Posts Tagged: ‘multitasking’

Vom Second Screen, der Aufmerksamkeit und fehlender Moral von der Geschicht

9. November 2018 Posted by Stefan Pfeiffer

Erlebnis #1:Die Tage durfte ich nach einer Augen-OP nicht lesen. Also vor der Glotze gesessen. Und dabei ist mir wieder einmal bewusst aufgefallen, wie nervig doch die Werbepausen sind. Und was mache ich während eines normalen Abends mit vollem Durchblick? ich schaue während der Werbepausen auf mein Smartphone oder einen anderen Second Screen (Tablet oder Notebook).

Erlebnis #2: Eines Abends, Babylon Berlin läuft ganz konventionell auf der ARD und das auch ohne Werbung. Mein Smartphone leuchtet auf. Eine Nachricht, die ich lese und beantworte. Und schon habe ich den Faden verloren. Wolf Lotter spricht von der Ablenkungsgesellschaft. Das gilt privat und im Job.

Was zeigt mir das? Smartphones oder Tablets vor der Glotze sind nicht nur normal-  Es ist mittlerweile gar nicht mehr sicher, was dann erster und was zweiter Bildschirm ist, wo also wirklich meine Aufmerksamkeit und Konzentration liegt. Wenn man überhaupt von Konzentration sprechen kann. Vielleicht ist es unterdessen ein sich dahinfließen lassen in einer Flut von Reizen, die sich gegenseitig auszustechen versuchen. Die Aufmerksamkeitsspanne des Menschen ist ja nicht so groß, wie eine Microsoft-Studie vor geraumer Zeit herausgefunden hat: Goldfische haben demnach bereits eine längere Aufmerksamkeitsspanne als Menschen.

Facebook – ja wirklich – hat zum Second Screen in verschiedenen Ländern eine Studie durchgeführt. In Deutschland nutzen demnach Zuschauerinnen und Zuschauer 18 Prozent der Zeit ihr Smartphone, in Werbepausen steigt dieser Wert auf 44 Prozent. Rund die Hälfte ihrer Zeit sind sie demnach auf Facebook, Instagram, WhatsApp und Messenger.

Multiscreening-Verhalten_weltweit_Facebook_for_Business.png
© Facebook – Screenshot von der Webseite

Ob First und Second Screen wirklich sich ergänzende Bildschirme sind, wie es Facebook im Blogeintrag schreibt, wage ich zu bezweifeln. Ja, bei Live-Events kann das der Fall sein, wenn man sich in Echtzeit austauscht. Wenn aber eine spannende Sendung oder ein aufregender Film läuft? Also dann möchte ich persönlich nicht gestört werden. Facebook postuliert in der Studie jedoch, dass Unternehmen sich ergänzende Werbestrategien in TV und mobil haben sollten (um einen maximalen Werbeerfolg zu haben).

Und die Moral von der Geschicht? Gibt es wohl nicht. Verschiedene Bildschirme, Multiwatching (ich nenne es bewusst nicht Multitasking, weil das „arbeiten“ suggeriert) sind Realität und werden auch nicht mehr verschwinden. Auch gegen das Sich-treiben-Lassen im Fluss der Unterhaltungsreize und des Nachrichtenstroms ist aus meiner Sicht im Prinzip nichts zu sagen, wenn es der eigenen Entspannung dient. Und was ist mit dem sozialen Aspekt? „Gemeinsam“ fernsehen ist ja durchaus ein geläufiger Begriff. Vielleicht war der Begriff „nebeneinander fernsehen“ schon immer korrekter?

Doch zurück zur Geschichten-Moral: Bewusst eine Sendung oder einen Film möglichst ohne Unterbrechungen sehen, ist weiter ein Anspruch, den ich an mich habe, weil es mir Genuss bringt. Und der bewusste soziale Austausch mit dem Partner, der Familie oder Freunden (nicht nur) auf dem Sofa ist wünschenswert. Gemeinsam Fussball mit Freunden gucken, kann ein schönes, unterhaltsames Erlebnis sein. Ob die kontroverse Diskussion über Merz, Habeck & Co während einer Talkrunde so unterhaltsam ist? Sie ist aber durchaus wichtig. In diesem Sinne …

(Stefan Pfeiffer)

Ladies and Gentlemen, meine Damen und Herren, Konzentration bitte!

16. Oktober 2018 Posted by Stefan Pfeiffer

Ja, Konzentration auf eine Sache ist im Zeitalter des Smartphones eine Herausforderung. Wer ehrlich ist, wird es an sich selbst beobachten. Zu gerne lässt man sich durch Notifications von Whatsapp & Co, von E-Mail und all den Apps ablenken, bei denen der mehr oder weniger unbedarfte Anwender das Senden von Benachrichtigungen erlaubt hat. Wie soll man da auf dem Smartphone konzentriert lesen können, fragt sich , Redakteur im Feuilleton der FAZ, in seinem Kommentar vom 13. Oktober auf der Titelseite der Samstagsausgabe, und sucht die App, die alle Apps auf stumm schaltet und einem lesen lässt.

Doch auf eine Einstellung bei Lese-Apps, die alle Eilmeldungen für die Dauer der Lektüre ausblendet, warten wir bislang vergeblich. … Und jede Lektüre leidet, wenn das Smartphone dabei in Sicht- und Griffweite – und im Kopf – bleibt.

über Debatte um Lesen und Digitalisierung fehlt Differenziertheit – FAZ.net

Küchemann geht natürlich als Feuilletonist davon aus, dass man Lidddderradddddurrr (Versuch der Persiflage auf Marcel Reich-Ranicki, Literatur ist gemeint), ein wertvolles Buch liest, in dem sich der Leser beglückt verliert. Jenseits des unbestrittenen Genusses eines guten Buches (was gut ist, mag jeder für sich entscheiden) gilt die Frage der wirklichen Konzentration auf eine Sache natürlich auch darüber hinaus in anderen Lebensbereichen, privat und auf der Arbeit. Wir lassen uns leicht ablenken. Und die Verführung ist ja auch heutzutage groß

Hier und auf CIOKurator habe ich oft darüber geschrieben, wie sich Mitarbeiter auf der Arbeit durch E-Mail immer wieder in ihrer jeweiligen Tätigkeit stören lassen. Man könnte ja was verpassen. Es ist die Vorstufe dessen, was wir gerade potenziert auf und durch das Smart Phone erleben. Es ist das, was Lehrer heute täglich in der Schule erleben, von der Konzentrationsfähigkeit bis zu Rechtschreibung und Sprachschatz (womit wir wieder beim Thema Lesen wären).

Und es ist (wahrscheinlich) nur der Anfang und der (durchaus lobenswert gemeint) kulturbeflissene Redakteur springt (wahrscheinlich) zu kurz. Lesen und Lesefähigkeit sind wichtig und (gerade) ich bin immer noch altmodisch ein Mann des geschriebenen Wortes, trotz Videoexperimenten wie in IBM Livestudio@CEBIT oder #9vor9. Ich persönlich bewege mich nur langsam hin zu Livestreaming oder Podcasts, aber der Informationskonsum via Video (und Audio) gehört ganz offensichtlich die Zukunft, gerade, wenn wir an die jüngere Generation denken.

Im weiteren Kontext geht es also nicht mehr nur um digitales Lesen. Es geht nicht mehr nur um Leseforschung, wie man auf und um die Buchmesse glauben mag. Es geht um einen grundlegenden Wandel, wie Literatur, „Gehaltvolles“, Nachrichten, relevante Informationen und Schund konsumiert, verarbeitet  und behalten werden, ja auch, wie konzentriert gearbeitet wird (ohne Arbeit zu überhöhen). Das Thema ist ernst und wir sollten, ja müssen uns damit auseinandersetzen.

Wir lassen uns viel leichter ablenken. Nach einer Deloitte Studie schauen wir 47 mal am Tag auf den Bildschirm unseres Smart Phones. Junge Leute tun es, so die Studie, 82 mal. Der „2nd Screen“, der zweite Bildschirm, auf denen wir schauen, während wir TV schauen, ist nur zu oft Realität. Klaus Eck nennt es am Beispiel Ablenkung durch Social Media die Aufmerksamkeitsfalle. Die Prinzipien der Ablenkung sind gleich. Nur ein Bündel von Massnahmen und Selbstdisziplin werden helfen, sich konzentriert mit einer Sache (vertieftes Lesen, Film schauen, Podcast/Hörspiel lauschen) zu befassen. Ganz sicher sind Schule und Eltern gefragt, auch wenn es denen oft wie ein Kampf gegen Windmühlen erscheint und ihnen Forderungen, wie die von Hirnforscher Wolf Singer, dass Schüler irgendwann lernen müssen, sich eine halbe Stunde lang mit reinem Text zu befassen, utopisch vorkommen: „Lesen ist ein kreativer Akt, der trainiert werden muss.“

Nicht nur Leseforscher stehen vor der Herausforderung, wie es sehr plastisch formuliert „Menschen zu informieren, die sich längst auf eine Seite geschlagen haben, wo es gar keine Seiten geben sollte.“ Smart Phone, Bildschirme und digitaler Medienkonsum bestimmen den Alltag, privat und auf der Arbeit. Wir müssen uns den Herausforderungen stellen. Das Rad werden wir nicht zurückdrehen können.

Und was mag noch alles kommen? Die gleiche FAZ titelt in der Sonntagsausgabe „Es gibt ein Leben nach dem Smartphone – Das Smartphone hat unseren Alltag revolutioniert. Doch seine besten Zeiten sind vorbei. Was kommt als nächstes?“ …

P.S. Wenn mich ein Autor, ein Thema, ein Buch wirklich fesselt, dann lasse ich mich in der Regel auch nicht ablenken und lese wirklich vertieft bis zum Ende, egal ob digital oder auf Papier.

(Stefan Pfeiffer)

„Statt auf Momentaufnahmen einzulassen, lieber auf kuratierte Fassung von Influencer oder Redakteuren verlassen“ – Klaus Eck

8. Oktober 2018 Posted by Stefan Pfeiffer

Klaus Eck hat auf PRBlogger einen lesenswerten Beitrag darüber geschrieben, wie wir uns täglich durch soziale Medien und Nachrichten – sein Beispiel sehr stark fokussiert auf Twitter – ablenken lassen. Es gibt  einen Absatz, den ich (nicht nur) als CIO Kurator und Blogger unbedingt empfehlen und zitieren muss, bevor es zum Thema Ablenkung und Konzentration kommt:

Warum Sie mehr Blogs lesen sollten

Statt uns auf die Momentaufnahmen einzulassen, sollten wir uns lieber auf die kuratierte Fassung von Influencer oder Redakteuren verlassen, die in ihrem Content-Stück alles Wesentliche berichten. Deshalb lohnt es sich, Blogs zu lesen und Podcasts zu hören, die uns die (Branchen-)Welt erklären.

über PR-Blogger – Der Aufmerksamkeitsfalle der Social Media Welt entgehen

Selbstverständlich gilt hier, diese Blogs und Podcasts sorgfältig auszusuchen. Natürlich sind die Nepper, Schlepper und Bauernfänger unterwegs, um ihre Sicht der Dinge – und die ist oft eingeschränkt, verfälscht, sehr selektiv oder radikal – zu vermitteln. Das gelingt ja auch, wie wir leider derzeit sehen, viel zu oft. Deshalb muss man immer die Augen offen halten und das eigene Hirn bei Meinungen und Bewertungen, die suspekt oder einseitig erscheinen, einschalten. Gerade auch in den sozialen Medien und bei Blogs und Podcasts. Zur Ehrenrettung: Es gibt mehr als genug seriöse, unterhaltsame und lesens-/hörenswerte Quellen!

Doch nun zum Thema Ablenkung und „Aufmerksamkeitsfalle“, wie es Klaus titelt. Ich beobachte das täglich an mir selbst: Abends vor der Glotze ist der zweite Bildschirm, meist sogar der dritte Bildschirm immer dabei. iPhone und MacBook sind in Reichweite. Meine Frau ist nicht besser. Auch hier gehört das iPhone zum Fernsehen. Die Glotze läuft, aber wo – auf welchem Screen – kriege ich eigentlich wieviel mit? Von wegen Multitasking und parallele Verarbeitung von Informationen.

Auf dem Tennisplatz vibriert die Apple Watch und benachrichtigt mich über den aktuellen Spielstand. Konzentration ade. Und seien wir ehrlich. Auf der Arbeit ist es nicht viel besser. Die neu eintreffende E-Mail piept, der Messenger zeigt in der Statusleiste an, dass neue Nachrichten da sind und ich kann es nicht abwarten …. statt meine derzeitige Aufgabe abzuschliessen oder bewusst an einem Punkt zu unterbrechen.

Es gibt viele, viele „Handlungsanweisungen“, wie man dieses unsinnige Verhalten abstellen, die Sucht nach Neuigkeiten eindämmen kann. Aber ich finde die Zusammenstellung von Klaus sehr gelungen:

  1. Stellen Sie Ihr Handy auf lautlos, wenn Sie ungestört arbeiten wollen.

  2. Schließen Sie Ihre Bürotür oder setzen Sie im Open Space Ihre Kopfhörer auf, wenn Sie konzentriert arbeiten wollen.

  3. Klare Regeln für das soziale Umfeld erleichtern es, die Konzentration aufrechtzuerhalten.

  4. Antworten Sie nicht sofort auf Messenger-Anfragen oder E-Mails, wenn Sie vorher eine Aufgabe abschließen können.

  5. Konzentrieren Sie sich auf einen Screen und wechseln Sie nicht ständig von ihrer Arbeit zum Newsfeed, der Neues verspricht.

  6. Entdecken Sie einen spannenden Online-Artikel, lesen Sie diesen nicht direkt, sondern setzen nur einen Bookmark. Lesen können Sie die Beiträge, wenn Sie diese für Ihre Arbeit wirklich benötigen oder zu einer festgelegten Lesezeit.

  7. Nehmen Sie sich bewusst digitale Auszeiten von einer Stunde und mehr, um keiner Social Ablenkung zu frönen.

  8. Lassen Sie sich nicht von Ihren eigenen Gedanken ablenken, notieren Sie eine Idee, aber bleiben Sie bei Ihrem aktuellen Fokus-Thema. Multitasking ist eine Illusion, sie funktioniert nicht.

  9. Lesen Sie nicht jeden Newsletter: Wenn ich wenig Zeit habe, überfliege ich die Newsletter nicht einmal, sondern lösche sie ungelesen. Meine E-Mails wandern unmittelbar in meine To-Do-Listen auf Todoist. Interne E-Mails haben wir in meiner Agentur d.Tales durch Slack stark reduziert, sodass ich an vielen Tagen tatsächlich eine leere Mailbox erhalte.

  10. Informationen müssen nicht sofort gelesen werden. Sie lassen sich sehr gut taggen und als Bookmark auf Pocket oder Refind ablegen.

über PR-Blogger – Der Aufmerksamkeitsfalle der Social Media Welt entgehen

Zum Schluss: Und unbedingt den ganzen Beitrag lesen!

(Stefan Pfeiffer9

 

MULTITASKING KOSTET UNS 40 % UNSERER PRODUKTIVEN ZEIT: WIR BRAUCHEN EINEN NEUEN ARBEITSFLUSS

13. Oktober 2017 Posted by Stefan Pfeiffer

Wir haben das Thema Multitasking und Ablenkung durch E-Mail und unterdessen mehr undmehr andere Nachrichtendienste des Öfteren hier auf dem CIOKurator behandelt. Jetzt haben sich Autoren des World Economic Forums mit dem Thema auseinandergesetzt. Die Zahlen und Fakten sind beeindruckend.

We are accelerating into the age of „connected everything“. There are almost three million apps in one of the world’s leading app stores, many of us check our smart-phones once every 6 minutes and most of us carry our digital devices for 22 hours per day.

via Multi-tasking eats 40% of your day. Here’s how to fight back | World Economic Forum

Viele uns prüfen ihr Smartphone alle 6 Minuten. Es liegt auf dem Nachttisch und wenn es aufleuchtet, „muss“ man sofort schauen, was denn los sein könnte. Und das tun Leute obwohl bekannt ist, wie störend und schädlich dieses Checken für den Schlaf ist. Alles ist mit allem verbunden. Und in Zeiten der smarten Geräte, von Amazon Alexa und Google Assistant wird es immer schlimmer werden. Wie drückt es James Hewitt, der Autor des Beitrags aus: Alles ist im Fluss. Wir lesen nicht mehr Zeitung, sondern konsumieren Feeds und Online-Nachrichten. Wir streamen Musik und Videos. Wir verbringen 60 % unserer Zeit mit irgendeiner Form elektronischer Kommunikation. Wir sind in einer „flow-based economy“, wie er es nennt.

Damit wir besser, schneller, weiter, effizienter werden, schmeissen wir von der IT den Mitarbeitern immer neue Werkzeuge über den Zaun. Nein, seien wir fair. Oft holen sich die Mitarbeiter diese Werkzeuge selbst, weil sie glauben, damit produktiver zu sein. So gibt es dann neben der viel geliebten E-Mail zusätzlich zu den „alten“ Kollaborations-Werkzeugen jetzt auch noch Slack & Co. Wir mailen, chatten, skypen, slacken, whatsappen, meeten online, telekonferenzieren, videokonferenzieren. Es blinkt, piept, vibriert und boingt, auf dem Rechner, dem geliebten Smartphone, dem Tablet und jetzt auch noch auf der Apple Watch. Alles im im Fluss. Alles wird unterbrochen. Bis zu 40 Prozent unserer produktiven Zeit verbringen wir damit, mir Multitasking, obwohl bekannt ist, dass wir Menschen – auch Frauen übrigens – das nicht können.

More than 90% of people multi-task during meetings. 42% of us admit to reading and responding to e-mail in the bathroom. 70% of us check e-mail while watching TV. When we find the opportunity to rest, 34% of us admit to using social media as a form of mental break.

via Multi-tasking eats 40% of your day. Here’s how to fight back | World Economic Forum

Und interessant: Selbst wenn wir unsere Geräte ausschalten, sind die kognitiven Fähigkeiten deutlich reduziert, solange das Smartphone irgendwo in Reichweite ist. Kontrollverlust:

Many of us feel that everyday life is no longer under our control. We have a variety overload. The more activities we choose to engage in, the less time and energy we have for each of them.

via Multi-tasking eats 40% of your day. Here’s how to fight back | World Economic Forum

Zeit, uns selbst Grenzen zu setzen. James Hewitt nennt es eine Grammatik für das digitale Zeitalter. Er fordert Regeln und ein gemeinsames, vereinbartes Verständnis, neue Normen, auf die wir uns einigen sollten:

All Rights with the World Economic Forum and James Hewitt

  • Klarheit darüber, wofür wir welches digitale Werkzeug nutzen. Und man müsse nicht jedes Tool nutzen, nur weil es technisch verfügbar ist.
  • Wir sollten unsere Kommunikation und die Nutzung strukturieren.
  • Bewusst sollten Zeiten eingehalten werden, in denen man „disconnected“ ist. Hewitt nennt es „idle time“, sich im Leer lauf befinden.

Wer schafft es wirklich, zu fest definierten Zeiten in seine E-Mail und auf sein SmartPhone zu schauen, statt die alle 6 Minuten – wie oben genannt – zu glauben, etwas verpasst zu haben? Und was hat das alles mit dem CIO zu tun?

Meine 2 Cents: Die IT und der CIO können und sollten Werkzeuge nicht verbieten, sonst kommen diese – siehe das Beispiel Nutzung von WhatsApp zur Geschäftskommunikation oder von Dropbox zum Teilen von Dateien – durch die Hintertür als Schatten-IT in Unternehmen. Ist es eine Lösung, die E-Mail- und Chatserver zu definierten Zeiten einfach abzuschalten, wie es einige Unternehmen tun? Ich denke nicht, weil ich doch etwas naiv an die eigene kommunikative Selbstbestimmung glaube.

Ich bin aber sicher, dass immer noch ein Riesenpotential in der digitalen Fingerfertigkeit unserer Mitarbeiter schlummert, unsere Mitarbeiter über die „richtige“ Nutzung der Werkzeuge zu unterrichten und ihnen dabei nicht nur mit zu geben, welches Tools am besten für welchen Zweck geeignet ist, sondern ihn auch nahe zu bringen, die Tools bewusst und definiert auch auszuschalten. Und das ist sicher keine Schulung, die ich einmal halte und die Nutzer tun und verstehen es. Es ist eine fortwährende Aufgabe sicher nicht nur der IT. Deren Aufgabe ist primär, die effiziente Nutzung zu vermitteln. Vielmehr sind hier die Führungskräfte gefragt, die ja eigentlich produktive Mitarbeiter haben wollen müssten. (Welche eine Wortkombination.)

Und dies ist für mich eine wesentlich wichtigere oder zumindest genauso relevante Aufgabe, wie agile Projektmanagement- und Arbeitsweisen einzuführen. Die kann man sich nämlich irgendwo hin schmieren, wenn die Kolleginnen und Kollegen eh ständig am multitasken und Nachrichten checken sind.

(Zuerst erschienen auf CIOKurator.)


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[DE] Voll auf Empfang in der Information Overload- und Multitasking-Welt

12. Dezember 2015 Posted by StefanP.

Ein lesenswerter Artikel auf brand eins online – nur mit Mühe verkneife ich mir #MustRead verkneifen. Und bei dem Einstieg habe ich Bilder vor meinen Augen:

Mein Smartphone hat Spuren auf der Rückseite, die dem Gebiss meines Unterkiefers entsprechen. Ich ertaste die winzigen Vertiefungen jedes Mal, wenn ich das Ding in der Hand habe – also durchschnittlich 88-mal am Tag, wie eine Studie der Universität Bonn aus dem Jahr 2014 ergab.

Den Drang zum ständigen Checken von Smartphone – und bald auch anderen Devices wie Apple Watch – kann ich nachvollziehen. Immer (kurzzeitig) neugierig, immer allzeit bereit. Immer allzeit bereit, von einer flüchtigen Information zur nächsten nach Aufmerksamkeit heischenden Nachricht zu springen, wobei das Wort Nachricht schon falsch sein dürfte: Neuigkeit, mehr, aber meist weniger relevant.

Das Internet beschleunigt nicht nur Prozesse und Kommunikation, es beschleunigt auch meine Bedürfnisse. …

Allein das Wissen, das Gerät griffbereit zu haben, verändert Denken und Kommunikation.

Und auf eine Sache konzentriert bleiben, fällt einem immer schwerer. Zu groß sind die Versuchungen, das Gefühl, etwas zu verpassen:

Es reicht nicht, einzelne Gedanken nebeneinanderzustellen, ich will sie miteinander verbinden. Also muss ich mich konzentrieren. Leider vibriert, zirpt, klingelt oder pfeift mein Smartphone ständig. Und wenn es mal nichts tut, greife ich trotzdem danach, weil ich es nicht glauben kann.

Am Tag schaue ich im Schnitt alle 10 Minuten auf mein Telefon, alle 18 Minuten mache ich etwas mit ihm. …

Wir beschäftigen uns immer mehr mit dem Wechsel zwischen parallel laufenden Aufgaben als mit den Aufgaben selbst.

Ich fühle mich ertappt, wen ich das hier lese :

Kein Wunder, dass es immer mehr Entspannungs-Apps gibt, die mir dabei helfen sollen, abzuschalten. … Netterweise erinnern sie mich auch daran, wann es mal wieder Zeit ist für eine Pause.

Der Autor geht auch auf das oft von mir behandelte Thema der E-Mail-Überflutung und des mühseligen Filterns von Mails ein:

Bei einer Microsoft-Umfrage unter 400 Informatikern und Marketingleuten gaben 60 Prozent an, wertvolle Zeit beim Filtern unwichtiger Mails zu verlieren. Zeit, die man anderswo wieder einsparen will. Am besten, indem man mehrere Dinge gleichzeitig tut.

Welchen Einfluss werden in einer solchen Information Overload- und Multitasking-Welt Systeme der künstlichen Intelligenz haben, die im Idealfall bei der Bewältigung von Routinetätigkeiten helfen und bei der Priorisierung von Aufgaben und Informationen assistieren sollen? Eine wirkliche Hilfe oder machen sie uns nur noch multi-wuschiger?


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Kommunikation und Zusammenarbeit heute: Die Multitasking-Generation im Multikanal-Zeitalter der latenten multimedialen Ablenkung

27. August 2013 Posted by Stefan Pfeiffer

Die Tage treibt mich zu diversen Anlässen mal wieder das Thema Informationsflut und Vielfalt der Informationskanäle um. Die Zeit der Generation E-Mail läuft ab, auch wenn die Flut von E-Mails nicht ab-, eher zunimmt. Nun spricht man von der Generation Facebook, doch der Begriff ist zu kurz gegriffen, wenn man es auf die technische Nutzung dieses sozialen Netzwerks beschränkt. Vielmehr geht es um die Multitasking-Generation im Multikanal-Zeitalter der latenten multimedialen Ablenkung und Informationsberieselung. Sicherlich spielt (oder spielte) Facebook (und andere soziale Netzwerke) für den Wandel des Kommunikationsverhaltens eine wichtige Rolle und eine Zeit lang nutzten gerade die Jüngeren primär Facebook als Nachrichtenkanal (und vernachlässigten klassische E-Mail). Das ist (angeblich) schon wieder vorbei. Facebook soll jetzt out sein. Stattdessen feiern Tools wie WhatsApp im privaten Umfeld immer neue Rekordzahlen.

Doch weit gefehlt davon auszugehen, dass Facebook E-Mail ersetzt hat oder WhatsApp Facebook überflüssig macht. Nein, all diese,Kanäle bleiben nebeneinander bestehen. Und mit E-Mail, Facebook und WhatsApp ist es nicht getan. Instant Messaging (Chatten), Skypen, SMS, Xing, Linkedin, Twitter, Pinterest und viele andere Tools kommen dazu. Natürlich nutzt nicht jeder jeden Kanal, aber unbestritten ist, dass es mehr Kanäle werden, privat und im beruflichen Umfeld. Dies stellt grosse, bisher unterschätzte Herausforderungen an die Nutzer, deren Informationsverarbeitung und Kommunikationsverhalten.

Da passt eine Geschichte aus dem prallen Leben hinzu: Meine Frau, die in der Kultur tätig ist, rief ein deutsches Museum an und fragte, ob man dort die E-Mail gelesen habe und warum man nicht antworte. Die Antwort der Sekretariatskraft in echt schwäbischem Akzent: “Mir lese net E-Mails. Das sind doch so viele.” Es steckt ein wahrer Kern hinter dieser Aussage. Die schiere Zahl der Nachrichten und die Vielzahl der Kanäle fordert, ja überfordert viele Anwender. Und ich glaube, dass wir beim Thema Vermitteln von Medienkompetenz noch immer in großem Umfang versagen, in Schule und Universitäten wie in Unternehmen. Wer hat schon beigebracht bekommen, wie man E-Mail sinnvoll und produktiv nutzt? Viele Nutzer schauen noch immer ständig und gebannt in ihren E-Mail-Posteingang statt nur zu definierten Zeiten ihre elektronische Post zu checken. Die Folgen solcher Verhaltensweisen sind, dass oft nicht am Stück gearbeitet wird, der Arbeitsfluss nicht in Gang kommt oder laufend unterbrochen wird. Damit einher geht ein deutlicher Produktivitätsverlust.

Unterdessen kommen Nachrichten schon lange nicht mehr nur per E-Mail an. Beruflich relevante Nachrichten erreichen mich Businessnetzwerke wie Xing oder LinkedIn ebenso wie über Facebook. Und auch in Twitter tröpfeln vermehrt “Direct Messages” im 140 Zeichen-Format ein. Früher waren das mal E-Mails. Die Sender wählen meist nach ihren persönlichen Vorlieben den Kanal aus und kontaktieren mich darüber. Kann ich die Nachrichten ignorieren, wie es oben zitierte Sekretariatskraft vorschlägt? Eher nicht. Die Situation wird noch komplexer, da sich berufliche und private Kommunikationskanälemenr und mehr überlappen. Obwohl ich Facebook unterdessen weitgehend “privat” nutze, bin ich dort auch mit Kollegen und Bekannten aus dem beruflichen Kontext vernetzt. Und so erreichen mich nicht nur private Nachrichten.

Aber nicht genug mit Nachrichten, die asynchron bei mir aufschlagen. Bevor mein damaliger Arbeitgeber 2007 von IBM übernommen wurde, habe ich nur privat gechattet. In der IBM war Instant Messaging mit dem eigenen Produkt Sametime schon damals gang und gäbe. Es ist selbstverständlich, dass Mitarbeiter und Management in Sametime angemeldet sind. Die Statistiken sagen, das fast immer 100.000 der rund 400.000 IBMer online sind und direkt in Echtzeit angechattet werden können (so sie sich nicht auf “Bitte nicht stören” gesetzt haben). Der Vorteil ist, dass man sieht, wer verfügbar ist, und in Echtzeit welweit eine Auskunft auch von Mitarbeitern in anderen Zeitzonen einholen kann. Das Risiko ist, dass man durch eine eingehende Chatnachricht in seiner Arbeit unterbrochen wird. Wird den Nutzern aber beigebracht, wann sie nun jemanden anchatten und wann sie e-mailen sollen, wann Echtzeitkommunikation und wann zeitlich versetzte Kommunikation Sinn macht? In der Regel nein. Man bringt es sich (hoffentlich) selbst bei. Oder auch nicht. Und dann sind eben latente Störungen und “falsche” Nutzung der Kanäle die Folge.

Doch nicht nur die Kanäle werden immer vielfältiger. Früher war man nur im Büro während der normalen Arbeitszeit per E-Mail erreichbar. Dann kamen Laptops und Notebooks ins Spiel, mit denen man von daheim und unterwegs E-Mails abrufen konnte. Wer kennt eigentlich noch das ungemein melodiöse Fiepen eines Modems? Bald danach tauchten Blackberries als Statussymbol einer ganzen Managergeneration auf. E-Mails auf dem Mobiltelefon, überall und jederzeit. Welch ein Fortschritt. Heute kalter Kaffee. E-Mails auf dem Handy sind jetzt Standard. Und nicht mehr nur E-Mails. Auch andere Dienste vom Chatten bis zum sozialen Netzwerk halten Einzug auf den Smart Phones und Tablets: Sametime – das Chatprogramm der IBM – gibt es auch auf iPad, iPhone und anderen Gerätetypen. Über die mobilen Geräte kann man an Online Meetings teilnehmen. Und natürlich ist auch Social Software darauf verfügbar. Nicht nur Tools wie Facebook, Twitter oder Xing. auch “sichere” Unternehmenssoftware wie unser IBM Connections laufen auf allen relevanten mobilen Geräten und man kann darüber auf alle Daten zugreifen, die im unternehmensinternen sozialen Netzwerk gespeichert sind.

Also immer mehr Kanäle, immer mehr Apps und über all das hinweg ist man jederzeit erreichbar, mobil, auch im Auto, das zum W-LAN-Hotspot wird und dessen Software einem seine E-Mails vorliest. Und da haben wir schon den nächsten Trend. Es geht schon lange nicht mehr nur um Nachrichten als Text. Audio – die vorgelesene E-Mail – und vor allem Video erobern die Kommunikationswelt. Skypen oder Facetimen ist im privaten Umfeld in und auch im Unternehmenskontext wird in Zeiten, in denen aus Kostengründen weniger gereist werden darf, immer mehr nach Videokonferenzen und -telefonaten gefragt. Ich persönlich bin kein Freund davon  (weil ich es geniesse, gerade im Home Office mal nicht geschniegelt und gestriegelt sein zu müssen), aber der Trend ist wohl unaufhaltsam.

Welche Rolle wird nun die “klassische” E-Mail in diesem Szenario, in dem man über verschiedenste Kommunikationskanäle überall auf jedem beliebigen Gerät per Text, Audio oder Video erreichbar ist, spielen? Mein Kollege Luis Suarez postuliert nun schon seit Jahren ein Leben “outside the Inbox”, ein Leben ohne E-Mail, und hat es mit diesem Ansatz sogar in die New York Times geschafft. Er nutzt vor allem Instant Messaging, Telefon und ist ein vehementer Verfechter von IBM Connections, der Social Software, die IBM intern einsetzt und auch erfolgreich extern verkauft. Luis, der sich schon lange mit dem Thema Wissensmanagement auseinandersetzt, geht es vor allem um das transparente Teilen von Informationen und den kreativen Austausch und Dialog im Unternehmen. Viele der Gründe, die er anführt, sind nicht neu: Unternehmenswissen gehört nicht in persönliche E-Mailsilos, auf die nur der Besitzer zugreifen kann. Wer E-Mail zum Managen von Aufgaben und Projekten nutzt, hat immer große Herausforderungen, wenn neue Mitarbeiter in ein Projekt kommen. Wer dagegen mit Projektcommunities oder Aktivitäten arbeitet, kann neuen Mitarbeitern sofort den aktuellen Stand mit allen relevanten Informationen zur Verfügung stellen. Die gewonnene Projekterfahrung und deren Dokumentation verschwindet nicht im E-Mail-Ordner-Nirgendwo und irgendwo verstreut gespeicherten Dateien, sondern bleibt stattdessen – im besten Fall als Best Practise – im jederzeit zugreifbaren Wissensspeicher des Unternehmens.

Ein solches transparentes Teilen von Informationen und der konstruktive Austausch hat direkten Einfluss auf die Unternehmenskultur. Die neue Arbeitweise reisst gewohnte Mauern und Hierarchien nieder, ermuntert zum Mitdenken und Mitarbeiten. Wenn gar der Vorstand dies unterstützt oder gar treibt, der CEO seine Nachrichten nicht mehr per E-Mail verteilt, sondern diese in einem Blogbeitrag im sozialen Netzwerk des Unternehmens veröffentlicht und explizit wünscht, dass kommentiert und diskutiert wird, demonstriert das einen anderen Führungsstil. Ginni Rometti forciert gerade diesen Kulturwandel in der IBM und fordert Management und Mitarbeiter auf, gemeinsam den Weg zum Social Business zu gehen.

Doch zurück zur geliebten E-Mail. Ist jetzt das Ende der E-Mail gekommen ist? Sicher nicht. E-Mail sollte aber eine andere Rolle einnehmen. E-Mail wird zu wird zu einer persönlichen Benachrichtungs- oder sogar Bearbeitungszentrale. Andere Systeme benachrichtigen den Nutzer per E-Mail. Meine Fritzbox schickt mir die Nachrichten von meinem Anrufbeantworter per E-Mail zu und ich kann sie überall auf meinen Geräten anhören, auch wenn ich nicht zuhause bin. Twitter oder Facebook benachrichtigen mich, wenn ein Beitrag kommentiert oder retweetet wurde. IBM Connections sendet mir täglich eine Zusammenfassung, was in den letzten 24 Stunden in meinem Netzwerk passiert ist. Aber es geht nicht nur um Benachrichtigungen. Systeme wie IBM Connections schicken mir auch Aufgaben, die ich direkt in meinem Notes 9-Klienten bearbeiten kann, ohne in das Quellsystem – in diesem Fall Connections – zu wechseln. Der E-Mail Postkorb mausert sich zu einem Strom von Nachrichten und Aktktivtäten, die für mich persönlich relevant sind. Die E-Mail ist aber – bis auf persönliche Nachrichten und  Informationen – nicht mehr der zentrale Speicherort.

Um es nochmals zusammenzufassen. Folgende Trends beobachten wir derzeit:

  • Die Zahl der synchronen und asynchronen Kommunikationskanäle nimmt privat und beruflich zu. Es gibt nicht mehr DEN einen Posteingang und DEN einen Kommunikationskanal.
  • Oft verschwimmen und überlappen sich die privaten und beruflichen Kommunikatioonskanäle.
  • Wir sind heute auf einer Vielzahl von Devices – von Smart Phone über Tablet bis Computer – über eine Vielzahl von Anwendungen jederzeit erreichbar.
  • Nachrichten sind heute nicht mehr nur Text. Audio und besonders Video sind auf dem Vormarsch.
  • Soziale Netzwerke und Kanäle sind nicht mehr wegzudiskutierende Kommunikationsplätze, privat und im Unternehmen. Sie machen Kommunikation öffentlich und transparent, verändern Kommunikationsverhalten, stellen althergebrachte Hierarchien in Frage.
  • E-Mail wird nicht verschwinden, ist aber primär Umschlagplatz und nicht mehr Hort der Informationen

All diese Trends bekräftigen die Notwendigkeit und die Dringlichkeit, privat und beruflich Medien- und Kommunikationskompetenz aufzubauen. Der Umgang mit Kanälen und mit Informationsflut wird zu einer Kernkompetenz unserer heutigen Zeit.

Kommunikation und Zusammenarbeit heute: Die Multitasking-Generation im Multikanal-Zeitalter der latenten multimedialen Ablenkung

27. August 2013 Posted by Stefan Pfeiffer

Die Tage treibt mich zu diversen Anlässen mal wieder das Thema Informationsflut und Vielfalt der Informationskanäle um. Die Zeit der Generation E-Mail läuft ab, auch wenn die Flut von E-Mails nicht ab-, eher zunimmt. Nun spricht man von der Generation Facebook, doch der Begriff ist zu kurz gegriffen, wenn man es auf die technische Nutzung dieses sozialen Netzwerks beschränkt. Vielmehr geht es um die Multitasking-Generation im Multikanal-Zeitalter der latenten multimedialen Ablenkung und Informationsberieselung. Sicherlich spielt (oder spielte) Facebook (und andere soziale Netzwerke) für den Wandel des Kommunikationsverhaltens eine wichtige Rolle und eine Zeit lang nutzten gerade die Jüngeren primär Facebook als Nachrichtenkanal (und vernachlässigten klassische E-Mail). Das ist (angeblich) schon wieder vorbei. Facebook soll jetzt out sein. Stattdessen feiern Tools wie WhatsApp im privaten Umfeld immer neue Rekordzahlen.

Doch weit gefehlt davon auszugehen, dass Facebook E-Mail ersetzt hat oder WhatsApp Facebook überflüssig macht. Nein, all diese,Kanäle bleiben nebeneinander bestehen. Und mit E-Mail, Facebook und WhatsApp ist es nicht getan. Instant Messaging (Chatten), Skypen, SMS, Xing, Linkedin, Twitter, Pinterest und viele andere Tools kommen dazu. Natürlich nutzt nicht jeder jeden Kanal, aber unbestritten ist, dass es mehr Kanäle werden, privat und im beruflichen Umfeld. Dies stellt grosse, bisher unterschätzte Herausforderungen an die Nutzer, deren Informationsverarbeitung und Kommunikationsverhalten.

Da passt eine Geschichte aus dem prallen Leben hinzu: Meine Frau, die in der Kultur tätig ist, rief ein deutsches Museum an und fragte, ob man dort die E-Mail gelesen habe und warum man nicht antworte. Die Antwort der Sekretariatskraft in echt schwäbischem Akzent: “Mir lese net E-Mails. Das sind doch so viele.” Es steckt ein wahrer Kern hinter dieser Aussage. Die schiere Zahl der Nachrichten und die Vielzahl der Kanäle fordert, ja überfordert viele Anwender. Und ich glaube, dass wir beim Thema Vermitteln von Medienkompetenz noch immer in großem Umfang versagen, in Schule und Universitäten wie in Unternehmen. Wer hat schon beigebracht bekommen, wie man E-Mail sinnvoll und produktiv nutzt? Viele Nutzer schauen noch immer ständig und gebannt in ihren E-Mail-Posteingang statt nur zu definierten Zeiten ihre elektronische Post zu checken. Die Folgen solcher Verhaltensweisen sind, dass oft nicht am Stück gearbeitet wird, der Arbeitsfluss nicht in Gang kommt oder laufend unterbrochen wird. Damit einher geht ein deutlicher Produktivitätsverlust.

Unterdessen kommen Nachrichten schon lange nicht mehr nur per E-Mail an. Beruflich relevante Nachrichten erreichen mich Businessnetzwerke wie Xing oder LinkedIn ebenso wie über Facebook. Und auch in Twitter tröpfeln vermehrt “Direct Messages” im 140 Zeichen-Format ein. Früher waren das mal E-Mails. Die Sender wählen meist nach ihren persönlichen Vorlieben den Kanal aus und kontaktieren mich darüber. Kann ich die Nachrichten ignorieren, wie es oben zitierte Sekretariatskraft vorschlägt? Eher nicht. Die Situation wird noch komplexer, da sich berufliche und private Kommunikationskanälemenr und mehr überlappen. Obwohl ich Facebook unterdessen weitgehend “privat” nutze, bin ich dort auch mit Kollegen und Bekannten aus dem beruflichen Kontext vernetzt. Und so erreichen mich nicht nur private Nachrichten.

Aber nicht genug mit Nachrichten, die asynchron bei mir aufschlagen. Bevor mein damaliger Arbeitgeber 2007 von IBM übernommen wurde, habe ich nur privat gechattet. In der IBM war Instant Messaging mit dem eigenen Produkt Sametime schon damals gang und gäbe. Es ist selbstverständlich, dass Mitarbeiter und Management in Sametime angemeldet sind. Die Statistiken sagen, das fast immer 100.000 der rund 400.000 IBMer online sind und direkt in Echtzeit angechattet werden können (so sie sich nicht auf “Bitte nicht stören” gesetzt haben). Der Vorteil ist, dass man sieht, wer verfügbar ist, und in Echtzeit welweit eine Auskunft auch von Mitarbeitern in anderen Zeitzonen einholen kann. Das Risiko ist, dass man durch eine eingehende Chatnachricht in seiner Arbeit unterbrochen wird. Wird den Nutzern aber beigebracht, wann sie nun jemanden anchatten und wann sie e-mailen sollen, wann Echtzeitkommunikation und wann zeitlich versetzte Kommunikation Sinn macht? In der Regel nein. Man bringt es sich (hoffentlich) selbst bei. Oder auch nicht. Und dann sind eben latente Störungen und “falsche” Nutzung der Kanäle die Folge.

Doch nicht nur die Kanäle werden immer vielfältiger. Früher war man nur im Büro während der normalen Arbeitszeit per E-Mail erreichbar. Dann kamen Laptops und Notebooks ins Spiel, mit denen man von daheim und unterwegs E-Mails abrufen konnte. Wer kennt eigentlich noch das ungemein melodiöse Fiepen eines Modems? Bald danach tauchten Blackberries als Statussymbol einer ganzen Managergeneration auf. E-Mails auf dem Mobiltelefon, überall und jederzeit. Welch ein Fortschritt. Heute kalter Kaffee. E-Mails auf dem Handy sind jetzt Standard. Und nicht mehr nur E-Mails. Auch andere Dienste vom Chatten bis zum sozialen Netzwerk halten Einzug auf den Smart Phones und Tablets: Sametime – das Chatprogramm der IBM – gibt es auch auf iPad, iPhone und anderen Gerätetypen. Über die mobilen Geräte kann man an Online Meetings teilnehmen. Und natürlich ist auch Social Software darauf verfügbar. Nicht nur Tools wie Facebook, Twitter oder Xing. auch “sichere” Unternehmenssoftware wie unser IBM Connections laufen auf allen relevanten mobilen Geräten und man kann darüber auf alle Daten zugreifen, die im unternehmensinternen sozialen Netzwerk gespeichert sind.

Also immer mehr Kanäle, immer mehr Apps und über all das hinweg ist man jederzeit erreichbar, mobil, auch im Auto, das zum W-LAN-Hotspot wird und dessen Software einem seine E-Mails vorliest. Und da haben wir schon den nächsten Trend. Es geht schon lange nicht mehr nur um Nachrichten als Text. Audio – die vorgelesene E-Mail – und vor allem Video erobern die Kommunikationswelt. Skypen oder Facetimen ist im privaten Umfeld in und auch im Unternehmenskontext wird in Zeiten, in denen aus Kostengründen weniger gereist werden darf, immer mehr nach Videokonferenzen und -telefonaten gefragt. Ich persönlich bin kein Freund davon  (weil ich es geniesse, gerade im Home Office mal nicht geschniegelt und gestriegelt sein zu müssen), aber der Trend ist wohl unaufhaltsam.

Welche Rolle wird nun die “klassische” E-Mail in diesem Szenario, in dem man über verschiedenste Kommunikationskanäle überall auf jedem beliebigen Gerät per Text, Audio oder Video erreichbar ist, spielen? Mein Kollege Luis Suarez postuliert nun schon seit Jahren ein Leben “outside the Inbox”, ein Leben ohne E-Mail, und hat es mit diesem Ansatz sogar in die New York Times geschafft. Er nutzt vor allem Instant Messaging, Telefon und ist ein vehementer Verfechter von IBM Connections, der Social Software, die IBM intern einsetzt und auch erfolgreich extern verkauft. Luis, der sich schon lange mit dem Thema Wissensmanagement auseinandersetzt, geht es vor allem um das transparente Teilen von Informationen und den kreativen Austausch und Dialog im Unternehmen. Viele der Gründe, die er anführt, sind nicht neu: Unternehmenswissen gehört nicht in persönliche E-Mailsilos, auf die nur der Besitzer zugreifen kann. Wer E-Mail zum Managen von Aufgaben und Projekten nutzt, hat immer große Herausforderungen, wenn neue Mitarbeiter in ein Projekt kommen. Wer dagegen mit Projektcommunities oder Aktivitäten arbeitet, kann neuen Mitarbeitern sofort den aktuellen Stand mit allen relevanten Informationen zur Verfügung stellen. Die gewonnene Projekterfahrung und deren Dokumentation verschwindet nicht im E-Mail-Ordner-Nirgendwo und irgendwo verstreut gespeicherten Dateien, sondern bleibt stattdessen – im besten Fall als Best Practise – im jederzeit zugreifbaren Wissensspeicher des Unternehmens.

Ein solches transparentes Teilen von Informationen und der konstruktive Austausch hat direkten Einfluss auf die Unternehmenskultur. Die neue Arbeitweise reisst gewohnte Mauern und Hierarchien nieder, ermuntert zum Mitdenken und Mitarbeiten. Wenn gar der Vorstand dies unterstützt oder gar treibt, der CEO seine Nachrichten nicht mehr per E-Mail verteilt, sondern diese in einem Blogbeitrag im sozialen Netzwerk des Unternehmens veröffentlicht und explizit wünscht, dass kommentiert und diskutiert wird, demonstriert das einen anderen Führungsstil. Ginni Rometti forciert gerade diesen Kulturwandel in der IBM und fordert Management und Mitarbeiter auf, gemeinsam den Weg zum Social Business zu gehen.

Doch zurück zur geliebten E-Mail. Ist jetzt das Ende der E-Mail gekommen ist? Sicher nicht. E-Mail sollte aber eine andere Rolle einnehmen. E-Mail wird zu wird zu einer persönlichen Benachrichtungs- oder sogar Bearbeitungszentrale. Andere Systeme benachrichtigen den Nutzer per E-Mail. Meine Fritzbox schickt mir die Nachrichten von meinem Anrufbeantworter per E-Mail zu und ich kann sie überall auf meinen Geräten anhören, auch wenn ich nicht zuhause bin. Twitter oder Facebook benachrichtigen mich, wenn ein Beitrag kommentiert oder retweetet wurde. IBM Connections sendet mir täglich eine Zusammenfassung, was in den letzten 24 Stunden in meinem Netzwerk passiert ist. Aber es geht nicht nur um Benachrichtigungen. Systeme wie IBM Connections schicken mir auch Aufgaben, die ich direkt in meinem Notes 9-Klienten bearbeiten kann, ohne in das Quellsystem – in diesem Fall Connections – zu wechseln. Der E-Mail Postkorb mausert sich zu einem Strom von Nachrichten und Aktktivtäten, die für mich persönlich relevant sind. Die E-Mail ist aber – bis auf persönliche Nachrichten und  Informationen – nicht mehr der zentrale Speicherort.

Um es nochmals zusammenzufassen. Folgende Trends beobachten wir derzeit:

  • Die Zahl der synchronen und asynchronen Kommunikationskanäle nimmt privat und beruflich zu. Es gibt nicht mehr DEN einen Posteingang und DEN einen Kommunikationskanal.
  • Oft verschwimmen und überlappen sich die privaten und beruflichen Kommunikatioonskanäle.
  • Wir sind heute auf einer Vielzahl von Devices – von Smart Phone über Tablet bis Computer – über eine Vielzahl von Anwendungen jederzeit erreichbar.
  • Nachrichten sind heute nicht mehr nur Text. Audio und besonders Video sind auf dem Vormarsch.
  • Soziale Netzwerke und Kanäle sind nicht mehr wegzudiskutierende Kommunikationsplätze, privat und im Unternehmen. Sie machen Kommunikation öffentlich und transparent, verändern Kommunikationsverhalten, stellen althergebrachte Hierarchien in Frage.
  • E-Mail wird nicht verschwinden, ist aber primär Umschlagplatz und nicht mehr Hort der Informationen

All diese Trends bekräftigen die Notwendigkeit und die Dringlichkeit, privat und beruflich Medien- und Kommunikationskompetenz aufzubauen. Der Umgang mit Kanälen und mit Informationsflut wird zu einer Kernkompetenz unserer heutigen Zeit.

Kommunikation und Zusammenarbeit heute: Die Multitasking-Generation im Multikanal-Zeitalter der latenten multimedialen Ablenkung

27. August 2013 Posted by Stefan Pfeiffer

Die Tage treibt mich zu diversen Anlässen mal wieder das Thema Informationsflut und Vielfalt der Informationskanäle um. Die Zeit der Generation E-Mail läuft ab, auch wenn die Flut von E-Mails nicht ab-, eher zunimmt. Nun spricht man von der Generation Facebook, doch der Begriff ist zu kurz gegriffen, wenn man es auf die technische Nutzung dieses sozialen Netzwerks beschränkt. Vielmehr geht es um die Multitasking-Generation im Multikanal-Zeitalter der latenten multimedialen Ablenkung und Informationsberieselung. Sicherlich spielt (oder spielte) Facebook (und andere soziale Netzwerke) für den Wandel des Kommunikationsverhaltens eine wichtige Rolle und eine Zeit lang nutzten gerade die Jüngeren primär Facebook als Nachrichtenkanal (und vernachlässigten klassische E-Mail). Das ist (angeblich) schon wieder vorbei. Facebook soll jetzt out sein. Stattdessen feiern Tools wie WhatsApp im privaten Umfeld immer neue Rekordzahlen.

Doch weit gefehlt davon auszugehen, dass Facebook E-Mail ersetzt hat oder WhatsApp Facebook überflüssig macht. Nein, all diese,Kanäle bleiben nebeneinander bestehen. Und mit E-Mail, Facebook und WhatsApp ist es nicht getan. Instant Messaging (Chatten), Skypen, SMS, Xing, Linkedin, Twitter, Pinterest und viele andere Tools kommen dazu. Natürlich nutzt nicht jeder jeden Kanal, aber unbestritten ist, dass es mehr Kanäle werden, privat und im beruflichen Umfeld. Dies stellt grosse, bisher unterschätzte Herausforderungen an die Nutzer, deren Informationsverarbeitung und Kommunikationsverhalten.

Da passt eine Geschichte aus dem prallen Leben hinzu: Meine Frau, die in der Kultur tätig ist, rief ein deutsches Museum an und fragte, ob man dort die E-Mail gelesen habe und warum man nicht antworte. Die Antwort der Sekretariatskraft in echt schwäbischem Akzent: “Mir lese net E-Mails. Das sind doch so viele.” Es steckt ein wahrer Kern hinter dieser Aussage. Die schiere Zahl der Nachrichten und die Vielzahl der Kanäle fordert, ja überfordert viele Anwender. Und ich glaube, dass wir beim Thema Vermitteln von Medienkompetenz noch immer in großem Umfang versagen, in Schule und Universitäten wie in Unternehmen. Wer hat schon beigebracht bekommen, wie man E-Mail sinnvoll und produktiv nutzt? Viele Nutzer schauen noch immer ständig und gebannt in ihren E-Mail-Posteingang statt nur zu definierten Zeiten ihre elektronische Post zu checken. Die Folgen solcher Verhaltensweisen sind, dass oft nicht am Stück gearbeitet wird, der Arbeitsfluss nicht in Gang kommt oder laufend unterbrochen wird. Damit einher geht ein deutlicher Produktivitätsverlust.

Unterdessen kommen Nachrichten schon lange nicht mehr nur per E-Mail an. Beruflich relevante Nachrichten erreichen mich Businessnetzwerke wie Xing oder LinkedIn ebenso wie über Facebook. Und auch in Twitter tröpfeln vermehrt “Direct Messages” im 140 Zeichen-Format ein. Früher waren das mal E-Mails. Die Sender wählen meist nach ihren persönlichen Vorlieben den Kanal aus und kontaktieren mich darüber. Kann ich die Nachrichten ignorieren, wie es oben zitierte Sekretariatskraft vorschlägt? Eher nicht. Die Situation wird noch komplexer, da sich berufliche und private Kommunikationskanälemenr und mehr überlappen. Obwohl ich Facebook unterdessen weitgehend “privat” nutze, bin ich dort auch mit Kollegen und Bekannten aus dem beruflichen Kontext vernetzt. Und so erreichen mich nicht nur private Nachrichten.

Aber nicht genug mit Nachrichten, die asynchron bei mir aufschlagen. Bevor mein damaliger Arbeitgeber 2007 von IBM übernommen wurde, habe ich nur privat gechattet. In der IBM war Instant Messaging mit dem eigenen Produkt Sametime schon damals gang und gäbe. Es ist selbstverständlich, dass Mitarbeiter und Management in Sametime angemeldet sind. Die Statistiken sagen, das fast immer 100.000 der rund 400.000 IBMer online sind und direkt in Echtzeit angechattet werden können (so sie sich nicht auf “Bitte nicht stören” gesetzt haben). Der Vorteil ist, dass man sieht, wer verfügbar ist, und in Echtzeit welweit eine Auskunft auch von Mitarbeitern in anderen Zeitzonen einholen kann. Das Risiko ist, dass man durch eine eingehende Chatnachricht in seiner Arbeit unterbrochen wird. Wird den Nutzern aber beigebracht, wann sie nun jemanden anchatten und wann sie e-mailen sollen, wann Echtzeitkommunikation und wann zeitlich versetzte Kommunikation Sinn macht? In der Regel nein. Man bringt es sich (hoffentlich) selbst bei. Oder auch nicht. Und dann sind eben latente Störungen und “falsche” Nutzung der Kanäle die Folge.

Doch nicht nur die Kanäle werden immer vielfältiger. Früher war man nur im Büro während der normalen Arbeitszeit per E-Mail erreichbar. Dann kamen Laptops und Notebooks ins Spiel, mit denen man von daheim und unterwegs E-Mails abrufen konnte. Wer kennt eigentlich noch das ungemein melodiöse Fiepen eines Modems? Bald danach tauchten Blackberries als Statussymbol einer ganzen Managergeneration auf. E-Mails auf dem Mobiltelefon, überall und jederzeit. Welch ein Fortschritt. Heute kalter Kaffee. E-Mails auf dem Handy sind jetzt Standard. Und nicht mehr nur E-Mails. Auch andere Dienste vom Chatten bis zum sozialen Netzwerk halten Einzug auf den Smart Phones und Tablets: Sametime – das Chatprogramm der IBM – gibt es auch auf iPad, iPhone und anderen Gerätetypen. Über die mobilen Geräte kann man an Online Meetings teilnehmen. Und natürlich ist auch Social Software darauf verfügbar. Nicht nur Tools wie Facebook, Twitter oder Xing. auch “sichere” Unternehmenssoftware wie unser IBM Connections laufen auf allen relevanten mobilen Geräten und man kann darüber auf alle Daten zugreifen, die im unternehmensinternen sozialen Netzwerk gespeichert sind.

Also immer mehr Kanäle, immer mehr Apps und über all das hinweg ist man jederzeit erreichbar, mobil, auch im Auto, das zum W-LAN-Hotspot wird und dessen Software einem seine E-Mails vorliest. Und da haben wir schon den nächsten Trend. Es geht schon lange nicht mehr nur um Nachrichten als Text. Audio – die vorgelesene E-Mail – und vor allem Video erobern die Kommunikationswelt. Skypen oder Facetimen ist im privaten Umfeld in und auch im Unternehmenskontext wird in Zeiten, in denen aus Kostengründen weniger gereist werden darf, immer mehr nach Videokonferenzen und -telefonaten gefragt. Ich persönlich bin kein Freund davon  (weil ich es geniesse, gerade im Home Office mal nicht geschniegelt und gestriegelt sein zu müssen), aber der Trend ist wohl unaufhaltsam.

Welche Rolle wird nun die “klassische” E-Mail in diesem Szenario, in dem man über verschiedenste Kommunikationskanäle überall auf jedem beliebigen Gerät per Text, Audio oder Video erreichbar ist, spielen? Mein Kollege Luis Suarez postuliert nun schon seit Jahren ein Leben “outside the Inbox”, ein Leben ohne E-Mail, und hat es mit diesem Ansatz sogar in die New York Times geschafft. Er nutzt vor allem Instant Messaging, Telefon und ist ein vehementer Verfechter von IBM Connections, der Social Software, die IBM intern einsetzt und auch erfolgreich extern verkauft. Luis, der sich schon lange mit dem Thema Wissensmanagement auseinandersetzt, geht es vor allem um das transparente Teilen von Informationen und den kreativen Austausch und Dialog im Unternehmen. Viele der Gründe, die er anführt, sind nicht neu: Unternehmenswissen gehört nicht in persönliche E-Mailsilos, auf die nur der Besitzer zugreifen kann. Wer E-Mail zum Managen von Aufgaben und Projekten nutzt, hat immer große Herausforderungen, wenn neue Mitarbeiter in ein Projekt kommen. Wer dagegen mit Projektcommunities oder Aktivitäten arbeitet, kann neuen Mitarbeitern sofort den aktuellen Stand mit allen relevanten Informationen zur Verfügung stellen. Die gewonnene Projekterfahrung und deren Dokumentation verschwindet nicht im E-Mail-Ordner-Nirgendwo und irgendwo verstreut gespeicherten Dateien, sondern bleibt stattdessen – im besten Fall als Best Practise – im jederzeit zugreifbaren Wissensspeicher des Unternehmens.

Ein solches transparentes Teilen von Informationen und der konstruktive Austausch hat direkten Einfluss auf die Unternehmenskultur. Die neue Arbeitweise reisst gewohnte Mauern und Hierarchien nieder, ermuntert zum Mitdenken und Mitarbeiten. Wenn gar der Vorstand dies unterstützt oder gar treibt, der CEO seine Nachrichten nicht mehr per E-Mail verteilt, sondern diese in einem Blogbeitrag im sozialen Netzwerk des Unternehmens veröffentlicht und explizit wünscht, dass kommentiert und diskutiert wird, demonstriert das einen anderen Führungsstil. Ginni Rometti forciert gerade diesen Kulturwandel in der IBM und fordert Management und Mitarbeiter auf, gemeinsam den Weg zum Social Business zu gehen.

Doch zurück zur geliebten E-Mail. Ist jetzt das Ende der E-Mail gekommen ist? Sicher nicht. E-Mail sollte aber eine andere Rolle einnehmen. E-Mail wird zu wird zu einer persönlichen Benachrichtungs- oder sogar Bearbeitungszentrale. Andere Systeme benachrichtigen den Nutzer per E-Mail. Meine Fritzbox schickt mir die Nachrichten von meinem Anrufbeantworter per E-Mail zu und ich kann sie überall auf meinen Geräten anhören, auch wenn ich nicht zuhause bin. Twitter oder Facebook benachrichtigen mich, wenn ein Beitrag kommentiert oder retweetet wurde. IBM Connections sendet mir täglich eine Zusammenfassung, was in den letzten 24 Stunden in meinem Netzwerk passiert ist. Aber es geht nicht nur um Benachrichtigungen. Systeme wie IBM Connections schicken mir auch Aufgaben, die ich direkt in meinem Notes 9-Klienten bearbeiten kann, ohne in das Quellsystem – in diesem Fall Connections – zu wechseln. Der E-Mail Postkorb mausert sich zu einem Strom von Nachrichten und Aktktivtäten, die für mich persönlich relevant sind. Die E-Mail ist aber – bis auf persönliche Nachrichten und  Informationen – nicht mehr der zentrale Speicherort.

Um es nochmals zusammenzufassen. Folgende Trends beobachten wir derzeit:

  • Die Zahl der synchronen und asynchronen Kommunikationskanäle nimmt privat und beruflich zu. Es gibt nicht mehr DEN einen Posteingang und DEN einen Kommunikationskanal.
  • Oft verschwimmen und überlappen sich die privaten und beruflichen Kommunikatioonskanäle.
  • Wir sind heute auf einer Vielzahl von Devices – von Smart Phone über Tablet bis Computer – über eine Vielzahl von Anwendungen jederzeit erreichbar.
  • Nachrichten sind heute nicht mehr nur Text. Audio und besonders Video sind auf dem Vormarsch.
  • Soziale Netzwerke und Kanäle sind nicht mehr wegzudiskutierende Kommunikationsplätze, privat und im Unternehmen. Sie machen Kommunikation öffentlich und transparent, verändern Kommunikationsverhalten, stellen althergebrachte Hierarchien in Frage.
  • E-Mail wird nicht verschwinden, ist aber primär Umschlagplatz und nicht mehr Hort der Informationen

All diese Trends bekräftigen die Notwendigkeit und die Dringlichkeit, privat und beruflich Medien- und Kommunikationskompetenz aufzubauen. Der Umgang mit Kanälen und mit Informationsflut wird zu einer Kernkompetenz unserer heutigen Zeit.