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Das eigene Auto im Abo? Lieben die Deutschen noch ihre Autos? Und schaffen die deutschen Hersteller ein eigenes Betriebssystem?

25. Juni 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Es war ein Ritt auf der Rasierklinge und es hat unheimlich viel Spaß gemacht, das IBM Livestudio Magazin vom 23. Juni 2020. Diesmal hatten wir zwei Live-Diskussionsrunden geschaltet. Der deutsche Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer hat sich mit Dirk Wollschläger, dem General Manager für Automotive weltweit in der IBM unterhalten (. Sie hatten ein besonderes Thema: Autos müssen gerade seit der Covid-19-Krise auch online verkauft werden. Tesla habe es vorgemacht. Die deutschen Automobilkonzerne seien noch nicht so weit. (Übrigens hat an der Stelle später Sascha Pallenberg vom Daimler widersprochen).

Und es brauche neue Abomodelle für Fahrzeuge, um den Käufern beziehungsweise Abonnenten die Zurückhaltung zu nehmen. Derzeit sei man sehr risikoaffin, auch wegen des Umstiegs auf Elektroautos. Ob jeder einem endgültigen Abgesang auf Car Sharing, Uber und andere Dienste allerdings zustimmt, wage ich zu bezweifeln. Manche Trends könnten nach der Covid-19-Zeit durchaus wieder anspringen.

Lieben „die Deutschen“ weiterhin ihr Auto – und den Individualverkehr?

Und bei der Aussage von Ferdinand Dudenhöffer, dass die Deutschen, die Großstädter das Auto lieben und weiter Auto fahren wollen, wird gar mancher zucken. Dudenhöffer führte Zahlen an, dass in den 20 größten deutschen Städten die Zahl der Fahrzeuge zugenommen haben. Das steht natürlich im Kontrast zu der Wahrnehmung, dass gerade Jüngere scheinbar nicht mehr so sehr am Statussymbol Auto zu hängen scheinen. Stoff für Diskussionen also. Die beiden Experten waren sich auf jeden Fall einig, dass die deutschen Automobilkonzerne eigentlich umgehend Onlineverkäufe mit vorpaketierten Fahrzeugen anbieten müssen, dass sie attraktive Abomodelle bieten müssen, um möglichst gut durch die Krise zu kommen.

Das Auto als größtes und schnellstes Device: Mercedes & Co. bauen eigenes Betriebssystem

Die Schnittstelle zum Kunden besetzen ultimativ wir. Wir wollen die neuen, softwarebasierten Geschäftschancen selbst wahrnehmen. – Ola Källenius, CEO, Daimler

Im, zweiten Gespräch mit dem schon erwähnten Sascha Pallenberg und meinem Kollegen Salvatore Romeo (ab ca. 28:39 Min.) ging es dann um die Projekte von Mercedes, angefangen von Ask Mercedes, einem Fahrzeughandbuch, das als Chatbot realisiert wurde, bis zur Entwicklung eigener Software-Betriebssysteme durch Daimler und andere Automobilkonzerne. Laut Sascha müssen und werden die Konzerne das Betriebssystem des Autos „ownen“ und dürfen dies nicht Apple, Tesla oder Google überlassen. Hier sei auch auf einen aktuellen Bericht von Auto Motor Sport hingewiesen, der die Bemühungen der einzelnen Konzerne darstellt:

Bei VW, Daimler und BMW versuchen sie mit aller Macht, eigene Lösungen zu entwickeln. Spannend dabei: Sowohl bei Daimler als auch bei BMW setzen sie dabei im Kern auf das Betriebssystem Linux und sind damit in bester Gesellschaft. Auch das Tesla-Hirn basiert auf Linux. Warum also nicht kooperieren? …

Die einzige Chance für Daimler, BMW und VW kann also nur darin liegen, besser zu sein, als die Plattform-Konzerne aus dem Silicon Valley. Bessere Sprach-Assistenten anzubieten, nutzerfreundlichere Services, einfachere Nutzeroberflächen und innovativ verknüpfte Hard- und Software. Dabei muss nicht zwingend ein zentrales Betriebssystem für alle deutschen Autobauer herauskommen. Wer aber mit Google, Apple oder Amazon mithalten will, wird um Kooperation nicht herumkommen.

Auto-Betriebssysteme von Tesla, Google, Daimler, BMW oder VW – auto motor und sport

Ob es wirklich zu einer Kooperation kommen wird? Die Zusammenarbeit im Bereich autonomes Fahren hat man ja schnell wieder eingestellt.

Und wir werden uns Mitte kommenden Jahres entscheiden, wie die persönliche Mobilitätslösung aussehen wird

Das Thema Auto wird auch mich weiter beschäftigen. Klar ist für mich, dass ich keine vergleichsweise große Kiste mehr brauche. Also werde ich den Markt in den kommenden Monaten intensiv beobachten und muss dann zur Mitte kommenden Jahres, wenn mein Leasingwagen ausläuft, eine Entscheidung. Eigenes Auto? Ein VW ID.3 vielleicht? Oder reicht auch ein Elektro-Smart für Stadt und Kurzstrecken? Und meine Frau und ich tauschen die Fahrzeuge bei Bedarf? Wer länger fahren muss nimmt den vorhandenen Golf-Klasse-Benziner, der andere den Smart. Mal schauen, wie sich die Situation entwickelt.

(Stefan Pfeiffer)

Bild von Emslichter auf Pixabay

Heute vor (mehr als) 10 Jahren: Die Aufregung um ROI und Social Media

8. Januar 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Gunnar hat mich mit seinem Beitrag zur Stimme als ultimativen Interface auf die Idee gebracht. Guck doch einfach mal nach, was Du so vor 10 Jahren verzapft hast. Gesagt, getan, hier ver- und rebloggt. Und schon schwindele ich*, denn ich habe einen Beitrag ausgesucht, den ich am 26.12.2009, also vor mehr als 10 Jahren, zum Thema ROI und Social Media veröffentlicht habe.

Und siehe da. Den Beitrag kann ich so heute noch stehen lassen und auch die Diskussion wird heute noch geführt. Der Verkauf ist (weiterhin) ein Verkauf ein Prozess mit vielen „Touchpoints“, in denen Marketing und Vertrieb den Kunden „berühren“. Ja, wirklich, liebe Anne Schüller, da steht der Begriff Touchpoint. Und auch heute noch ordnen wir oft einen Verkauf kausal einer einzelnen Vertriebsmaßnahme zu, dabei wissen wir es – zumindest im B2B-Umfeld – doch besser. Dort ist ein Verkaufserfolg immer Teamwork und Marketing ist in der ein oder anderen Weise immer beteiligt.

Ja natürlich müssen wir messbar sein. Doch nicht aus Rechtfertigung, sondern herauszufinden, welche Marketingmaßnahmen denn am erfolgreichsten sind. Wie wir messen, ist allerdings des öfteren fraglich, denn in der Customer Journey sind in den verschiedenen Stufen unterschiedliche Marketingtaktiken notwendig und sinnvoll. Und auch Social Media kann auf dieser Reise unterschiedliche Rollen spielen. Das reicht von der Beschallung über soziale Kanäle – in der Regel blasen wir mehr oder weniger gute Marketingnachrichten raus – bis hin zu einem wirklichen Dialog über eben diese.

Wer Lust hat, der sei auf den damaligen Beitrag verwiesen. Und als Appetitmacher hier einige Referenzen in Zwitscherformat:

Zumindest im #B2B #Verkauf ein Prozess mit vielen #Touchpoints, in denen Marketing und Vertrieb den Kunden „berühren“ – Was ist nun der entscheidende Touchpoint, dem wir den Erfolg zuordnen? #ROI #Marketing #SocialMedia

Unsere Systeme und die vom Management angefragten Analysen, welche Marketingmaßnahmen erfolgreich sind, erfordern in der Regel, daß wir eine künstliche 1:1-Beziehung zwischen Vertriebserfolg und Marketingmaßnahme herstellen #Marketing #ROI

Wir können den Erfolg von #SocialMedia genauso gut oder genauso schlecht messen wie den Erfolg oder Misserfolg konventioneller Marketingmaßnahmen. #Marketing #ROI

* Am 8. Januar 2010 gab es zwar auch Beiträge, aber weder Early Warning: Notebook im Einsatz auf der Insel! noch die damalige Umbenamsung meines Blogs in „Digital naiv“ erscheinen mir re-bloggens-wert.

Acoustic Studio: Experimente mit KI wagen, bevor es zu spät ist – Gabriele Horcher

11. September 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Offenbach triff Darmstadt oder Erbarmen, die Hesse kommen … und sie reden über den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) in Marketing und Vertrieb. Herzlichen Dank an Gabriele Horcher, Kommunikationswissenschaftlerin und Partner in der Agentur Möller Horcher, ist zur DMEXCO gekommen und berichtet über ihre Erfahrungen und Empfehlungen zum Thema künstliche Intelligenz. Ihr Credo: Experimente wagen, bevor man abgehängt wird.

Marketing heute: Weg von purem Zählen von Leads hin zu einem Fokus auf den Dialog mit den Interessenten

18. Juli 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Kontakte, Kontakte, Kontakte, mit allen Adressdetails von E-Mail bis Telefon und natürlich der Genehmigung, mit diesen Kontakten regelmäßig kommunizieren zu können. Per E-Mail-Newsletter, per Telefon – und per maßgeschneiderter Werbung, die auf dem Surfverhalten und den gewonnenen Daten der Interessenten und Kunden basiert. Das ist das Mantra des heutigen Marketiers neben der sagenumwobenen Pipeline, den möglichst akkurat vorausgesagten Deals, die man im next Quarter oder im Quartal danach abschließen soll.

Und was am Ende dann wirklich zählt, ist natürlich der Auftrag, der in die Bücher kommt. Im Konsumentengeschäft (B2C) kann es ein Deal sein, der nur durch geschickte Werbung und clevere Marketingstrategien abgeschlossen wird. Im Business-To-Business-Segment (B2B) ist das in der Regel nicht der Fall, denn es geht oft um komplexere, auch hochpreisige Produkte, deren Vorteile man erklären und von denen man Kunden überzeugen muss.

„Der Kunde“ ist dabei in der Regel keine einzelne Person. Zumindest mal wird diese Person von vielen anderen Personen noch viel stärker beeinflusst, als es im Konsumentenbereich der Fall ist. Oft reden wir von Buying Centers, von einer Gruppe von Personen bezeichnet, die an einer Kaufentscheidung beteiligt ist. Und in dieser selten homogenen Gruppe kann es verschiedenste Rollen und Funktionen geben, vom Einkäufer über den internen oder externen „Beeinflusser“ über den Gatekeeper, der oft für die anderen Informationen selektiert, bis zu den/dem Anwender/n und schließlich dem Entscheider.

Hört sich komplex an, ist es oft auch. Nun wollen wir dieses Gebilde, dieses Buying Center seitens Vertrieb, aber auch seitens Marketing identifizieren, verstehen, in allen Phasen einer Kaufentscheidung mit den notwendigen Informationen füttern und natürlich beeinflussen, damit die sprichwörtliche Tinte unter dem Auftrag trocknet. Das ist eine durchaus anspruchsvolle und interessante Aufgabe, mit der ich mich ja auch geraume Zeit beschäftige.

Eine der Fragen, die mich immer wieder umtreibt, ist unsere Gier als Marketiers nach Kontaktdaten. Losgelöst von der eigenen Zielvorgaben, der Metrix und dem daraus resultierenden Druck, genau solche Kontakte und potentielle „Deals“ nachweisen zu können: Wie viel Gelassenheit bräuchten wir als Marketiers eigentlich, das heißt wie viele „freiwillige“, möglichst werthaltige Informationsangebote mache ich potentiellen Kunden, bevor ich seine Kontaktdaten einsammele – und er sie mir auch gerne gibt und nicht weg springt.

Mir scheint, dass nun etwas mehr Verständnis herrscht, den potentiellen Kunden nicht sofort zu zwingen, seine Daten zu lassen. Trotzdem ist genau das ein neuralgischer Punkt. Wie gebe ich dem/den Interessenten ein gutes Gefühl, nicht nur seine Daten zu hinterlassen, sondern möglichst gar in Dialog mit mir, dem anbietenden Unternehmen, zu treten? Ich glaube, dass hier zwei Aspekte eine wichtige Rolle spielen: Ich muss werthaltige, anregende und überzeugende Informationen liefern und ich weiß, dass den Begriff werthaltig immer wieder hinterfragen muss. Das können und sollten beispielsweise Kundenreferenzen und -statements sein, gute Erklärungen und Hintergründe zu den Angeboten und Produkten, in Text-, Audio- oder Videoformaten.

Das Nurturing mit immer neuen Informationsangeboten im Verkaufszyklus ist sehr wichtig. Vielleicht noch wichtiger ist es als Anbieter, als Unternehmen den Interessenten bewusst Angebote zum Dialog machen. Man muss und will ja mit den potentiellen Kunden ins Gespräch kommen, denn das ist im Idealfall der Beginn des Geschäfts. Der Kontakt kann auf vielfältige Weise angeboten werden: Click-To-Call um zu telefonieren, Chat, der Beginn des Dialogs über soziale Medien.

Hört sich erst einmal leicht an, ist es aber in der Realität wohl oft nicht, denn man muss schnell reagieren, wenn ein Interessent den Dialog will. Es ist kein technisches Problem. Auch hier bestimmt wieder Werthaltigkeit, dem potentiellen Kunden ein gutes Gefühl und entsprechende Informationen bringen, denn dies kann der Beginn einer wunderbaren Freundschaft werden. Es ist aus meiner Sicht ein, nein der Knackpunkt, um eine engere Beziehung zu knüpfen.

Und nein, werthaltiger Dialog heißt nicht, dass sofort der Experte, der Subject Matter Expert, an der Tastatur oder am Hörer ist. Das kann durchaus der Mitarbeiter im Call Center, der Lead Development Representative sein, der natürlich nicht die Tiefen jedes Produktes und Angebots kennen kann. Diejenige oder derjenige, die/der den ersten Kontakt „macht“, muss ein Grundverständnis dessen haben, was der Kunde suchen könnte, muss zuhören (und verstehen) können und dann die nächsten werthaltigen Schritte zeitnah in die Wege leiten, beispielsweise ein Gespräch mit dem Experten vereinbaren, das dann aber auch vereinbarungsgemäß stattfinden muss. Der Lead ist heiß, das Eisen muss jetzt geschmiedet werden.

Was ich hier einfordere, ist, den Fokus von der schnellen Erfassung möglichst vieler Kontakte auf den Beginn des Dialoges mit den Interessenten zu legen, dem potentiellen Kunden viele werthaltige Informationen und Touchpoints zu bieten, um dann, wenn die/der Interessent/in „anbeißt“, einen Dialog zu beginnen, der Lust auf mehr macht. Diesen Dialog vorzubereiten, zu triggern und dann auch ein Stück zu begleiten, das ist aus meiner Sicht die Königsdisziplin des heutigen Marketings.

(Stefan Pfeiffer)

Social Business: Der erfolgreiche Vertriebler ist ein Netzwerker

6. September 2011 Posted by Stefan Pfeiffer

Seit nun geraumer Zeit reden wir über Social Media und soziale Netzwerke. Welche Rolle spielt das für den Vertrieb? Dazu gibt es sicher sehr abweichende Meinungen und auch Kollegen von mir sagen plakativ Das ganze Zeug bringt mir nix. Grund genug für mich, einmal zurückzublicken. Ich habe nun einige Jahre im Marketing in der Softwarebranche hinter mir und viele Vertriebler erlebt. Und ich bin der Meinung, dass die Vertriebler am erfolgreichsten waren (und sind), die am besten vernetzt waren (und sind). Ich habe meinen Lieblingsvertriebler vor Augen, nennen wir ihn Otto. Otto ist ein Vertriebsmitarbeiter alter Schule. Er kennt seine Kunden, sein Klientel. Er ist oft und regelmäßig beim Kunden, vereinbart persönliche Termine oder organisiert Vororttreffen, in denen die aktuellen Themen präsentiert und diskutiert werden. Natürlich gehört das Telefon (ich schreibe bewusst nicht Smart Phone) zu seinem täglichen Handwerkszeug. Seine Kunden und Interessenten lädt er gerne zu Veranstaltungen ein, besonders dann, wenn ein Event ihm auch die Chance gibt, abends bei einem Glas Wein zu socializen.

Sein persönliches Adressbuch ist aktuell. Die Telefonnummern und E-Mail-Adressen der wichtigsten Ansprechpartner sind immer à jour, oft leider nur im persönlichen Adressbuch und nicht im CRM-System der Firma. Aber das ist eine andere Geschichte. Beim Kunden ist er bekannt wie ein bunter Hund und durchaus geschätzt, denn er ist auch ein Kümmerer, der genau weiß, dass er seinen Kunden auch jenseits des gerade getätigten Deals helfen muss. Er will ja wieder Geschäfte mit dem Kunden machen, denn zufriedene Kunden kaufen wieder oder mehr. Otto ist ein Kommunikator, er redet gerne (und viel), baut Beziehungen auf und pflegt sie. Natürlich hat Otto auch ein Profil auf XING, vernetzt sich dort mit seinen Kunden und Interessenten und nutzt XING (nur) als Adressbuch.

Otto weiß auch, dass er seine Kollegen aus der Technik und dem Projektgeschäft braucht, denn er ist niemand, der sich in technische Details oder Spezifikationen vertieft. Also pflegt er auch intensiv sein firmeninternes Netzwerk, den Kontakt zu Architekten und Servicepersonal. Bis in die Produktentwicklung kennt er Leute und nutzt diese Kontakte, oft auch zum Leidwesen der Vorgesetzten, denn Otto pflegt durchaus an den normalen oder vorgeschriebenen Prozessen vorbei zu gehen. Dies führt ab und an zu Spannungen, aber man verzeiht ihm, denn er ist erfolgreich und im Grunde genommen ein netter Kerl. Wie beschrieben, Otto ist einfach der erfolgreiche Vertriebsprofi alter Schule. Er lebt von seinen externen und internen Beziehungen und seinem Netzwerk.

Seit einiger Zeit beobachte ich nun einen neuen Schlag Vertriebler. Ich nenne ihn mal Julian. Julian ist ein junger Kerl, der frisch von der Uni oder Berufsakademie ins Unternehmen gekommen ist. Julian ist logischerweise mit StudiVZ und Facebook aufgewachsen. Er nutzt das auch privat, um mit seinen Freunden weltweit Infos auszutauschen. Da ist natürlich der nächste Schritt nicht weit, denn Julian ist ja ein helles Kerlchen. Warum nicht soziale Netzwerke auch für seinen Vertriebsjob einsetzen? Also fängt er an, sich intensiv auf XING zu vernetzen. Julian recherchiert Ansprechpartner bei seinen Kunden und hat auch keine Hemmschwelle, diese über das soziale Netzwerk zu kontaktieren. Mal reagieren die Ansprechpartner positiv, mal reagieren sie nicht. Doch Julian geht noch mindestens einen Schritt weiter. Er prüft, welche Onlinecommunities oder Gruppen es auf XING (und anderswo) gibt, in denen "seine" Themen, sein Vertriebsgebiet und seine Branchen diskutiert werden. Dort wird er Mitglied, liest mit und reagiert, wenn sich Ansatzpunkte ergeben. Wenn die entsprechenden Communities Treffen vereinbaren, geht er natürlich auch hin, um Kunden und Interessenten nicht nur virtuell, sondern auch persönlich kennenzulernen. Daneben schaut er sich genau ab, was Otto so treibt und kopiert dessen "Best Practises". Auch Julian weiss, wie wichtig Beziehungen und sein Netzwerk für seinen Erfolg sind.

Julian hat verstanden, wie er soziale Medien in seinem beruflichen Umfeld einsetzen kann, um sich mit seinen Kunden zu vernetzen und erfolgreicher zu sein. Er ist experimentierbereit und probiert Kanäle wie Twitter aus, auch wenn er dort (noch) nicht viele seiner Kunden findet. Über die sozialen Netze lädt er Interessenten und Kunden zu Events und Webinars ein. Und nach einer Weile traut er sich auch, in den Communities zu kommentieren und eigene Beiträge zu schreiben. Im Idealfall hat Julian Hilfestellungen, wie er sich in den sozialen Medien bewegt. Das können sogenannte Social Media Guidelines sein. Das sollten auch Kolleginnen und Kollegen sein, die ihn beraten, wenn er Fragen hat. Mit denen bespricht er, wie offensiv er öffentlich gegenüber dem Wettbewerb sein kann, wie er auf Kritik reagiert und vieles mehr. Julian ist kein offizieller Unternehmenssprecher, aber nach einer Weile ist er online als Mitarbeiter der Firma bekannt, ein Gesicht, das man mit dem Unternehmen identifiziert.

Aufbauend auf dem, was ihm Otto vorlebt, setzt Julian einen weiteren Kommunikations- und Vernetzungskanal hinzu: soziale Medien und soziale Netzwerke. Dieser neue Kanal hat seine eigenen Regeln und Normen, die Reichweite ist eine andere, denn Äußerungen sind "öffentlicher" als im persönlichen Telefongespräch oder Treffen. Aber natürlich ist diese Reichweite auch eine Chance. Nun höre ich wieder die Skeptiker:

  • "Im Business-to-Business (B2B) spielt das keine Rolle."
  • "Für meine Themen gibt es keine Communities. Die sind viel zu speziell."
  • "Über soziale Medien erreiche ich nur das Fussvolk und nicht die Entscheider."
  • "Ich kann doch nicht überall aktiv sein, Twitter, Facebook, XING, LinkedIn, Google ... Was denn noch? Da hab ich keine Zeit für. Ich muss verkaufen."

In all diesen Einwändern steckt auch ein Fünkchen Wahrheit, aber

  • das Fussvolk sind "Influencer", die Geschäfte beinflussen und zu denen sollte man auch eine Beziehung haben,
  • man muss nicht überall hyperaktiv sein, sondern man kann sich die Community oder das Netzwerk aussuchen, wo man sich wohl fühlt,
  • Studien weisen unterdessen nach, dass ein großer Teil von Kaufentscheidungen im B2B durch soziale Netzwerke und Onlinediskussionen beeinflusst werden,
  • man kann (zusammen mit Marketing) auch Themen pushen und Communities aufbauen, um zu einem Komplex als "Thought Leader" aufzutreten und Interessenten so abzuholen.

Wie gerade erwähnt sind schon heute Einkäufer, Entscheider und Influencer massiv in sozialen Netzwerken aktiv. Und dies wird immer weiter zunehmen, denn die jüngere Generation scheint noch netzwerkaffiner und noch stärker "social" zu sein. Wir bewegen uns massiv ins "Social Business", in denen die erfolgreich sind, die sich auch über soziale Kanäle extern und intern vernetzen. Julian ist einfach der Otto der nächsten Generation, der Vertriebsprofi, der weiß, wie wichtig ein persönliches Beziehungsgeflecht ist. Und fortschrittliche Unternehmen werden Julian auf seinem Weg begleiten, unterstützen und coachen, ihm Datenflatrate und Smart Phone zur Verfügung stellen.

Die Ottos und Julians gibt es nicht nur im Vertrieb. Im Marketing gibt es sie ebenso: Die Marketingkollegen, die die Klaviatur des konventionellen Methoden des Marketings beherrschen, und diejenigen, die Social Media on top setzen. Die Referenten des IBM Social Business JamCamps, das wir im Oktober durchführen, habe ich zu großen Teilen über meine sozialen Netze gewonnen. Über "Social Media Monitoring" bin ich auf eloquente Experten aufmerksam geworden, habe mit ihnen Kontakt aufgenommen, mich mit ihnen vernetzt und sie vom JamCamp überzeugen können. Darunter sind technische Experten und Digital Residents ebenso wie CIO's und CMO's. Kommunikationsabteilungen haben meist schon realisiert, dass nicht nur Journalisten heute Einfluss nehmen. Sie gehen auf Blogger und Online Influencer zu und behandeln sie ebenso wie die Journalisten. Produktentwicklung: Unternehmen verstehen immer mehr, wie sinnvoll es sein kann, in sozialen Netzwerken zuzuhören oder gar dort Input einzuholen, um die eigenen Produkte kundengerecht weiterzuentwickeln. HR-Abteilungen realisieren, dass sie High Potentials gut über soziale Medien identifizieren können. Die Einsatzgebiete für Unternehmen sind vielfältig und vielleicht noch nicht durchdekliniert, aber spätestens jetzt ist der Zeitpunkt, sich auf den Weg zum "Social Business" zu begeben.

Ich füge hier einmal eine Grafik von Forrester hinzu, auf die ich heute gestossen bin. Sie zeigt einige Einsatzgebiete (leider nicht mein Beispiel Vertrieb) auf. Weitere werden folgen: