Posts Tagged: ‘Urheberrecht’

Digitalthemen bei #9vor9: Urheberrecht down under und Digitalisierung fängt im Amt bei jeder:m Beamten:in an

23. Februar 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

In #9vor9 sind wir heute down under gereist, leider ohne, dass Lars den Klassiker von Men at Work gesungen hat. Sein Digitalthema der Woche war die Auseinandersetzung zwischen Facebook und Google versus der australischen Regierung. Es geht darum, dass Facebook (und Google) Lizenzgebühren zahlen soll, wenn Inhalte von Verlagen und Medien dort publiziert werden. Das wollte (will?) Facebook nicht tun und sperrte eine Zeit lang diese Inhalte. Randbemerkung: Uploadfilter scheinen zu funktionieren. Nun scheint man einen Kompromiss gefunden zu haben, über den Lars dann in einer der kommenden Sendungen berichten wird.

Warten wir ab, inwiefern eine potentielle, dortige Einigung auch Einfluss auf die Regulierungen und das Vorgehen in Deutschland und er EU haben könnte. Das Thema, darf man journalistische Inhalte verwenden, und zitieren und nach welchen Regeln, bleibt. Muss man dafür zahlen oder ist das im Rahmen der Meinungsfreiheit eh abgedeckt? Macht man einen Unterschied zwischen kommerziellen Vermarktern wie Facebook und Google und dem:der gemeinen Blogger:in? Tragen Facebook oder Google gar dazu bei, dass die Klickzahlen der Verlage nach oben schnellen und genau deshalb sollten sie nicht zahlen müssen?

Wir bei #9vor9 sind uns sicher, dass wir bei entsprechenden Zitaten zu einem enormen Zuwachs der Leser:innen oder Zuhörer:innen auf den journalistischen Plattformen führen [Achtung: Das soll eine spaßige Bemerkung gewesen sein.] Ich persönlich bin kein Freund einer angedachten Lösung, dass man nur 140 Zeichen „ungestraft“ zitieren oder nur 15 Sekunden von Video senden darf, wie in der Gesetzesvorlage wohl vorgesehen. Da haben sich, so meine persönliche Meinung, Herr Döpfner und Co mal wieder mit ihrer Lobbyarbeit durchgesetzt und „die Politik“ ist eingeknickt.

Schon mal darüber nachgedacht, dass es von ‚uninformiert‘ kein langer Weg zu ‚uniformiert‘ ist?

Zitate und Sprüche aus Die Känguru-Chroniken | myZitate

Unser zweites Thema ist dann einmal wieder die Digitalisierung in Deutschland und ich habe es bewusst, auf zwei lokale Beispiele aus Darmstadt herunter gebrochen, die ich in diesem Blogbeitrag behandelt habe. Bei Digitalisierung geht es nicht immer um die ganz großem Themen wie Gesundheits- oder Schulwesen – die bleiben wichtig. Es geht auch um die Praxis vor Ort und ist oft ernüchternd praktisch. Warum sind Ämter der Stadt Darmstadt nicht in der Lage, eine Serviceanfrage schnell einmal per E-Mail zu beantworten? Warum müssen sie einen Brief per Post schicken? Sind es Vorschriften, die das vorgeben, oder ist es die persönliche Schere im Kopf? Das sind auch echte Fragen, die sich Lars und ich im Pod-/Videocast gestellt haben und wir sind für entsprechende Aufklärung sehr dankbar.

Digitalisierung fängt ganz unten an, so der Punkt den ich machen will. Im Kopf jedes:r Beamten:in, jedes:r Amtsleiters/in und jedes:r Bürgermeisters:in. Genau dort muss es anfangen im persönlichen, praktischen, bürgernahen Handeln. Große Digitalisierungsvorhaben – wie die Digitalstadt Darmstadt – auf kommunaler Ebene sind auch wichtig, aber es geht nicht ohne Änderungen vor Ort in den Ämtern.

Mit diesem Plädoyer wünschen Lars und ich eine frohe, gesunde Woche und ich hoffe inständig, dass die Schulöffnungen nicht zu einem Bumerang werden.

Und natürlich gibt es #9vor9 auch wieder als Podcast auf den bekannten Plattformen und hier im Netz.

(Stefan Pfeiffer)

P.S. Wir konnten es uns nicht verkneifen, diesmal beim Thema Down Under einige Zitate aus den Känguru-Chroniken von Marc-Uwe Kling zu verbraten. Immer wieder ein Gedicht. Oder mit Heinz Erhardt: Noch ein Gedicht.

Das Tolle am Internet ist, dass endlich jeder der ganzen Welt seine Meinung mitteilen kann. Das Furchtbare ist, dass es auch jeder tut. Internet

Marc-Uwe Kling in Die Känguru-Chroniken – Ansichten eines vorlauten Beuteltiers

Zitate und Sprüche aus Die Känguru-Chroniken | myZitate

Es ist kompliziert – Urheberrecht, die Plattformen und die Bagatellschranke – Eines der Themen von #9vor9

26. Januar 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Und natürlich kamen wir bei #9vor9 nicht um ein Digitalthema der Woche herum: Nach den Plaudereien von Herrn Ramelow wird natürlich diskutiert, wie sich Politiker (und generell jeder „Geheimnisträger“, prinzipiell jeder) auf Clubhouse (und eigentlich allen öffentliche Medien) verhalten sollte. Clubhouse-Room mit 1.000 Teilnehmer:innen ist Öffentlichkeit. Punkt. Und da helfen auch Klugscheißereien, dass Informationen vertraulich blieben, wenn man sage, dies sei „off the records“, von angeblich so kompetentn Beratern nicht. Auch dann wäre das bei der Anzahl von Zuhörer:innen durchgesickert. Manche sogenannte PR Berater:innen haben es auch noch nicht verstanden. Damit sei aber an dieser Stelle genug. Nur eine Randbemerkung: Twitter stellt gerade eine potentielle Alternative namens Twitter Spaces – hier ein erster Eindruck von Ralph Kühnl – Betatestern zur Verfügung. Und mache läuten schon das Ende von Clubhouse ein. Sehe ich nicht so.

Im Zentrum unserer Sendung stand das leider sehr komplexe Thema Urheberrecht angestoßen durch das Streitgespräch auf Zeit online und in DIE ZEIT zwischen Rezo und einem der FAZ-Herausgeber Carsten Knop. Und leider ist das Thema nicht einfach und auch kein deutsches oder europäisches Problem, wie wir an den Urheberrechtsdiskussionen rund um Google in Australien sehen. Würde Google wirklich so weit gehen und Australien quasi dicht machen, wenn dort Lizenzgebühren an die Verlage gezahlt werden müssten? Geht ein Leben ohne Google (Search) überhaupt?

„Kann es sein, dass es ist wie im Casino, am Ende gewinnt immer Google?“, fragt der:die Interviewer:in von Zeit Online auch Rezo und Carsten Knop. Dem scheint wohl so zu sein und in einem sind sich Verlage, Kreative und ie Netzgemeinde einig: Man will die Rechte gegenüber Plattformen wie Google eben stärken. Das Wie scheint der Knackpunkt zu sein. Sind es Uploadfilter, die durch ihre Algorithmen verhindern, dass lizenzrechtlich fragwürdige Inhalte hochgeladen werden? Werden dadurch vielleicht „Kreative“ behindert und es kommt zum Oberblocking?

Uploadfilter sind nicht neu. Man sieht keinen nackten Busen auf Facebook … Auch rund um die Veröffentlichung rechter Hetze und generell von Hassrede sind sie – zusätzlich zu Content-Moderator:innen – im Gespräch. Aber natürlich müssen Algorithmen immer wieder überprüft und gegebenenfalls justiert werden, denn es hat sich auch gezeigt, dass sie fehlerhaft oder auch diskriminierend sein können. Ohne sie wird es aber wahrscheinlich nicht gehen.

Man wird angesichts der wirklich komplexen Situation – Carsten Knop spricht von einem Gestrüpp rund um Urheberrechte, in dem man sich verheddert – Kompromisse finden müssen. Und wenn es statt der 1.000 Zeichen eines Zeitungsartikels, die man zitieren darf, dann nun nur 500 Zeichen sein dürfen, wäre das aus meiner Sicht auch ok. Die Bundesregierung scheint sie – auf wessen Druck wohl? – noch enger fassen zu wollen. Im Tagesspiegel Background Digitalisierung & KI vom 26. Januar 2021 wird von maximal  160 Zeichen eines Textes, von 15 statt ursprünglich 20 Sekunden eines Videos und einer Dateigröße von 125 Kilobyte Datengröße statt vormals 250 Kilobyte bei Fotos geschrieben. Da haben die Lobbyisten wohl kräftig gewirkt, wenn es dazu kommen sollte aus meiner Sicht zu kräftig. Man wird wohl eine Bagatellschranke definieren müssen und ich bin bei Rezo, dass man das alltägliche Verhalten der meisten Bürgerinnen und Bürger legalisieren und Meinungsfreiheit nicht beschneiden sollte. Vor allem sollte es für genau diese Zielgruppe einfach und verständlich formuliert und kommuniziert werden.

Auch steht außer Frage, dass die Plattformen stärker reguliert und in die Pflicht genommen werden sollten. Dass gilt auch für die Verwendung und Veröffentlichung von urheberrechtlich geschützten Inhalten. Können die Plattformen aktiv auf die Inhaber von Inhalten (Texte, Bilder, Videos) zugehen und sich die Rechte einholen, etwas zu veröffentlichen, gegebenenfalls etwas zahlen? Carsten Knop will die Plattformen aus dieser Verantwortung nicht entlassen. Es ist und bleibt komplex: Meinungsfreiheit der Bürger:innen und der Netzgemeinde auf der einen Seite, berechtigtes Interesse von Verlagen und auch Kreativen an ihren Inhalten auf der anderen Seite und von eigentlich fast allen gewollt die stärkere Regulierung und auch „Besteuerung“ der Plattformen stehen in Wechselwirkung.

Ich gebe auch zu, dass ich das Gejammere vieler Verlage und entsprechender Interessenvertreter, die von einem Plattformschutzgesetz fabulieren, nur sehr eingeschränkt akzeptieren. Hier wurden über Jahre entsprechende neue Modelle zur Monetarisierung der Inhalte meist nicht durchdacht. Das gilt übrigens auch und gerade für die Lokalberichterstattung. Und immer wieder Bezahlschranken an jeder Ecke einzurichten und bindende Abonnements zu fordern, um an Inhalte zu kommen, kann aus meiner Sicht weiterhin nicht die Lösung sein. Doch das ist ein anderes (aber naheliegendes) Thema.

Lars hat dann noch die Newsletter-Plattform Substack ins Gespräch gebracht. In einem vom ihm zitierten Beitrag werden E-Mail-Newsletter als zukunftsträchtiges Medium definiert, ein Medium, dass in der Aufmerksamkeitspotenzierungsökonomie der sozialen Medien nicht so leicht zu manipulieren sei. Die Renaissance des E-Mails Newsletters ante portas, einem Kommunikationskanal, den gerade wir Marketers schon fast zwei Jahrzehnte bedient haben, vielleicht sogar als old-fashioned vergessen haben. Nein, so weit würde ich nicht gehen, wenn ich mir so meinen Posteingang betrachte. Der Newsletter als Alternative zu traditionellen Medien und Chance für den Lokaljournalismus? Auch da habe ich Fragezeichen in den Augen.

Last but not least noch ein Hinweis von mit auf den FAZ Digitec Podcast, bei dem Carsten Knop – schon wieder der 😉 – und Alexander Armbruster quasi einen Nachbarn von mir zu Besuch hatten: Stefan Schigg von der Software AG (deren Hauptquartier knappe 500 Meter von unserer Wohnung entfernt liegt). Da kommen einige knackige Aussagen dabei heraus, Der Zug für Hyperscaler, die großen weltweit präsenten Cloud-Anbieter, die überall ihre Rechenzentren haben, sei vorbei. Da könne man nicht mehr nachziehen, einfach zu teuer, eine solche Infrastruktur neu aufzubauen. Den Deutschen (und Europäern) bliebe es nur, Nischenmärkte zu bedienen und dort Lösungen anzubieten. Im Gespräch kam dann auch die europäische Cloud-Initiative Gaia-X nicht gut weg, an der jetzt ja auch die Hyperscaler partizipieren. Da haben Lars und ich auf jeden Fall nochmals Nachholbedarf und ein Experte müsste uns aufklären. Vielleicht finden wir ja einen Gast für #9vor9 aus dem Gaia-X-Umfeld. Gerne melden!

In diesem Sinne eine gute Woche – und die Podcastversion nicht vergessen:

Und natürlich gibt es #9vor9 auch wieder als Podcast auf den bekannten Plattformen und hier im Netz.

Und versprochen, wir merken uns jetzt: Bodo Ramelow gleich MP von Thüringen.

Lars & Stefan

Lesezeichen: Die EU-Urheberrechtsreform, die VG Bild-Kunst und YouTube ist kein Rundfunk

9. April 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Zum Thema EU-Urheberrechtsreform empfehle ich diesen Beitrag von Johannes Börnsen der seit 8 Jahren Videos für heise online und das c’t Magazin dreht, schneidet und vertont. Er wollte Mitglied bei der VG (Verwertungsgesellschaft) Bild-Kunst werden, nicht riskieren, dass seine für heise und c’t produzierten Videos gesperrt werden und an der Urheberrechtsabgabe der VG Bild-Kunst partizipieren. Von wegen:

Die Ernüchterung folgt schnell: Bewegtbild fällt nicht in Gruppe II (Bild) und für Gruppe III zählen nur Veröffentlichungen in klassischen TV-Sendern, die Liste könne ich auf der Webseite einsehen. Youtube sei schließlich kein Rundfunk.

Wie jetzt? Ich bin Urheber, … Trotzdem soll ich aber nicht in den Genuss der Ausschüttungen und der Lizenzierung kommen, …? Warb die VG Bild-Kunst nicht gerade noch für eine faire Anerkennung der Leistungen von Urhebern? …

Langsam beschleicht mich das ungute Gefühl, dass es bei dieser Reform nicht um den Schutz der Urheber geht. Vielmehr soll sie wohl Geld von Youtube und Co. in die Kassen der Verwertungsgesellschaften spülen.

Quelle: Kommentar zur EU-Urheberrechtsreform: Mit zweierlei Maß | heise online