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#9vor9 und digitale Splitter der Woche: Kein Signal im EU-Parlament, das Datenschutzcockpit, Führungswechsel bei SAP und einiges mehr

15. Oktober 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Und heute gab es wieder #9vor9 mit Lars Basche und Gunnar Sohn. Hier die Aufzeichnung mit vielen Themen, die auch für das Blog vorbereitet hatte:

Und das sind meine lose kuratierten Digitalthemen der vergangenen Tage.

Kein Signal im EU-Parlament

Die IT-Abteilung des EU-Parlaments verbietet den Einsatz des  Messengers Signal auf Desktop-Rechnern. Dazu müsse das Programm erst einmal getestet werden. Stattdessen solle man die Webversion von WhatsApp verwenden. Netzpolitik.org berichtet:

Zwar sind beide Messenger Ende-zu-Ende-verschlüsselt, doch fließen bei WhatsApp Metadaten an den Mutterkonzern Facebook ab. Ermittler und Geheimdienste können auf sie Zugriff erhalten. Signal hingegen verspricht seinen Nutzer:innen, von vornherein so wenig Daten wie möglich über sie zu speichern.

über EU-Parlament verwehrt Abgeordneten die Installation des Messengers Signal – netzpolitik.org

Das Internet: The good, the bad and the …

Und eigentlich logisch, aber in den heutigen Zeiten, in denen immer schwarz-weiß gemalt wird, doch erwähnens- und zitierenswert: eine weltweite Studie über den Einfluss des Internets auf das Vertrauen in Regierung und Verwaltung, über die netzpolitik.org hier berichtet. Zwei wichtige Ergebnisse kommen bei der Auswertung von rund 840.000 Befragten in 116 Ländern heraus: Das Internet und 3G bzw. ein freier und unzensierter Zugang zum Internet haben in vielen Ländern zur Bekämpfung von Korruption und Misswirtschaft geführt. Auf der anderen Seite sei durch den Ausbau von 3G-Mobilfunknetzen der Stimmenanteil von populistischen Parteien gestiegen.

Populistische Parteien, zumindest in Europa, haben von der wachsenden Unzufriedenheit mit Amtsinhabern politisch profitiert, gefördert durch die politische Information, die Wähler über das Internet erhalten. … Da viele populistische Politiker in Europa dabei ertappt wurden, Desinformation zu streuen, suggerieren die Ergebnisse, dass das Internet ein Werkzeug dabei sein kann, die Öffentlichkeit sowohl zu informieren als auch zu desinformieren.

über Studie: Mit mehr Internet fliegt Korruption eher auf – und das Misstrauen in Regierungen wächst – netzpolitik.org

Doro Bär im „Datenschutzcockpit“

Und Spiegel Online berichtet über das „Datenschutz-Cockpit“, das Digital-Staatsministerin Dorothee Bär (CSU) jetzt einführen möchte und kürzlich vorstellte. Bürgerinnen und Bürger sollen sollen künftig online verfolgen können, welche Behörden persönliche Daten von ihnen verarbeiten. Die Mehrheit wolle eGovernment-Dienstleistungen wahrnehmen, ohne immer wieder die eigenen Daten eingeben zu müssen. Auf der anderen Seite sei „die große Mehrheit ist auch nicht begeistert, wenn es um einen Datenaustausch zwischen den Behörden“ gehe.

Das „Datenschutz-Cockpit“ soll in einem Bereich eine Übersicht über verwendete Daten liefern, in einem anderen könnten Nutzer Behördengänge online erledigen, berichtet Spiegel Online. Doch es gibt Skeptiker, dass die Initiative es schaffe, die Digitalisierung der Verwaltungsdienstleistungen wie geplant bis 2022 fertigzustellen. Der EU-Kommission zufolge hinkt Deutschland im Vergleich hinterher. Und bisher waren die IT-Projekte der öffentlichen Hand ja nicht gerade Erfolgsgeschichten.

Führungswechsel bei SAP

Schließlich muss über den Führungswechsel bei SAP gesprochen. SAP-Vorstandschef Bill McDermott muss gehe, Jennifer Morgan und Christian Klein übernehmen. Hasso Plattner hat wieder einmal gehandelt. Finanziell steht SAP exzellent da und liefert gerade auch wieder ein hervorragendes drittes Quartal ab. In McDermotts Zeiten wurde der Konzern zum wertvollsten deutschen Börsenkonzern, so die FAZ. Er hat maßgeblich das Cloud-Geschäft getrieben und das SAP-Portfolio durch Zukäufe kontinuierlich erweitert.  Michael Kroker vermutet genau an dieser Stelle Ungemach.

Die treuen SAP-Kunden seien haderten mit der Produktstrategie. Viele hätten das Gefühl, das Management kümmere sich nur noch um die modernen Cloud-Produkte, vernachlässige aber die Kernprogramme. Einige Kunden würden sich bereits abwenden, berichtete die Wirtschaftswoche. Und wer schon länger in der IT-Branche dabei ist: Es ist nicht das erste Mal, dass sich gerade auch die SAP Anwendervereinigung unzufrieden äußert. Ich kann mir den Vergleich mit Microsoft nicht vergleichen: Die scheinen zufriedenere Kunden zu haben oder der Ärger dringt nicht so durch … Zurück zu SAP: Gespannt sein darf man sicher auf das neue, jüngere Führungsteam und deren konkretes Vorgehen.

(Stefan Pfeiffer)

#9vor9: 5G ausgehebelt, die Krux mit den Verlagen und warum IT-Projekte der öffentlichen Hand scheitern

3. September 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Er treibt sich in Berlin herum, unser Gunnar Sohn, und deshalb durfte ich #9vor9 am 3. September technisch hosten. Welch eine Herausforderung am frühen Morgen, diesmal in der Besatzung Lars Basche, Gunni und meiner einer. Themen waren heute Alternativen zu 5G, die die Industrie im Niedrigbandbereich entdeckt, die Krux mit öffentlichen IT Projekten, die immer zu scheitern scheinen oder finanziell aus dem Ruder laufen, wie auch das Thema, dass Verlage einfach keine neuen Geschäfts- und Bezahlmodelle für das Netz entwickeln.

Bild von mohamed Hassan auf Pixabay

Ein Leben nach dem Internet. So ein Quatsch. Ein konstruktives Leben mit dem Internet. Darum geht es!

18. August 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Soll ich dazu was schreiben, zum Beitrag von Anna Miller auf Zeit Online zum ach so bösen Internet, das uns das Leben und Mensch sein raubt. Doch einige Zitate sind einfach zu platt:

Ich habe mein Leben an dich verschwendet, Internet. …

Ich hasse dich, Internet. Dafür, was du mit mir und meinem Leben machst.

über Digital Detox: Ein Leben nach dem Internet. Jetzt. | ZEIT ONLINE

Das böse Internet, das böse Smartphone, die uns die Lebensqualität klauen. Wir sollen uns endlich einmal auf das Leben einlassen, so Miller.

Also erst einmal: Natürlich gibt es Mechanismen und Nutzungsgewohnheiten, die „am Internet“ zu kritisieren sind. Auch in meiner Familie beobachte ich das und moniere es auch. Man muss nicht nachts ans Smartphone gehen. Und auch ich mache sicher nicht alles rund um das Netz richtig.

Aber dieses radikal einseitige Abwatschen des Netzes durch Anna Miller geht mir doch auf die Nerven. Typisch deutsch. Es erinnert mich an die Verteufelung des Fernsehens oder des Radios vor Jahrzehnten. Auch damals konnte man entsprechende Beiträge finden, die das Ende der Kultur und der Menschen beschworen. Und ja, Radio und insbesondere Fernsehen tragen nicht immer zum Besseren bei, aber sie sind Realität. Und darum geht es. Mit Realitäten und Technologien umgehen, die nicht mehr „wegzubeamen“ sind.

„Ein Leben nach dem Internet“. So ein Quatsch. Ein Leben mit dem Internet. Eine bewusstere Nutzung des Netzes mit entsprechenden Auszeiten. Wir müssen aufmerksam sein und Auswüchse im Netz – von Fehlern in der persönlicher Nutzung über Kommerzialisierung und Manipulation und mangelhaften Datensicherheit und Datenschutz bis zur Instrumentalisierung des Netzes durch Nepper, Schlepper und Bauernfänger – eindämmen. Aber halten wir uns auch vor Augen, was das Netz und auch die bösen sozialen Medien an Gutem bieten und bieten können. Das gilt es zu fördern. Das Netz bleibt. Es liegt an uns, es zu gestalten. Als Gesellschaft und ganz individuell.

(Stefan Pfeiffer)

Bild von Myriam Zilles auf Pixabay

#9vor9: Es hakt im Netz (nicht nur an jeder Milchkanne) und es fehlen die Ladestationen #FürMiliana

13. August 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Eben waren wir live mit #9vor9: Von unterwegs hat sich @gsohn zugeschaltet und über seine Erfahrungen auf seiner Tour #FürMiliana berichtet. Und so haben Lars Basche, Gunnar Sohn und ich von seinen Erfahrungen mit langsamen und schnellen Internetverbindungen und von einer mangelhaften Ladeinfrastruktur für E-Bikes erfahren. Es bleibt also noch viel zu tun in punkto Basisdigitalisierung und -infrastruktur. Hier reden wir nicht einmal von den bekannten Flugtaxis.

Jenseits aller Technologiethemen jedoch besonders wichtig: Gunnars Appell für menschliche Begegnungen, für Treffen von Mensch zu Mensch als Mittel gegen Radikale und Rechtspopulismus. Ich nehme auf jeden Fall mit, dass er nur gute Erfahrungen gemacht hat und das macht in den gegenwärtigen Zeiten auch wieder etwas Mut

Und natürlich sorry für mein „Versagen“ zu Beginn bei der Liveschaltung. Man muss halt auch das Knöpfchen GO LIVE drücken, aber wir haben es ja dann doch noch – wenn auch nicht pünktlich #9vor9 – etwas verspätet geschafft. Ich übe weiter.

(Stefan Pfeiffer)

„Jeder Einzelne ist dafür verantwortlich, das Web zu einem besseren Ort zu machen“ – Tim Berners-Lee | #ForTheWeb

22. November 2018 Posted by Stefan Pfeiffer

Das Thema freies Netz mit offener, konstruktiver Nutzung der sozialen Medien geht mir dieser Tage ständig durch den Kopf. Die Beiträge zu den unflätigen Beschimpfungen von Frauen im Netz – und ja, lieber Helmut Barz generell von Menschen jeglichen Geschlechts, Neigung und Couleur – und die Zurückhaltung der Jugendlichen, aus Angst vor Hasskommentaren selbst nicht im Netz Meinung zu äußern, beschäftigen mich.

Die Aussage Stay away from social media. It’s a poison schockiert mich, weil wir dann einen wichtigen Teil des Netzes den Neppern, Schleppern, Bauernfängern überlassen würden. Da kommt mir der Beitrag von Johannes Ceh gerade recht. Er bezieht es auf Facebook, aber es gilt generell:

Es liegt nicht in meiner Hand, wie es mit Facebook weitergeht, ob wir uns zukünftig auf dieser oder einer anderen Plattform begegnen. Aber eines weiß ich: Ich werde dieses Geschenk weiter pflegen. Ich freue mich auf Begegnungen.

über Erinnert euch an den eigentlichen Sinn von Social Media! | LEAD

Ich habe mich ja auch dementsprechend geäußert. Es gibt unzählige positive Aspekte von sozialen Medien. Dass ich aber darüber mit vielen Freunden weltweit in Kontakt bin, an deren Leben teilhabe und neue Bekannte und Freunde gewinne, ist ein solcher Effekt.

Doch sind all die positiven Dinge, die mit World Wide Web und auch mit sozialen Medien, erreicht werden können, derzeit unbestritten in Gefahr, im Würgegriff. Genau dieses Wort, das mir seit gestern durch den Kopf geht, benutzt auch Jörg Schieb in seinem Beitrag:

Weil sich das Netz längst fest im Würgegriff des Kommerz befindet. Überall Werbung. Überall Mechanismen, um die User vor den Schirmen und Displays zu halten. Überall ungenierte Spionage. Wir User sind meist nicht die Kunden, sondern die Ware für Google, Facebook und all die anderen.

über Erobern die Benutzer das Netz zurück? | schieb.de

Allerdings sehe ich mindestens zwei Seiten. von denen aus heftig gewürgt wird.

Neben dem Kommerz, neben den Datenkraken, ist es der Hass, die Propaganda, die inakzeptablen Kommentare, Beschimpfungen, Halbwahrheiten und Lügen, die an einer an sich positiven Institution, dem Netz, rütteln. Ein Donald Trump und Seinesgleichen im Geiste, russische Trollfabriken oder ebensolche aus anderen Ländern, die Meinung machen und Wahlen manipulieren, Rechtspopulisten, die antisemitische Beschimpfungen, Gewaltparolen absondern und Angst verbreiten, und Personen, denen jeglicher Anstand, jegliche Umgangsform fehlt, hinterlassen mehr als deutliche Würgespuren am und im freien Netz. Das ist alles nicht zu leugnen.

So begrüßenswert die Initiative
von Tim Berners-Lee ist: Sie wirkt
fast ein bisschen naiv.
Hoffnungslos. – Jörg Schieb

Also aufgeben? Stay away from social media. It’s a poison. Weg bleiben von freier Meinungsäußerung? Soziale Medien aufgeben? Oder trotzdem kämpfen? Tim Berners-Lee, der „Erfinder“ des World Wide Web will nicht aufgeben. Mit der Initiative #ForTheWeb versucht er eine „Magna Carta fürs Internet“ auszurufen. Die Initiative, die von Google und Facebook – man staune – und auch der französischen Regierung unterstützt wird Jörg Schieb titelt Erobern die Benutzer das Netz zurück?, ist aber gleichzeitig skeptisch und fordert, #ForTheWeb höher zu hängen und bei den Vereinten Nationen zu verankern. Übrigens hat auch die Bundesregierung im Kabinett beschlossen, die Charta zu zeichnen. Natürlich will man auch ein schönes Foto mit Tim Berners-Lee. Sei gegönnt.

Tja, was tun? Auf jeden Fall die Initiative von Tim Berners-Lee unterstützen, trotz der vermeintlichen Hoffnungslosigkeit, die manchmal durch den Kopf schiesst. Vielleicht ist es auch wirklich ein bisschen naiv, aber ist nichts tun die Alternative? Stay away kann und darf nicht die Lösung sein!

Jeder Einzelne ist dafür verantwortlich, das Web zu einem besseren Ort zu machen – Tim Berners-Lee, zitiert nach SPIEGEL ONLINE

Klingt wieder naiv, aber ich werde meine neuen und nachträglich die bereits publizierten Beiträge zum Thema mit dem Hashtag versehen. Und versuche, persönlich als Individuum nicht aufzugeben.

(Stefan Pfeiffer)

P.S. Über das Projekt SOLID von Tim Berners-Lee habe ich hier berichtet. Vielleicht wieder ein naives Projekt, aber ich werde es verfolgen.

In Unternehmen: Wir brauchen Archivare und Bibliothekare

3. Oktober 2018 Posted by Stefan Pfeiffer

Der von mir hoch geschätzte Harald Schirmer adressiert in seinem Beitrag die Herausforderung, nein das (unlösbare?) Problem, dass im unternehmenseigenen Intranet, sozialen Netzwerk, Dokumentenmanagement-System, ECM oder Messenger zu wenig relevante Informationen geteilt werden. Im Gegensatz – so Harald – zum Internet, wo jedoch – meine Randbemerkung – auch unendlich viel Müll jeglicher Art geteilt wird:

Im Internet wird geteilt, erzählt, gestreamt, dokumentiert, kommentiert, bewertet, geliked – um Reputation aufzubauen und Wertschätzung zu erhalten (bei den Wenigsten in finanzieller Form). Hier wird über Fehler gesprochen, hier werden Prozesse sichtbar gemacht, Reparaturvorgänge gefilmt, kritisch Produkte und Services getestet und alles Mögliche miteinander verglichen. Kurz – es gibt unendlich viel zu FINDEN

Wir sollten die Diskussion in Unternehmen über die Qualität von Suchmaschinen eine Weile hinten anstellen und uns überlegen wie wir eine Kultur des Teilens (Sharing) etablieren. Wie wir Mitarbeiter animieren, Ihr Wissen, Ihre Prozesse, Ihre Kompetenzen, Ihre Erfahrungen, Ihre Sorgen und Probleme einbringen. Natürlich nicht gezwungen und nicht Big Brother, sondern mit genau dem gleichen Mindset wie im Netz. Um dem Unternehmen und sich selbst zu helfen, um Wertschätzung zu bekommen und Reputation aufzubauen, um den Reichtum der Diversität eines Unternehmens nutzbar zu machen.

über Vor dem FINDEN kommt das SHAREN | Harald Schirmer

Die Diskussion, wie wir Mitarbeiter zum Teilen von Dokumenten, Wissen und Informationen bekommen, begleitet mich, seitdem ich mich in der IT bewege. Das Ablagen und Verschlagworten im Dokumentenmanagement-System (DMS) war und ist den meisten Mitarbeitern ebenso lästig wie das Einstellen in das unternehmenseigene Netzwerk oder Teilen mit den jetzt gerade ge-hype-ten Messengern.

Hier geht es auch gar nicht im Fingerpointing auf die bösen Mitarbeiter, die faulen Säcke, die ihr Wissen für sich behalten wollen  und einfach zu bequem sind, Wissen zu teilen. Es geht auch nichtprimär um das Anprangern der Software-Anbieter, die einfach nicht in der Lage sind, wirklich komfortable, benutzerfreundliche Programme zu liefern. Es geht darum, dass Teilen von Informationen offensichtlich nicht oder nicht mehr in der DNA des Einzelnen ausreichend verankert ist.

Ja, teilen von Informationen scheint durch E-Mail, die lokale Festplatte, das scheinbar immer weiter zunehmende Arbeitstempo in Unternehmen – wir hecheln von Quartal zu Quartal -, den Stress, der keine Zeit zum Teilen lässt, aus der Mode gekommen zu sein. Es steht auf der Prioritätenliste weit unten. Und dass wir den Mitarbeitern, die wertvolle Informationen teilen, mehr Wrtschätzung zukommen lassen sollten, ist nicht neu – und bisher meist gescheitert.

Resignieren wir also. Nein, das dicke Brett des Teilens von Wissen und wertvollen Informationen muss weiter gebohrt werden. Aber vielleicht müssen wir über zusätzliche Mechanismen nachdenken. In vergangenen Jahrhhunderten gab es den Archivar und Bibliothekar (ich weiss, gibt es noch immer). Vielleicht brauchen wir diese Funktion wieder in jedem noch so agailen Projektteam und jeder Abteilung? Wirklich als Stelle und fest definierte Aufgabe. Eventuell ist das ein Bausteinchen, lieber Harald, dass wir im Intranet wirklich Wertvolles finden. Finden ist aus meiner Sicht technologisch nicht mehr das Thema. Da existieren und kommen Technologien, die das wirklich noch einfacher machen werden.

(Stefan Pfeiffer)

[DE] “Wer meint, in Deutschland herrsche eine Meinungsdiktatur, der hat nicht nur die deutsche Vergangenheit verdrängt” – Reinhard Müller zur Meinungsfreiheit in der FAZ

24. Januar 2016 Posted by StefanP.

Ich habe in meiner Unizeit sehr intensiv am Thema “Entstehung der modernen Öffentlichkeit im 19. Jahrhundert” gearbeitet, habe lange Jahre als Journalist von der Lokalzeitung bis zur Neue Medien-Redaktion der FAZ gejobbt, während meines beruflichen Engagements in der IT-Branche immer geschrieben und vor nun geraumer Zeit meine Blogs mit beruflichen und privaten Themen gestartet.

Ich habe die Perspektive von der Entstehung moderner (gedruckter) Presse über die Manipulation und Gleichschaltung der Presse im 3. Reich, die Goebbel’sche Lügenpropaganda hin zur BILD-enden Medienlandschaft in der damaligen Bundesrepublik. Schon immer wurde das Ende unserer Kultur beschworen, beim Aufkommen des Radios ebenso wie im TV-Zeitalter. Oder um es mit Nina Hagen zu sagen: Ich glotz TV!

Nun sind wir im Zeitalter der sozialen Medien angekommen und erleben die sagenhaften Vorzüge wie auch die Gefahren. Dieser Kommentar von Reinhard Müller stellt viele Dinge richtig. Hier einige wichtige Kernaussagen, die wir gerade angesichts der Hasstiraden der Radikalen jeglicher Couleur und der unsäglichen Aussage von der “Lügenpresse” nicht vergessen sollten:

 Wer meint, in Deutschland herrsche eine Meinungsdiktatur, der hat nicht nur die deutsche Vergangenheit verdrängt – ein Blick in andere westliche Demokratien genügt, um zu erkennen, wie viel die Freiheit des Wortes hierzulande gilt. …

… eigentlich sind die Voraussetzungen für die Meinungsfreiheit auf der ganzen Welt bestens, und zwar wegen des weltweiten Netzes. Das Internet stellt einen enormen Freiheitsgewinn dar: Jeder kann an fast jede Information gelangen und diese weiterverbreiten. Und jeder kann seine Ansichten auch grundsätzlich ungestört in alle Welt senden. Daraus folgern manche schon, dass jeder sein eigener Journalist sein könne. Die Pressefreiheit wird damit zu einem Grundrecht für jedermann.

Alles ist möglich. Folge und Preis dieser Freiheit ist die Enthemmung im Netz. Es ist aber keine Verletzung der Meinungsfreiheit oder gar eine Zensur, wenn gegen Hetze und Aufrufe zur Gewalt im Internet vorgegangen wird. …

Meinungen sind geschützt, auch wenn sie als dumm und gefährlich eingeschätzt werden. …

Woher kommt es dann, dass viele Bürger gleichwohl meinen, sie dürften nicht sagen, was sie wollten? …  Einfach den Mund aufmachen. Selbstauferlegte Sprechverbote kann man nur selbst beheben. Jede Unterdrückung der Meinungsfreiheit ist bloßzustellen. Konformismus und Ängstlichkeit gerade bei Medienleuten und Wissenschaftlern sind Zeichen der Krise einer freien Gesellschaft.

Source: Kommentar von Reinhard Müller zur Meinungsfreiheit


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[DE] “Hyperlinks sind Augen des Netzes, der Weg zu seiner Seele” | Hossein Derakhshan

27. Juli 2015 Posted by StefanP.

Ein sehr lesenswerter Beitrag von Hossein Derakhshan, der im Iran für sein Engagement ins Gefängnis geworfen wurde. Er beklagt den Niedergang des Webs, wie er es vor seiner Inhaftierung kannte. Einige Kernzitate (was aber nicht vom lesen des gesamten Beitrags ablenken soll):

Sechs Jahre sind eine lange Zeit im Gefängnis, aber online ist es eine ganze Ära. Das Schreiben im Internet hatte sich nicht verändert, aber das Lesen – oder zumindest das Gelesenwerden – umso dramatischer. …

Vor sechs Jahren war meine Währung der Hyperlink. Ursprünglich aus der Idee des Hypertextes entstanden, ermöglichte der Hyperlink eine Vielfalt und Dezentralisierung, die es so in der realen Welt nicht gab. Der Hyperlink stand für den offenen und vernetzten Geist des World Wide Webs  – eine Vision, die mit seinem Erfinder Tim Berners-Lee began. Der Hyperlink war eine Möglichkeit, jegliche Zentralisierung – die Verbindungen, Linien, und Hierarchien – hinter sich zu lassen, und sie durch etwas Dezentrales zu ersetzen:  ein System aus Knoten und Netzwerken. …

Aber Hyperlinks sind nicht nur das Grundgerüst des Netzes: sie sind seine Augen, der Weg zu seiner Seele. Und eine blinde Website, eine ohne Hyperlinks, kann eine andere Website weder sehen noch betrachten. All das hat ernsthafte Konsequenzen für die Dynamik von Macht im Netz.

via Social Media: Das Internet, das wir bewahren müssen | ZEIT ONLINE.

Ich stimme Hossein zu, dass die Dominanz sozialer Medien das Lesen und Gelesen werden verändert haben. Jedoch darf man nicht übersehen, dass die sozialen Medien auch für eine andere Reichweite gesorgt haben, Leute im Netz ansprechen, die vorher nicht nach Blogs geschaut haben. Schauen die immer in die Tiefe? Nein, aber man kann sie zumindest theoretisch erreichen.

Der Stream bestimmt, wie Menschen an Informationen im Netz gelangen. Immer weniger Nutzer besuchen ausgewählte Websites direkt. Stattdessen werden sie von einem endlosen Informationsfluss gefüttert, der für sie aus komplexen  – und geheimen  – Algorithmen zusammengestellt wurde. …

Dank des Datenstroms brauchst du nicht mehr so viele Websites zu öffnen. Du benötigst nicht mehr so viele Tabs im Browserfenster. …

Die Algorithmen hinter dem Stream verwechseln nicht nur Neuheit und Popularität mit Relevanz. Sie zeigen uns auch immer mehr dessen, was uns jetzt schon gefällt. Diese Dienste erfassen unser Verhalten und passen unsere Newsfeeds, die Meldungen, Bilder und Videos ganz präzise an das an, was wir ihrer Ansicht nach mit größter Wahrscheinlichkeit sehen wollen. …

Der Stream ist die dominante Art der Informationsorganisation in den digitalen Medien. Er steckt in jedem sozialen Netzwerk, in jeder App. …

via Social Media: Das Internet, das wir bewahren müssen | ZEIT ONLINE.

Eine Analyse des Streams. Da schlage ich natürlich die Brücke auch ins Berufliche, wo wir den Stream – bei allen Herausforderungen – bewusst propagieren. Dort soll er die Arbeit erleichtern, da er alle notwendigen Informationen und Aufgaben (zumindest theoretisch) zusammenführt. Aber gibt es ihn überhaupt, den einen Stream? Derzeit kämpfen die meisten Anwender beruflich (und wohl auch privat) mit zu vielen Streams, zu vielen Kanälen, über die sie Informationen, Kommunikation und Aufgaben bekommen.

Schlimmer noch als beobachtet zu werden, ist es, kontrolliert zu werden. Wenn Facebook dich anhand von 150 Likes besser kennt als deine Eltern, und mit nur 300 Likes mehr weiß als dein Ehepartner, dann wird die Welt vorhersagbar, für Regierungen gleichermaßen wie für Unternehmen. Und Vorhersagbarkeit heißt Kontrolle. …

via Social Media: Das Internet, das wir bewahren müssen | ZEIT ONLINE.

Ein Kernsatz: Vorhersehbarkeit heisst Kontrolle. Vorhersehbarkeit kann Kontrolle heissen, kann aber auch helfen und Kontext herstellen. Auch hier denke ich natürlich wieder an die berufliche Arbeit, wo Predictive Analytics bei der Arbeit helfen kann. Und ja, Unternehmen wollen gerne voraussehen, was der Kunde als nächstes tun wird, was er mag und kauft. Die Linie zwischen dem gläsernen Webanwender, potentieller Manipulation und gewollter Arbeitserleichterung oder gewollten Empfehlungen ist extrem dünn.

In sozialen Netzwerken findet sich immer weniger Text zum Lesen, dafür umso mehr Videos und Bilder. Beobachten wir den Niedergang des Lesens zugunsten des Sehens und Hörens im Netz? …

Der Stream, mobile Apps und Bewegtbild, all das zeigt, dass wir uns von einem Bücherinternet hin zu einem Fernsehinternet bewegen. Wir scheinen uns von einer nicht-linearen Art der Kommunikation – Knoten, Netzwerke und Links – hin zu einer linearen mit Zentralisierung und Hierarchien bewegt zu haben. …

via Social Media: Das Internet, das wir bewahren müssen | ZEIT ONLINE.

Tja, der Trend weg vom Text hin zu kurzen multimedialen Informationsbruchstücken ist unübersehbar und auch wohl unaufhaltsam. Ich sehe auch an mir, dass ich (zumindest bei Fachartikeln) ellenlange Texte und Beiträge über x Seiten nicht mehr mag und eher knappere, präzise Texte mag, die online auch besser lesbar sind. Im Fernsehinternet bin ich noch nicht angekommen. Lesen ist für mich bequemer denn Hören und Sehen. Aber ich  bin ja auch quasi Silversurfer …

Und ja, lieber Hossein, das Netz sollte ein Netz bleiben, nicht immer vorhersehbar und kontrollierbar, etwas chaotisch, aber innovativ, für Überraschungen und Querverbindungen gut. Und da finde ich imme rnoch diesen Cartoon von Ute Hamelmann einfach treffend:


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Überblick über die Peeringvereinbarungen der Internetprovider

20. Januar 2015 Posted by Ralf Petter

Eines der wichtigsten Vergleichskriterien bei der Auswahl eines Internetproviders neben dem Preis und der Anbindung auf der letzten Meile ist sicher die Anbindung des Internetproviders an die großen Netzknoten des Internet. Die meisten Provider geizen da ja ziemlich mit Ihren Infos zu diesem Thema und behaupten von sich selbst, dass sie das beste Netz haben usw.

Da ich derzeit öfters zur Primetime eine schlechte Verbindung zu Netflix hatte wollte ich mal schauen, wie eigentlich mein Provider A1 Telekom mit Netflix verbunden ist. Derzeit geht das Routing laut Tracert zu den Netflix Servern über die Amsterdam Internet Exchange der einer der größten Knotenpunkte des Internets weltweit ist. Leider sieht man auf den Seiten dieses Peeringpunkts aber nicht, wie die einzelnen Provider angebunden sind.

Nach längerer Internetrecherche habe ich dazu eine interessante Quelle gefunden die Peering Database. In dieser Datenbank sind die Provider eingetragen mit einer Beschreibung zu welchen Internetknoten sie derzeit welche Verbindung haben. Ein Lesezugriff auf die Datenbank ist mit dem Benutzer und Passwort "guest" möglich.


Ich fand die Informationen sehr interessant, vor allem wenn man sich ansieht mit welchen Kapazitäten Netflix derzeit an die diversen Knotenpunkte im Internet angebunden ist.


[DE] Netz der Fremden statt Heimat der feurigen Debatte

30. September 2014 Posted by Stefan Pfeiffer

Das Netz – eingefrorene Kommunikationskanäle statt feuriger Debatte?

Lesenswert ist er auf jeden Fall, der Beitrag von Mathias Müller von Blumencron in der FAZ. Hier “meine” Kernauszüge”:

Bürger, Wähler sind in der Regel keine Fachleute, und sie müssen es nicht sein. Sie nutzen Filter, die für sie das Weltgeschehen sortieren, analysieren, kommentieren. Filter können Medien sein. Die waren über Jahrzehnte die wichtigsten Initiatoren informierter Diskurse.

Ein ebenso bedeutender Filter sind die Empfehlungen und Ansichten der Nächsten, der Familie, der Freunde. Sie beruhen allerdings nicht immer auf großem Fachwissen. Deshalb haben Medien, bei aller Anfälligkeit für Fehlleistungen, in demokratischen Gesellschaften eine konstituierende Bedeutung: als Vermittler zwischen Fachleuten und Laien, zwischen Politik und Gesellschaft …

Doch seit einigen Jahren wählen immer mehr Leute Informationswege jenseits der klassischen Medien. Sie konfigurieren sich Informationsströme – in der Mehrheit nicht nach Sachthemen, sondern nach Personen. Der persönliche Newsfeed … ist für immer mehr Nutzer der zentrale Informationsstrom, … Doch die Reihung willkürlich zusammengesuchter Texte zu subjektiven Informationsströmen führt zur Einseitigkeit. Genauso wie im richtigen Leben gruppieren sich die Leute im Netz um ihresgleichen: Heimat ist nicht der Platz der feurigen Debatte, Heimat ist die Geborgenheit unter Gleichdenkenden.

Dabei war es ein Teil des Traums, dass die sozialen Medien, diese Meisterwerke der Kommunikationstechnologie, den Schweigsamen eine Stimme geben, den Unterdrückten eine Möglichkeit zum Protest verschaffen, …

Der Schwarm werde es richten, sagen unverdrossen die Optimisten. Die Menschheit sei ja nun vereint durch das eine Medium. Doch den Schwarm gibt es nicht. Es gibt nur Schwärme. Die schwimmen selbstbewusst durch die Weiten der digitalen Sphären. Nur begegnen sie sich seltener, verlernen langsam die gemeinsame Sprache.

via Cyberwelt: Das Netz der Fremden – Denk ich an Deutschland – FAZ.

Ich kann dem nicht ganz folgen. Das Netz – ich benutze den Begriff einfach mal so, obwohl man das sicher näher definieren müsste – hat auf jeden Fall neue Reichweiten und Möglichkeiten geschaffen, sich unabhängig von klassischen Medien zu gruppieren oder zu informieren. Doch nicht erst seit dem Netz haben sich Gleichgesinnte gesammelt und oft nur “ihre” Meinung zugelassen, nur ihre Publikationen und Medien gelesen und gehört. Ignoranz und Intoleranz sind nicht mit oder durch das Netz entstanden.

Bei aller Sympathie für unabhängige Medien: Wurde nicht das Netz und seine Mechanismen von vielen der klassischen Medien schlicht verschlafen? Von wegen Vermittlung zwischen Fachleuten und Laien: Wieviele Bürger haben denn die klassischen Medien noch erreicht bzw. erreichen sie noch? Ja, das Netz wird auch von Fanatikern und Radikalen missbraucht. Ja, sogar demokratische Regierungen haben abgehört, hören ab und verletzen die Rechte des Einzelnen.

ABER: Das Netz ist eine nicht aufzuhaltende Transparenzmaschine, NSA hin, Blockadeversuche her. Der arabische Frühling wäre nie ohne das Netz möglich gewesen – mit allen Konsequenzen, mit denen wir jetzt zu kämpfen haben. Das Netz und die damit erzeugte Öffentlichkeit ist die stärkste Waffe für Unterdrückte. Ja, wir brauchen dort mehr Diskurs, Quailität und Inhalte, weniger Propaganda und Infiltration. Vermittler, nicht Fanatiker sind gefragt. Aber das Glas ist nicht halb leer. Es ist mindestens halb voll.


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[DE] Sich endlich des Themas Informationsgesellschaft annehmen — Carta

22. August 2013 Posted by StefanP.

Für wichtig halte ich es, dass auch diejenigen, die rein biologisch nicht zu den „Digital Natives“ gehören, sich endlich mit der gebotenen Ernsthaftigkeit und mit Engagement diesen Fragestellungen widmen. Datenschutz und Informationsfreiheit sind zu wichtige politische Themen, um sie allein den dafür eingesetzten Beauftragten und einigen wenigen Spezialistinnen und Spezialisten zu überlassen.

via Datenschutz · Die reale Ignoranz des Virtuellen — Carta.

Ich kann Peter Schaar nur zustimmen. Solange wesentliche Politiker beim Thema Internet und Informationsgesellschaft von Neuland sprechen, ist etwas faul im Staate Deutschland. Dann sprechen wir nicht von einem Wettbewerbsvorteil für Deutschland, sondern von einem Nachteil.


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[DE] Die Deutschen und das Netz: “Neuland” gestalten …

3. Juli 2013 Posted by StefanP.

Das Internet ist für die Politik – quer durch alle Kontinente und Länder und quer durch alle Systeme – ein willkommenes Kontroll-Tool, im übrigen aber ein Störfall. Das Internet macht Politik anstrengend. Die Selbstorganisationskräfte sind riesig, das Kommunikationspotential auch für politische Inhalte unendlich. Die Dynamik, die das Internet politisch entfalten kann, hat es nicht erst im arabischen Frühling oder zuletzt in der Türkei bewiesen. Eine Dynamik, die viele Politiker in ihrer digitalen Inkompetenz oft peinlich lächerlich hat erscheinen lassen; zuletzt Angela Merkel mit ihrer “Neuland”-Bemerkung bei Obamas Besuch.
Die schlimmste Bedrohung der politischen Klasse – … – ist die Transparenz, die das Internet bietet. … Und Initiativen per Internet sind viel zu schnell und quecksilbrig, um der Politik eine Chance zu geben, auch nur halbwegs zeitnah angemessen reagieren zu können.
So dumm, wie man die Politik gerne darstellt, ist sie aber nicht. Sie weiß, dass sie das Internet nicht mehr loswerden kann. Dazu hat es sich zu sehr als positiver Wirtschaftsfaktor, als sensationeller Produktivitäts-Multiplikator und als Echtzeit-Kommunikationstool bewährt. Die Büchse der Pandora ist geöffnet und lässt sich nicht mehr schließen. …
… Die wirksamste Waffe gegen das Internet ist wohl, es umfassend – und nachhaltig (hier passt die Politphrase) in Misskredit zu bringen. Und was eignet sich besser dafür, als es als allgegenwärtige Überwachungskrake jenseits aller Negativszenarien (Orwells “1984″ u.v.a.) zu desavouieren?

Michael Konitzer auf Carta.info: Die Dekonstruktion des Internets

An dieser Analyse ist viel dran. Wenn ich sehe, wie viele sich aus Angst in meinem Bekanntenkreis schon heute dem Netz verweigern. Sehr oft sind es unter meine Bekannten gerade Lehrer, die Angst vor Mobbing im Netz haben … Vorfälle wie Prism potenzieren noch die 1984er Vorbehalte und verstärken die Verweigerungshaltung beziehungsweise die negative Grundeinstellung zum Netz. Ob Merkel und Konsorten einfach darauf setzen, dass die breite Wählermasse eh skeptisch gegenüber dem Netz eingestellt ist, dies in der Tat noch immer “Neuland” für sie ist und diese Themen eh nicht wahlentscheidend sind?

Demgenüber steht die Wahlkampfstrategie eines Obama, der durch den gezielten Einsatz des sozialen Netzes wohl die entscheidenden Wählerstimmen geholt hat. Aber vielleicht sind wir in der Nutzung und Akzeptanz des Netzes einfach noch nicht so weit wie die USA. Das eigentliche Problem ist, dass wir uns in Deutschland jenseits einer kleinen Netzelite einfach noch nicht konstruktiv und genug mit dem Netz auseinandersetzen. Die Betonung liegt auf nicht verweigernd, sondern auf konstruktiv, analytisch, gestaltend, über den Tellerrand einer nur piratisierenden Netzsplittergruppe hinaus blickend.


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[DE] Ausstellung in der Schirn — Von wegen Ende des PRIVATen (oder die radikale Offenheit des Persönlichen)

4. November 2012 Posted by StefanP.

Die Schirn hat gerade eine neue Ausstellung unter dem Titel PRIVAT eröffnet. Hier einige Auszüge aus dem Artikel auf Schirn Mag:

Privat – das ist heute fast schon ein Wort aus der Vergangenheit. Kaum noch zutreffend in Zeiten, da alles auf Facebook gepostet wird, vom Lieblingskochrezept bis zum aktuellen Beziehungsstatus. Exhibitionismus, Selbstenthüllung, Erzähllust, Zeigefreude und Voyeurismus sind soziale Strategien unserer Zeit, in der längst ein Strukturwandel der Öffentlichkeit stattgefunden hat. …

Privatheit ist heute mehr denn je durch mediale Aspekte bestimmt. Der Wunsch nach immer schnellerer Kommunikation ist von größter Bedeutung, und vor allem die Medien Fotografie und Film ermöglichen eine schrankenlose Ausdrucksoffenheit. Die öffentliche Inszenierung privater Ereignisse, Homestories, Talkshows, Reality-TV, Chatrooms, digitale Fotoalben im Internet sowie die Präsentation von Persönlichkeitsprofilen für eine weltweite virtuelle Gemeinde sind Hinweise auf neue Formen öffentlicher Darstellung von Privatheit. Die aktuelle Debatte um den jüngst generierten Begriff der „Post-Privacy“ – der radikalen Offenheit des Persönlichen – stellt das bislang gültige Konzept von Privatheit in seiner Gesamtheit in Frage.

via PRIVAT — SCHIRN MAG.

Ich bin zwiegespalten bei diesen Aussagen. Auf der einen Seite finde ich es sehr gut, daß die Schirn das Thema aufgreift und Exponate durchaus auch sehr bekannter Künstler ausstellt. Auf der anderen Seite ärgere ich mich, wenn wieder einmal die Bilder nackter Jugendlicher, die sich auf Facebook “veröffentlichen”, quasi als Beleg genommen werden, dass das Netz schlecht ist und alle sich nur noch “naggisch” machen, entblössen und entblöden.

Das sind genau die Sprüche, die bei Abendessen oder in netter Runde, durchaus auch in meiner Bekanntschaft kolportiert werden. Alle – besonders die Jugendlichen – geben nur noch Privates im Netz preis, meint man, wenn man diese Diskussionen und auch einige Aussagen des Schirn-Artikels liest. Ich wünsche mir eine etwas differenziertere Auseinandersetzung mit dem Thema, aber natürlich ist es einfacher, plakativ zu formulieren und das Ende der Privatheit zu verkünden. So ein Mumpitz.

Die Möglichkeiten durch das Netz, private Fotos und Informationen unkontrolliert zu verteilen, sind heute größer denn je. Das ist absolut unbestritten. Die Möglichkeit, mit Freunden weltweit in Kontakt zu bleiben, und zu wissen, wie es ihnen geht, was sie denn machen, war ebenfalls nie so groß. Aussage eines Freundes beim gestrigen Abendessen: Wenn ich Freunden die neuesten Fotos schicken will, dann kann ich das doch auch per E-Mail tun. Stimmt, aber statt E-Mails an 20 Freunde zu schicken, kann man diese Bilder auch den 20 Freunden – und nur denen -  gezielt auf Facebook oder über andere Kanäle zur Verfügung stellen. Und niemand außer diesen Freunden kann die Fotos auch sehen, wenn ich es korrekt einstelle. Von wegen sich vor allen “naggisch” machen, Exhibitionismus oder Selbstenthüllung. Ich gebe allerdings auch gerne zu, dass bei mir – wie im Artikel geschrieben – Erzähllust und auch der Genuss am Lästern und Flachsen vorhanden ist. Es macht einfach Spaß, mit Freunden Dinge humorvoll auszutauschen. Wenn daran etwas Verwerfliches ist … Ich bin gerne albern, lustig oder humorvoll.

Drücken wir es es geschäftsmässig aus: Die Möglichkeit, mit Freunden, Bekannten, Geschäftspartnern und einer Community gezielt Informationen zu verteilen, zu tauschen und darüber transparent zu diskutieren, war nie so groß. Diese Transparenz hilft auch gerade Künstlern wie Ai Weiwei. Die neue Öffentlichkeit des Netzes ist nicht nur für ihn eine Lebensversicheurng und es gibt unzählige weitere Beispiele aus Politik und Wirtschaft, wo sich Zustände positiv durch den Einfluß des Netzes bewegt haben. Die sollte bei aller Verteufelung nicht vergessen werden!

Ai Weiwei, 258 Fake, 2011 (Detail), Neubearbeitung der Ausstellung „Ai Weiwei – Interlacing“ Edition von 12, 7677 Bilder (2003-2011) und 12 Monitore, variable Installationsmaße – Quelle: http://www.schirn-magazin.de/wp-content/uploads/2012/10/Schirn_Presse_Ai_Weiwei_258_Fake_2011.jpg

Ich hoffe, dass die Ausstellung ein weiterer Anlass ist, konstruktiv über das Thema aufzuklären und nicht nur durch erwähnte Bilder halbnackter Jugendlicher Stimmung zu machen. Gerade besagte “halbnaggische” Jugendliche – aber sicher nicht nur die – brauchen Aufklärung in den neuen Kulturtechniken (und ich benutze das Wort Kultur hier ganz bewusst). Die Botschafter des Untergangs des ach so kulturell hochstehenden Abendlandes haben zu Zeiten von Radio und Fernsehen (und davor) bereits neue Kommunikationskanäle verteufelt statt zum konstruktiven Umgang damit zu raten. Wir Deutschen sind ganz besonders groß darin.

Es geht hier nicht um das Ende der Privatsphäre. Es geht darum, neue Technologien und Kulturtechniken bewusst und gekonnt zu lernen, zu benutzen, die Potentiale positiv zu nutzen und Fehler zu vermeiden. Aufklärung und Ausbildung ist gefragt, nicht Verteufelung! Post-Privacy ist aus meiner Sicht auf jeden Fall der komplett falsche Begriff und Ansatz.


[DE] Wer in eine Suchmaschine etwas eingibt, um eine Antwort zu finden … « Der Mensch – das faszinierende Wesen

1. November 2012 Posted by StefanP.

Wer in eine Suchmaschine etwas eingibt, um eine Antwort zu finden,

wird dorthin weitergeleitet wohin er soll.

Nicht dorthin wohin evtl. die richtige Antwort auf seine Frage steht.

Das ist der Weg des Profits.

via Es sieht zwar alles sehr bunt hier im Internet aus, aber die Zensur hat schon längst begonnen … « Der Mensch – das faszinierende Wesen.

Sehr lesenswerter Beitrag von Martin Bartonitz. Und mal über die Aussage oben nachdenken, gerade wenn man vom Gutkonzern schwärmt.

Randbemerkung; Ich bin mir nicht sicher, ob Diaspora eine Chance hat, aber wie gesagt … Randbemerkung.


[DE] Sasha Lobo über Offenheit im Netz und wie sie ausgenutzt wird – SPIEGEL ONLINE

20. Oktober 2012 Posted by StefanP.

Ich bin ja nicht so der Fan unser aller Irokesen, aber dieser Beitrag trifft es, besonders natürlich das Statement zum angeblichen Gutkonzern:

Offenheit aber bedeutet umfassende, also bidirektionale Vernetzung, und die ist gut für die Nutzer, weil damit eine Vielfalt von Angeboten entsteht. Um jede vielgenutzte, offene Plattform herum bildet sich ein digitales Ökosystem, das wiederum die Plattform attraktiver macht und so zu ihrem Erfolg beiträgt. … Solange ein Internetunternehmen klein ist, nützt ihm Offenheit. Wenn es durch eben diese Offenheit groß geworden ist, lässt es sich geschlossen und durchkontrollierbar ungleich besser vermarkten. Twitter ist ein ärgerlich prototypisches Beispiel für diese Entwicklung. Der Dienst begann als weitgehend offene Plattform mit einer Vielzahl bunter Schnittstellen, die dazu führten, dass jeder Nutzer Twitter ziemlich genau so verwenden konnte, wie es ihm passte. Ohne Zweifel trug das entscheidend zum Erfolg bei. Inzwischen schließt Twitter die Pforten, kappt die Vernetzung zu anderen Anbietern und zwingt seine Nutzer dorthin, wo es Twitter mehr Geld bringt: auf die eigene Plattform, in eine präzise festgelegte, App-hafte Nutzungssituation. …

Durch die digitale Vernetzung fallen viele technikbedingte Mauern. Aber die großen, digitalen Unternehmen bauen neue, künstliche Mauern. Viele Nutzer sind davon zwar genervt – aber so wird die Herde dort gehalten, wo die Anbieter sie gern hätten: im Walled Garden, wo jeder das Gras frisst, das der Herr des Gartens zu eigenen Bedingungen verkauft. Wenn von erfolgreichen Internetfirmen die Rede ist, fällt oft der Name Apple. Aber Apple benutzt das offene Internet nur fürs Marketing. Das Geld wird in und mit hermetisch geschlossenen, digitalen Welten verdient: Apples Erfolg erscheint jedem Netzunternehmer als Werbung für die Geschlossenheit und gegen das offene Internet. Selbst Google, jahrelang Prediger der Offenheit, bewegt sich – seit die Marktbeherrschung durch schiere Größe nicht mehr ausreicht – in entgegengesetzter Richtung. Schnittstellen werden geschlossen oder kostenpflichtig gemacht, offene Dienste eingestellt und das neu geschaffene, soziale Netzwerk Google+ hat von Beginn an so viele funktionierende Verbindungen zur Außenwelt wie der Hausmeister eines nordkoreanischen Atombunkers.

via Sasha Lobo über Offenheit im Netz und wie sie ausgenutzt wird – SPIEGEL ONLINE.