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Wir liberalen Demokraten dürfen den Radikalen nicht den wichtigsten Debattenort unserer Zeit überlassen: das Social Web (frei nach Thomas Knüwer)

8. Januar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Als es bei mir im Dezember innerlich brodelte und ich scheinbar vor Robert Habeck darüber nachdachte, ob ich denn WhatsApp, Instagram und Facebook weiter nutzen sollte, hatte es andere Gründe: Die Datenschutzpraktiken von Facebook erscheinen mir unakzeptabel. Trotz Anhörungen vor diversen Institutionen wurde an den Praktiken offensichtlich nicht wirklich viel geändert. Nach den Enthüllungen der New York Times habe ich dann den Stecker gezogen.

Also ehrlich gesagt, einen Stecker könnte ich wieder einstecken, denn mein Facebook-Konto ist deaktiviert und nicht final gelöscht. Der oft unterbrochene Kontakt mit Freunden und Bekannten weltweit, die vermutete Bedeutung von Facebook als Multiplikator in sozialen Medien und die wenn auch kleine Hoffnung, dass sich was ändern könnte, sind der Grund dafür. Kartellamtschef Andreas Mundt scheint ja auch entschlossen und überzeugt zu sein, Datenschutzforderungen gegen Facebook durchsetzen zu können.

Jetzt bewegt der „Hackerangriff“ auf Politiker und Prominente die Medien. Wie bemerkt der Spiegel korrekt: „Der treffendere Begriff, für das was geschehen ist, lautet „Doxing“. Doxing steht für das Öffentlichmachen von Daten über Personen – meist mit dem Ziel, ihnen zu schaden oder sie angreifbar zu machen.“ Und heute morgen wurde dann auch ein Tatverdächtiger verhaftet. Warten wir ab, was dabei herauskommt, ob es wirklich nur ein Einzeltäter war und viele der Säue, die durch das Dorf getrieben wurden, ebensolche waren.

Bedenklich ist das Geschehen auf jeden Fall und der einzig positive Seiteneffekt könnte sein, dass sich viele Politker/innen, Prominente und Bürger/innen mit dem Thema Datenschutz beschäftigen und über Passwörter, 2-Faktor-Authentifizierung, regelmässige Updates und gesundes Misstrauen beim Öffnen verdächtiger E-Mails nachdenken. Hier nochmals zwei Links zum Thema:

Das Geschehen hat übrigens auch bei mir gewirkt. Auch ich war hier und das zu lax. un habe ich meine Passwörter fast überall geändert und wo möglich besagte 2-Faktor-Authentifizierung eingerichtet.

Anyway. Twitter stand bei mir übrigens nie zur Disposition. Meine Erfahrungen sind im Gegensatz zu denen von Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck positiv.

Twitter ist, wie kein anderes digitales Medium so aggressiv und in keinem anderen Medium gibt es so viel Hass, Böswilligkeit und Hetze. Offenbar triggert Twitter in mir etwas an: aggressiver, lauter, polemischer und zugespitzter zu sein — und das alles in einer Schnelligkeit, die es schwer macht, dem Nachdenken Raum zu lassen. Offenbar bin ich nicht immun dagegen.

Und ich gebe zu, dass ich froh war, meine Erfahrungen und Beobachtungen immerhin einiger Jahre – ich bin seit Oktober 2008 auf Twitter – von Klaus Eck und auch Thomas Knüwer bestätigt zu bekommen.

Über 90 Prozent der Kommunikation im Social Web sind neutral bis positiv, es gibt so viel häufiger Flauschstürme als Shitstorms. Twitter ist kein Hort der Aggression, sondern ein Ort des Lachens, Liebens, der Kreativität und der Bürgerrechte.

über Robert Habecks Twitter-Rückzug: ein Abbild des Fehlers deutscher Eliten – Indiskretion Ehrensache – Thomas Knüwer

Auch ich habe Twtter nicht als agressives Umfeld erlebt, aber bin – wie ich bei Klaus kommentiert habe – sicherlich nicht in der exponierten Situation eines Robert Habeck, einer Dunya Hayali und anderer Prominenter, die Hasskommentare ertragen müssen. Nun schreiben beide, Klaus und Thomas, die ja auch Unternehmen im Bereich Social Media beraten, der Ausstieg von Robert Habeck sei falsch. Als Politiker in dieser Position habe man ein Team, das einem schütze und die sozialen Konten betreue. Es sein ein Trugschluss, dass man das noch nebenbei machen könnte.

[Bleibt für uns Emma und Otto Normalsurfer/in die Herausforderung, in Fällen von Hasskommentaren ruhig und besonnen zu reagieren. Ich glaube, dass dies die einzig richtige Reaktion ist und kenne von mir selbst, dass mein Blut zu leicht in Wallung gerät. Also „calm down“, nicht gleich antworten (gilt generell, nicht für Twitter, sondern auch „old-fashioned“ E-Mail) und zur Not Trolle und Deppen blocken. Da haben wir ja das Recht dazu, wie es Sascha Lobo so schön schreibt.]

Kann sich ein Politiker wie Habeck den Ausstieg eigentlich leisten? Er selbst hat geschrieben:

Kann sein, dass das ein politischer Fehler ist, weil ich mich der Reichweite und der direkten Kommunikation mit doch ziemlich vielen Menschen beraube. Aber ich weiß, dass es ein größerer Fehler wäre, diesen Schritt nicht zu gehen.

Zumindest finde ich es mutig, seine Zweifel und “Fehler” öffentlich zu machen. Trotzdem scheint mir der Schritt etwas zu spontan und ich glaube auch, dass wir „Sympathieträger“ wie Habeck, generell die gewählten oder gerne gewählt werden wollenden Politiker in den sozialen Medien brauchen. Gerade weil wir derzeit nicht wissen, wie es mit den sozialen Medien als Bestandteil der politischen Diskussion weiter geht.

Thomas stellt den Austritt von Habeck in seinem Beitrag in einen größeren, meiner Ansicht nach noch wichtigeren Zusammenhang: Das deutsche Bildungsbürgertum drücke sich seit 20 Jahren vor dem Social Web, da es dort anstrengend sei und man seine eigene Filterblase verlassen müsse:

Mit dieser Einstellung haben die liberalen Demokraten in Deutschland der AFD den wichtigsten Debattenort unserer Zeit überlassen: das Social Web

über Robert Habecks Twitter-Rückzug: ein Abbild des Fehlers deutscher Eliten – Indiskretion Ehrensache – Thomas Knüwer

Da ist sicher was dran.

Und jetzt mache ich die Rolle rückwärts zu meiner Stilllegung von Facebook. Wir haben hier zwei Motive, Facebook als einen der führenden Kanäle (und Datenkraken) zu verlassen. Robert Habeck ist wohl eher wegen der Umgangsformen, auch seiner eigenen, in sozialen Medien gegangen. Ich habe Facebook verlassen, weil ich mit den Datenschutzpraktiken nicht einverstanden bin und für mich und mein Umfeld ein entsprechendes Zeichen setzen will. Dabei respektiere ich natürlich die Haltung anderer – wie eines Gunnar Sohns -, der nach dem Stinkbombenprinzip Facebook ausräuchern will.

Ich hoffe immer noch als alter Idealist und Befürworter eines freien Netzes an eine konstruktive Rolle im aktuellen Strukturwandel der Öffentlichkeit.  Zumindest versuche ich meinen Teil beizutragen, auch wenn es derzeit nicht auf Facebook ist.

(Stefan Pfeiffer)

 

 

Wir liberalen Demokraten dürfen den Radikalen nicht den wichtigsten Debattenort unserer Zeit überlassen: das Social Web (frei nach Thomas Knüwer)

8. Januar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Als es bei mir im Dezember innerlich brodelte und ich scheinbar vor Robert Habeck darüber nachdachte, ob ich denn WhatsApp, Instagram und Facebook weiter nutzen sollte, hatte es andere Gründe: Die Datenschutzpraktiken von Facebook erscheinen mir unakzeptabel. Trotz Anhörungen vor diversen Institutionen wurde an den Praktiken offensichtlich nicht wirklich viel geändert. Nach den Enthüllungen der New York Times habe ich dann den Stecker gezogen.

Also ehrlich gesagt, einen Stecker könnte ich wieder einstecken, denn mein Facebook-Konto ist deaktiviert und nicht final gelöscht. Der oft unterbrochene Kontakt mit Freunden und Bekannten weltweit, die vermutete Bedeutung von Facebook als Multiplikator in sozialen Medien und die wenn auch kleine Hoffnung, dass sich was ändern könnte, sind der Grund dafür. Kartellamtschef Andreas Mundt scheint ja auch entschlossen und überzeugt zu sein, Datenschutzforderungen gegen Facebook durchsetzen zu können.

Jetzt bewegt der „Hackerangriff“ auf Politiker und Prominente die Medien. Wie bemerkt der Spiegel korrekt: „Der treffendere Begriff, für das was geschehen ist, lautet „Doxing“. Doxing steht für das Öffentlichmachen von Daten über Personen – meist mit dem Ziel, ihnen zu schaden oder sie angreifbar zu machen.“ Und heute morgen wurde dann auch ein Tatverdächtiger verhaftet. Warten wir ab, was dabei herauskommt, ob es wirklich nur ein Einzeltäter war und viele der Säue, die durch das Dorf getrieben wurden, ebensolche waren.

Bedenklich ist das Geschehen auf jeden Fall und der einzig positive Seiteneffekt könnte sein, dass sich viele Politker/innen, Prominente und Bürger/innen mit dem Thema Datenschutz beschäftigen und über Passwörter, 2-Faktor-Authentifizierung, regelmässige Updates und gesundes Misstrauen beim Öffnen verdächtiger E-Mails nachdenken. Hier nochmals zwei Links zum Thema:

Das Geschehen hat übrigens auch bei mir gewirkt. Auch ich war hier und das zu lax. un habe ich meine Passwörter fast überall geändert und wo möglich besagte 2-Faktor-Authentifizierung eingerichtet.

Anyway. Twitter stand bei mir übrigens nie zur Disposition. Meine Erfahrungen sind im Gegensatz zu denen von Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck positiv.

Twitter ist, wie kein anderes digitales Medium so aggressiv und in keinem anderen Medium gibt es so viel Hass, Böswilligkeit und Hetze. Offenbar triggert Twitter in mir etwas an: aggressiver, lauter, polemischer und zugespitzter zu sein — und das alles in einer Schnelligkeit, die es schwer macht, dem Nachdenken Raum zu lassen. Offenbar bin ich nicht immun dagegen.

Und ich gebe zu, dass ich froh war, meine Erfahrungen und Beobachtungen immerhin einiger Jahre – ich bin seit Oktober 2008 auf Twitter – von Klaus Eck und auch Thomas Knüwer bestätigt zu bekommen.

Über 90 Prozent der Kommunikation im Social Web sind neutral bis positiv, es gibt so viel häufiger Flauschstürme als Shitstorms. Twitter ist kein Hort der Aggression, sondern ein Ort des Lachens, Liebens, der Kreativität und der Bürgerrechte.

über Robert Habecks Twitter-Rückzug: ein Abbild des Fehlers deutscher Eliten – Indiskretion Ehrensache – Thomas Knüwer

Auch ich habe Twtter nicht als agressives Umfeld erlebt, aber bin – wie ich bei Klaus kommentiert habe – sicherlich nicht in der exponierten Situation eines Robert Habeck, einer Dunya Hayali und anderer Prominenter, die Hasskommentare ertragen müssen. Nun schreiben beide, Klaus und Thomas, die ja auch Unternehmen im Bereich Social Media beraten, der Ausstieg von Robert Habeck sei falsch. Als Politiker in dieser Position habe man ein Team, das einem schütze und die sozialen Konten betreue. Es sein ein Trugschluss, dass man das noch nebenbei machen könnte.

[Bleibt für uns Emma und Otto Normalsurfer/in die Herausforderung, in Fällen von Hasskommentaren ruhig und besonnen zu reagieren. Ich glaube, dass dies die einzig richtige Reaktion ist und kenne von mir selbst, dass mein Blut zu leicht in Wallung gerät. Also „calm down“, nicht gleich antworten (gilt generell, nicht für Twitter, sondern auch „old-fashioned“ E-Mail) und zur Not Trolle und Deppen blocken. Da haben wir ja das Recht dazu, wie es Sascha Lobo so schön schreibt.]

Kann sich ein Politiker wie Habeck den Ausstieg eigentlich leisten? Er selbst hat geschrieben:

Kann sein, dass das ein politischer Fehler ist, weil ich mich der Reichweite und der direkten Kommunikation mit doch ziemlich vielen Menschen beraube. Aber ich weiß, dass es ein größerer Fehler wäre, diesen Schritt nicht zu gehen.

Zumindest finde ich es mutig, seine Zweifel und “Fehler” öffentlich zu machen. Trotzdem scheint mir der Schritt etwas zu spontan und ich glaube auch, dass wir „Sympathieträger“ wie Habeck, generell die gewählten oder gerne gewählt werden wollenden Politiker in den sozialen Medien brauchen. Gerade weil wir derzeit nicht wissen, wie es mit den sozialen Medien als Bestandteil der politischen Diskussion weiter geht.

Thomas stellt den Austritt von Habeck in seinem Beitrag in einen größeren, meiner Ansicht nach noch wichtigeren Zusammenhang: Das deutsche Bildungsbürgertum drücke sich seit 20 Jahren vor dem Social Web, da es dort anstrengend sei und man seine eigene Filterblase verlassen müsse:

Mit dieser Einstellung haben die liberalen Demokraten in Deutschland der AFD den wichtigsten Debattenort unserer Zeit überlassen: das Social Web

über Robert Habecks Twitter-Rückzug: ein Abbild des Fehlers deutscher Eliten – Indiskretion Ehrensache – Thomas Knüwer

Da ist sicher was dran.

Und jetzt mache ich die Rolle rückwärts zu meiner Stilllegung von Facebook. Wir haben hier zwei Motive, Facebook als einen der führenden Kanäle (und Datenkraken) zu verlassen. Robert Habeck ist wohl eher wegen der Umgangsformen, auch seiner eigenen, in sozialen Medien gegangen. Ich habe Facebook verlassen, weil ich mit den Datenschutzpraktiken nicht einverstanden bin und für mich und mein Umfeld ein entsprechendes Zeichen setzen will. Dabei respektiere ich natürlich die Haltung anderer – wie eines Gunnar Sohns -, der nach dem Stinkbombenprinzip Facebook ausräuchern will.

Ich hoffe immer noch als alter Idealist und Befürworter eines freien Netzes an eine konstruktive Rolle im aktuellen Strukturwandel der Öffentlichkeit.  Zumindest versuche ich meinen Teil beizutragen, auch wenn es derzeit nicht auf Facebook ist.

(Stefan Pfeiffer)

 

 

DSGVO: Jetzt nicht das Datenschutz-Schwänzchen wieder einziehen

8. Januar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Wenn aber nicht einmal ein avanciertes und großes Tech-Unternehmen wie Amazon Fehler beim Erteilen einer solchen Datenauskunft ausschließen kann, stellt sich die Frage: Wie sieht es dann erst bei kleineren, weniger im Fokus der Öffentlichkeit stehenden Firmen aus?

über Amazon: Die Daten des Anderen | ZEIT ONLINE

So schließt ihren Beitrag in der ZEIT über die Datenpanne bei Amazon, wo persönliche Daten anderer Anwender „aus menschlichem Versagen“ an einen User gingen, der seine persönlichen Daten gemäß Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) bei Amazon angefordert hatte.

In diesem Absatz klingt mir mehr oder weniger deutlich durch, dass Unternehmen mit der Datenschutzgrundverordnung überfordert würden. Es fehlt quasi unausgeschrieben nur der Satz, dass man die Regulierungen lockern oder aufheben müsse. Da stellt sich mir doch die Frage, ob hier nicht die falsche Schlussfolgerung suggeriert wird. Es sollte meiner Meinung nach keine Frage sein, dass ich erfahren kann, was Unternehmen mit meinen Daten tun und diese Auskunft zeitnah einholen können muss. Für mich ist auch nur zu logisch, dass ich auf eine Löschung meiner Daten bestehen kann.

Die Datenschutzgrundverordnung sollte weiter nachgebessert werden. Ich bin da bei Ulrich Kelber, der das auch für das NetzDG fordert und der DSGVO zu einer positiveren Wahrnehmung verhelfen will. Im Gespräch mit Legal Tribune Online nimmt er explizit Stellung angesichts des massiven Anstiegs von Beschwerden:

Sie zeigt, dass die DSGVO noch mal eine Initialzündung war, sich überhaupt mit Datenschutz zu beschäftigen. Erfreulich sind auch Anzeichen, dass die Unternehmen seit Geltung der DSGVO mit Datenschutzpannen wesentlich transparenter umgehen. …

Ich werde mich zunächst mit der Fachebene austauschen und die für Ende 2019 erwarteten, ersten Ergebnisse der DSGVO-Evaluierung abwarten. Erst dann werde ich Vorschläge machen, wie sich z.B. an der einen oder anderen Stelle bürokratischer Aufwand vermeiden lässt.

über Neuer Datenschutzbeauftragter kritisiert WhatsApp

Potentielle Strafen sollte mit Augenmaß auferlegt werden und auch zeitliche Fristen können verlängert werden. Für mich ist jedoch keine Frage, dass die gerade erwähnten Rechte jeder/em Bürger/in zustehen. Die Unternehmen – gerade auch die großen Konzerne – haben dies über Jahre ignoriert, weil es keine entsprechend vergleichbaren Rechte, wie sie die DSGVO formuliert, gab. Jetzt müssen der IT- und Datensammel-Systeme nachgebessert werden, mit Maß und entsprechender zeitlicher Frist. Doch sollten wir nicht wieder zurückrudern, nicht das Datenschutzschwänzchen zu früh und unbedacht einziehen. Das hätten einige Konzerne sehr gerne. Der Umgang mit Daten wird die kommenden Jahre prägen. Deshalb müssen jetzt Pflöcke eingeschlagen, wo nötig nachgebessert werden!

P.S. Übrigens habe ich über Falk Hedemann noch diesen Tweet gefunden. Spricht für sich

(Stefan Pfeiffer)

Müssen wir Heimarbeit als „Grundrecht“ vorschreiben, damit Unternehmen und Chefs die Vorteile endlich verstehen?

6. Januar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Ich bin ein glühender Befürworter des Home Office. Wege ins Büro, Staus auf den Strassen, verspätete Züge und „Öffentliche“ sind verlorene Lebenszeit. Und es gibt aus meiner Sicht viele Dinge, die man genauso oder sogar konzentrierter und besser im Home Office tun kann. Selbst die Zusammenarbeit im Team ist in der Regel kein Problem, da heutzutage die Werkzeuge für Videogespräche und -konferenzen, Messenger und moderne Collaborations-Werkzeuge verfügbar sind, um in Echtzeit zu kommunizieren und Informationen zu teilen. Nun macht die SPD ein Fass auf und will ein Recht auf Home Office für alle Arbeitnehmer gesetzlich durchsetzen. Die Holländer haben es uns bereits vorgemacht. Dort gibt es eine entsprechende Regelung.

Vor allem aber ist auch in Deutschland ein Nachholbedarf da: Laut D21 Digital Index mit Fokus „Digitales Arbeiten“ und „Künstliche Intelligenz“ liegen riesige Potenziale mobilen Arbeitens in Deutschland noch immer brach. Bezogen auf die Erwerbspersonenzahl von 44 Millionen könnten – so der Index – mindestens 15 Millionen Erwerbstätige Zeit und Kosten sparen könnten, wenn ihnen die Möglichkeit zum mobilen Arbeiten eingeräumt würde. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen …

Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) scheitert der Wunsch nach Heimarbeit meist an den Vorgesetzten. Die Notwendigkeit des selbständig handelnden und denkenden Mitarbeiter, von Vertrauenskultur und Vertrauensarbeitszeit, von familien- und mitarbeiterfreundlichem Home Office, mobiles Arbeiten wird hohchglanz öffentlich postuliert. Doch in Wahrheit dominieren nur zu oft verkrustete Strukturen, das Beharrungsvermögen und die Angst um die eigene Position in der Hierarchie nicht. Oder aber es wird die Abschaffung der Heimarbeit vorgeschoben, um andere Ziele zu erreichen. Wir optimieren, automatsieren und sparen …

Ob es nun der Wunsch nach Kontrolle oder ein wirklicher Glaube daran ist, dass man zusammen im Büro produktiver arbeitet, sei dahin gestellt. Für mich ist die Forderung nach Präsenz im Büro in einer globalisierten Welt, wo Teams oft weltweit verstreut sind und trotzdem miteinander arbeiten müssen, obskur und von gestern. Viel wichtiger ist in der heutigen digitalen Welt, dass die richtigen Talente konstruktiv und kreativ an den wichtigen Projekten arbeiten, dafür die besten Werkzeuge haben und so ein Unternehmen voran bringen. Wild Ducks und Change Agents sperrt man nicht ins Großraumbüro.

Um es nochmals aus meiner Sicht in die richtige Perspektive zu rücken: Home Office sollte sein, aber ich bin auch durchaus davon überzeugt, dass sich Teams, die zusammen arbeiten, nach Möglichkeit regelmäßig in persona treffen sollten. Das eine ist kein Widerspruch zum anderen. Aber Anwesenheit im Büro vorzuschreiben, ist sicher nicht mehr zeitgemäß. Die ganze Diskussion um Home Office versus Arbeiten im Büro geht am Thema komplett vorbei. Eine Spiegelfechterei. Es geht um die intelligente Mixtur.

Braucht es nun Gesetze, um überhaupt einen Fortschritt in Deutschland zu erzielen? Björn Böhning, Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, scheint davon überzeugt. Geht es nach seinen Vorstellungen, ist Heimarbeit generell erlaubt und Unternehmen sollen begründen müssen, warum Heimarbeit nicht möglich ist. Natürlich schreien unternehmerfreundliche Publikationen und Politiker auf: Hendrik Wiedulwit kommentiert in der FAZ unter der Überschrift Freiheit mit der Peitsche, dass die Forderung nach Präsenz im Büro zu unternehmerischer Freiheit gehöre, selbst wenn ein Chef aus bloßer Tradition an Präsenzzeiten daran festhalte. Selbst in einen Technologiekonzernen rudere man zurück zur Präsenz im Büro. Dass es auch andere Technologiekonzerne gibt, die die Zeichen der Zeit verstanden haben, ignoriert er geflissentlich.

Ich bin zwiegespalten. Unter normalen Umständen würde ich dafür plädieren, Unternehmen die Entscheidung zu überlassen und auf den gesunden Menschenverstand zu vertrauen. Doch andererseits scheint der oft genug bei Unternehmensführern ausgeschaltet zu werden, die brachial per „Order Mufti“ Arbeit im Büro einfordern, auch wenn es genug Gründe dagegen und für Heimarbeit – besser mobiles Arbeiten, wo man gerade ist – gibt. Umweltbewusstsein, Familienfreundlichkeit, Diversity, höhere Motivation und Leistungsbereitschaft, ja sogar freiwillige höhere Arbeitszeiten werden nur zu oft einfach ignoriert und über Bord geworfen.

Da fragt man sich dann doch, ob der Ansatz von Böhning was für sich hat, dass Unternehmen umgekehrt argumentieren müssen, warum es keine Heimarbeit geben soll. Ja, ich habe trotzdem weiter Zweifel: Wer soll dann entscheiden, ob oder ob nicht Home Office erlaubt wird? Wie werden Arbeitnehmer, die auf Heimarbeit bestehen, gegen Repressionen geschützt? Wie könnte so etwas ohne endlose Genehmigungsprozesse umgesetzt werden? Fragen über Fragen. Ich bin auf Eure Meinungen gespannt.

(Stefan Pfeiffer)

Der Beitrag repräsentiert natürlich nur meine private, persönliche Meinung.

„Meine“ IT angesichts von Amazon, Google, Facebook und Microsoft: Was ich benutze und was man im Sinn von Datenschutz einstellen könnte …

6. Januar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Das Thema Datenschutz und die „Verfehlungen“ der GAFAM-Konzerne* ist latent Thema hier im Blog, aktuell in einem längeren Beitrag. Dort referenziere ich auf den Beitrag von Michael Kroker, den er gerade in der WiWo veröffentlicht hat. Dort enthalten ist auch eine Infografik – hier am Ende dieses Beitrags – mit Hinweisen, wie man ohne die verschiedenen Plattformen zu verlassen, zumindest die Datenschutz-Einstellungen schärfen kann, um möglichst wenig Datenspuren zu hinterlassen.

Hier einmal meine Alternativen und Einstellungen, die sicher noch optimierbar sind. Das gilt übrigens immer. Augen immer offen halten und nachbessern. Facebook, Instagram und WhatsApp habe ich ja verlassen oder ersetzt. Mein Ersatz für WhatsApp ist Signal, eine Open Source-Lösung, die sichere End-2-End-Verschlüsselung bietet. Ich folge hier der Empfehlung von Volker Weber, Thomas Cloer und dem Bericht von Michael Spehr  in der FAZ:

Es ist der Messenger, den Edward Snowden wiederholt empfohlen hat, es ist der Favorit der Netzelite. Die Software ist Open Source und auf Github verfügbar, also einsehbar, im Unterschied etwa zu Telegram (100 Millionen Nutzer) oder Threema, deren Sicherheitsversprechen man glauben muss, weil man sie nicht prüfen kann. Threema mit fünf Millionen Nutzern hat zudem ein weiteres Problem: Die geplante Schweizer Vorratsdatenspeicherung würde das Unternehmen zwingen, nahezu sämtliche Kommunikationsdaten den staatlichen Behörden herauszugeben.

über Whatsapp-Alternativen wie Signal Messenger im Überblick – FAZ

Klar, man muss seine Kommunikationspartner erst einmal überzeugen, Signal zu installieren und man bekommt natürlich immer wieder auch die Nachricht, dass man ja schon Telegram oder Threema habe und nicht noch einen Messenger installieren wolle. Unter iPhone-Jüngern gibt es zudem noch die Alternative iMessage, mit der man Nachrichten austauschen kann, aber eben leider nur zwischen Apple-Jüngern.

Instagram habe ich quasi durch Pinterest ersetzt. Ehrlicherweise war ich eh nicht der Instagram-mer und bin jetzt mal gespannt, was so auf Pinterest geht. Thomas Knüwer schaut in die Glaskugel und schreibt:

2019 wird Instagram deshalb in der Bedeutung Facebook als Nummer-1-Plattform in der westlichen/industrialisierten Welt ablösen. Noch nicht in der Nutzungsintensität, da ist es noch ein weiter Weg, aber eben in der Mühe, die Menschen in Postings stecken und der gefühlten Bindung.

Doch es gibt noch so einen Happy Place und er wird 2019 nicht mehr so ignorant behandelt werden, wie bisher: Pinterest.

über Glaskugelige Kaffeesatzlesereien für 2019: Pinterest, Newsletter und ein düsteres Jahr für den Journalismus – Indiskretion Ehrensache

Tja, dann sind wir mal bei Facebook und man muss feststellen, dass es keine Alternative zu Facebook gibt. Alle Versuche, ein entsprechendes soziales Netzwerk mit privatem Touch zu etablieren, sind mehr oder weniger krachend gescheitert.

Echte Alternativen zu Facebook gibt es nicht: Konkurrenzprodukten fehlt schlicht die Nutzerzahl, um als soziales Netzwerk attraktiv zu sein. Wer sich der Datenkrake ganz entziehen will, dem bleibt nur, zu verzichten.

über Es gibt wohl keine echte Alternative zu Facebook | BR.de

Ich gebe auch jetzt schon zu, dass mit die Flachserei mit Freunden und Bekannten fehlt, aber das ist der Preis des Ausstiegs. Statt in Facebook werde ich wieder verstärkt auf XING und LinkedIn aktiv werden, auch wenn ich mit beiden Netzwerken nicht ganz glücklich bin. Beides sind eher berufliche Netzwerke an der Intersektion des Persönlichen und des Beruflichen. Und wie schreibt Hootsuite-CEO Ryan Holmes so schön zu LinkedIn: Es ist eine Plattform der Besserverdienenden und Wohlhabenden, um potentielle Kunden zu erreichen.

Mein Eindruck nach wenigen Tagen intensiver Nutzung: Mir gehen die werblichen Promotions und Veranstaltungshinweise doch sehr auf die Nerven. Ich habe den Eindruck, dass im Vergleich zu Facebook sogar noch mehr geworben wird. Vom Vorteil des „Content Powerhouses“ LinkedIn habe ich noch nicht so viel gespürt, aber vielleicht muss ich mehr darauf einlassen. Gestört hat mich bei LinkedIn Pulse schon einmal, dass Werkzeuge wie Hootsuite beziehungsweise mit dem Hootlet in Firefox, mit denen man Inhalte teilen kann, dort nicht zu funktionieren scheinen**. Es sieht so aus, als ob man nur die LinkedIn-internen Funktionen nutzen kann.

Und nun im Schweinsgalopp, kurz und knackig meine weiteren Werkzeuge:

Dazu gehört, dass zumindest jeder … wissen muss, wie Zwei-Faktor-Authentifizierung funktioniert, um das Kapern seiner Facebook- und E-Mail-Konten zu erschweren. Wie ein schwer zu knackendes Passwort aussehen muss, sollte in der digitalen Demokratie Grundwissen sein.sswort aussehen muss, sollte in der digitalen Demokratie Grundwissen sein.

Quelle: Die deutsche Politik braucht ein Sicherheitsupdate – Digital – Süddeutsche.de

  • Ich habe einen Passwort-Manager installiert (1Password). Anders ist die Flut der benötigten Passwörter gar nicht mehr zu managen und man wiederholt seine Passwörter dann automatisch.
  • Meine Hardware-Welt von Notebook über Tablet bis zu Smartphone (und Heimkomponenten) ist Apple only. Demzufolge nutze ich logischerweise kein Windows und brauche es auch nicht für die Arbeit oder privat. Und ja, man kann auch zu Apple eine kritische Meinung haben und ich bin da nicht blauäugig.
  • Leider nicht weg gekommen bin ich von Microsoft Office, vor allem aus Kompatibilitätsgründen zu den lieben Kolleginnen und Kollegen. Viele Anwendungen oder gar Unternehmen laufen auf Excel und Powerpoint
  • Und zum Abschluss: Meine Einkäufe bei Amazon habe ich 2018 drastisch reduziert und werde das auch in 2019 tun. Alexa und Echo sind für mich vor allem wegen fehlenden Vertrauens in Amazon eh kein Thema.

Aspekte wie die Router-Einstellungen meiner FritzBox und andere nette Details lasse ich an dieser Stelle mal weg. Auch gehören Dinge wie immer aktuell patchen und updaten, sichere Passworte und Authentifizierung und so weiter natürlich auch zum Thema Datenschutz. Hier hat der Spiegel einige Tipps zusammengestellt! Ich kann nur raten, sie zu befolgen.

Anregungen und Empfehlungen sind sehr willkommen.

Und hier die versprochene Infografik, die Michael Kroker veröffentlicht hat:

Design_How-to-be-Invisible-Online

* Für was steht GAFAM:

GAFA steht für Google, Apple, Facebook und Amazon. Vielleicht, weil sich GAFAM blöd anhört, ist Microsoft die zweifelhafte Ehre nicht vergönnt geblieben, Teil der GAFA-Liga zu sein. Die GAFA-Unternehmen sind durch die beschriebenen Phänomene so dominant geworden, dass inzwischen selbst marktliberale Stimmen wie der britische Economist eine Reform der Regulierung von Kartellen fordern, um die Macht der Tech-Konzerne zu bändigen.

über GAFA-Ökonomie: Warum Apple anders tickt als Facebook, Google und Amazon | t3n – digital pioneers

** Bin gerne vom Gegenteil zu überzeugen und würde natürlich dann den Beitrag korrigieren.

Offener Brief an die Verleger und Verlage: Hört vor allem online mit Euren Sch…-Aboangeboten auf und bietet ein zeitgemäßes, übergreifendes Angebot an!

4. Januar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Ich bin wirklich willens – und tue es auch -, für journalistische Beiträge, generell wertvolle und inspirierende Inhalte die mich interessieren, Geld zu bezahlen.

Ich bin aber nicht bereit, für jede Publikation – ob online oder Print – ein Abonnement anzuschliessen. Das wird mir zu teuer. Und das kann und will ich einfach nicht alles lesen.

Ich selektiere die Artikel, die mich interessieren. Ich stosse auf die Beiträge über Twitter, Twitter-Listen, meine Feeds in feedly oder Empfehlungen. Andere nutzen Facebook. Instagram, Xing, WhatsApp, LinkedIn … Das ist, wie heute Information konsumiert wird.

Liebe Verlage, kommt endlich aus Eurer Wagenburg raus. Die Welt hat sich geändert. Klassische Abos sind nicht mehr zeitgemäß und so werdet ihr noch weiter abnippeln.

Denkt mal über andere innovative Modelle nach. So schwer ist es nicht. Tut Euch zusammen. Schafft einen Pool, bei dem man Geld hinterlegt und dann verlagsübergreifend gezielt einzelne Artikel einkaufen kann. ICH würde das tun. VIELE, die ich kenne, würden das tun.

Und wenn Ihr ganz fortschrittlich seid, seid Ihr sogar mutig und baut eine Zufriedenheitskomponente ein. FLATTR gab es schon mal. Schon mal davon gehört? Nur war und ist die Bezahlung dort freiwillig. Denkbar, dass man für einen Artikel einen Basisbeitrag zahlt und wenn er einem besonders gut gefällt, zahlt man freiwillig mehr? Ich glaube, das könnte funktionieren.

Was gibt es denn zu verlieren? Einfach mal Rat einholen und schnell ausprobieren.

So verliert ihr immer mehr Leser.

In diesem Sinne

Stefan Pfeiffer

 

Datenschutz oder „Ich habe ja nichts zu verbergen“ oder was 2018 so passierte bei Amazon, Google, Facebook und Microsoft

3. Januar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Traurig, wie wenige sich Gedanken dabei um die Datenspur, die sie hinterlassen, machen: „Ich hab ja nichts zu verbergen.“ So haben auch viele Bekannte meinen Austritt aus Facebook, Instagram und WhatsApp kommentiert. Dabei gibt es gerade in 2018 genug Berichte über den Datenhunger und die Datenverwertung vor allem durch die GAFAM-Konzerne.

Amazon speichert mit jedem Klick nicht nur ein Datum und eine Uhrzeit, sondern auch den genauen Standort, den Internetanbieter und die entsprechende Ladezeit, berichtet Katharina Nocun auf dem Kongress des Chaos Computer Clubs in Leipzig. Außerdem wird protokolliert, auf welchen Webseiten man vorher unterwegs war. Weitere Pannen wie die versehentliche Weitergabe privater Daten an einen Kunden, der nach Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) seine Daten angefordert hatte, sind durch die Medien gegangen. Lapidare Entschuldigung an vielen Stellen: War doch nur menschliches Versagen. Kann ja jedem passieren.

Reto Stauffacher hat Mitte 2018 einen Test gemacht und eine Woche lang sämtliche Daten ausgewertet, die Google über ihn gesammelt hat. Er hat seinen von Google dokumentierten Tagesablauf durchgesehen. Sein Fazit ist, andere Werkzeuge zu nutzen oder inkognito im. Netz unterwegs zu sein, damit die Daten eben nicht bei Google landen. Ich kann nur jedem raten, sein eigenes Datenprofil bei Google zu lesen (Aktivitätenprotokoll: myactivity.google.com/myactivity; Zeitstrahl: google.com/maps/timeline) und dann zu entscheiden, ob warum man besser Firefox als Browser und Qwant, Ecosia oder DuckDuckGo als Suchmaschine nutzen sollte.

Zwischenfazit: Die Berichte von Katharina Nocun und Reto Stauffacher ähneln sich in verblüffender Weise. Oder besser: Die Praktiken von Google und Amazon …

Der Fokus in 2018 im Thema Datenmissbrauch lag sicher auf Facebook. Besonders prominent war sicher der Fall Cambridge Analytica – das Datenanalyse-Unternehmen  soll an die Daten von bis zu 87 Millionen Facebook-Nutzern gekommen sein – , aber auch die erst kürzlich veröffentlichten Reportagen der New York Times zeigen, wie „ernst“ Mark Z. Datenschutz nimmt.

heise hat eine Übersicht der „Irrtümer“ und Verfehlungen des Facebook-Konzerns inklusive WhatsApp in 2018 dokumentiert. Mein skuriller „Favorit“ jenseits all der ernsteren Vorfälle: Facebook blockierte die Unabhängigkeitserklärung der USA, da diese als „Hate Speech“ eingestuft wurde.

Fast unbemerkt unter dem Radar fliegt Microsoft dahin und geniesst gerade auch in Deutschland vergleichsweise großes Vertrauen und das obwohl auch das Redmonder Unternehmen Dreck am Stecken zu haben scheint. Ein Grund dafür ist sicher, dass ein großer Teil der Presse – Ausnahme der heise-Verlag – einfach nicht oder nur wenig darüber berichten: Microsoft bekam für die Datenübermittlung im Betriebssystem Windows 10 an Microsoft-Server den Big Brother-Award wurde. Seit Jahren gibt es immer wieder Sicherheitslücken in den Produkten. Windows mit der Version 10 war erneut in 2018 kein Ruhmesblatt. Office 365 verletzt EU-Recht und sammelt massiv Daten, was in Deutschland kaum registriert und verbreitet wurde. LinkedIn, bei dem es auch in 2018 mindestens einen Vorfall gegeben hat, lasse ich hier einmal außen vor.

Nur ein Konzern scheint beim Thema Datenschutz etwas außen vor: Apple. Doch mit den Apfelianern kann man in vielerlei anderer Beziehung durchaus ein Hühnchen rupfen. Trotz einer nicht astreinen Politik in China scheint Apple um Klassen „sauberer“ als die werten Marktbegleiter.

Aussteigen oder möglichst anonym blieben – und von innen aushöhlen

Ich habe einmal bewusst, alle Konzernen aufgeführt und versucht, deren „Verfehlungen“ zusammen zu fassen, wohl wissentlich, dass viele Details und weitere Punkte nicht aufgeführt sind. In einem Disput auf Twitter haben Gunnar Sohn und ich die Klingen gekreuzt. Er hält meinen Ausstieg bei Facebook für falsch und scheint eher dafür zu sein, solche Anwendungen von innen auszuhöhlen – „parasitäre Stinkbomben zünden“ – und dabei auch Empfehlungen, wie sie Michael Kroker gerade in der WiWo veröffentlicht hat, zu folgen. Die von Michael publizierte Infografik und eine kurze Beschreibung meiner persönlichen Konsequenzen habe ich in einem separaten Beitrag im Blog zusammengefasst.

Generell muss einmal jeder die Entscheidung treffen, ob man gezielt aussteigt und einige Lösungen nicht mehr nutzt. Oder aber man folgt beschriebener Taktik und hinterlässt so wenig Datenspuren wie möglich. Michael Kroker argumentiert auch gegen den Ausstieg, dass der eher für Menschen geeignet sei, die keine berufsbedingt keine größeren Netzwerke hätten oder in wenig digitalisierten Berufen tätig seien. Seine Kernaussage: „Die große Mehrheit ist aus Facebook, Instagram & Co. jedoch angewiesen, sei es aus beruflichen wie privaten Gründen.

Mein persönlicher Weg in 2019: Ein Leben ohne Mops, äh Facebook ist …

Ich habe mich für den Ausstieg aus Instagram und WhatsApp entschieden und mein Facebook-Konto deaktiviert (mir dort also ein Hintertürchen offen gelassen). Mal schauen, wie meine Erfahrungen in den kommenden Wochen und Monaten sein werden. Google als Suchmaschine benutze ich eh möglichst wenig, fast nur auf dem Smartphone und auch das werde ich ändern. Meine Bestellungen bei Amazon habe ich in 2018 deutlich reduziert, bewusst lokal eingekauft oder andere Online Händler gewählt. Mein Arbeitsplatzrechner ist ein Mac, wodurch ich auch weniger abhängig von Microsoft bin – dafür dort von Apple …

Doch zurück zum Beginn meines Beitrags: „Ich habe doch nichts zu verbergen“, sagten viele meiner Bekannten und Freunde zu meinem Ausstieg und ihrem Verbleib auf Facebook, Instagram und WhatsApp. Das Bild von Gunnar, Stinkbomben auf Facebook zu zünden, ist auf jeden Fall einmal ein schönes und durchaus eine valide Taktik – auch wenn ich mir gerade eine Klammer in die digitale Nase stecke.

Mit der Aussage, dass man nichts zu verbergen hat, habe ich eher meine Probleme. Ich bilde mir ein, dass auch ich nichts (oder wenig) zu verbergen habe, aber trotzdem geht es weder eine Amazon noch eine Google oder eine Facebook etwas an, wie und wo ich meinen Tag verbringe. Gerne verzichte ich in diesem Zusammenhang auf Personalisierung, auf mich zugeschnittene Empfehlungen, vor allem auf mich zugeschnittene Werbung, die mich auf fast allen sozialen Netzwerken nur noch nervt, meistens, weil sie gerade auf Facebook nie personalisiert, sondern eher grobrastrig war.

Du bezahlst mit Deinen Daten – nichts ist kostenlos

Ich weiß, es kommt das Argument mit der Kostenlos-Kultur und man bezahlt halt mit seinen Daten. Wie hat es Michael Kroker treffen formuliert: „Wenn ein Produkt oder Dienst Dich nichts kostet, bist Du das Produkt – weil Du mit Deinen persönlichen Daten bezahlst“. Und nein: Ich bin generell nicht einverstanden, dass meine Daten – so harmlos sie sein mögen – an andere Firmen – oder gar Regierungssstellen – weitergegeben werden.

Wenn die Datensammelei dann gar dazu führen sollte, einen Wechsel der Krankenversicherung wegen meines vermeintlich exakt berechneten Gesundheitszustandes zu verhindern, oder aber Algorithmen und Daten andere Entscheidungen herbeiführen, werde ich misstrauisch. Ob die „Netzgesellschaft“, wie sie Gunnar Sohn nennt, dann wirklich so sauer reagiert? Momentan beobachte ich eher in der Breite eine Lethargie beim Thema Datenschutz und -missbrauch. Möge meine Einschätzung falsch sein.

Wer nichts zu verbergen hat, braucht auch keine Angst haben – oder doch?

Sicherlich basierend auf sorgfältiger Analyse dieser und anderer Diskussionen hat Volker Boehme-Neßler, Professor für Öffentliches Recht an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, einen Beitrag zum Thema „Nichts verbergen haben“ auf Zeit Online veröffentlicht. Auch er greift natürlich auf, dass diejenigen, die nichts zu verbergen hätten, auch keine Angst haben müssten. Wer also für Datenschutz sei, habe dann wohl etwas zu verbergen.

Boehme-Neßler argumentiert, dass jeder etwas zu verbergen habe, private, unüberwachte Rückzugsräume brauche. Eine geschützte Privatsphäre schütze vor dem seelischen Burnout. Vor allem aber sei sie unverzichtbar für die Demokratie: „Ohne Privatsphäre und Datenschutz gibt es keine Demokratie.“ Seine Argumentationslinie: Eine garantierte Privatsphäre sei nötig, um kontroverse Diskussionen und Debatten ohne Angst vor Benachteiligungen fürchten zu müssen. Genau diesen Disput brauche man, es sei das Lebenselexier der Demokratie. Nicht umsonst forcierten gerade totalitäre Staaten die Überwachung.

Nicht konform gehe ich mit der doch sehr plakativ-platten Aussage: “ Big Data ist eben das Gegenteil von Datenschutz.“ Da werden doch Dinge einfach in einen Topf geworfen. Anonymisierung und Pseudonymisierung können dafür sorgen, dass Big Data durchaus Rücksicht auf die Privatsphäre und den Datenschutz nimmt. Es hängt also vom konkreten Anwendungsfall ab und kann nicht so einfach als Behauptung aufgestellt werden.

Privatsphäre und Datenschutz – Persönlich handeln und gesetzlichen Rahmen schaffen und durchsetzen

Ulrich Kelber, der neue Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, hat den Beitrag auf Zeit Online retweetet. Und da sind wir genau an wichtigen Schnittstellen angekommen. Was kann die/der Einzelnen tun, um seine Daten zu schützen und für Privatsphäre einzutreten? Aussteigen oder von innen aushöhlen – oder ist es vielen, gar der Mehrheit vollkommen egal. Und wo kann und will der Staat mit entsprechenden Gesetzen Rahmenbedingungen schaffen. Er sieht seine neue Rolle als Datenschützer nicht nur Aufsichts- und Durchsetzungsbehörde, sondern auch beratend für Parlament und Regierung und sensibilisierend für die Öffentlichkeit. Genau diese Diskussion in und Sensibilisierung der Öffentlichkeit werden wir verstärkt brauchen, wenn wir uns die Geschehnisse des vergangenen Jahres vor Augen halten.

(Stefan Pfeiffer)

Social Heisenberg oder Tweets allein für sich stehend und gleichzeitig Teil einer Diskussion | @SaschaLobo

30. Dezember 2018 Posted by Stefan Pfeiffer

Dieser Tage haben Winfried Felser und ich Ping-Pong auf Twitter gespielt, über Xing und LinkedIn, Eitelkeiten und Werbung diskutiert. Hat Spaß gemacht, aber am Ende habe ich Winfried dann die Frage gestellt, wie man unsere Diskussion denn nun vernünftig dokumentiert. Im Netz habe ich kein Tool gefunden, das die Konversation visuell darstellen könnte. Falls es so etwas gibt, bin ich für Tipps dankbar. Als Notlösung habe ich dann Screenshots gemacht und Tweets in WordPress eingebettet. Vernünftig visualisiert und dokumentiert ist die Diskussion trotzdem nicht.

Warum diese Vorrede? Sascha Lobo hat die Tage einen Bericht darüber geschrieben, warum Twitter für eine politische Diskussion ungeeignet sei. Er analysiert ein Kernproblem wie folgt:

Der Schlüssel zum Verständnis der Empörung und Gegenempörung aber liegt in einer sehr zentralen Eigenschaft der sozialen Medien, nämlich einer Entkontextualisierung, die man als Unschärferelation der Sozialen Medien bezeichnen kann, Social Heisenberg quasi. Das bedeutet: Jeder Tweet kann gleichzeitig als Teil einer Diskussion verstanden werden und als für sich allein stehend.

über Social Heisenberg – warum Twitter nicht für politische Diskussionen geeignet ist – saschalobo.com

Ein Tweet kann für sich alleine, aber eben auch als Bestandteil einer Konversation gesehen werden. Da kann ich nur zustimmend nicken. Wer einen Tweet absetzt, sollte sich immer darüber im Klaren sein, dass der eine Diskussion auslösen kann und dann auch Bestandteil jener Diskussion ist. Und dies müsste auch immer einfach darstellbar sein. Ist es aber derzeit nicht. [Hier gefällt mir die News Feed von Facebook zum Beispiel wesentlich besser.]

Doch zurück zur eigentlichen Aussage von Sascha, dass „Twitter für politische Diskussionen in vielen Fällen etwa so geeignet ist wie das Display einer Mikrowelle für 4K-Kinofilme“. Ja, Tweets können aus dem Zusammenhang gerissen werden und unterschiedlich interpretiert werden. Geschieht das aber nicht auch, wenn ich aus einem Blogbeitrag zitiere? Auch das kann „missbraucht“, weil aus dem Kontext entfernt. Aber der Vergleich mag hinken.

Was kann aber die Konsequenz sein? Politische Diskussion auf Twitter einstellen, weil dort – und auf anderen Kanälen – das „Arschlochproblem“ zu groß ist? Den A..löchern einfach das Feld überlassen? Oder immer mitzudenken versuchen, dass Tweets (und nach Sascha) und generell Nachrichten in sozialen Medien immer alleine oder im Zusammenhang gesehen werden können:

Ich glaube, dass man bei professioneller Kommunikation die Entkontextualisierbarkeit sozialer Medien deshalb immer mitdenken sollte. Das kann zugegeben sehr schwierig sein, aber eine Alternative dazu sehe ich bei der heutigen Struktur der Öffentlichkeit nicht. …

Das sind eben die Besonderheiten von sozialen Medien, die politische Diskussionen so schwierig und manchmal unmöglich machen.

über Social Heisenberg – warum Twitter nicht für politische Diskussionen geeignet ist – saschalobo.com

Das Thema politische Diskussion in sozialen Medien wird uns in den kommenden Monaten, wahrscheinlich Jahren weiter beschäftigen. Antworten haben wir nach meiner Beobachtung noch nicht, wie wir Hasskommentare, Verunglimpfungen, Manipulationsversuche (nicht nur durch Bots) bekämpfen und aufdecken können. Doch besagter Strukturwandel der Öffentlichkeit ist in vollem Gange und muss gerade auch unter Einbeziehung der sozialen Kanäle von demokratischen Kräften konstruktiv gestaltet werden. Wegdiskutieren werden sie nämlich nicht mehr können.  Es braucht unser aller Gehirnschmalz und Handeln, obwohl wir angesichts mancher Tweets und Aussagen in sozialen Medien einfach nur k..tzen könnten. Oder gerade deswegen. Und das schreibe ich als jemand, der gerade sein Facebook-Konto deaktiviert hat, aber die Gründe dafür sind ein anderes Thema.

Abschließender Kommentar, warum Twitter mein wichtigster Infokanal ist

Und auch ich muss zum Abschluss – wie Sascha zu Beginn seines Beitrags – nochmals betonen, wie sehr ich Twitter schätze. Auch wenn manche es nur als einen Platz ansehen, auf dem sich Journalisten und Besserwisser rumtreiben, ist es für mich eine wertvolle Quelle neuer Informationen und Links. Um den Überblick in der sich ständig aktualisierenden Timeline nicht zu verlieren, habe ich Listen angelegt, eine davon verfolge ich aus gerade genanntem Grund laufend.

Raus aus Twitter! Die Nutzerzahlen
in Deutschland waren schon immer
auf sehr niedrigem Niveau – und die
Tendenz ist eher noch sinkend. Aber
gerade Journalisten, Medien und andere
digital-affinen Menschen tummeln sich
eben noch sehr gern in ihrer Twitter
Filter Bubble. – über Shitstorm-Bremse:
Keine Bühne für Trolle | LEAD

Der private Genussfaktor ist eher klein. Für eines meiner Interessengebiete Wein bekommt man unterdessen kaum noch Infos auf Twitter. Ich habe mal durchgeschaut, wieviele deutschsprachige Weinfreunde und -blogger noch auf Twitter aktiv sind. Sehr überschaubar oder eben nicht mehr existent. Auch „flachse“ und albere ich auf Twitter nicht mit Freunden herum, wie ich es auf Facebook getan habe. Viele private Kontakte sind auf Twitter gar nicht aktiv, weil es ihnen zu wenig gibt.

Trotzdem bleibt Twitter für mich ein wichtiger sozialer Kanal, vielleicht auch aus genanntem Grund der wichtigste Informationskanal.

(Stefan Pfeiffer)

Das Ende der Videobegeisterung im Marketing und bei Medien, meint @TKnuewer

29. Dezember 2018 Posted by Stefan Pfeiffer

Thomas Knüwer hat seine Glaskugel für 2019 ausgepackt und auf 2018 zurück geschaut.

Das Ende der Videobegeisterung im Marketing und bei Medien

Auch hier würde ich mir einen Punkt geben. Nur mein Ex-Arbeitgeber „Handelsblatt“ strunzt noch mit seinem neuen Videostudio. Ansonsten aber scheinen mir die Bewegtbildaktivitäten der Verlage bestenfalls zu stagnieren, eher rückläufig zu sein. Und Live-Streaming – gibt es das eigentlich noch?

In der Welt des Marketing werden weiterhin Videos produziert, doch auch hier scheint mir die Quantität deutlich gesunken zu sein. Marken realisieren, dass sie angesichts der insgesamt hohen Webvideo-Qualität nur mit wirklich guten Ideen eine Chance haben, im Web Zuschauer zu finden.

über Glaskugelige Kaffeesatzlesereien für 2019: Pinterest, Newsletter und ein düsteres Jahr für den Journalismus – Indiskretion Ehrensache

Tja, dann hätten wir mit dem IBM Livestudio@Cebit und #9vor9 daneben gelegen. Die Zuschauerzahlen sagen etwas anderes. Videoformate, wenn sie entweder perfekt und witzig sind oder aber wenn sie authentisch und informativ sind, haben meiner Beobachtung nach durchaus Zukunft. Und Live-Formate sind spannend, live , generieren aber auch im Long Tail Zuschauer und Reichweite. Klar, wir müssen differenzieren, wen man erreichen will und es gibt Unterschiede zwischen B2B und B2C.

Und was ist mit den ganzen Videostars, die ihr Leben teilen und damit enorme Reichweiten erzielen? Was meinst Du, lieber Gunnar Sohn als Live Streaming-Guru und CoModerator und überhaupt?

(Stefan Pfeiffer)