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Facebook, Google & Co: Die Gesetzeskeule alleine wird es nicht richten – Wir brauchen europäische Alternativen

4. Februar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Allenthalben starke Worte angesichts der letzten Ankündigungen von Facebook, Instagram, WhatsApp und Facebook auf einer Messenger-Plattform zu vereinigen und der „Spionage App“ auf iPhones. Heribert Prantl, Mitglied der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung, fordert eine Zerschlagung nicht nur von Facebook, sondern gleich auch von  Amazon, Apple, Google und Microsoft. Die EU-Fusionskontrolle müsse aktiv werden. Hatten wir auch kürzlich schon bei #9vor9 diskutiert. Auch Bundesverbraucherschutzministerin  Katarina Barley stößt in dieses Horn und wird bei Jörg Schieb wie folgt zitiert: „Die EU hat ein scharfes Wettbewerbsrecht und seit einem halben Jahr auch ein starkes Datenschutzrecht …. Dieses Recht werden wir gegenüber Datenmonopolisten konsequent durchsetzen.“

Eine angekündigte Entscheidung des Bundeskartellamts gegen oder wegen Facebook steht zudem noch aus. Andreas Mundt betont, dass man eine Entscheidung auch durchsetzen könne. Und klar bin ich auch bei Jörg Schieb, der in seinem Beitrag nicht nur das von Zuckerberg gebrochene Versprechen gegenüber Anwendern und Kartellbehörden, die 3 Plattformen nicht zusammen zu legen, und auch die potentiellen Folgen für die Konsumenten darlegt. Korrekt bemerkt er, dass eine Zerschlagung nur in den USA geht. Die EU müsste mit anderen Mitteln reagieren. Und mit viel Sympathie unterstütze ich seine Idee und Forderung, dass Facebook die Schnittstellen seiner Messenger öffnen solle, damit man von beliebigen anderen Produkten wie Signal, Threema oder Telegram mit WhatsApp natürlich verschlüsselt und von Facebook abhörfrei kommunizieren könne.

Die Aufregung ist also gerade wieder einmal überall groß. Ob sie manchmal nur tagesaktuell frei nach Bruno Labbadia hochsterilisiert wird? Mir fehlt der Glaube, dass entsprechend durchschlagende gesetzliche Maßnahmen in Deutschland oder von der EU umgesetzt werden. Die Politik scheint lieber mit den Vertretern besagter Unternehmen Häppchen zu essen und die Lobbyisten von Microsoft, Google & Co verrichten ganz offensichtlich in Sinne ihrer Auftraggeber erfolgreiche Arbeit. Dass „drüben“ die FTC, die Federal Trade Commission, oder andere US-amerikanische Institutionen gerade bei all diesen US-Firmen aktiv werden und sie alle zerschlagen, wage ich zudem zu bezweifeln. Make America great again

Zudem werden gesetzliche Maßnahmen alleine nicht genügen. Ich bin der festen Überzeugung, dass parallel europäische Initiativen gestartet und finanziert werden müssten, um ein Gegengewicht zu den genannten Konzernen aufzubauen. Doch nutzen vollmundige Sonntagsreden und sich erst mal gut anhörende, aber plakative Forderungen wie die eines Peter Altmaiers nach einem europäischen KI-Konzern à la Airbus nur wenig. Die Privatwirtschaft scheint sich ganz offensichtlich nicht entsprechend engagieren zu wollen, solange nicht entsprechende staatliche Mittel fließen.

Zudem stellen Skeptiker nicht nur die generellen Erfolgsaussichten eines solchen Airbus-Konstrukts infrage, sondern bezweifeln zudem, dass man US-Amerikanern und Chinesen überhaupt noch Paroli bieten könne. In der Forschung sieht die deutsche KI-Ikone Professor Wolfgang Wahlster Deutschland und Europa noch ganz vorne: „Ja, wir haben eine exzellente KI-Forschung in Deutschland – auf Augenhöhe mit Amerika und Asien. Wir sind mit unseren Exportschlagern der deutschen Wirtschaft auch im Mittelstand für den KI-Einsatz im Internet der Dinge sehr gut gerüstet.“ Allein wo sind die europäischen Player? Es geht nicht im um ein Schlechtreden der KI-Forschung in Deutschland, wie es Gunnar Sohn schreibt. Reine Forschung wird nicht genügen, solange es keine entsprechenden europäischen Unternehmen gibt, die diese Forschung auch verwerten. Das sind aber die Akzente, die gesetzt werden müssen.

Carsten Knop wart in seinem Kommentar in der FAZ davor, „mit viel Geld das nachzubauen, was andere schon haben“. Es seien bessere Ideen notwendig. Da muss ich beispielsweise an die Forderung von Michael Seemann denken, sich als EU als Plattformbetreiber für Open Source-basierte Lösungen zu positionieren, um so wirkliche Alternativen zu den besagten Monopolisten und Datenkraken zu etablieren. „Die europäische Antwort auf den chinesischen oder kalifornischen Datenzentralismus muss eine andere sein. Wahlfreiheit, Wettbewerb, verteilte Innovation,“ denkt Carsten Knop in eine ähnliche Richtung.

Doch was muss geschehen, damit Europa endlich Gas gibt (falls es nicht eh schon zu spät ist)? Entsprechende gesetzliche Regelungen, wie mit Daten verfahren werden darf, sind die eine Seite. Doch das wird nicht genügen. Solange es keinen Marschall-Plan für Informationstechnologie in und für Europa gibt, solange sich nicht die europäischen Regierungen und Verwaltungen hinter eine europäische IT Plattform stellen, dort investieren und kritische Masse schaffen, wird nichts oder nur sehr wenig passieren. Und Facebook, Google, Microsoft, Amazon & Co werden sich weiter Datenmissbrauch und Skandale leisten können und dabei noch Rekordergebnisse verbuchen frei nach dem Motto:

Legal? Illegal? Scheissegal!

(Stefan Pfeiffer)

 

 

Meine Ei-Tie: CarPlay im Auto nutzen statt des teuren Navigationssystems vom Hersteller

2. Februar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Ich habe mich schon immer über die aus meiner Sicht unverschämten Preise aufgeregt, den Autohersteller für ihre eigenen Navigations- und Media Control-Systeme aufrufen. Deutlich vierstellige Beträge für in der Vergangenheit oft technisch rückständige, in Funktionen und Bedienung rückständige Pakete waren die Regel. Darüber habe ich mich schon vor Jahren aufgeregt: Alle Navigationssysteme der Autos, die ich in den letzten mehr als 10 Jahre gefahren habe, waren nicht auf dem neuesten Stand der Technik und grottig zu bedienen.

Also haben wir uns beim Privatwagen jetzt gegen das System des Anbieters und für die CarPlay-Schnittstelle mit Touchscreen entschieden. Unser gewohntes iPhone wird so zum Navigationssystem und zur Schaltzentrale. Der Touchscreen ist dabei aus meiner Sicht wichtig, weil wesentlich intuitiver als die Steuerung per MMI Controller (Drehrad), die ich aufgrund meiner Erfahrungen immer noch mühsam finde. Und vielleicht freunden wir uns auch noch mehr mit Siri, dem Sprachassistenten von Apple an.

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Die Karten-App spiegelt sich auf den Screen des Autos

Mit Apple CarPlay stehen uns unterdessen seit iOS 12 endlich drei verschiedene Kartendienste zur Verfügung: die hauseigenen Apple Karten-App, die ich unterdessen als wettbewerbsfähig ansehe, Google Maps und Waze, das Navigationssystem, bei dem die Fahrer ihre Verkehrs- und Staumeldungen direkt zum Nutzen anderer „Wazer“ eingeben können. Zudem meldet Waze, das sich (leider) im Besitz von Google befindet, automatisch aktuelle Geschwindigkeiten an den Betreiber zurück, um so einen möglichst optimalen Verkehrsfluss zu bieten. Wir nutzen den Apple-Dienst und sind auch bisher zufrieden.

Die Zieleingabe erfolgt per Siri oder über den Touchscreen. Siri liest uns auch auf Aufforderung neue Nachrichten und wir können mit einer Sprachnachricht antworten. Ziel ist es, nicht auf das iPhone schauen zu müssen oder dort während der Fahrt zu tippen. Apple CarPlay unterstützt noch eine überschaubare Anzahl anderer Apps, von WhatsApp bis zu Spotify. Mal schauen, wie sich „unsere Apps“ mit Apple CarPlay in den kommenden Wochen und Monaten bewähren. Bisher sind unsere Erfahrungen positiv.

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iTunes oder Spotify sind auch in CarPlay verfügbar. Einer meiner bevorzugten Apps: Hörbücher.

Die Gerüchteküche sagt, dass Apple CarPlay mit der kommenden Version des Betriebssystem iOS deutlich ausbauen will. Ich bin gespannt. Bisher kann man erst einen kleinen Ausschnitt der Apps nutzen, die man von iOS und dem iPhone her kennt.  Die Klagen einer App-Hersteller, die mangelndes Interesse von Apple in die Integration weiterer Apps beklagen, klingeln mir in den Ohren.

* Das Titelbild stammt aus meinem Dienstwagen und ist nicht der Touchscreen, den wir in unserem privaten Wagen benutzen.

** Natürlich gibt es von Google sein Pendant zu CarPlay. Wir sind aber halt aber nun mal verapfelt.

 

A Message in a bottle: Ende des Messenger-Hypes? Zumindest Ernüchterung

31. Januar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Nein, ich werde mich nicht in die Diskussion um das neue Slack-Logo einmischen. Für mich kein relevantes Thema. Relevant ist dagegen für mich, was gerade im Messenger-Markt passiert und diskutiert wird, vom angekündigten Ende von Watson Workspace bis zu den Anmerkungen, die anläßlich des neuen Logos auf The Verge macht. Wir erleben vielleicht weniger E-Mails, dafür aber eine Flut von sich oft überlappenden Kanälen und Informationen – und Informationssilos. Kennen wir irgendwoher?

More and more, people would drop a link in one channel, only to be told that it was being discussed in several other channels. The ease of use that made Slack popular — any user can create any channel, within seconds, for any reason — had also made my workplace feel like an infinitely fractal series of impenetrable silos.

Slack did not cause any of this behavior, but it does enable it.

Quelle: Slack’s new logo trades a hashtag for a pinwheel – The Verge

Und Slack kann uns genauso immer wieder unsere Aufmerksamkeit fordern, uns unterbrechen und ablenken. Wir kommen heute an einen Punkt, den wir schon mit E-Mail und anderen Collaboration-Werkzeugen hatten. Wie nutze ich die Werkzeuge, die mir zur Verfügung stehen, effektiv. Ob wieder neue Tools – t3n stellt beispielsweise Twist als eine eher aufgaben-orientierte Alternative zu Slack vor – die Lösung sind? Ich habe meine Zweifel, denn auch privat haben wir ähnliche Probleme in der Nutzung von Messengern. Erreichen wir gar bei Messengern das Plateau der Nutzung und tauchen nun ab in das Tal der Ernüchterung?

Nochmals. Die beschriebene Problematik ist kein Slack-Problem. Wir bewegen uns nur zu oft in einem Wirrwarr von Werkzeugen, Kanälen oder Communities: besagte Messenger sind gerade en vogue, aber es gibt ja auch noch Instant Messaging (Chat), soziale Netzwerke (Enterprise Social Networks), Videokonferenzen, Online Meetings, Dokumentenablagen und ECM, Intranets und … natürlich E-Mail.

Und E-Mail wird weiter für Dinge genutzt, wofür es andere, bessere Werkzeuge gibt. Große Dateianhänge werden weiter in Masse verschickt, Informationen in persönlichen Silos gehortet und es wird weiter versucht, Zusammenarbeit und Workflows per E-Mail abzuwickeln. Noch immer scheinen viele nicht so wirklich zu wissen, was man wann für was am besten nutzen soll. Oft entscheidet die eigene Vorliebe oder die Gruppendynamik. Genau das führt aber auch zu besagten Silos, zu vielen Collaborations-, aber auch Informationsinseln, die verstreut im Unternehmen in Abteilungen oder Projektgruppen existieren. Selbst Integrationen, die es ja beispielsweise für Slack zu hauf gibt, helfen nicht wirklich (mir scheint eher im Gegenteil, aber wir brauchen andererseits diese Integrationen). Wir haben ein Problem der Informationsflut und gleichzeitig ein Filterproblem, die richtigen und wichtigen Informationen zu finden.

Doch wie weiter? Was wir brauchen, ist ein Übereinkommen, welche Tools wir für was einsetzen. Die IT-Abteilung wünscht natürlich, sich im Idealfall unternehmensweit auf einen definierten Werkzeugkasten zu einigen. Aber ist das angesichts von Bring Your Own Applications, aufgrund von mehr oder weniger selbständigen Projektgruppen und agilen Teams realistisch? Oder müssen wir heutzutage so agil sein, dass wir für jedes Projekt den Tool-Mix neu definieren?

Auf jeden Fall ist begleitendes Coaching notwendig, ob durch den Community Manager, den Agile Coach oder Scrum Master. Informationen teilen, kommunizieren und zusammenarbeiten will gelernt und latent trainiert werden. Ein neues Tool einfach mal über den Zaun werfen, wird im Zweifelsfall mehr Chaos und Silos als Nutzen erzeugen. Das haben wir in allen Phasen von Collaboration-Werkzeugen gesehen: am Wildwuchs von Notes-Datenbanken, im Wirrwarr von Sharepoint-Inseln, an der Zu-Vielzahl von Connections-Communities oder in der Flut von Slack-Kanälen.

Das Problem von The Police haben wir nicht. Wir bekommen zu viele Nachrichten:

I send an SOS to the world
I send an SOS to the world

I hope that someone gets my
I hope that someone gets my
I hope that someone gets my

Message in a bottle
Message in a bottle
Message in a bottle

(Stefan Pfeiffer)

 

Die Zwiebel oder drei Schichten der digitalen Identität – und nur eine können wir selbst schützen

30. Januar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Unser Online-Profil ist weniger eine Reflektion, vielmehr eine Karikatur. Und das kann durchaus ernste Folgen haben, wenn wir beispielsweise an das Thema Kreditvergabe oder auch Bewerbung um einen Job denken. So beginnt Katarzyna Szymielewicz, Mitgründerin der Panoptykon Foundation, ihren interessanten, lesenswerten Aufsatz und Ansatz zum Thema digitale Identität geschrieben. Online-Plattformen sammeln Daten, Werbeunternehmen, Shops, aber auch Agenturen, die Wahl- und politische Kampagnen durchführen, ziehen aus unseren Online-Aktivitäten und den Datenpunkten Schlüsse, die bei weitem nicht immer richtig sind oder sein müssen.

Katarzyna Szymielewicz zeigt drei Schichten unserer digitalen Zwiebel auf. Die erste Schicht ist die, die wir noch kontrollieren (können). Hier geht es darum, was wir wo im Netz und in sozialen Medien mit wem teilen und preisgeben. Es sind die Likes, die Blog-Postings, die Facebook-Kommentare, hochgeladene Fotos, Suchanfragen oder die Webseiten, die wir besucht haben und auf denen wir getrackt werden.

In der zweiten Schicht wird unser Verhalten eher von uns ungewollt erfasst. Es ist die Information, wo wir uns wann befinden (Location) oder es sind die Beziehungen, die Freunde und Bekannten, die wir auf Facebook, LinkedIn und Co unterhalten. Es sind die Datenspuren, die wir hinterlassen und die ausgewertet werden können und oft ein detaillierteres Bild über uns zeichnen, als wir denken. Es kann unser Bewegungsprofil sein oder eine Reflektion unserer Online- und Offline-Zeit.

Bei der dritten Schicht wird es dann richtig interessant – und gefährlich, denn hier werden die Daten und Auswertungen der ersten beiden Schichten durch vielfältige Algorithmen analysiert und können mit den Daten anderer Anwender verglichen werden. Es geht nicht mehr nur darum, was wir tun, sondern wer wir sind – oder was die Algorithmen glauben, wer wir sein könnten. Darauf haben wir keinerlei Einfluss.

Es sind – basierend auf den gesammelten Daten – Annahmen, Vorhersagen und Interpretationen unseres Verhaltens oder unseres möglichen Verhaltens und das ist nicht für Werbetreibende wertvoll. Über die statistischen Auswertungen kann man so versuchen, unser Reaktionen und beispielsweise unser Kaufverhalten vorauszusagen und zu beeinflussen.

Wer sagt aber, dass das Double, die Kopie, die über unsere Daten und die Statistik generiert wird, korrekt ist? Was passiert, wenn aus den Daten falsche Schlüsse gezogen werden, der Kredit nicht vergeben wird oder man den Job nicht bekommt, weil man im falschen Stadtteil wohnt? Katarzyna Szymielewicz fordert, dass wir die Kontrolle über unseren digitalen Schatten bekommen müssen. Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sei ein wichtiger Schritt dazu, denn Unternehmen, die unsere Daten sammeln und profilieren, müssten diese transparent machen – allerdings erst auf explizite Aufforderung anwenderseits.

Ob es zu dem von Szymielewicz geforderten offenen Dialog zwischen Data Brokern, Agenturen und Marketingfachleuten auf der einen und uns, den Konsumenten, auf der anderen Seite kommen wird, da habe ich meine Zweifel. Sie schliesst ihren Beitrag mit diesem Satz: „Instead of telling users who they are, try listening to what they say.“ Zuhören, statt auswerten. Genau das wird aber mancher Datenbroker genau so von sich sagen. Wir hören Euch doch nur zu, um Eure Bedürfnisse zu befriedigen.

Hier geht es zum vollständigen Beitrag mit interessanten Grafiken und Animationen.

(Stefan Pfeiffer)

 

D21-Digital-Index 2018 / 2019: Noch viel in Aus- und Weiterbildung und beim Stadt-/Land-Gefälle zu tun

29. Januar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Und erneut ist der „D21-Digital-Index 2018 / 2019“ der Initiative D21 veröffentlicht worden, der einen Überblick der digitalen Gesellschaft in Deutschland geben soll. Auf einer Hunderterskala hat Deutschland dabei einen Wert von 55 und damit eine Steigerung von 2 Punkten gegenüber dem vergangenen Jahr erreicht. Kein Grund zur Selbstzufriedenheit, denn in vielen Bereichen gibt es noch viel zu tun, um ein Auseinanderdriften zwischen Stadt und Land, höher und niedriger Gebildeten zu vermeiden.

In der Aus- und Weiterbildung gibt es noch viel zu tun, wie die von Kantar TNS durchgeführte Studie jährlich durchgeführte Studie zeigt. Selbst ausprobieren und Hilfe von Bekannten und Familie dominieren deutlich gegenüber methodischen Schulungs- und Ausbildungsangeboten. Nichts gegen selber probieren, aber es zeigt, dass noch ein enormer Nachholbedarf herrscht, dem Unternehmen sowie private und öffentliche Institutionen begegnen müssen.

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Zudem gibt es ein Stadt-/Landgefälle. Die Bevölkerung großer Städte hat einen um 5 Punkten höheren Digital-Index um Vergleich zu eher ländlichen Gebieten. Nicht der 45850234815_6b9dc60a8e_zZugang zum Netz, sondern Faktoren wie Bildung, Beschäftigung, Altersgefälle zwischen Stadt und Land sind hier die wesentlichen Aspekte. Auch nutzen die Städter/-innen eher die Möglichkeiten von Telearbeit, Homeoffice oder mobilem Arbeiten. Hier ist gerade auf dem Land noch viel Potential vorhanden, um auch ländliche Regionen wieder attraktiver zu machen. Generell könnte eine höhere Akzeptanz von mobilem Arbeiten in Stadt und Land dazu beitragen, dem Pendlerwahnsinn mit entsprechenden Fahrzeiten und potentiellen Fahrverboten zu begegnen. Ole Wintermann von der Bertelsmann Stiftung bringt es in der Studie auf den Punkt: „Bei etwas mehr als der Hälfte der befragten Berufstätigen ist (zumindest theoretisch) mobiles Arbeiten möglich. Nur jeder sechste Beschäftigte nutzt dies aber auch. Hier stehen die Arbeitgeber in der Pflicht.“  Das Potential ist – wie man den Studienergebnissen entnehmen kann – in Deutschland noch sehr groß. Doch sind nicht nur die Arbeitgeber gefragt. Auch beim Bewusstsein und der Aufklärung der Arbeitnehmer/-innen ist noch viel Raum. Hier noch einige interessante Statistiken zum Einfluss der Digitalisierung auf das Arbeitsleben und die Beschäftigung:

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Und was tun die Nutzerinnen und Nutzer eigentlich, wenn sie ihre Geräte daheim oder auch immer stärker mobil nutzen? Die Suche im Netz dominiert ganz klar vor allen anderen Anwendungen. Danach kommen in einer Bandbreite zwischen 35 und 44 Prozent die Nutzung von Textverarbeitung, Tabellenkalkulation oder Präsentationsprogramm, Instant Messaging (immerhin 39 Prozent), Online-Shopping und die Nutzung von Navigationssystemen. Alexa, Siri und Co, also Systeme zur Sprachsteuerung liegen (erst) bei 10 Prozent ebenso wie Collaboration-Werkzeuge.

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Die Studie enthält noch viele andere Aspekte der digitalen Gesellschaft in Deutschland. Sie kann hier heruntergeladen werden.

(Stefan Pfeiffer)

Zum Thema Homeoffice: 7 Jahre angestellt, oben drauf mehr als 1 Arbeitsjahr auf der Straße und fünf mal rund um den Äquator gefahren

28. Januar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Ich habe sieben Jahre bei der FileNet GmbH gearbeitet. Mein Dienstsitz war Bad Homburg. Es gab zur damaligen Zeit (2000 – 2007) keine Homeoffice-Regelung. Die Strecke zwischen meinem Wohnort und der Dietrich-Bonhoeffer-Straße – der damaligen lokalen Zentrale – beträgt rund 67 Kilometer. Die Navigationssysteme gehen von einer durchschnittlichen Fahrzeit von 40 Minuten aus. Sieben Jahre also, durchschnittlich 220 Arbeitstage, ich habe – wenn man das hochrechnet – rund 123.200 Minuten im Auto auf der Straße verbracht, was 2.053 Stunden und circa 257 achtstündigen Arbeitstagen entspricht. Das entspricht bei jährlich durchschnittlich 220 Arbeitstagen also mehr als einem Arbeitsjahr, das ich alleine auf der Straße verbracht habe. Sieben Jahre bei FileNet angestellt plus für FileNet als Pendler auf der Straße …

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Nun könnte man noch rechnen, wie oft ich die Erde mit meinen Diesel-Fahrzeugen umrundet habe. Am Äquator sind es wohl über 40.000 km, also mehr als fünf mal. Klar, ist nur eine durchschnittliche Rechnung und ist nur ein Zahlenspiel. Ich war auch – was es noch schlimmer macht – oft in Deutschland, Europa und den USA unterwegs und es gab natürlich auch mal Staus. Die Reisezeit und die abgerissenen Kilometer im Auto sind sicherlich noch höher. Hinzu kommen noch die Flugzeiten mit entsprechender Umweltbelastung. Oder um es mit Canned Heat zu sagen:

Well, I’m so tired of crying
But I’m out on the road again
I’m on the road again

Zu diesem Zahlenspiel wurde ich heute Morgen durch den Beitrag zur gerade wieder einmal entbrannten Diskussion um das pro und contra von Homeoffice in Beruf und Chance der FAZ vom 26. Januar 2019 animiert. Eine neue, für deutsche Verhältnisse durchaus fragwürdige US Studie* und der SPD-Vorstoß, Heimarbeit als Grundrecht gesetzlich zu verankern, heizen gerade wieder die Diskussion an. Um mir gleich die Butter vom eigenen Brot zu nehmen: Ich bin absoluter Verfechter des Homeoffice, glaube aber, dass der Mix von Homeoffice und Büro die richtige Lösung ist. Die Diskussion um Homeoffice versus Arbeiten im Büro geht zu oft am Thema vorbei. Meist ist es eine Spiegelfechterei.

Ich gebe zu, dass ich bei Tillmann Neuscheler’s Contra Homeoffice-Kolumne, Titel „Niemals Feierabend und kein Flurfunk“ ab und an geschmunzelt habe. Man erkennt doch Verhaltensmuster und Klischees wieder. Nicht umsonst habe ich meine Frau im Ohr: Du bist ja daheim, kannst also den Müll runter tragen oder mal schnell einkaufen. Und ja, es führt ab und an auch zu Diskussionen und Reibereien, aber insgesamt tragen wir beide (und unsere Kater) meine Heimarbeit mit viel Humor und sind dankbar, auch wenn diese Idylle wahrscheinlich irgendwann unverständlicherweise vorbei sein dürfte.

Und das mit dem Feierabend machen und dem Flurfunk, den man verpasst: Auch in der Zeit in Bad Homburg oder bei der Darmstädter MIS, wo ich im Büro gearbeitet habe, habe ich Überstunden abgerissen und nicht zu wenige. Die im Beitrag beschworene soziale Feierabendkontrolle hat da nicht funktioniert. Tja, der berühmte Flurfunk: „Wer nicht im Großraumbüro sitzt oder in der Kantine informiert wird, dem entgeht so einiges„, schreibt Tillmann Neuscheler. Ist vielleicht was dran, aber ganz ehrlich: Ich bin – glaube ich – froh, dass mir manches entgeht, was auf Ehninger Fluren so an Gerüchten herumgeistert.

In der gleichen Ausgabe der FAZ vom 26. Januar ist im Rhein-Main-Teil ein Beitrag zum Coworking-Anbieter Sleeves-Up unter der Überschrift „Gefragt sind vor allem Einzelbüros„. Da musste ich natürlich grinsen und an die vielen Großraumbüros denken, die ja nach damals aktuellen Trends und Studien eingerichtet wurden. Und sorry, ich stehe dazu: In einem offenen Großraumbüro ist es extrem schwer, Lärm und Ablenkung auszublenden und konzentriert an einem Thema zu arbeiten. Punkt. Wer es also ernst nimmt mit agilem Arbeiten im Büro, müsste diese massiv umgestalten und umbauen lassen.

Und ja, es macht durchaus Sinn, sich zu Projektbesprechungen vor Ort im Büro zu treffen, sich in der richtigen Arbeits- und Workshopatmosphäre auszutauschen und so gemeinsam kreativer und produktiver zu sein. Das ist nun mal kein Entweder-Oder, sondern ich komme wieder auf das Thema Mix zurück. Und da bin ich voll bei Nadine Bös, die im besagten Teil der FAZ die Pro Homeoffice-Fahne, besser „gut funktionierende Hybrid-Modelle, die die Vorteile beider Welten verbinden: Ruhige Arbeitstage zu Hause, ohne Meetings und ständige Unterbrechungen, und kommunikative Arbeitstage vor Ort mit den Kollegen“ hoch hält, inklusive Kaffeeklatsch mit Kolleginnen und Kollegen. Auch Ole Wintermann von der Bertelsmann Stiftung, der am neuen D21 Digital Index 2018/2019 mitgearbeitet hat, schreibt: „‚Eine Lösung für Alle‘ kann es nicht geben. Dennoch sollten sie [die Unternehmen] natürlich Endgeräte und digitale Services im gleichen Maße für Frauen und Männer sowie unabhängig von der Hierarchieebene anbieten … Auf diese Weise könnten viele Themen gleichzeitig – Pendlerwahnsinn, Fahrverbote, Verdichtung der Arbeit, Vereinbarkeit von Privat- und Arbeitsleben – adressiert und im Sinne aller Beteiligten gelöst werden.

Und ich möchte auch nochmals ausdrücklich auf die Bedeutung von Homeoffice für Teilzeitkräfte hinweisen. Vielen Frauen und Männern, die in unserem ach so kinderfreundlichen Deutschland ihren Nachwuchs betreuen und erziehen wollen, sind auf Heimarbeit angewiesen. Sie per order mufti ins Büro zu beordern, zwingt sie zur Entscheidung: Kind oder Job. Das verstehe ich nicht unter Diversity und Gleichberechtigung.

Hier nochmals leicht modifiziert meine 10 Thesen zu Heimarbeit vom Februar 2017:

  1. Homeoffice und mobiles Arbeiten können heutzutage nicht mehr abgeschafft werden, ohne dass ein Arbeitgeber große Risiken eingeht. Viele Talente, jung oder älter, wird man nicht für ein Unternehmen gewinnen können, das kein Homeoffice oder kein mobiles Arbeiten anbietet. Heimarbeit zu erlauben und fördern, ist auch ein Teil von Familienpolitik, Familienfreundlichkeit und Diversity
  2. Gerade auch in Berufen und Unternehmen, in denen man international über Ländergrenzen und Zeitzonen hinweg zusammen arbeitet, ist ein Ruf nach Präsenzpflicht in Büros abstrus, denn …
  3. … Reisezeit, Staus auf der Autobahn, Warten auf das Einsteigen am Flughafen oder Warten auf einen verspäteten Zug sind verplemperte Lebenszeit und verursachen Stress.
  4. Man sollte also bewusst und mit gutem Grund reisen, weil die reale Kaffeeküche oder das gemeinsame Mittagessen wertvoll für den sozialen Kontakt zwischen Kolleginnen und Kollegen sind. Und mancher Karriere schadet es nicht, dass ein Chef regelmässig das Gesicht eines Mitarbeiters sieht.
  5. Wahr ist aus meiner Sicht auch, dass reale Treffen vor Ort von Projektteams in der Regel produktiver sind als Telefon- oder Videokonferenzen. Viele solcher Telefonmeetings sind eine Pest und verplemperte Arbeitszeit, was nicht am Medium Telefon sondern an falscher Organisation und falsch verstandener Anwesenheitspflicht liegt.
  6. Konzentriert im kleinen und überschaubaren Team vor Ort zusammen zu arbeiten, ist ein probates Mittel, Projekte besser zu managen. Das ist schon lange bekannt, jedoch wurden in vielen Unternehmen solche internen Projekttreffen in den vergangenen Jahren aufgrund anfallender Reisekosten sinnigerweise untersagt, Reisen nur dann erlaubt, wenn externe Kunden und Partner involviert waren. Jetzt plötzlich Anwesenheitspflicht auszurufen, lässt auf ganz andere Motive denn Produktivität schliessen.
  7. Viele heutige Büros sind für effizientes Arbeiten nicht geeignet. Wer wie oben beschrieben viele Stunden am Telefon verbringt, verzweifelt in den heutigen Großraumbüros, in denen es nie genug „Quiet Rooms“ gibt. Auch sind viele Bürolandschaften für kreative Projektarbeit nicht wirklich eingerichtet. Nicht umsonst mieten mehr und mehr auch große Unternehmen ihre Projektteams in CoWorking Spaces wie bei Design Offices ein, wo flexible Projekt- und Arbeitsräume für unterschiedlichste Tätigkeiten zur Verfügung gestellt werden.
  8. Wir werden weiter moderne Werkzeuge zur Kommunikation und Zusammenarbeit brauchen, die vor allem auch mobiles Arbeiten und Kommunizieren synchron und asynchron unterstützen. Die Tools müssen aber noch wesentlich einfacher und komfortabler zu bedienen werden, um endlich Produktivitäts- und Projektmanagementkillern wie E-Mail und Dateianhängen Herr zu werden.
  9. Doch es nicht nur eine Tool-Frage: Lasst Eure Mitarbeiter nicht dumm sterben, sondern unterrichtet und „coached“ sie darin, wie sie die heutigen Werkzeuge besser nutzen können. Ja, die Tools sind alle durch die Bank verbesserungsfähig bieten aber durchaus heute schon eine Menge sinnvoller Funktionen. Nur kennen sie Erna und Otto Normalangestellte/r nicht, weil sie/er nie eine vernünftige Schulung erhalten hat.
    Vieles wird geschult, nicht aber das tägliche Arbeitswerkzeug oder wie man sich in der täglichen Arbeit organisiert. Ich glaube, dass nicht nur Schulungen benötigt werden. Es müsste ein Coaching-Konzept entwickelt werden, über das laufend weitergebildet wird. Hier liegen aus meiner Sicht riesige Potentiale.
  10. Und mein letzter Punkt: Arbeitswelten von heute und morgen brauchen eine Vertrauenskultur. Wer noch immer auf „Command and Control“ und Hierarchien setzt, hat die Zeichen der digitalen Transformation verpasst. Dass, was Vorstandsvorsitzender Dieter Zetsche derzeit beim Daimler versucht  – Hierarchien einzureissen und auf Schwarmorganisation umzustellen – ist meiner Ansicht nach wegweisend. In ein solches Konzept gehören auch Vertrauensarbeitszeit und Vertrauensarbeitsplatz.

(Stefan Pfeiffer)

* Es gibt durchaus viele andere Studien mit anderen Ergebnissen: Neue Stanford-Studie: Heimarbeiter sind deutlich produktiver

 

Eigentlich haben wir gegen Amazon, Google, Facebook & Co keine Chance! Oder vielleicht doch?

23. Januar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Gegen Google und Facebook haben kleine Dienste wie Mozilla eigentlich keine Chance. Trotzdem könnten nun goldene Zeiten für sie anbrechen.

über Wie Mozilla und Co. gegen Google und Facebook bestehen – FAZ

So lautet der Anreißer des Beitrags von Jonas Jansen und Thiemo Heeg in der FAZ. Motto: Eigentlich haben sie keine Chance, die Mozillas dieser Welt, oder doch? Ich bin eher skeptisch, leider.

„Wir wollen bis 2020 zwei Millionen
erreichen mit Partnern wie der
Dienstleistungsgesellschaft Verdi und
IHKs, die die Bedürfnisse der
Arbeitnehmer und der Arbeitgeber
kennen“ – Philipp Justus,
Vizepräsident Google Zentraleuropa

Solange Google „mit neuem Berliner Büro zur Bildungsoffensive“ bläst, wie es sogar heise titelt, und nicht entsprechende Initiativen zur Weiter- und Ausbildung für Open Source-Tools gestartet werden, solange wird „gegooglet“, Chrome als Browser genutzt und der Datenkrake weiterhin schön unsere Daten übermittelt.

Und auch Facebook versucht, Bürgern und Politiker Sand die Augen zu streuen, indem ein KI Institut in München mit einigen Millionen gefördert wird. Microsoft versteht es ja seit Jahren geschickt, nicht in die Schusslinie zu kommen und dabei dreistellige Millionenbeträge für Software-Lizenzen vom Staat abzukassieren.

Solange sich die EU oder auch die deutsche Bundesregierung inklusive der Länder nicht hinter Open Source-Initiativen wie Mozilla stellen, nein, solange sie nicht Open Source als Standard für die öffentliche Verwaltung ausrufen und als Plattform setzen (wie es Michael Seemann schon gefordert hat), solange bleiben wir in der Abhängigkeit von Google, Facebook, Amazon und Microsoft. Ohne breitere Unterstützung haben Firefox, Posteo, Mailbox.org, DuckDuckGo, Qwant & Co keine wirkliche Chance, auch wenn einige (zu) wenige die Tools einsetzen und – wie die FAZ-Autoren es schreiben – mehr und mehr Bürgerinnen und Bürger sensibler werden. Es braucht die öffentliche Hand als Plattformbetreiber und Anwender von Open Source und es braucht Schulung und Ausbildung an Schulen, Universitäten und in der Erwachsenenbildung. Die Schönwetterreden nutzen nicht mehr viel – und dies ist auch eine explizite Aufforderung an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, der sich im Thema Digitalisierung, KI und Europa ja immer wieder exponiert.

(Stefan Pfeiffer)

Und die Politik feiert mit Google. Da liegen wohl eher die Schwerpunkte?

 

Lesezeichen zu Microsoft: Mit der Qualität auf Kriegsfuß, aber solange die Geldscheindruckmaschine läuft

22. Januar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Heute im Drogeriemarkt DroNova in Eberstadt gegen Mittag. Ich will meine Waren per EC-Karte bezahlen. Ich schiebe die Karte ins Lesegerät und … der Kassenrechner stürzt ab. Beim Hochfahren sehe ich Windows Update, 30 % installiert. Der Chef in der Filiale sagt, dauert nur 2 Minuten. Na ja, nach zwei weiteren Reboots konnte ich dann doch bezahlen. Auf dem Startbildschirm habe ich Windows 7 Professional gesehen. Zum eingegebenen vierstelligen Passwort sage ich auch besser nichts. Und ja, es ist eine alte Windows-Version. Und ja, ich habe schlechtes Karma. Stimmt alles, aber natürlich hat es mich in meinen sicher nur Vorurteilen bestätigt.

Viel mehr Wasser auf meine Mühlen war jedoch der Beitrag von Michael Spehr in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung unter der Überschrift „Mit der Qualität auf Kriegsfuß“. Michael Spehr rechnet darin massiv mit Microsoft ab. Der gerade allerorts wieder so cool dastehende Konzern spreche viel über Künstliche Intelligenz, fordere mehr Tempo in der Digitalisierung, lobe sich fortwährend selbst, aber:

Über was Microsoft so gut wie nicht mehr spricht: seine beiden Gelddruckmaschinen Windows und Office, das Kerngeschäft des Konzerns. Wie bei Onedrive häufen sich hier die Klagen. Qualitätsprobleme nehmen überhand, jeder Microsoft-Nutzer kann sie Tag für Tag erleben.

Michael Spehr kennt in seinem Beitrag auf die letztjährigen Probleme mit Windows 10 ein, moniert Fehler in Office 365 und kritisiert den neuen Browser Edge. Man spreche zwar über Künstliche Intelligenz, die Anwender sähen davon in Windows 10 und Office aber nichts. Im Bereich Sprachassistenten sei man in Tests als Letztplatzierter herausgegangen. Michael schließt den Beitrag mit folgender Aufforderung:

Bitte weniger von KI reden und erst mal einfachste Hausaufgaben erledigen, möchte man dem Unternehmen entgegenrufen.

Auch Wettbewerbsprobleme oder Verstöße gegen die DSGVO werden gerade in Deutschland wohl nicht wahrgenommen und schaden Microsoft offensichtlich kaum

Meine 2 Cents: Aus eigener Erfahrung kann ich bezüglich der Qualität der Microsoft-Produkte nur am Rande mitreden. Seit Jahren läuft mein Ökosystem stabil auf Apple. Nur mit Microsoft Office habe ich noch zu tun, aber das auch nicht mehr so exzessiv wie früher. Und fairerweise muss ich auch sagen, dass ich damit kaum Probleme habe oder gehabt habe. Jetzt gerade mal mit dem Schlüsselbund nach einem Update.

Viel Schein und noch mehr Scheine

Auch scheint es mir, dass Satya Nadella nach Steve Ballmer – gerade wurde das endgültige Ende von Windows 10 Mobile verkündet – durchaus einen positiven Richtungswechsel bei Microsoft in die Wege geleitet hat. Zumindest macht es nicht nur bei mir diesen Anschein. Und Schein scheint auch das richtige Wort zu sein, wenn man Michaels Artikel liest. Und solange die Geldscheindruckmaschine Windows und Office weiter läuft … Und da scheint sich nichts zu ändern.

Besonders nicht „teutsches Schland“. Microsoft ist in Unternehmen und meist auch privat gesetzt. Auch wird Microsoft in der öffentlichen Wahrnehmung nicht in einer Kategorie mit Datenkraken und Monopolisten wie Facebook, Amazon oder Google genannt, obwohl die Dominanz von Windows und Office durchaus ungesund ist. Also kein Ende der Dominanz in Sicht, auch weil die EU oder die deutsche Regierung und Verwaltung nicht willens zu sein scheinen, sich auf Basis Open Source stärker gegenüber den US-Konzeren zu emanzipieren. Wir nehmen weiter in Kauf eine digitale Kolonie der USA zu bleiben.

(Stefan Pfeiffer)

Apple ist sicher kein Unschuldslamm, aber warum sollen wir Tim Cook beim Thema als Datenschutz nicht unterstützen?

21. Januar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Tim Cook plädiert gerade in den Vereinigten Staaten für mehr Datenschutz angelehnt an die DSGVO. In einem Artikel fordert er eine Institution, bei der sich alle „Data Broker“ registrieren sollen und wo Konsumenten nachvollziehen können sollen, wie und wo ihre Daten verwendet werden. Auf eigenen Wunsch sollen die Anwender die Löschung anfordern können.

We believe the Federal Trade Commission should establish a data-broker clearinghouse, requiring all data brokers to register, enabling consumers to track the transactions that have bundled and sold their data from place to place, and giving users the power to delete their data on demand, freely, easily and online, once and for all.

Zitiert nach FastCompany*

Mark Sullivan begrüßt auf Fast Company diesen Vorstoß, zitiert aber auch die Bloomberg Opinion columnist Shira Ovide:

Auch Apple ist nicht ganz sauber. Natürlich nicht. Auf die Praktiken in China habe ich hier im Blog bereits hingewiesen.

Inconvenient truth #1: Facebook is one of the two biggest harvesters of personal data, and it’s also the most popular free app in the history of Apple’s App Store. Along with Google, Apple is one of its two main distributors.

Inconvenient truth #2: Google, the other major harvester of personal data alongside Facebook, pays Apple to retain its status as iOS’s default search engine. Goldman Sachs estimated that that fee amounted to $9 billion in 2018 and could go up to $12 billion in 2019.

über Apple is part of the data surveillance economy

Es gibt eine feine Trennlinie: Auf der einen Seite nimmt Apple sicherlich gerne das Geld von Google und rechtfertigt bestimmt auch, warum Facebook im App Store verfügbar ist. Doch was würde passieren, wenn iPhone-Anwender nicht mehr Facebook oder Google zur Verfügung hätten? Da ist der von Cook vorgeschlagene Weg, Daten über eine Behörde besser zu schützen, auch im ureigensten Interesse von Apple nur zu verständlich.

Doch muss man auch klar konstatieren, dass Apple in seinen eigenen Produkten Datenschutz und Privatsphäre in hohem Maße berücksichtigt. Das differenziert Apple von anderen Anbietern wie eben Google mit Android und anderen Datensammeltools. Amazon Echo und Alexa sind ein anderes Beispiel. Auch hier wieder klar die unterschiedlichen Geschäftsmodelle und damit Interessen: Apple lebt (noch) von Hardware. Google lebt von Werbung. Und Daten sind für Amazon unverzichtbar.

Apple ist sicher kein Unschuldslämmle und hat ganz sicher eigene wirtschaftliche Interessen. Kaum ein oder kein Unternehmensführer ist wirklich selbstlos. Trotzdem sollte man Tim Cook bei seinen aktuellen Vorstößen unterstützen. Warum soll man ihn nicht im Sinne von Datenschutz in eigenem Interesse der Anwender instrumentalisieren? Dem Schutz der Privatsphäre tut gerade in den USA eine prominente Stimme gut.

(Stefan Pfeiffer)

* Der Artikel der Time war für mich nicht aufrufbar, da ich in Europa sitze, so der Hinweis der Webseite, die eingeblendet wurde.

** Man kann auch auf iOS Geräten eine andere Suchmaschine wie Google einstellen. Habe das hier mal kurz dokumentiert.

*** Zum Thema schon im Blog veröffentlicht:

Beitrag zu „Dark Social“ auf Süddeutsche.de: Nicht so einseitig – Gruppen und Communities können auch ein Hort der Privatsphäre sein!

18. Januar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Ein interessanter Beitrag in der Süddeutschen zum Trend zu mehr Kommunikation in geschlossenen Gruppen in sozialen Medien. „Dark Social“ wird das genannt und schon beim Namen schwingt Unheil verheißendes mit. Anwender organisieren sich in Gruppen, in denen man Mitglied sein muss, um mitzulesen und zu schreiben. Diese Gruppen können prinzipiell auf allen sozialen Kanälen von Facebook über Instagram bis zu WhatsApp oder auch XING und LinkedIn eingerichtet werden.

Und das ist auch an und für sich überhaupt nichts negatives, was in dem Beitrag von Dirk von Gehlen viel zu kurz kommt. Im Gegenteil. Die Gründung von Gruppen meist mit gemeinsamen Interesse – neudeutsch Communities oder Special Interest Communities –  ist absolut ok. Und wenn sich diese Gemeinschaften nun mal nicht öffentlich austauschen wollen und auch die Inhalte nicht über Suchmaschinen auffindbar machen wollen, ist das genauso in Ordnung. Vielleicht, ja sicher ist das sogar eine Form von Datenschutz und Privatsphäre. Dort sollen eben gerade Informationen oder Bilder und Videos nicht mit der Öffentlichkeit geteilt werden. Ich habe selbst auf verschiedensten Tools solche Gruppen eingerichtet, bin aktives Mitglied oder moderiere sie sogar. Und es auch nicht per se schlimm, wenn die Betreiber von Webseiten eben nicht sehen, wo jemand her kommt, der in einer geschlossenen Gruppe oder Community auf einen Link geklickt hat.

Schlimm und „dunkel“ sind ganz andere Dinge. Schlimm sind extreme Meinungen und Filterblasen, die sich in solch geschlossenen Gruppen bilden können. Dirk von Gehlen führt einige Beispiele an, wo sich Falsch- oder Panikmeldungen in solchen Gruppen rasant verbreitet haben, weil man Nachrichten in solchen Gruppen als glaubwürdiger erachte, manchmal blind vertraue. Ich bin bei dem Autor, wenn er dazu rät, mancher Nachricht, die man bekommt, zu misstrauen. Die berühmten Kettenbriefe in WhatsApp sind ein klassisches Beispiel. „Die beste Impfung gegen Falschmeldungen in dunklen Kanälen ist: Nachdenken – und nur das teilen, was man selber genau weiß„, schreibt von Gehlen. Dem zweiten Satz stimme ich zu 100 Prozent zu. Sein erster Satz ist aber reißerisch, demagogisch, die dunklen Kanäle werden quasi beschworen. Nein, viele dieser Kanäle sind eben nicht dunkel. Private Gruppen, Communities, Kanäle können eben auch Horte der Privatsphäre und durchaus Glabwürdigkeit sein. Nicht die Werkzeuge sind das Problem. Die, die sie missbrauchen oder ihnen eben blauäugig glauben, sind die Herausforderung. Also bitte nicht so plakativ alles über einen Kamm scheren, sondern unbedingt differenzieren! Das erwarte ich eigentlich von einer Qualitätszeitung.

(Stefan Pfeiffer)

Frage in meinen Augen nach @Kattascha-Artikel: „Es gibt keine garantierte Sicherheit“ verus „Ich mache die Patientenakte so sicher wie irgend möglich“

16. Januar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Der einzig gute Nebeneffekt des aktuellen Doxing-Vorfalls könnte sein, dass wir eine breitere öffentliche Aufmerksamkeit für das Thema bekommen haben. Wenn auch meine Mutter mich darauf anspricht, dann ist zumindest bei den interessierten und wacheren Anwenderinnen und Anwendern angekommen. Doch viele Herausforderungen bleiben. Eine davon ist, dass die vielfältige moderne Technik Emma und Otto Normalbürger/in einfach überfordert, wie ich es ja auch geschrieben und bei #9vor9 diskutiert haben.

Katharina Nocun hat auf der Süddeutschen das Thema in einem lesenswerten Beitrag auch nochmals aufgegriffen. Manches klingt fast banal, ist es aber sicher nicht:

Politiker sind auch nur Menschen. Sie nutzen ein und dasselbe Passwort für mehrere Dienste. Teilen vertrauliche Informationen über unsichere Kanäle. … Eines von vielen Sicherheitsrisiken sitzt vor dem Rechner. Das sind die Nutzer selbst. …

Was wir heute erleben, ist nur ein Vorgeschmack auf das, was droht.

Quelle: Doxing-Debatte: Einbruch ins externe Gehirn – Digital – Süddeutsche.de

Das Thema Datenklau, Doxing, Hackerangriff, generell Datensicherheit wird uns – da muss man kein Prophet sein – weiter beschäftigen. Katharina fordert Datensparsamkeit:

Die Digitalisierung klug zu gestalten, bedeutet auch, Datensparsamkeit statt Sammelwut zum Leitbild zu machen. Das gilt nicht nur für die Wirtschaft. Man stelle sich vor, die Vorratsdaten von Millionen Bürgern wären online einsehbar. Oder eine Sicherheitslücke bei der elektronischen Patientenakte würde Krankengeschichten ins Netz spülen. Bei vielen staatlich verordneten Datensammlungen wird bisher so getan, als könne man Sicherheit garantieren. Das ist ein gefährlicher Trugschluss. Sicherheit in der IT ist nur ein vorübergehender Zustand. Das muss auch der Staat verinnerlichen.

Quelle: Doxing-Debatte: Einbruch ins externe Gehirn – Digital – Süddeutsche.de

Beim Thema elektronische Patientenakte horche ich wieder auf. Ich habe mich ja als Patient hier und auf Twitter dazu geäußert. Ist dann der Umkehrschluss von „Es gibt keine garantierte Sicherheit„, wir können keine Patientenakte einführen, die aus meiner naiven Sicht als betroffener Patient dringend notwendig wäre?

Oder muss es nicht stattdessen heissen, „Ich mache die Patientenakte* so sicher wie irgend möglich„?

Auch eine direkte Frage an Katharina Nocun, denn es gibt nicht immer nur um Datensammelwut, wie sie später postuliert:

Es braucht keinen Staat, der in puncto Datensammlung Facebook Konkurrenz macht. Es braucht einen Staat, der zur digitalen Selbstverteidigung ermutigt, …

Quelle: Doxing-Debatte: Einbruch ins externe Gehirn – Digital – Süddeutsche.de

Berechtigte Sorge um Datensicherheit, Privatsphäre und Datenschutz können nicht heissen, dass gleich Anwendungen, in den Daten nun mal benötigt werden, sofort verdammt und abgelehnt werden.

(Stefan Pfeiffer)

* Man ersetze Patientenakte durch andere „sinnvolle“ Anwendungen, die private Daten benötigen.

Nach dem „Hackerangriff“ einige Beiträge kommentiert und kuratiert: Hundertprozentige Privatsphäre gibt es nicht, aber wir müssen mehr tun

14. Januar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Natürlich ist der aktuelle „Hackerangriff“ in nahezu allen Medien Anlass, entsprechende Bewertungen und Empfehlungen abzugeben. Eine rein subjektive kleine Auswahl. Lisa Hegemann formuliert in Zeit online:

Vielmehr müssen Nutzerinnen und Nutzer das Netz begreifen als das, was es ist: einen öffentlichen Raum. Das mag nach einer Floskel klingen. Doch manche Menschen nutzen soziale Netzwerke wie Instagram nach wie vor eher wie ihr privates Wohnzimmer denn wie eine öffentliche Plattform. Sie veröffentlichen Bilder aus Urlauben, Selfies, ihr Essen, ihre Partybilder oder gleich Baby- oder Familienfotos. … Und anders als ein Gespräch zwischen zwei Menschen auf der Straße, das schnell wieder vergessen ist, speichern die Unternehmen jede Kommunikation zwischen Personen.

über Datenschutz: Hundertprozentige Privatsphäre gibt es nicht | ZEIT ONLINE

Gut formuliert. Man muss auch selbst darüber nachdenken, was man ins Netz stellt und natürlich auch für die Sicherheit selbst etwas tun – u.a. Stichwort Passwörter. Doch der Satz, der durch die drei Punkte symbolisiert wird, regt mich auf:

Soziale Netzwerke wie Facebook, Messenger wie WhatsApp, E-Mail-Dienste wie Gmail mögen Privatsphäre versprechen. Hundertprozentig zusichern können sie die aber nicht.

über Datenschutz: Hundertprozentige Privatsphäre gibt es nicht | ZEIT ONLINE

Es ist der blanke Hohn das so zu formulieren angesichts des Verhaltens des Facebook-Konzerns …

Facebook kennt beim Handel mit personenbezogenen Daten keine Zurückhaltung, die Zerstörung der Privatsphäre ist Teil des Geschäftsmodells.

über Facebook: 2018 war das Jahr der Rückschläge – Stefan Betschon in der NZZ

… und den Bedenken, die man auch gegenüber Google und auch Gmail – siehe meinen Beitrag dazu – haben muss. Sascha Lobo bringt es meiner Ansicht nach auf den Punkt:

Plattformen wie Facebook müssen auch von Leuten sicher benutzbar sein, die buchstäblich nichts wissen über die digitale Welt. Das sicherzustellen, ist die Aufgabe der Digitalkonzerne, denen man ohnehin sehr viel mehr zumuten könnte. Darauf zu drängen und die Nichtumsetzung zu sanktionieren, das ist Aufgabe der Politik.

über Digitale Hilflosigkeit: Reaktionen auf den Daten-Leak – SPIEGEL ONLINE

Die bunte Netzwelt ist für viele zu komplex

Emma und Otto Normalverbraucher/in müssen und sollten soziale Medien sicher benutzen können. Ja, wir müssen sie aufklären. Ja, sie sollten lernen nicht jedes private Foto öffentlich zu posten. Ja, wir brauchen Weiterbildung für Anwender jeden Alters, aber wir müssen auch realistisch sehen, dass die bunte Netzwelt für viele zu komplex ist.

So verbringen die einen, also diejenigen, die daheim in der Regel die IT-Dinge in Ordnung halten, die Weihnachtsfeiertage mit diversen Computerupdates und Neueinstellungen in den IT-Systemen der Mütter und Väter, die sich überfordert fühlen.

über Willkommen im Internet 2019: Gute Zeiten für Betrüger – Carsten Knop in FAZ.NET

Wenn ich hier Carsten Knop lese, fühle ich mich wie Weihnachten daheim. Doch zur Rechtfertigung all derjeniger, die sich weniger mit Netz und IT auskennen: Wie können wir davon ausgehen, dass sich jeder mit Router-Konfiguration, 2-Schritt-Authentifizierung, E-Mail-Passwörtern und Online Banking, mit iOS oder Android, mit Windows, https und Druckertreibern, mit dem Smart Home und Bluetooth-Verbindungen im Auto befasst und auskennt.

Wir können aufklären, dass 12345678 nicht das beste Passwort ist.

Hier nochmals zwei Links zum Thema:

Doch müssen wir, als diejenigen, die mehr IT-Ahnung zu haben glauben, uns vor allem kümmern. Das ist individuelle Aufgabe und Pflicht. Politik und Behörden müssen aktiv werden, in Deutschland oder Europa – und das auf verschiedensten Ebenen. Das Thema Weiter- und Ausbildung hatten wir gerade – und es wird/würde Geld und Aufwand kosten. Doch auch Geräte, Tools und Software müssen einfacher zu bedienen und sicherer werden. Also gilt es, auch Hersteller in dieser Beziehung in die Pflicht zu nehmen, als Konsumenten und seitens der Behörden. Hier gibt es ja beispielsweise die Forderung, dass Hersteller kennzeichnen müssen, wie lange eine Software aktuell gepflegt wird.

Nicht alles ist gut – die Behörden haben einen Amateur dingfest gemacht

Daneben gibt es andere Aufgaben für Politik und Behörden. Die Welt ist nicht so rosig und in Ordnung, wie es der Stephan Maier (CSU), parlamentarischer Staatssekretär bei Bundesinnenminister Horst Seehofer, in der Sendung von Maybrit Illner vollmundig und süffisant lächelnd verkündet hat. Halten wir mal die Tatsachen fest: Die Behörden haben einen Amateur gefasst, der schon einmal auffällig geworden ist. Was ist aber, wenn hier wirklich die Profis und kein 20-jähriger Schüler ans Werk gehen?

Frank Rieger vom Chaos Computer Club macht in seinem Gastkommentar Vorschläge, von lang- und mittelfristigen Investitionen in eine defensiven Cyberstrategie bis zu einer vom Staat oder der EU geförderten Plattform, die auf Open Source basiert – und sich von der Microsoft-Abhängigkeit löst, die in der Vergangenheit nur zu oft zu Problemen geführt hat:

Der beste Ansatz dazu ist die staatliche Finanzierung einer breiten Landschaft von Open-Source-Komponenten, die in sicheren Programmiersprachen nach modernen Kriterien geschrieben, regelmäßig auditiert und die auch kommerziell verwendet werden können. … Wenn wir nicht bald damit anfangen, stehen wir in zehn Jahren immer noch da und wehklagen über die neuesten Angriffe und Datenabflüsse.

über Gastkommentar: Diese fünf Lehren muss die Politik ziehen – ZDFmediathek

Und EU und Länder müssen auch gegenüber den Datenkraken im Sinne der Bürger/innen aktiv werden. Wenn ich Kartellamtschef Andreas Mundt richtig verstehe, will diese Behörde ja jetzt Facebook zu mehr Datenschutz zwingen – und sei auch dazu in der Lage. Eine entsprechende Entscheidung sei in Kürze zu erwarten. Weitere Initiativen befinden sich in der Diskussion, von der E-Privacy-Verordnung bis zu Fragen, wie eine elektronische Patienten-/Gesundheitsakte – und andere vergleichbare digitale Angebote – sicher realisiert werden kann/können. Dass sie realisiert werden sollten, ja müssen, ist für mich keine Frage.

Zurück zum Sachverhalt, zum angeblichen „Hacker-Super-GAU“: Zuerst einmal wurde viel Panik verbreitet, wie es Gunnar Sohn korrekterweise süffisant bemerkt hat. Nein, es war nicht, wie manche vermutet haben, ein systematischer groß angelegter Hackerangriff. Es war Doxing, eher eine Fleissaufgabe über einen längeren Zeitraum, bei dem Passwörter – wahrscheinlich und klassisch doppelt und dreifach benutzt und so im Dominio-Effekt nutzbar – und Konten von sozialen Netzwerken ausgespäht oder gekauft wurden. Verschiedenste Datenformate und -quellen von E-Mails. Chats, Fotos, Videos bis zu Dokumenten wurden wohl kontinuierlich gesammelt und dann missbraucht und veröffentlicht. Und es waren eben Daten von wohl rund 1.000 Politikern und Prominenten.

Wir – gerade Meinungsführer – dürfen soziale Medien nicht aufgeben

Besonderes Aufsehen hat sicher Robert Habeck und sein Abgang aus Twitter und Facebook erregt nach diesem Doxing-Vorfall erregt. Er hatte die Schnauze voll und die Reaktionen waren sehr unterschiedlich. Die einen zeugten Respekt, andere mussten natürlich wieder in die typische Ablehnungshaltung gegenüber sozialen Medien verfallen. Die unten im Tweet zitierte Aussage von Winfried Kretschmann ist symptomatisch:

Thomas Knüwer hat anläßlich des Austritts von Habeck das deutsche Bildungsbürgertum kritisiert, dass sich seit 20 Jahren vor dem Social Web drücke. Liberale Demokraten überließen den wichtigsten Debattenort, das Social Web der AfD. Da ist sehr viel wahres dran. Digitalabstinenz sei die Ich-Lösung der ohnehin Non-Digitalen, schreibt Sascha Lobo.

Ein Ausstieg aus den sozialen Medien ist für Demokraten, gerade für Politiker und Meinungsführer keine Option. Die sozialen Kanäle werden nicht mehr verschwinden. Sie verändern und prägen die politische Öffentlichkeit. Was man tun kann, ist sicher die Plattformen und Kanäle aussuchen, auf denen man selbst aktiv sein will. Diesen Weg versuche ich beispielsweise mit meinem Ausstieg aus den Werkzeugen des Facebook-Konzerns. Kein WhatsApp, kein Instagram und kein Facebook mehr.

Doch zu diesem Ausstieg gibt es andere Meinungen. Auf Facebook könne man nicht verzichten. Das Zuckerberg-Netz sei zu groß und es gebe und werde keine ernsthafte Alternative geben. Zumindest sind alle Versuche, ein anderes soziales Netzwerk zu etablieren, bisher gescheitert. Politik und Kartellamt wollen mit Regularien und Gesetzen aktiv werden. Kartellamtschef Mundt hat eine Entscheidung bezüglich Facebook für Anfang 2019 angekündigt, die man auch durchsetzen werde und könne. Ich bin sehr gespannt.

Die Diskussion rund die Nutzung der Kanäle, um Facebook oder Twitter oder eigene Blogs mit Kommentarfunktion muss weitergehen. Nur eines dürfen wir alle sicher nicht tun. Das soziale Netz aufgeben, die positiven Möglichkeiten der sozialen Kanäle, aufgeben. Ich habe in der Überschrift dieses Beitrags den Titel von Lisa Hegemann in Hundertprozentige Privatsphäre gibt es nicht, aber wir müssen mehr tun modifiziert. Wir sind dabei wirklich wir als einzelne Anwender. Wir sind vor allem auch Politiker, Behörden und Sicherheitsbehörden, die an verschiedenen Hebeln  des Netzes und der Netzbenutzung (Aus- und Weiterbildung, gesetzliche Regulierung und Sanktionierung bis hin zum Staat als Open Source-Plattformbetreiber) ansetzen sollten, ja müssen. Anders wird das nichts werden mit mehr Datenschutz und Privatsphäre.

Der breitere Zusammenhang: Bedrohung von Privatpersonen und Unternehmen und die Angst vor politischen Manipulationen

Der aktuelle Doxing-Vorfall ist nur ein erneutes Mahnzeichen. Mein Gefühl ist allerdings leider, dass es maximal zu kurzfristigem Aktionismus reichen wird. Den Willen, mittel- und langfristig etwas zu ändern, nehme ich noch nicht wahr und das, obwohl die Situation für den einzelnen Anwender, für Wirtschaft und Politik durchaus kritisch ist. Viele Privatpersonen, nicht nur Prominente und Politiker, sind von Datenklau, Doxing und Mobbing betroffen und bedroht. Jeder zweite Internetnutzer war laut Bitkom 2018 Opfer von Cyberkriminalität. Daneben finden massive kriminelle Onlineattacken gegen Unternehmen latent statt, meist ohne öffentliche Aufmerksamkeit. Laut einer Bitkom-Studie wurden 2016/2017 ein Schaden von 43 Milliarden Euro verursacht. Ironischerweise sinkt aber gleichzeitig – so eine Deloitte Studie – das Risikobewusstsein in Führunsetagen … Und kommende politische Manipulationsversuche lassen sich, so Sascha Lobo, „erahnen, wenn man einerseits auf die Wahlen 2016 in den USA und andererseits auf das Jahr 2019 in Deutschland und Europa schaut„. Welche Zeichen beziehungsweise Belege brauchen wir eigentlich noch, um von Aktionismus zu einer Strategie und deren Umsetzung zu kommen?

„Wir müssen ein neues Rohr bauen, das von Anfang an dicht ist und die notwendige Wartung mit abschätzbarem Aufwand erleichtert. Die Fundamente unserer digitalen Welt zu erreichen ist wahrscheinlich ein Projekt, das man auf zehn oder 15 Jahre anlegen und über diesen Zeitraum kontinuierlich und großzügig finanzieren muss.“

aus: „Cyberwar“ von Constanze Kurz und Frank Riegerzitiert nach FAZ

(Stefan Pfeiffer)

Lesezeichen: „Man kann auf YouTube lernen – und ebenso gut verblöden.“ | FAZ

12. Januar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Heute ist in der FAZ ein langer, ausführlicher Beitrag zur Bedeutung von YouTube und sozialen Medien für Jugendliche am Beispiel der Diskussion um Artikel 13 der geplanten EU-Urheberrechtsrichtline erschienen. Kommission, Parlament und Rat diskutieren gerade darüber, wie geistiges Eigentum in der digitalen Welt besser geschützt werden könnte.

Rund um potentielle „Upload-Filter“ und einer Gefährdung des freien Netzes gibt es nun seit geraumer Zeit eine Diskussion, die von Google und YouTube angefeuert wird. Der Artikel setzt sich damit auseinander, wie sich Jugendliche mit dem Thema auseinandergesetzt, wo sie sich informiert (oder desinformiert) haben.

Die Autoren führen einige interessante Statistiken auf, sicherlich dem interessierten Leser bekannt, aber im Beitrag nochmals gut zusammengefasst. Jugendliche schauen immer weniger Fernsehen, stattdessen nutzen sie YouTube und Streaming-Dienste. Sie vertrauen (immer noch) der Tagesschau, schauen sie aber eigentlich nicht mehr. Stattdessen informieren sie sich über soziale Medien:

Für 29 Prozent erfüllt Facebook die Funktion, für 17 Prozent ist Youtube Hauptinformationsquelle. Auch dort gibt es seriöse Nachrichten und Dokumentationen, aber sie begegnen einem nicht zufällig. Das ist im Fernsehen anders.

Das Internet, hieß es schon früh, macht die Schlauen schlauer und die Dummen dümmer. Man kann auf Youtube lernen, wie man ein Floß baut, wie die Relativitätstheorie funktioniert – und ebenso gut verblöden.

über Jugendliche informieren sich vor allem über Youtube

Na ja, ist das so neu, frage ich mich da? Auch vor sozialen Medien haben nicht alle ARD, ZDF, Arte und Tagesschau angesehen. Und davor soll es viele Jugendliche gegeben haben, die nicht die FAZ, Süddeutsche oder Zeit gelesen haben. Und schon damals, ja sogar heute gibt es diejenigen, die auf BILD News reinfallen oder sie nicht hinterfragen. Schon vor Social Media gab es Filterblasen und Scheuklappen, Leute, die andere Informationen einfach ignoriert haben oder ignorieren wollten.

Ja, die Empfehlungsalgorithmen der Netzplattformen sind eine neue Stufe, nicht links und rechts zu schauen. Höher ist die Reichweite, größer die Geschwindigkeit, in denen Diskussionen geführt werden und eskalieren können. Und vergessen wir bei der oft auch unangebrachten Verteufelung der sozialen Medien nicht die unvergleichlich höhere und weitere Macht der Plattformbetreiber wie der Google-Tochter YouTube oder die Praxis des Facebook-Konzerns im Bereich Privatsphäre und Datenschutz. Ein Springer-Konzern war in seinen besten Zeiten da vergleichsweise harmlos. Dass die neue Clique von Amazon, Google, und Facebook sich gegen Regulierungen wären, die sie Geld kosten und potentiell den Einfluss beschränken, ist nur zu logisch.

Medienkompetenz nicht nur, aber vor allem auch von Jugendlichen ist in der heutigen Zeit ebenso notwendig wie im Fernseh- oder Print-Zeitalter. Ja, heute mag sogar noch mehr Misstrauen gegenüber Falschinformationen gefragt sein. Und seien wir besonders misstrauisch, wenn Konzerne als weiße Ritter auftreten, die von Werbung und Daten bestens leben und oft einen Markt monopolartig beherrschen. Sie gehören kontrolliert.

Und zum Streitpunkt, dem Artikel 13, schreiben die Autoren der FAZ mit Bezug auf EU-Quellen, dass sich dieser nicht gegen Youtuber richte, denn diese „Creators“  seien – wie es der Name eigentlich schon sagt – geistiger Urheber und damit Inhaber von Rechten. Auch habe man nichts zu befürchten, wenn man in kurzen Ausschnitten Bezug auf andere Quellen nehme und aus geschützten Werken zitiere. Lizenzen sollten (nur) dann fällig werden, wenn längere Einspielungen genutzt würden.

(Stefan Pfeiffer)

 

 

 

 

Gmail frei nach The Clash: Should I stay or should I go?

10. Januar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Das Thema Google als Datenkrake wurde hier im Blog ja schon des Öfteren behandelt. Jetzt eine Leseempfehlung und eine Frage an Euch, eine Denksportaufgabe für mich. Wer sich zum Thema Google und die entsprechenden Praktiken informieren will, dem sei dieser Blogeintrag von Mike Kuketz empfohlen. Lieben Dank an den Kollegen JUF für den Hinweis! Im Beitrag wird umfassend auf die Suchmaschine, auf Android, Google Maps, den Chrome-Browser, weitere Tools und die Vorgehensweisen von Google eingegangen, die schon lange nichts mehr mit dem ursprünglichen Firmencredo Don’t be evil zu tun haben. Viele vertrauen Google nicht oder nicht mehr, aber aus Bequemlichkeit würden die Dienste weiter genutzt, so Kuketz.

Und da sind wir beim Thema. Die Suchmaschine existiert bei mir persönlich nur noch am Rande. Andere Google-Produkte spielen bei mir keine oder nur eine sehr untergeordnete Rolle bis auf … ja, bis auf Gmail. Auch darauf geht Kuketz ein. Spätestens seit Ende des Jahres 2017 habe Google das Scannen von E-Mails zur Einblendung von personalisierter Werbung eingestellt. Doch lese Google die E-Mails für andere Zwecke weiter mit – ohne Zustimmung des Absenders. Diese könne der Spam-Abwehr ebenso dienen wie der Verfeinerung des Google-Profils. Auch könne Google davon ableiten, mit wem man in Kontakt stehe.

Und ihr ahnt schon: Ich nutze Gmail seit geraumer Zeit als mein privates Hauptkonto für EMails – mit allen Konsequenzen. Wer mir also eine Nachricht an mein Gmail-Konto schickt, dessen Nachricht wird von Google gescannt, wofür auch immer – außer für Werbung. Mike weist deshalb bei Gmails, die er erhält, in seinem Auto Reply genau auf diesen Umstand hin und empfiehlt mailbox.org, ein E-Mail-Programm, das bei einem Test von E-Mail-Anbietern der Stiftung Warentest Ende 2016 besonders gut abgeschnitten hat.

Und nun kommt die Frage frei nach The Clash: Should I stay or should I go? Ich habe Fragezeichen in den Augen, denn es hat verschiedene Konsequenzen, Stichwort Bequemlichkeit. Die kleinste Sorge sind dabei die Kosten, die bei mailbox.org anfallen – laut Webseite 1 Euro im Monat. Größer ist für mich der Aufwand, „meine“ Kontakte an eine neue E-Mail-Adresse umzugewöhnen. Und nicht zuletzt fragen die Seiten von Drittanbietern oft genug, fast immer nach einer E-Mail-Adresse. Kann man das immer ändern. Und es wäre Aufwand, den ich zumindest sukzessive betreiben müsste. Fragen über Fragen … Fragen Bequemlichkeit, nach Konsequenz, nach technischen Details … Und nun freue ich mich über Feedback.


Und ich füge noch schnell ein Zitat von Jörg Schieb hinzu, weil es zum Thema E-Mail-Sicherheit passt. Er nimmt zur Notwendigkeit, der 2-Faktor-Authentifizierung Stellung und prangert insbesondere GMX an:

Die Onlinedienste verzichten auf ein Mehr an Sicherheit, um die User nicht mit mehr Aufwand zu belästigen.

Noch schlimmer sind aber Mail-Dienste wie GMX – immerhin einer der größten Mail-Dienste in Deutschland: GMX bietet schlicht keine Zwei-Faktor-Absicherung an. Ich habe beim Unternehmen nachgefragt. Die Antwort: Im zweiten Quartal 2019 soll sie kommen, die 2FA. Bis dahin ist GMX aber sicherheitstechnische Diaspora. Wem seine Daten wichtig sind, sollte schleunigst wechseln.

über Mail-Accounts: Sicherheitstechnische Diaspora › Digitalistan

(Stefan Pfeiffer)

Social Media 2019: „The pendulum is swinging back to social’s roots: real, personal and authentic“ | Ryan Holmes, CEO von Hootsuite

9. Januar 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Hootsuite CEO Ryan Holmes schaut in die Glaskugel voraus in 2019 … und zurück in 2018. Hier einige seiner Thesen mit meinen Kommentaren.

Kein Vertrauen mehr in Social Media und Netzwerke.

According to Edelman’s 2018 Trust Barometer Report, 60% of people no longer trust social media companies. Against a backdrop of “fake news” and data manipulation, users have grown distrustful of influencers–both celebrities and media personalities.

über Hootsuite CEO’s social media predictions for 2019

Tja, wen wundert es angesichts von Datenskandalen, zuletzt den von der New York Times veröffentlichten Geschäftspraktiken von Facebook. Und die Nachrichten von Donald Trump, Diskussionen um Social Bots, Einflussnahme auf Wahlen und „Fake News“ haben das ihrige dazu getan. Das hat auch Einfluss, wie man sich als Unternehmen in Social Media bewegen sollte. Vertrauen und Transparenz sollten ganz vorne stehen, meint Holmes – und ich nicke dazu.

Alle wollen jetzt Stories … oder?

Instead of posting on their news feeds, users are increasingly sharing “Stories” with their network. In contrast to standard updates, these ephemeral slideshows generally disappear after a day, and they’re growing 15 times faster than feed-based sharing, with more than a billion users of Stories across Instagram, Facebook, WhatsApp, and Snapchat.

über Hootsuite CEO’s social media predictions for 2019

Statt Informationen, einzelne losgelöste Updates im News Feed, scheinen Stories immer mehr die Art zu verändern, wie soziale Medien zumindest von der jüngeren Generation konsumiert werden. Ein interessantes Ergebnis hat dabei der Guardian vermeldet: Nicht die aufpolierten Stories, in Hochglanz von Marketing-Agenturen vorproduziert, erzielten das höchste Engagement, nein, vielmehr die spontanen, durchaus nicht perfekten Videos brachten dem Magazin deutlich mehr Follower. Holmes sagt voraus, dass Unternehmen sich in 2019 mit dieser anderen Art des Geschichten erzählens beschäftigen werden müssen. Tja, da sind wir wieder beim Story Telling, diesmal im Marketing und in sozialen Kanälen und nicht im Journalismus.

Und dann ist da noch LinkedIn, dass schon in 2018 einen Boom erlebt hat. Klaus Eck bringt es auf den Punkt:

LinkedIn hat sich in den vergangenen Jahren erheblich gewandelt. Aus einer international ausgerichteten Karriereplattform ist eine Businessplattform geworden, die sich von Marken auf vielfältige Weise nutzen lässt.

über Warum LinkedIn immer attraktiver wird – Klaus Eck auf LinkedIn Pulse

Vor allem wird das Netzwerk immer mehr auch als Blogging oder Content Plattform genutzt:

A content powerhouse, LinkedIn now publishes more than 100,000 articles a week on its blogging platform.

über Hootsuite CEO’s social media predictions for 2019

Vor allem Unternehmen, die im B2B-Umfeld tätig sind, entdecken das Netzwerk, das Microsoft gehört, als eine Plattform der Besserverdienenden und Wohlhabenden, um ihre potentiellen Kunden zu erreichen. Den News Feed finde ich derzeit (noch) nicht so spannend und stimme hier nicht mit Klaus Eck überein: Zu viel Werbung, zu viele Promotions, zu viele, die etwas verscherbeln wollen. [Auf Xing scheint es noch schlimmer zu sein.]

Wie der Algorithmus von LinkedIn, habe ich noch nicht herausgefunden: Sind es die CEOs, die posten und ihre Gefolgschaft mitbringen? Sind es die „Celebrities“ und Influencer? Oder ist es wirklich der hochwertige Content, die packend, gut geschriebenen Inhalte? Ich werde es sowohl auf LinkedIn wie auch auf Xing in den kommenden Monaten intensiv verfolgen.

[Randnotiz: Mir scheint das Content Powerhouse leider klassisch abgeschottet. Mit Werkzeugen wie Hootsuite beziehungsweise dem Hootlet in Firefox hat zumindest bei mir das Teilen von Beiträgen nicht geklappt. Man muss wohl die hauseigenen Funktionen von LinkedIn benutzen. Auch der Press This-Button von WordPress geht bei mir nicht*.]

Zu viel Werbung und Promotions in den Newsfeeds der sozialen Kanäle

Zu viel Werbung und Promos habe ich eben geschrieben. Das sieht auch Ryan Holmes in seinem Beitrag. Wir erleben einen Hype auf Facebook. Und auch LinkedIn scheint zu „explodieren“. Nicht nur Holmes stellt den ROI, das Ergebnis, der entsprechenden Investitionen in Frage.

In other words, while companies may be paying more than ever for ads in 2019, that’s no guarantee anyone’s going to pay attention. … Just squeezing a bland banner ad into a news feed doesn’t cut it any longer.

über Hootsuite CEO’s social media predictions for 2019

Na ja, vielleicht wandern die Mittel ja dann bald in WhatsApp-Newsletter, einen Trend, den auch ich für 2019 vorhersage. Dazu passt auch der Holmes’sche Paragraph zu Gruppen, die – egal auf welcher Plattform – an Bedeutung zu gewinnen scheinen. Geschlossene(re) Gemeinschaften, in denen man sich intimer als im großen, wilden Netz austauschen kann. Generell sind Messenger jetzt en vogue, dummerweise dominiert aber Facebook mit WhatsApp und Facebook Messenger den westlichen Markt: Neun von zehn Konsumenten wünschen sich die Möglichkeit, mit einem Messenger mit Unternehmen zu kommunizieren, auch wenn die Deutschen noch sehr zurückhaltend sind (siehe Infografik am Ende des Beitrags).

„Das Pendel schwingt zurück zu den Wurzeln sozialer Medien

Ich hoffe mal, dass Ryan Holmes mit seinem Schlusswort wirklich Recht behält, trotz kommerzieller Interessen und des Geldes, das auch Plattformen verdienen müssen und wollen:

In the beginning, social media was a place to connect in meaningful ways, with people you actually knew or, at the least, wanted to know. Dramatic growth and global popularity changed those intimate spaces into wild, sometimes scary, digital jungles, filled with dubious actors, suspect claims, and aggressive sales pitches. But users have clearly had enough. They’re insisting on more value and transparency in exchange for their time and information. They want to be treated like individuals, not demographics. The pendulum is swinging back to social’s roots: real, personal and authentic.

über Hootsuite CEO’s social media predictions for 2019

Hoffen wir, dass es so kommt und arbeiten wir gemeinsam daran.

Und hier die angekündigte Infografik:

twilio_global_consumer_mobile_messaging_trends_infographic
über How Consumers Use Messaging Today – Commerce Communications – Twilio

(Stefan Pfeiffer)

* Zu den Problemen zwischen Hootsuite und WordPress mit LinkedIn:  Bin gerne vom Gegenteil zu überzeugen und würde natürlich dann den Beitrag korrigieren.