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[DE] Wider der Verteufelung von künstlicher Intelligenz: Plädoyer für eine differenzierte, sachliche Auseinandersetzung

29. Dezember 2016 Posted by StefanP.

Spiegel Online dieser Tage zu den besten Apps 2016 und dem KI Messenger von Google:

die_besten_apps_des_jahres__prisma__resi__photomath_und_co__-_spiegel_online_-_mozilla_firefox__ibm_editionUnd der mit entscheidende Satz, wo bei vielen die Alarmglocken angehen, ist die Passage über Daten anvertrauen. Will ich Google für die beschriebene Gegenleistung wirklich so viele Daten anvertrauen? Oder besser: Was macht Google mit diesen Daten? Wer hat die Rechte oder Weiterverwertungsrechte daran. Sollten die Daten wirklich weiter mir gehören und geschützt sein, würde ich Allo gerne ausprobieren und mich wahrscheinlich sehr über dessen Hilfe freuen. Eine intelligente statt 15 verschiedene Apps, die ich bedienen muss.

Szenewechsel: Immer mehr Hospitäler und Kliniken und Institutionen kündigen an, kognitive Technologien basierend auf IBM Watson in der Medizin einzusetzen. Das Beispiel Diagnose für Krebspatienten ist ein hervorragendes Beispiel. IBM Watson wird laufend mit der neuesten Forschung gefüttert, einer puren Menge an Publikationen, die ein einzelner Arzt gar nicht mehr lesen, auswerten und daraus Erkenntnisse für die Medikation ableiten kann. Zusätzlich werden noch Tausende von Patientenakten in IBM Watson eingegeben. Das System der künstlichen Intelligenz wertet nun diese Informationen aus, erkennt Muster und Kausalitäten, wird von Medizinern trainiert und weiter angelernt und ist zum Zeitpunkt X in der Lage, dem Arzt vorzuschlagen, welche Behandlung bei der Patientin Y mit größter Erfolgswahrscheinlichkeit anzuwenden sei. Die medizinischen Daten sind Eigentum der Kliniken und Hospitäler. Daten werden nur zu Forschungszwecken weitergegeben. Niemand wird hier ernsthaft den zutiefst humanen Einsatz von künstlicher Intelligenz in Frage stellen. Oder?

Leider werden die relevanten Fragen rund um künstliche Intelligenz jedoch meist plakativ und negativ behandelt. Wer die Apokalypse an den Himmel malt oder wie in dem Buch von Yvonne Hofstetter über „Das Ende der Demokratie“ herauf beschwört, wird gehört und ins Fernsehen eingeladen. Besonders die Feuilletons und vermeintlich kritischen Kulturjournalisten scheinen solche Beiträge zu mögen. Natürlich trägt zur Auflage auch bei, weil rein zufällig das Horrorszenario eines Wahlsiegs von Le Pen in Frankreich durch die künstliche Intelligenz simuliert wird. Nicht mehr der Mensch, eine intelligente Maschine trifft die „richtigen“ politischen Entscheidungen.

Die notwendige sachliche Auseinandersetzung gerät ins Hintertreffen. AI, Blockchain, SmartPhone, iPhone, Big Data, IoT, Industrie 4.9, Smart Home, Umgebungsintelligenz, Personalisierung – jede Technologie, jeder technologische Trend wird erst einmal negativ bewertet und dargestellt. Die verständliche Angst vor Arbeitsplatzverlusten oder vor latenter Überwachung durch immer mehr untereinander vernetzte Geräte, das Internet of Everything, wird natürlich geschürt. Überwachung sei der immanent. Riesenmaschinen übernehmen die Entscheidungen, in Wirtschaft und Politik. Rein rhetorische Fragen wie „ist Optimierung immer human“ tragen ein weiteres bei. Dem Ganzen mixt man dann noch mögliche reale Szenarien bei und schon sind wir beim Buch von Yvonne Hofstetter über „Das Ende der Demokratie – Wie die künstliche Intelligenz die Politik übernimmt und uns entmündigt“. Allein schon der Subtitel: DIE künstliche Intelligenz … Pure Generalisierung und Pauschalisierung.

Im Buch werden viele wichtige Aspekte der Digitalisierung, der kommerziellen Interessen vieler Konzerne, gerade des GAFAM-Komplexes, der fehlenden Innovation in Deutschland, möglicher Überwachung, und der mangelhaften, nachhinkenden Kontrolle durch die politischen Instanzen bunt zusammen gemischt. Jedoch werden fast nur die Risiken beschworen, die Chancen vernachlässigt oder erst gar nicht bzw. am Rande erwähnt. All das soll wohl und wird bei vielen Lesern zur Abwehrhaltung führen. Stattdessen brauchen wir aber die intelligente, informierte Auseinandersetzung mit dem Thema. Wie in Jahrhunderten zuvor wird die technologische Entwicklung nicht aufzuhalten sein. Unsere Aufgabe ist es, gerade auch beim Thema KI zu kontrollieren und bewusst zu gestalten. Wir müssen immer wieder Fragen stellen:

  • Was ist der Anwendungszwecke und der Nutzen?
  • Wer profitiert von der Lösung? (Das kann, muss nicht kommerziell sein.)
  • Welche Daten werden wo genutzt?
  • Wem gehören die Daten, der Knowledge Graph, und wofür werden sie verwendet oder weitergegeben?
  • Welche Entscheidungen werden durch die jeweilige KI-Lösung getroffen, übernommen oder wie und wo assistiert die Lösung bei Entscheidungen?
  • Welche Aspekte menschlicher Arbeit oder menschlicher Entscheidung werden durch die KI-Lösung ersetzt oder ergänzt? (Natürlich bis hin zur Frage möglicher Arbeitsplatzverluste.)

Dies sind nur einige Fragen, die mir in den Sinn kommen, und es gibt sicher noch eine Reihe weiterer, die wir stellen sollten. Und diese Fragen müssen für jedes Anwendungsgebiet gestellt werden und es darf nicht im BILD-enden Stil über DIE böse künstliche Intelligenz gesprochen werden.

Positive Beispiele wie der oben beschriebene Einsatz von IBM Watson in der Medizin gibt es zuhauf. Gerade diese zu finden, ist eine wichtige Aufgabe. Und wenn wir Systeme der künstlichen Intelligenz im Berufsleben, beispielsweise zur Unterstützung der „Büroarbeiter“ einsetzen, müssen wir sachlich über Chancen und Risiken sprechen und nicht sofort verteufeln.

Ginni Rometty, CEO der IBM, hat auf der World of Watson vor einigen Wochen aus meiner Sicht vor allem zwei wichtige Aspekte herausgearbeitet, die wir immer im Blick behalten sollten: Wem gehören die Daten, wem gehört der Knowledge Graph? Und: Kognitive Systeme, Systeme der künstlichen Intelligenz sollten menschliche Intelligenz ergänzen, sie nicht ersetzen. Lasst uns mit diesen Themen sehr, sehr kritisch, aber eben nicht marktschreierisch und verteufelnd umgehen.

Dies ist der zweite durch das Buch „Das Ende der Demokratie – Wie die künstliche Intelligenz die Politik übernimmt und uns entmündigt“ initiierte Blogbeitrag. Im ersten Beitrag habe ich mich im Schwerpunkt mit dem Thema Big Data auseinandergesetzt. Hier geht es um künstliche Intelligenz.


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[DE] Ich gebe Dir meine Daten und dafür bekomme ich was?

25. Dezember 2016 Posted by StefanP.

Amerikanische und europäisches Freiheitsverständnis unterscheiden sich eklatant. In den USA ist das Verständnis verbreitet, ja selbstverständlich, dass jeder vor allem wirtschaftlich seines Schicksals eigener Schmied sei. Exemplarisch lässt sich dies der Diskussion um die Sozial- und Krankenversicherung in den USA verdeutlichen. Jeder ist für sich selbst verantwortlich. In Europa, besonders in Deutschland, dagegen ist ein – wie auch immer im Einzelfall qualitativ zu bewertender – Gesundheitsschutz für jeden Bürger selbstverständlich und unstrittig. Das Leitbild der sozialen Marktwirtschaft hat sich nach 1945 durchgesetzt.

Das amerikanische Freiheitsbild spiegelt sich auch in der Art wieder, wie sich gerade amerikanische IT-Konzerne des GAFAM-Komplexes im Netz bewegen. GAFAM steht hierbei als Akronym für die amerikanischen Konzerne Google, Amazon, Facebook, Apple, Microsoft und andere, meist aus dem Silicon Valley stammende Unternehmen. Sie dominieren unterdessen das Netz, private und auch teilweise berufliche Nutzung und beginnen auch die Technologien zur künstliche Intelligenz zu beherrschen.

Jeder, der in das Web geht, macht mit diesen Unternehmen bewusst, aber meist eher unbewusst Geschäfte. Und ich bekenne mich an dieser Stelle selbst explizit schuldig. Ich nutze weiter Google als Suchmaschine, weil mir DuckDuckGo gefühlt nicht die Ergebnisse liefert, die ich erwarte. Kennen Google und seine Algorithmen mich und mein Interessen- und Kaufprofil, meine Filterblase vielleicht einfach schon zu gut, so dass es meine Erwartungen erfüllt? DuckDuckGo funktioniert ja genau nach der Prämisse, meine persönlichen Daten nicht zu sammeln.

Auch nutze ich Facebook vor allem als privates soziales Netzwerk und nicht Alternativen wie beispielsweise Ello. Warum? Auf Ello und anderen vergleichbaren Netzwerken sind einfach nur wenige Bekannte und Freunde. Auf Facebook teile ich dagegen auch private Fotos und Informationen mit Freunden und Bekannten in der ganzen Welt, obwohl mir unterdessen die vermehrte Werbeeinblendung und die Sortierung und Gewichtung im Nachrichtenstrom nicht mehr gefällt.

Und ja, ich bestelle durchaus regelmäßig auf Amazon, obwohl nicht nur die Steuerpraktiken dieses Konzerns aus deutscher Sicht zu kritisieren sind. Jedoch gibt es – zumindest gefühlt – keinen anderen Onlinehändler mit einem solch breiten Angebot und solch zuverlässiger Lieferung – und derart guten Empfehlungen? Ganz habe ich dabei noch nicht in die Krallen von Amazon begeben. Ich bin kein Prime-Kunde. Bei allen 3 genannten Beispielen tausche ich meine Informationen, Daten über mein Surf- und Kaufverhalten gegen einen „kostenlosen“ Service ein. Google liefert mir die besten Suchergebnisse. Amazon gibt mir die besten Kaufempfehlungen. Doch man merke sich als Grundsatz Nummer 1: Auch im Internet ist nichts umsonst. Wir zahlen mit unseren Daten und mit hoch personalisierter Werbung, die uns zum Kauf anregen soll.

Nichts - oder wenig . ist im Internet umsonst. Wer Werbung blockt, bekommt keine Inhalte. In dem Fall vielleicht nicht ganz so schlimm, aber trotzdem sollte man sich über die Mechanismen im Klaren sein.

Nichts – oder wenig – ist im Internet umsonst. Wer Werbung blockt, bekommt keine Inhalte. In dem Fall vielleicht nicht ganz so schlimm, aber trotzdem sollte man sich über die Mechanismen im Klaren sein.

Deshalb sollten wir uns folgende Fragen stellen, wir vermeintlich kostenlose Services nutzen: Und wohin gehen diese Daten? Wem gehören sie? Wer nutzt sie wofür? Wer verwertet und verkauft sie wie weiter? Wer erhebt die Besitzrechte der von mir auf Facebook geposteten Bilder?  Genau darüber muss ich mir – eigentlich – im Klaren sein. Doch wer ist das als normaler Anwender, der kein IT- und Internet-Experte ist, wirklich? Wer liest die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Anbieter?

Oft tauschen wir unbewusst unsere Daten gegen kostenlose Services ein. Wenn mir mein iPhone am Mittwoch um 17 Uhr von sich aus einblendet, dass ich zum Tennisplatz 16 Minuten brauche, zeigt sich, dass das entsprechende Navigationssystem und SmartPhone meine Bewegungsdaten analysiert hat und auswertet. Es wird mein Bewegungsmuster, mein Profil erstellt. Und wer kommt an dieses Bewegungsmuster heran? Was ich in einem Falls als Service verstehe, kann ich in einem anderen Fall als Überwachung empfinden. Dies ist nur ein Beispiel, was uns im Internet der Dinge künftig noch erwartet. Wenn immer mehr Geräte – vom Fitnessarmband bis zur Apple Watch, vom Kühlschrank bis zu den Steuerungsgeräten des Smart Homes – miteinander im Internet der Dinge vernetzt sind, werden immer mehr Daten erfasst. Das jetzige Profil, das von mir existiert, ist erst der Anfang. Gehört dieses Datenprofil mir? Oder: Nutzen es nicht mehr nur Konzerne für ihre Zwecke und beanspruchen die Rechte daran, weil ich deren Services kostenlos nutze?

Wenn gerade jetzt sogar die europäische Union und Regierungen nicht in der Lage sind, Konzernen wie Facebook gesetzlich zu verpflichten, Hasskommentare umgehend aus dem Netz zu löschen, stellt sich die Frage, ob die Balance zwischen Schutz des Bürgers und scheinbar im freien Raum agierenden Konzernen noch stimmt. Entweder ist der politische Wille nicht da oder aber die Mühlen unserer Bürokratie mahlen im Internet-Recht und Persönlichkeitsschutz zu langsam, um solchen extrem bedenklichen Entwicklungen schnell Einhalt zu gebieten.

Erschreckend finde ich darüber hinaus, dass gerade eine vermeintliche deutsche Internet-Elite den angeblichen Gutkonzern Google trotz der mehr als bedenklichen Aussagen eines Eric Schmidt oft kritiklos anhimmelt. Statt solcher Naivität ist gesundes Misstrauen gerade gegenüber Unternehmen angeraten, bei denen nahezu sektenhaftes Verhaltensweisen zu beobachten ist. Mit kritischem Blick muss auch eine Microsoft beobachtet werden, gerade nach dem Kauf des beruflichen sozialen Netzwerks LinkedIn. In Kombination mit der Dominanz im Office-Bereich und zunehmender Cloud-Nutzung könnte hier eine weitere Datenkrake diesmal im beruflichen und Unternehmensumfeld entstehen.

Warum fallen einem nur amerikanische Unternehmensnamen ein, wenn es um die Frage des Sammelns persönlicher Daten und deren Nutzung geht? Europäische Unternehmen spielen als Anbieter im Netz seit Jahren eine eher untergeordnete, sicher keine globale Rolle. Die entsprechenden Entwicklungen wurden schlicht verschlafen. Bestes Beispiel dafür ist Amazon und die kaum existierende deutsche oder europäische Konkurrenz.

Zur potentiellen Nutzung von Daten aus wirtschaftlichem Profitdenken kommen auch politische Interessen hinzu. Die Bewegungsdaten eines Mobiltelefons werden von Behörden gerne zur Fahndung bei Verbrechen genutzt. Der Ruf nach der Auswertung und Speicherung von Daten in der Verbrechensprävention und -bekämpfung ist nicht neu. Und die gezielte Nutzung von Daten und Profilen, die Verwendung personalisierter „Angebote“, spielt auch in der Meinungsbildung und in kommenden Wahlkämpfen eine nicht zu unterschätzende Rolle. Wie sich Filterblasen auch im politischen Umfeld bilden, wie eine angebliche Lügenpresse gar nicht mehr wahrgenommen wird, sehen wir schon jetzt in vielen Ländern.

Doch bitte diesen Beitrag nicht falsch verstehen. Ich prangere nicht die neue, auf uns zu rollende umfassende Vernetzung an. Auch verteufele ich nicht Facebook, Google und Co. Nur plädiere ich für eine bewussteren, offenen Umgang mit Daten und Technologie. Wenn ich mich auf Facebook mit Freunden in aller Welt austausche, kaufe ich diesen Service mit meinen Daten. Google lebt von Werbung und meinen Daten. Und Amazon ist kein Wohlstandsinstitut. Solche Fakten müssen den Nutzen transparenter gemacht werden. Statt Informationen in seitenlangen, allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verstecken, gehört die Information über die Nutzung meiner Daten direkt in verständlicher Sprache in den ersten Paragraphen der Geschäftsbedingungen.

Und die europäische und deutsche Politik muss in der Lage und willens sein, Exzesse wie schon angesprochene Hasskommentare löschen zu lassen. Und das auch gegen internationale Konzerne, wenn es sein muss unter Androhung und Durchsetzung von Sanktionen. Im digitalen Zeitalter muss die Gesetzgebung schneller handlungsfähig sein. Angesichts von Radikalisierung, Terrorismus und Manipulationen können wir uns keine endlosen, zeitaufwendigen Verfahren leisten, die erst greifen, wenn das Malheur schon passiert ist.

Big Data, immer mehr Daten auch über mich, sind die Grundlage vieler Services und Dienstleistungen. Sie werden mehr und mehr zu Analysen und Voraussagen herangezogen, im privaten, im politischen und beruflichen Umfeld. Sie sind in vielen Fällen Grundlage von Systemen künstlicher Intelligenz, die in den kommenden Jahren unaufhaltsam Einzug halten werden. Genau deshalb müssen wir uns offen, transparent und engagiert mit den Fakten auseinandersetzen und den Mut haben, bewusst und selbstbewusst zu gestalten

Anlass für diesen Beitrag ist das Buch „Das Ende der Demokratie – Wie die künstliche Intelligenz die Politik übernimmt und uns entmündigt“, das ich gerade gelesen habe. Eigentlich wollte ich mich im Beitrag vor allem mit dem Thema Künstliche Intelligenz auseinandersetzen, doch bin ich in diesem Beitrag vor allem beim Thema Daten als Bezahlung für kostenlose Services hängen geblieben. Das Thema Articifial Intelligence kommt als im nächsten Beitrag dran.


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[DE] Privacy by Design als Paradigma: IBM Connections, das wirklich Personal Social Dashboard

28. April 2016 Posted by StefanP.

Die Auseinandersetzung mit dem Thema Datenschutz und Data Privacy ist gerade im Zeitalter exponentiell größer werdender Datenmengen einhergehend mit immer leistungsfähigeren Analysemöglichkeiten dringend notwendig und sinnvoll. Online hinterlassen wir offensichtlich mehr und mehr Spuren, die für die verschiedensten Zwecke genutzt werden. Das bekannteste Beispiel sind sicher die Kaufempfehlungen auf Verkaufsplattformen wie beispielsweise Amazon. Soziale Netzwerke wie Facebook sind ein anderes Beispiel, wo Anwender Daten und Informationen über sich preisgeben und auch dies ist oft kritisch zu sehen.

Warum Enterprise Social Networks?

Auch in Unternehmen werden mehr und mehr sogenannte Enterprise Social Networks eingesetzt, um die Zusammenarbeit im Unternehmen zu fördern und Informationen transparenter zugreifbar zu machen. Diese Lösungen sind mit ihren Sicherheitsmechanismen und ihrer gesamten Funktionalität wie beispielsweise Communities, Wikis, Blogs u.v.a. auf den Einsatz im Unternehmen zugeschnitten. Das laut IDC seit mehreren Jahren führende Enterprise Social Network ist IBM Connections, das gerade im deutschsprachigen Raum in vielen großen, aber auch mittelständischen Unternehmen im Einsatz ist.

Solche Lösungen sind eine Antwort darauf, dass Mitarbeiter unternehmensrelevante und sensible Informationen nicht über Werkzeuge des öffentlichen Internets wie beispielsweise WhatsApp zum Teilen von Dateien (Bilder, Texte etc.) oder auch auf Facebook oder Xing teilen und verteilen sollen. Diese Informationen sollen und müssen im Unternehmen bleiben.

So weit so gut. Natürlich hinterlassen Mitarbeiter, die diese Enterprise Social Networks nutzen, dort auch ihre „Spuren“. Wie sollte es anders sein. Aufgrund dieser Spuren, z.B. wer mit wem vernetzt ist (à la Freunde oder Follower auf Facebook und Twitter), wer welche Beiträge „liked“ oder teilt, entsteht der sogenannte „Social Graph“. Im privaten Web 2.0 ist ein solcher Graph vor allem durch Klout und den entsprechenden Index bekannt.

Das Personal Social Dashboard

Das IBM Team im Labor in Dublin rund um Marie Wallace, Emerging Technology Center hat eine Lösung gebaut, die für Aktivitäten im sozialen Netzwerk “IBM Connections” Punkte vergibt und diese Punkte in einem sogenannten Personal Social Dashboard visualisiert. Die Mitarbeiter bekommen dort einen sogenannten „Score“, einen Punktewert, wie sie aktuell in ihren “sozialen” Aktivitäten stehen.

Wer das Werk „The Circle“ des bekannten Autors Dave Eggers gelesen hat, der mag daran denken, wie dort die Protagonistin über ihre Social Score terrorisiert werden. In diesem Buch, das ich auch hier in meinem Blog behandelt habe, wird durch einen Social Score in dem fiktiven Unternehmen The Circle – man kann sicherlich trefflich philosophieren, ob und welche Firma der Autor im Sinne hatte – auf jeden Mitarbeiter immenser Druck ausgeübt, den persönlichen Social Score hoch zu halten. Mitarbeiter werden miteinander verglichen. Fällt der Score ab, kommt es zu Personalgesprächen. Kurz zusammengefasst: Die einzelnen Mitarbeiter werden über den Score gezwungen, noch mehr zu arbeiten, noch weniger Freizeit zu haben und noch mehr Leistung für das Unternehmen zu bringen. Ein Horrorszenario, das kein Mitarbeiter und kein Betriebsrat haben will – und auch besser kein Manager anstreben sollte.

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Privacy by Design als Paradigma

Gott sei Dank hinkt ein Vergleich mit dem Personal Social Dashboard, denn dieses ist ein echt privates Dashboard für den individuellen Anwender. Kein Vorgesetzter und keine Personalabteilung hat Zugriff auf dessen persönlichen Daten und den persönlichen Social Graph des einzelnen Mitarbeiters. Manager haben lediglich eine High Level-Sicht, wie aktiv Teams zusammen arbeiten, und bekommen nie Zugriff auf persönliche Daten. Das Personal Social Dashboard folgt den offiziellen Richtlinien, dem IBM Global Privacy Review Process (GPAT), und hat diesen Prozess in allen Schritten erfolgreich durchlaufen. Mitarbeiter, die das Dashboard nutzen, werden nicht nur explizit informiert, dass diese Prüfung stattgefunden hat, sondern auch über die Kernaspekte von Data Privacy im Zusammenhang mit dem Dashboard informiert.

Das Dashboard, das übrigens nicht Teil des Standardproduktes IBM Connections ist, wird derzeit von einigen Mitarbeitern in der IBM freiwillig genutzt. Die gesamte Entwicklung wurde und wird transparent in der IBM und darüber hinaus diskutiert. Marie Wallace aus dem Labor in Dublin veröffentlicht regelmässig dazu in ihrem Blog Artikel. Sie ist eine bekannte Sprecherin, die beispielsweise Prinzipien die Data Privacy by Design postuliert und immer wieder diese Frage öffentlich behandelt. Marie steht regelmässig mit Betriebsräten in ganz Europa im regen Austausch, die sich die Designprinzipien des Dashboards und von IBM Connections angesehen haben, und hier absolut zufrieden mit den Datenschutzmechanismen sind und waren.

Auch in Deutschland setzt sich IBM intensiv mit dem Thema Datenschutz, Schutz der Mitarbeiter und digitale Transformation auseinander. Zusammen mit der DGFP – der Deutschen Gesellschaft für Personalführung – oder dem openBIT e.V. werden aktiv entsprechende Themen und gerade auch die Relevanz für Personalabteilungen diskutiert, um Leitlinien für eine datengestützte Mitarbeiterführung zu definieren. Weitere Unternehmen und Sozialpartner werden aktiv dazu aufgerufen, mitzumachen.

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Die Notwendigkeit, Data Privacy zu diskutieren

Es ist richtig und wichtig, dass die Thematik Data Privacy aufmerksam beobachtet und diskutiert wird. Auch sollten natürlich entsprechende Lösungen auf Herz und Nieren geprüft werden. Die Aspekte des Schutzes des einzelnen Mitarbeiters müssen von vorneherein mit berücksichtigt werden. IBM Connections wurde und wird beispielsweise in enger Abstimmung mit vielen Betriebsräten und von denen genehmigt in zahlreichen deutschen Unternehmen eingesetzt. Die Datenschutzaspekte werden regelmässig gerade auch von Data Privay-Vordenkern wie Marie Wallace und natürlich den Betriebsräten überprüft und möglichst noch weiter verbessert. Es ist unverzichtbar, dass wir uns gerade jetzt in der Phase einer immer schneller werdenden digitalen Transformation mit den Themen fachlich fundiert und gut recherchiert sachlich auseinandersetzen.

Quellen:

TEDTalk: Marie Wallace: Privacy by design: humanizing analytics

Marie’s Ramblings and Ruminations (Blog)


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[DE] Von perfekten Kreisen, Big Data und Privacy by Design – “Der Circle” von Dave Eggers

20. September 2015 Posted by StefanP.

Gerade habe ich den “Circle” von Dave Eggers gelesen. Das Buch wird extrem kontrovers diskutiert und kritisiert. Bei aller berechtigten Kritik an Sprache, sachlichen Fehlern und sehr einseitiger Beleuchtung der Thematik: Meiner Ansicht nach ist es es gut, dass das ein sehr drastisches Schlaglicht auf viele Risiken unseres digitalen Zeitalters wirft, die quasi religiösen manches Internet-Konzerns anprangert – man lese manche Bemerkung von Eric Schmidt – und die Risiken bei einem blauäugigen Umgang mit Big Data skizziert.

Vor allem sind viele Themen brandaktuell: Wer mit einer Smart Watch, seine persönlichen Gesundheits-, Bewegungs- und Fitnessdaten trackt, wer der Diskussion um selbstfahrende Autos nicht nur auf der IAA folgt, wer auf Messen der dmexco den Marketingversprechen von Big Data und Marketing Automation hört, wer Kameraüberwachung allenthalben sieht, wer die aktuellen Hasstiraden auf Facebook und anderen sozialen Netzen mit Entsetzen verfolgt, wer die Snowden-Affäre und die Überwachungsorgien noch im Kopf hat, wer die Macht sozialer Medien beim arabischen Frühling gesehen hat, wer sich damit befasst, wie ein kognitives System wie IBM Watson für die Krebsforschung und -vorsorge eingesetzt wird, der findet unzählige Anknüpfungspunkte im “Circle”

Natürlich ist das Buch Wasser auf die Mühlen derjenigen, die schon immer das Netz und neue Technologie verteufelt haben und verteufeln. Doch diese Skeptiker lehnen Netz und neue Technologien eh ab, oft, ohne sich wirklich in der Tiefe auch mit den Chancen digitaler Technologien auseinanderzusetzen. Wo besonders die Amerikaner zu blauäugig und in den Konzernen oft quasi-religiös beim Umgang mit neuen Technologien sind, sind wir Deutschen viel zu oft Berufspessimisten und Nein-Sager. Gerade die bekannten Medien neigen genau in diese Richtung. Man lese den Bericht über die dunklen Seite des Silicon Valley auf Handelsblatt und den Kommentar von Gunnar Sohn dazu.

Ich bin dafür, aktiv auf neue Technologien zuzugehen, Chancen und Risiken abzuwägen, zu gestalten, statt immer abzulehnen und verbieten zu wollen, was oft nicht zu stoppen und zu untersagen ist – und dann als Standort hinterher zu hinken. Gerade wir Deutschen neigen dazu, zu verbieten und zu regulieren – siehe das unsägliche E-Mail-Abschalten mancher deutscher Konzerne. Die Auseinandersetzung mit neuen Technologien, mit Informationsflut, dem Internet der Dinge und sozialen Medien muss aber offen, konstruktiv und kontrovers, vor allem aber mit Sachverstand geführt werden. Ich halte es dabei mit meiner Kollegin Marie Wallace, die gerade angesichts der neuen Analytics-Möglichkeiten “Privacy by Design” postuliert. Genau das ist der richtige Ansatz. Hirn einschalten und voran gehen. Und in dieser Beziehung ist der “Circle” durchaus auch ein berechtigtes Plädoyer für das Recht auf Privatsphäre und Offline sein. In Die Zeit wurde in einem Beitrag gefragt, ob der Circle ein gutes Buch ist. Ich sage, es ist ein notwendiges Buch.


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[DE] Australian Open: Hightech-Schläger gegen Nadals Selbstzweifel

18. Januar 2015 Posted by StefanP.

Quasi Wearables und Big Data bei Nadal:

Bereits in Doha hatte er mit diesem Gerät seines Ausrüsters Babolat gespielt, das dank einer technischen Innovation Daten übermitteln kann, etwa zum Treffpunkt des Balles, der Schlagvariante oder der Dauer eines Ballwechsels. Die Werte stehen dem Spieler nach dem Match zur Verfügung, und sie landen in einer Datenbank, auf die auch Hobbyspieler Zugriff haben, die das gleiche System benutzen.

Ausgerechnet Rafael Nadal spielt mit so einem Hightech-Racket? Er, der seine Wasserflaschen vor der Bank nach wie vor mit einem imaginären Lineal ausrichtet? So sieht es wohl aus. Erste Erkenntnisse des Traditionalisten in der Datenflut? „Ich weiß jetzt sicher, was ich immer schon dachte: Dass ich den Ball nicht in der Mitte des Schlägers treffe.“

via Selbstzweifel bei Nadal vor Start der Australian Open 2015.


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Mining Massive Datasets

4. Dezember 2014 Posted by Sven Hasselbach

[DE] Zuhören statt Abhören – Die feine Linie zwischen erwünschtem Service und Spionage

20. Oktober 2014 Posted by StefanP.

In den vergangenen Monaten hat mich das Thema Big Data, Analytics und Personalisierung im Zusammenhang mit dem Tracken von Kunden- bzw. Surfverhalten stark umgetrieben. Jeder kennt das Thema ja: Cookies – und nicht nur die – erfassen, wo man im Netz gesurft hat und wofür man sich interessiert, was man vielleicht kaufen möchte. Plötzlich tauchen auf allen möglichen oder unmöglichen Webseiten entsprechende Angebote auf. Das kann nerven.

Auf der einen Seite kann es nützlich sein, aufgrund der eigenen Interessen, Informationen eingeblendet zu bekommen. Ich finde es beispielsweise gut, wenn mir auf Amazon aufgrund meiner gekauften Bücher, weitere Lektüre vorgeschlagen wird. Ich finde es dagegen nervig, wenn ich nach dem Kauf eines Produktes noch wochen- oder monatelang mit entsprechenden Offerten genervt werde. Da hilft nur: Alle Cookies radikal löschen.

Tja, es ist eine feine Linie zwischen dem Gefühl, abgehört und belästigt zu werden oder aber, dass einem zugehört und auf die Privatsphäre und das Wohlbefinden Rücksicht genommen wird. Und es gibt auch hier keine einfache Lösung – außer man ist wirklich transparent. Ich warte noch auf den Online Banner, der mich fragt: Wollen Sie wirklich noch Informationen zu XYZ oder sollen wir die Berieselung sparen?

Schwierig, aber gerade wir Marketiers müssen uns des Themas annehmen, denn die Sensibilität vieler Kunden und Interessenten gerade hier in Deutschland nimmt immer mehr zu.

Was ist Ihre/Eure Empfehlung und Meinung?

Hier einige Links und Zitate, die ich in den vergangenen Wochen und Monaten gefunden und kuratiert habe:

 


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[EN] Big Brother or Personalization OR The Fine Line Between Creepy and Effective Marketing

15. Oktober 2014 Posted by StefanP.

Great summary on the fine line …

There’s a fine line between effective, personalized marketing and an eerie feeling that “big brother” is watching. Unfortunately, being creepy is one of the most common perils of data-driven marketing. In an online environment, retailers can observe every single nuance of an individual’s shopping experience.

On the one hand, there are obvious perks for doing so, including the fact that carefully tailored marketing experience can lead to cross-sell, upsell and retention opportunities. Personalization simply works — and in study after study, consumers say that they like it.

But marketers need to be careful. Because when personalization goes too far, it stops being helpful and just gets, well … creepy.

John Timmerman on The Line Between Creepy and Effective Marketing.


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[DE] Entscheidet wirklich der Nutzer über den Grad der Personalisierung und des Daten-Tracking, das er zulässt?

17. August 2014 Posted by Stefan Pfeiffer


Mein Freund und Weggefährte Martin Meyer-Gossner hat dieser Tage einen Beitrag zum Thema Smart Data und Big Data geschrieben. Sehr lesenswert, besonders auch der Abschnitt über Kunde: Personalisierung und Verantwortung, aus dem ich hier zitiere:

Im Zeitalter von Big Data geht es längst nicht mehr darum, viele Daten zu sammeln, sondern Daten intelligent zu nutzen, um bahnbrechende Erkenntnisse in innovative Lösungen umzumünzen. …

Der Mensch ist ein Jäger und Sammler. Als Kunde liebt er das Kauferlebnis, das Jagen nach dem ultimativen Produkt, dem besonderen Erlebnis, aber auch dem fairen Preis. Je personalisierter das Angebot und der Content umso besser. … Doch wieviel Smart Data, wieviel Personalisierung ist denn effizient aus Sicht des Kunden? Am Ende entscheidet der Nutzer über den Grad der Personalisierung und des Daten-Tracking, den er zulässt. Doch Personalisierung kann schnell über das Ziel hinaus schießen und Smart Data irrelevant machen. Ist genauer dann abschreckender oder wirksamer?

via Smart Data: Vier Herausforderungen und Chancen für Unternehmen – DIGITALSTRATEGIE.

Martin bringt die Beziehung zwischen Daten sammeln und personalisiertem Angebot auf den Punkt. Ich habe das ja auch schon mal unter dem Aspekt “Ich gebe Dir meine Daten – Du gibst mir das kostenlose Angebot XYZ” beschrieben.  Die Meinung geht natürlich bei einem solchen Thema auseinander, wie die repräsentative Studie „Potenzialanalyse Big Data Analytics“ von Steria Mummert Consulting zeigt:

Die Hälfte aller deutschen Verbraucher würde ihre privaten Vorlieben aktiv an Unternehmen weitergeben, damit ihnen individuelle Angebote gemacht werden können. Jeden Dritten stört es nicht einmal, wenn Firmen die eigene Facebook-Timeline oder den Twitter-Kanal auswerten. Die andere Hälfte der Bundesbürger bleibt dagegen skeptisch: 27 Prozent lehnen die Weitergabe privater Informationen zum Zweck der individuellen Kundenansprache strikt ab.

via Big Data teilt Deutschland | IBM Experts.

Trotzdem muss ich doch schlucken, denn ist der Kunden heute angesichts der vielfältigen, nicht nur für Laien undurchschaubaren Technologien, die zum Daten sammeln eingesetzt werden, wirklich in der Lage, wissentlich und bewusst selbst zu entscheiden, wieviel Personalisierung und Tracking er/sie zulässt? Kunde ist eben nicht nur der Technik- und Marketingexperte, der sich mit diesen Themen intensiv auseinander setzt. Müssen die Anbieter und Webseiten nicht viel deutlicher darauf aufmerksam machen, wann und wo sie Daten sammeln? Wunschtraum in einer globalen, digitalen Welt, wo länderspezifische Gesetze und Regularien per se ausgehebelt werden?

Was meint Ihr?


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[DE] Datensouveränität: Es geht mehr um das “Recht auf Vergessen”

9. August 2014 Posted by Stefan Pfeiffer

Das “Recht auf Vergessen” ist eine untaugliche, juristische Hilfskonstruktion für ein wichtiges Ziel, entstanden aus einem politischen Versäumnis. Die Zukunft braucht stattdessen ein Recht auf Datensouveränität, eine Weiterentwicklung des Datenschutzes in Zeiten der Vollverdatung der Welt. Das bedeutet, dass Einzelpersonen mehr Rechte auf Eingriff in die Speicherung von Daten zu ihrer Person bekommen, unabhängig von den Mechanismen der Auffindbarkeit. Spätestens dann aber wird die Abwägung zwischen Privatinteresse und Öffentlichkeitsinteresse so essenziell, dass sie neuer Instrumente und Prozesse bedarf.

via Recht auf Vergessen: Sasha Lobo zum Google-Urteil – Kolumne – SPIEGEL ONLINE.

Ich würde noch wirtschaftliches Interesse hinzufügen, sonst vollkommen korrekt. Es geht heute nicht nur um ein “Recht auf Vergessen”.  Die Herausforderung ist umfassender, siehe die Beiträge zur teilweise nicht nachvollziehbaren Speicherung von Nutzerdaten via “Canvas Fingerprinting” oder die Datensammelwut von uns Marketiers.

Es geht beispielsweise um den Tausch meine Daten (bzw. ein gewisser Teil davon) gegen kostenlose Informationen oder Services.

Es geht darum, meine Daten als Basis personalisierter, nützlicher, kontextsensitiver, hilfreicher Informationen und Services versus SPAM-abartiger Beballerung mit unnützen und oft auch nicht gewollten Werbebotschaften.

Und ja, es geht auch darum, “seine” Daten aus dem Netz löschen lassen zu können.

Die Problematik ist nicht einfach. Die Antworten sind es auch nicht. Aber gerade deshalb erfordert es einer fundierten, auch kontroversen öffentlichen Diskussion und Aufklärung!

P.S. Kleine Randbemerkung: Nicht erst mit der “Canvas Fingerprinting”-Technik hat das Übel Einzug gehalten. Auch Cookies und deren exzessive Nutzung durch Gewerbetreibende wird und wurde von vielen Anwendern nicht bemerkt. Das Problem ist also nicht auf eine neue, noch perfidere Technik zu beschränken, sondern muss grundlegend diskutiert werden. Die Netznutzer müssen sensibilisiert werden, ohne aber wieder das Kind mit der Wanne auszuschütten, sprich das Netz zu verteufeln.


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[DE] Von Big Data, Zahlenautismus, Dünnbrettbohrer-Botschaften und transparentem Digital Marketing

6. August 2014 Posted by Stefan Pfeiffer

Die Tage bin ich über zwei Beiträge zum Thema Big Data und Marketing gestossen, die wiederum  mir aufgestossen sind. In einem der Beiträge nimmt Anne Schüller die Zahlenhörigkeit der Manager aufs Korn. Einige Kernzitate:

Die Big-Data-Flut ist Chance und Risiko zugleich

Ein Zuviel an Daten ist heute die Norm. Zahlenautismus ist eine bedrohliche Folgegefahr. …

Oft genug wird dabei übersehen, dass das eigentlich Wichtige nicht in Zahlenkolonnen passiert, sondern an den Touchpoints zwischen Mitarbeitern, Unternehmen und Kunden. Weil es aber über das Web so leicht möglich ist, aus der ganzen Datenflut immer neue Einsichten zu aggregieren, wird dies auch fleißig gemacht.

Die Krux dabei: Zahlen sagen niemals die Wahrheit. Erstens sind die Ergebnisse immer nur so gut wie das Ausgangsmaterial. Und zweitens sind sie immer das Resultat von Zielen, Interessen und Motivationen. …

Natürlich sind Kennzahlen wichtig. Und Messbarkeit hilft, die Spreu vom Weizen zu trennen. Doch die Zahlenhörigkeit vieler Führungsgremien ist geradezu abstrus. Oft genug wird ganz fanatisch das Falsche getan, Hauptsache, es kann gemessen werden.

Übervolle Excel-Tabellen aus den Managementinformationssystemen bauen eine Scheinwelt aus willkürlich festgelegten Quartalen auf, die in den abgeschirmten Zentren der Macht für die Realität gehalten wird.

via Die 7 unternehmerischen Schlüsselaufgaben für morgen – Aufgabe 6, Teil 1: Sich digital transformieren – statt budgetieren « Touchpoint Blog Anne M. Schüller.

Anne Schüller zieht über Planspiele und die verschwendete Zeit her und fordert, sich statt nur auf Zahlenspiele auf den Kunden zu konzentrieren. Ein wenig sehr plakativ (denn a bisserl Planung und einige Kennzahlen müssen sein),  aber wer wagt da prinzipiell zu widersprechen?

Ich muss bei Big Data natürlich als Marketier an “data-driven Marketing” denken, das jetzt immer mehr en vogue ist. Dieser Tage habe ich zum Thema Digital Marketing und Kennzahlen eine Diskussion mit einem Kollegen gehabt. Wieviele Kennzahlen brauchen wir, um effektives digitales Marketing zu messen? Click-through-Rates, Conversion Rates, E-Mail Öffnungsraten, Reichweite, die Anzahl von Fans und Followern, Site Visits, potentielle Kunden auf der Webseite tracken, deren Kontaktdaten gewinnen, all das sind Daten, Zahlen oder Big Data, die Marketiers interessieren (müssen), da sie und ihr Erfolg daran gemessen werden.

Doch welche und wieviele Zahlen müssen wir Marketiers sammeln und analysieren? Man kann sich leicht, wie es auch Anne Schüller schreibt, im Zahlenwust verlieren, immer neue Slices und Dices, mehr oder minder sinnvolle Analysen durchführen. Viele der oben genannten Zahlen sind für mich wichtige und notwendige Eckpunkte, an denen ich mich orientieren kann. Sie sind aber nicht die letzte Wahrheit. Die Wahrheit und das Ziel ist der zufriedene Kunde, der kauft, guten Service erhält und im Idealfall darüber spricht, wie zufrieden er ist.

Zu Big Data und zur Datensammelwut von Marketiers passt dann auch der Beitrag von Gunnar Sohn, der in gewohnt klaren Worten die Produzenten von Werbe-Spam am Beispiel des sogenannten „Canvas Fingerprinting“ aufs Korn nimmt:

Irgendwie kommt man sich wie der Affe im Zoo vor, der von irgendwelchen Marketing-Jägern eingekreist wird, um einen Ausbruch aus dem Käfig zu verhindern. Jedenfalls steigt die Wut der Netzgemeinde, wenn solche Nasenring-Systeme ohne unsere Zustimmung zum Einsatz kommen. …

Gegen die Idioten im Maschinenraum des Marketings, die mit Software das schnelle Geld machen wollen, scheint kein Kraut gewachsen zu sein. Die kalkulatorisch-statistischen Stalker verfahren nach dem Hase- und Igel-Wettlauf.

via Stilvolle Anarchie mit Steve McQueen und Jackass gegen die Marketing-Schreihälse des Netzes | Ich sag mal.

Da ich  ja selbst Marketier bin und Kunden gewinnen will, bleibt mir natürlich der Bissen im Hals stecken. Und meine gichtigen Finger finden kaum die Tastatur, doch ich denke, es muss geschrieben werden, dass wir Marketiers transparent und offen spielen müssen. Ja, wir wollen und müssen im Sinne von Verkaufen, aber auch Kundendienst und Service Daten über unsere Kunden und Interessenten sammeln, aber wir sollten offen legen, wie, wann und warum wir das tun.

Muss das denn sein? Die meisten Surfer bekommen doch gar nicht mit, dass wir deren Daten erfassen, höre ich die von Gunnar beschriebenen Marketing-Maschinisten sagen. Ja, ich persönlich glaube, dass diese Offenheit sein muss, auch wenn sie unser Leben manchmal schwieriger macht. Nur so werden wir das Vertrauen unserer Kunden erhalten und behalten.

Was ist Eure/Ihre Meinung? Bin auf Kommentare und Antworten gespannt.

Eigentlich ist dieses Thema eine ausführliche Diskussion und Blogparade wert.


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[EN] “Creating a world we want to live in and not some Orwellian nightmare” | Marie Wallace of IBM on Social Media Today

10. April 2014 Posted by StefanP.

A very interesting interview with my colleague Marie Wallace. I like her fresh thinking on analytics, the role of the computer and where it should and her view on protecting the individual. Here are my favorite quotes, but for sure the whole interview is worth to read.

I personally don’t believe that computers have gotten particularly smart in recent years, at least as it relates to the knowledge worker. They don’t respond to our e-mails, prepare our reports, perform research, read and summarize articles, prioritize work items, etc. They just shove more and more stuff at us and expect us to handle the deluge. This is why I believe that cognitive computing and people analytics will become increasingly important as it aims to “make computers smarter for people”.

And to answer your question about my philosophy, personally it’s about putting people first. I want to live in a world where technology enriches our lives and I feel that analytics badly implemented has the potential to exploit. So for me it’s all about ensuring that individual interests are protected, that trust is developed and maintained, and that analytics never exploits the individual.

via Marie Wallace of IBM | Social Media Today.


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[DE] ‘Datability’ – Respekt vor dem Kunden statt manipulierbares Klickvieh

12. Februar 2014 Posted by StefanP.

Zuerst erschienen im CeBIT-Blog und mein Beitrag zur Themenwoche und Blogparade “Social Business & Future Workplace” der CeBIT.

Datability, das Motto der CeBIT 2014 – ich soll es kommentieren und tue mich schwer damit. Ist es die ‘Ability’ ‘Data’, die Fähigkeit Daten zum Schlechten oder zum Guten zu verwenden? Für beides gibt es Beispiele. Wenn IBM Watson im medizinischen Bereich Daten auswertet, um Ärzten bei der Behandlung von Patienten zu helfen, ist das eine durchweg begrüssenswerte Fähigkeit, ‘Big Data’ zu nutzen. Wenn Geheimdienste wahllos Daten von Bürgern sammeln und ‘abhören’, ist das zumindest fragwürdig und kann nicht mit dem vermeintlichen Argument „Schutz vor terroristischen Anschlägen“ einfach so entschuldigt werden, Nine-Eleven hin, Nine-Eleven her.

In letzter Zeit wird gerade auch von der Bedeutung von ‘Big Data’ für das Marketing gesprochen. Marketiers der neuen Generation – so in vielen Artikeln auch der sogenannten Analysten nachzulesen – brauchen die Kompetenz, Daten bewusst und konsequent zu analysieren, damit Unternehmen zu einer möglichst gezielten Ansprache der Kunden kommen. Ist das nun gut oder schlecht? Gunnar Sohn spricht davon, dass Unternehmenskommunikation im Netz unterdessen eine Fortsetzung der Werbeberieselung mit anderen Mitteln ist, Kunden von vielen Marketiers als manipulierbares Klickvieh gesehen werden.

Und da ist sicher auch was dran. Viel zu viele Unternehmen ‘be-SPAM-men’ ihre Kunden und Interessenten mit mehr oder weniger nutzlosen Werbebotschaften, statt ihnen die Inhalte zu liefern, die die Kunden wollen und brauchen, und mit ihnen in wirklichen Dialog zu treten. Seien wir ehrlich. Die Grenzen sind dabei fliessend: Wann sind Inhalte qualititativ wertvoll, wann sind sie Werbung? Bin ich Klickvieh, wenn Amazon mir Artikel aufgrund meiner voherigen Käufe und meiner Klicks vorschlägt oder ist das nur guter Service? Immerhin macht Amazon durch seine zielgerichteten Empfehlungen auch 30 % mehr Umsatz als vorher. Ganz sicher ist es Belästigung, wenn ich laufend E-Mail-Newsletter mit platten Werbebotschaften oder ungefragt zahllose Veranstaltungseinladungen auf XING bekomme. Klar ist auch, dass informative, unterhaltsame Inhalte und wirkliche Kommunikation für den Anbieter wesentlich anspruchsvoller, anstrengender und ressourcenintensiver, sprich teurer ist. Und da only “Cash counts”und das nächste Quartalsende naht …

Meine Kollegin Marie Wallace hat es vor einiger Zeit auf den Punkt gebracht. Marie, ein herausragende Denkerin im Bereich Analytics, ruft dazu auf, dass wir Datenschutz und Privatsphäre endlich ernst nehmen müssen. Sie bemerkt zurecht, dass totale Anonymisierung von Daten ebenso kontraproduktiv ist wie die komplette Offenlegung. Das Werkzeug für Datenschutz sei nicht der Vorschlaghammer, sondern das Skalpell. Die Handlungsmaxime müsse Transparenz sein, offen zu legen, was Unternehmen mit den Daten machen, um so das Vertrauen der Anwender zu gewinnen. Siehe oben: Patienten teilen wahrscheinlich gerne ihre Informationen, wenn dadurch andere Patienten besser behandelt werden können. Und es gibt genug andere Szenarien, wo Kunden ihre Daten bestimmt nicht ausgewertet sehen wollen.

Aber eins ist auch klar: Wir kommen um Analytics nicht mehr herum. Gerade ‘Predictive Analytics’, also vorhersagende Analysen, bieten in riesiges positives Potential, das wir ausschöpfen müssen, gerade auch hier in Deutschland, wo wir immer schwarz malen und das Negative zuerst sehen. Marie ruft diejenigen, die ‘Analytics’-Lösungen bauen, dazu auf, Data Privacy als Nummer 1-Priorität beim Design der Lösungen im Kopf zu haben, auch wenn dies Projekte viel komplizierter mache. Ich schliesse mich diesem Aufruf von Marie voll an und übertrage das, was sie für Data Scientists und IT-Architekten formuliert hat, ins Marketing. Auch wir Marketiers müssen den Datenschutz unserer Kunden zu allererst im Kopf haben. Datenschutz ist nicht nur Schutz der Privatsphäre des Kunden. Datenschutz zeigt vor allem auch Respekt vor dem Kunden (und Bürger).

Verwandte Links:


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[DE] Digitale Technologien bewusst gestalten und aktiv nutzen – Kommentar zum Beitrag von Martin Schulz in der FAZ

6. Februar 2014 Posted by StefanP.

Ein Kommentar zum Beitrag von Martin Schulz in der FAZ  vom 6. Februar 2014.

Da hat Martin Schulz, SPD Politiker und Präsident des Europäischen Parlaments, einen raus gelassen. Im Feuilleton der FAZ mahnt er an, sich gegen Internetkonzerne und Geheimdienste zu wehren. Sehr reisserisch in Überschrift und Vorspann. Im Text wird es dann differenzierter:

“Doch die Verbindung von ,big data‘, also der gewaltigen Sammelleidenschaft für Daten durch Private und den Staat, und ,big government‘, also der hysterischen Überhöhung von Sicherheit, könnte in die anti-liberale, anti-soziale und anti-demokratische Gesellschaft münden.”

Schulz zieht auch einen Vergleich mit der Freiheitsbewegung Ende des 19. Jahrhunderts, die die Würde des Menschen in den Mittelpunkt stellt und fordert eine Bürgerbewegung, die mit liberalem, sozialem und demokratischem Staatsverständnis rechtliche Pflöcke einschlägt, die den Schutz der Privatheit in den Mittelpunkt stellt. Bei bürgerlichen Freiheitsbewegung im 19. Jahrhundert werde ich so Hambach-mässig wach. Das war ja schließlich mein Schwerpunktthema im Geschichtsstudium (inklusive der Entstehung der freien Presse und modernen Öffentlichkeit).

Jedoch habe ich Bedenken, dass gerade wir in Deutschland einmal wieder in eine typische Verweigerungshaltung und Technikfeindlichkeit gegenüber dem Internet und digitalen Technologien verfallen. Das beobachte ich auch in meinem Bekanntenkreis, von Facebook-Verweigerern (was ich verstehe und akzeptiere) bis zur oft eher gedankenlosen Verteufelung des Netzes an und für sich. Das Glas ist in Deutschland (fast) immer halb leer, meist sind nur wenige Tropfen im Glas. So rezipiere ich auch den Beitrag von Martin Schulz. Man findet jenseits der Aufforderung, rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen, nur ansatzweise gestalterische und zupackende Handlungsaufforderungen. Mit Gesetzen allein – die gegenüber Datenkraken und Überwachungswahn nötig sind – gestalten wir aber nicht die Zukunft. Einmal mehr überwiegt der typisch deutsche erhobene Zeigefinger und die Warnung vor der Verdinglichung des Menschen.

Mit einer solchen eher destruktiven Haltung werden wir nicht weiterkommen, werden dem Wirtschaftsstandort Deutschland und auch der persönlichen Qualifikation jedes Einzelnen schaden. Wir müssen uns konstruktiv und kritisch mit den neuen Technologien auseinandersetzen und sie nicht blond und blauäugig gedankenlos konsumieren. Ja, auch unsere Privatsphäre müssen wir schützen, vor allem aber die digitalen Technologien bewusst kompetent gestalten und aktiv nutzen. Darin liegt die Aufgabe.


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