und die Kernkompetenz bleibt erhalten.

Schritt 3: Organisation, Prozesse, Kultur

Steigende Energiepreise, eintretende Marktsättigungen sowie wechselnde Kundenbedürfnisse zwingen stationäre Einzelhändler dazu, Prozesse und Organisationen wie beispielsweise das Supply Chain Management und die Vertriebskanäle effizienter zu gestalten. Nur so können diese gegen die flexible Bedrohung aus dem Online-Bereich langfristig bestehen. Durch wachsenden Wettbewerbsdruck muss speziell die Supply Chain kontinuierlich auf Profitabilität und Kosteneffizienz geprüft werden. Außerdem stellen die stetig wechselnden Kundenbedürfnisse erhebliche Ansprüche an deren Flexibilität. Getrieben durch die Digitalisierung verlangen diese rapiden Nachfrageverschiebungen zudem eine Präsenz auf möglichst vielen, untereinander vernetzten, Vertriebskanälen.

Digital Masters optimieren interne Prozesse und Organisationen kontinuierlich durch smarte Software-Applikationen. Hierbei sind vor allem die angesprochenen Bereiche, Supply Chain sowie Vertriebskanäle, betroffen. Im Rahmen einer Hersteller-Händler- Beziehung werden durch intelligente Vernetzung die Lieferzeit verkürzt sowie die flexible Reaktion auf Kundenbedürfnisse garantiert. In Branchen wie Textil ist dies heutzutage unerlässlich, um gegen innovative junge Unternehmen aus dem Internet bestehen zu können. Zudem steigt die Bedeutung von intelligenter Kommunikation in Vertragsbeziehungen durch die zunehmende Globalisierung und internationale Geschäftsbeziehungen an. Im Bereich der Vertriebskanäle setzen sich Digital Masters zum Ziel, überall für den Kunden präsent zu sein. Dies ist notwendig, da aufgrund von Smartphones und anderen mobilen Devices prinzipiell überall Kundenkontakt besteht. Der spanische Textileinzelhändler ZARA zeigt bereits, welche Wettbewerbsvorteile man sich mit einem klar definierten und digital optimierten Supply Chain Management schaffen kann. Vom Produktdesign bis zur Warenausstellung in den Filialen vergehen nur fünfzehn Tage. Die Konkurrenz benötigt im Vergleich rund sechs bis neun Monate. Das Unternehmen hat zudem erkannt, welche Vertriebs- und Kommunikationskanäle für ihre Zielgruppe am geeignetsten sind. Beispielsweise hat sich ZARA durch smarte Incentivierung mittels eines Discount-Voucher für ihre Facebook-Seite über 22 Millionen Follower erarbeitet. Dieser Voucher kann in den stationären Filialen eingelöst werden.

Schritt 4: IT Setup

Der Aufbau einer neuen IT-Landschaft ist die Basis für den Digital Master. Oft wird versucht, bestehende Systeme zu erhalten und mit sich mit Übergangslösungen zu behelfen. Das Ergebnis ist kurzfristig vielleicht die kostengünstigere Variante, langfristig aber geschäftsschädigend: Eine sogenannte „Spaghetti-Architektur“ entsteht, die die Weiterentwicklung des Händlers schrittweise durch zunehmende Komplexität erschwert und die IT zu einem Flaschenhals in der Unternehmensentwicklung werden lässt. Eine nachhaltige IT-Strategie ist notwendig, welche in der Architektur die Unternehmensstrategie widerspiegelt. Hier bietet sich zum z.B. ein Schichtenmodell an, wobei unternehmenskritische Systeme wie das CRM oder das Data-Warehouse flexible Schnittstellen zu immer neuen Drittsystemen erlauben. Weiterhin notwendig ist ein zentrales Repository für Aufträge und Bestandsdaten. In einer sich immer schneller ändernden IT-Landschaft ist eine hohe Flexibilität in der Architektur absolut notwendig, nur so kann schnell auf Marktveränderungen reagiert werden.

Schritt 5: Daten

Daten sind die neue Währung im digitalen Unternehmenszeitalter, sie gehören mehr denn je zum Key-Asset eines erfolgreichen Händlers. In der Customer Journey des Kunden reicht es nicht aus die richtigen Daten zu sammeln, Digital Masters beherrschen die Fähigkeit diese im richtigen Moment auch zu nutzen. Big Data beinhaltet Ziele, welche auch für den Handel immer bedeutender werden:

Bild• Erfassung aller relevanten Daten unter Beachtung der unterschiedlichen Kanäle

• Heterogenität der erfassten Daten

• Geeignete IT-Infrastruktur zur Handhabung großer Datenmengen

• Speicherung großer Datenmassen

• Verarbeitung großer Datenmengen in Echtzeit (real-time / neartime)

• Fachliches Know-How im Umgang mit statistischen Methoden und analytischen Modellen

• Herstellung der Interpretierbarkeit von Daten
 

Schritt 6: Click & Collect

BildDie große Alternative zum „Same-Day-Delivery“ stellt Click & Collect oder auch Click & Reserve dar. Allerdings ist dieser Service mit enormem logistischen Aufwand und einer aufwändigen Lagerhaltung verbunden sowie bei den derzeitig angebotenen Dienstleistungen noch nicht kostendeckend. Bei Click & Collect kann das Handelsunternehmen seinen Kunden im WebShop die Verfügbarkeit für einen Artikel in der Filiale seiner Wahl anzeigen. Dort kann der Artikel reserviert oder sofort zur Abholung hinterlegt werden. Dies ermöglicht einen sofortigen Umsatz, eine verbesserte Kundenzufriedenheit und vermeidet die höheren Kosten und Aufwände für einen Same-Day-Delivery-Service. Kostenlos kann ein solcher Service natürlich nicht sein. Er setzt eine durchgängige Integration der Filialbestandsdaten voraus, die in einem zentralen IT Tool aktuell vorgehalten werden müssen. Diese Daten werden auf Anforderung dem WebShop, einem CallCenter oder auch anderen Filialen zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig muss die Weiterleitung der Auftragsdaten z.B. aus dem WebShop an die Wunschfiliale sichergestellt sein, damit der Kunde die gewünschten Artikel in der Filiale seiner Wahl abholen kann. Das bedarf einer Anpassung der internen Abläufe, einer Informationsweitergabe über intelligente Kassensysteme und einer entsprechenden Schulung der Filialmitarbeiter. Die Vorteile, die sich aus einem solchen Service ergeben, rechtfertigen den Aufwand für die Etablierung eines Click & Collect Prozesses: Umsatzgenerierung und Verbesserung der Kundenbindung durch einen schnellen Service, Kostenreduktion durch Vermeidung von Umlagerungsaufträgen und einer möglichen Verringerung der Kapitalbindung in den Lagern, fallen bei einer Aufwandsbetrachtung für den Click & Collect Service als Erstes auf. Das dürften die Faktoren sein, die für eine Profitbetrachtung von wesentlicher Relevanz sind.

Schritt 7: Safe the Sale

Aus den Daten, die für Click & Collect bereitgestellt worden sind, lassen sich weitere sinnvolle und umsatzfördernde Services ableiten. Einer davon ist „Safe the Sale“. Sollte beispielsweise ein Wunschartikel in der bevorzugten Filiale nicht verfügbar sein, kann der Filialmitarbeiter direkt die Verfügbarkeit in einer benachbarten Filiale oder ggf. im WebShop garantieren und die Lieferung oder Abholung beauftragen. Der Händler sorgt so für Kundenzufriedenheit und hat für die Marke den Umsatz sichergestellt. Notwendig dafür ist eine zentrale Softwarelösung, die aktuelle Informationen über die Warenbestände in allen angeschlossenen Vertriebskanälen zur Verfügung stellt und Aufträge in jedem beliebigen dieser Kanäle platzieren kann.

Schritt 8: Return Everywhere

„Return Everywhere“ benennt einen Service, der in Zeiten von kostenlosen Rücksendungen zunächst überflüssig erscheint: Ein zentrales Order-Management-System, welches bis in die Filialen vernetzt ist, erlaubt die Rücknahme online bestellter Artikel auch in den Filialen. Einige Händler sprechen davon, dass bis zu 50 % der Retouren über die Filialen abgewickelt werden. Die Kunden suchen nach einer erfolglosen Bestellung im WebShop einen persönlichen Ansprechpartner im stationären Laden, vielleicht auch eine persönliche Beratung, so dass doch noch eine Transaktion stattfindet. Der Händler kann trotz einer Retoure Umsatz generieren und den Kunden zufriedenstellen.

Schritt 9: Regalverlängerung/ Erhöhung der Sortimentstiefe

Die Schritte 6 bis 8 sind wesentlich, wenn es um die Umsetzung der Kundenwünsche hinsichtlich eines Omni-Channel Einkaufserlebnisses geht. Doch nicht nur für den Endkunden, auch für das Unternehmen selber kann ein zentrales Order Management mit entsprechenden Schnittstellen in interne aber auch externe Systeme Vorteile bringen und den Umsatz nachhaltig positiv beeinflussen. Wenn neben der eigenen Ware auch Informationen und Bestände zu Artikeln verwaltet werden, die ausschließlich bei externen Lieferanten geführt werden, kann die eigene Sortimentstiefe erweitert, der Umsatz gesteigert und die Kundenzufriedenheit aufgrund der erweiterten Einkaufsmöglichkeiten verbessert werden. Die Auslieferung erfolgt in der Regel direkt durch den Lieferanten, die zugehörige Rechnung wird vom eigenen Unternehmen gestellt und bilateral mit dem Lieferanten abgerechnet. Auch hier ist es notwendig, die Auftragsprozesse in einem zentralen System zusammenzuführen, um einen Auftrags- und Paymentsplit realisieren zu können.

Schritt 10: Payment

Im Laufe der letzten Jahre hat sich Mobile Payment vom Verkauf von Klingeltönen über die Abrechnung von digitalen Produkten bis hin zur Mobile Wallet entwickelt und ist jetzt endlich am Markt angekommen. Nach großen Rückschlägen und Hürden wird in diesem, spätestens im nächsten Jahr, der lang ersehnte Durchbruch erwartet. Dies ist vor allem auf die stetig wachsende Verbreitung von Smartphones und der damit verbundenen Nutzung des mobilen Internets zurückzuführen. Bis zur flächendeckenden Einführung sind zwar noch einige Hindernisse – allen voran die Akzeptanz der Nutzer – zu überwinden, aber das Thema wird Einzug in das tägliche Leben finden. Für die Unternehmen gilt es, die branchenspezifischen Vorteile zu nutzen. Offen ist die Frage, wer und wie viele Anbieter das Rennen machen und ob sie eine kritische Masse an Nutzern erreichen. Einige Händler nehmen an diesem Rennen gegen Apple Payment und Co. teil, denn sie haben die Bedeutung von (Mobile) Payment erkannt. Es geht nicht nur darum, Prozess- und Transaktionskosten zu senken und den Umsatz zu steigern. Die Digitalisierung der Kasse bietet vielmehr die Chance, neue Daten zu gewinnen und den Kunden noch mehr an das Unternehmen zu binden. Payment gehört also zunehmend zu einem kritischen Geschäftsvorfall, den Händler nicht leichtfertig aus den Händen geben sollten.

 

Die Digital Masters Strategie haben viele erfolgreiche Unternehmen bereits teilweise oder nahezu vollständig erkannt und umgesetzt. Sie haben so die Grundlage für ein weiteres Wachstum und stetige Kundenbindung gelegt. Damit traditionelle Händler ihr Fortbestehen, trotz - oder vielleicht gerade wegen - der sich ständig ändernden Kundenanforderungen, auch weiterhin sichern können ist es wichtig, die obigen Überlegungen regelmäßig neu anzugehen. Insbesondere die ersten beiden Schritte - die Kundenanalyse und die Entwicklung der digitalen Strategie - sind Aufgaben, die immer wieder aufs Neue durchlaufen werden müssen.

Und wie beurteilen Sie die Zukunft des traditionellen Handels? Was erwarten Sie von ihrem Händler? Reicht ihnen das klassische Offline Angebot aus, oder erwarten sie vielmehr, dass ihr Händler ihnen vielfältige Shoppingmöglichkeiten per Web, Mobil, CallCenter zur Verfügung stellt? Nur wenn ihr Fachhändler das richtigen Angebot, für die richtige Zielgruppe auf den geeigneten Vertriebskanälen - und das ganze in einem richtigen Mix - anbietet, werden sie eine Chance haben auch zukünftig noch bei ihm in der Filiale einkaufen zu können.