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Bewegungsdaten beim Sturm auf das Capitol, Bewegungsdaten und die Corona Warn App – wir müssen über Datenschutz und Datennutzung reden

11. Februar 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Das Zitat von Heinz-Paul Bonn schlummert seit einiger Zeit als Entwurf in meinem Blog. In seinem Beitrag vom 2. November 2020 geht es darum, dass wir harte Datenschutzbestimmungen zum Beispiel bei der Coron Warn App anwenden, andererseits aber viele Bürger:innen ihre Daten ganz freiwillig auf sozialen Netzwerken preisgeben, generell im Netz teilen. Datenschutz einerseits, die (aus meiner Sicht oft einfach unüberlegte) Weitergabe der Daten andererseits, das sei paranoid. In Deutschland seien Daten immer noch etwas, was weg gesperrt gehöre und er führt einige Beispiel auf. Konkret stellt er die Frage, ob denn Datenschutz höher anzusiedeln sei als Gesundheitsschutz.

Wir brauchen ein Grundrecht auf Datenweitergabe im Notfall. Und diesen Notstand haben wir doch längst ausgerufen. Es gibt keinen Grund, dieses Freiheitsrecht, das die meisten Deutschen sowieso freiwillig mit Füßen treten, unangetastet zu lassen. Es wird Zeit für eine öffentliche Debatte über unser Verhältnis zu Daten.

Grundrecht auf Datenweitergabe | bonnblog.eu

Ich habe das damals schon bei ihm wie folgt kommentiert (kursiv): Dass viele ihre Daten bewusst oder unbewusst oder aus vermeintlichem Mangel an Alternativen Google, Facebook & Co in den Rachen schmeißen, kann nicht als Argument benutzt werden, Datenschutz aufzugeben, aber ich bin ein absoluter Freund einer auf Freiwilligkeit basierenden Datenweitergabe. Und das nicht nur seit Covid19. Meine Erfahrungen als Patient sagen mir zum Beispiel, dass ich eine Patientenakte will. Freiwillig.

Wir sollten nur nicht zu schnell, unsere Datenschutzprinzipien aufgeben, finde ich. Das wird allenthalben jetzt sehr plakativ gefordert. Wir brauchen Freiwilligkeit, intelligente Modelle und Aufklärung/Weiterbildung. Auch wenn manche offensichtlich nicht aufgeklärt werden wollen, wie wir gerade verhängnisvoll sehen.

In dem Zusammenhang Freiwilligkeit fällt mit die Datenspende-App des RKI ein. Hier kann man seine Daten für die Forschung spenden und sich auch beispielsweise im Corena-Datenspende-Blog informieren, was dahinter steckt. Ich persönlich habe die App als sinnvoll erachtet und bin nun schon lange dabei. Ich glaube, dass man jenseits von Corona durchaus viele solche freiwillige Apps entwickeln könnte. Oder aber es wird transparent und deutlicher gemacht, was man für seine Daten bekommt, Service, Geld … Momentan ist es halt im Nebel.

Nun bin ich auf den Artikel von Jörg Schieb unter Überschrift Sie haben das Capitol gestürmt – ihre Apps haben sie getrackt! gestoßen. Er schreibt darüber, dass der New York Times über 100.000 Ortsdaten von Handys zugespielt wurden. Diese Daten wurden dann analysiert und die Analysten konnte die Bewegung von Menschenmengen, die am 6. Januar das Capitol gestürmt haben, nachverfolgen und in eindeutigen Animationen visualisieren. Jörg schreibt: „Ein eindeutiger Beleg dafür, dass die aufstachelnden Worte von Donald Trump eine Wirkung erzielt haben.“

Ich ertappe mich dabei, dass ich vor mich hin brabbele und bemerke, dass ich schon immer gesagt habe, Trump habe die Massen aufgestachelt und sei mit schuldig. So von wegen Impeachment. und überhaupt. Der vermeintliche Besserwisser aalt sich in den Ergebnissen der Datenanalyse …

… und wird von Jörg dankenswerterweise auch wieder auf den Boden des Datenschutzes zurückgeholt. Den Datenanalysten sei es nicht nur gelungen, die Bewegung nachzuvollziehen, sie seien auch oft in der Lage gewesen, die Besitzer und Personen über die Advertising ID (!!!)* zu identifizieren. Gut so, dann kann man sie ja schnappen, höre ich mich sagen. Aber halt:

Zwar ist es in den USA verboten, Bewegungs- und Kommunikationsdaten auf diese Weise zusammenzubringen. Doch naiv anzunehmen, dass das sonst keiner macht.

Sie haben das Capitol gestürmt – ihre Apps haben sie getrackt! – schieb.de

Zum Punkt: Es ist für mich ein Unterschied, ob man diese Daten so auswertet und zusammenbringt, oder ob man Personen, die beim Sturm auf das Capitol dabei waren, aufgrund oft ihrer eigenen Videos identifizieren und juristisch verfolgen kann.

Und schlagen wir die Brücke zurück zur Corona Warn App und der Diskussion, warum man denn nicht dort die Bewegungsdaten erfasst und auswertet**, natürlich nur im Sinne des Gesundheitsschutzes aller Betroffenen. Zwei Ereignisse, die so nichts miteinander zu tun haben, aber auch zwei Ereignisse, die zeigen, das wir wie es Heinz-Paul und Jörg beide fordern dringend reden müssen, über Daten, der Nutzung und über mehr Aufklärung.

(Stefan Pfeiffer)

* Jörg erklärt es sehr schön: Die Advertising ID ist eine einmalige Zahlenfolge, über die jedes Smartphone eindeutig identifizierbar ist. Sie wir von vielen Datenbanken der Werbeindustrie und App-Anbietern gespeichert. Ich bin übrigens sicher, dass die wenigsten Awender:innen das wissen, womit wir wieder beim Thema Aufklärung sind.

** Auch hier gilt für mich, dass man das erst einmal nicht darf. Dies dürfte erst nach einer entsprechenden Aufklärung und expliziten Zustimmung der Benutzer:innen geschehen.

Regionaler Ökostrom, optimiertes Energieverbrauch, Laden für das E-Auto oder der Ponyhof der Energiewirtschaft | Digitalthema bei #9vor9

9. Februar 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Der Strom-, Wasser- oder Gaszähler wird abgelesen. So kenne ich es noch von meiner Oma. Doch auch heute noch ist es gang und gäbe. Einmal im Jahr hängt einen Zähler der Techem an der Haustür, dass man um 14 Uhr vorbei komme und man bitte da sein solle. Um ehrlich zu sein, ich weiß nicht, ob Gas oder Strom abgelesen wird, doch es spielt auch keine Rolle. Es war meine Einleitung zum Gespräch mit meinem ehemaligen Kollegen Thorsten Zoerner, der von Lars und mir zu #9vor9 eingeladen. Und unser Digitalthema der Woche war Ökostrom und Digitalisierung, einem Bereich, dem sich Thorsten nun seit geraumer Zeit mit seiner Firma Corrently und einigen weiteren Unternehmungen und Aktivitäten widmet.

Mit Corrently wollen Thorsten und sein Team gezielt lokalen, regionalen Ökostrom zur Verfügung stellen und möglichst vermeiden, dass in Spitzen trotz eines Ökostromtarifs nicht erneuerbarer Energien verbraucht werden. Genau das versucht Corrently zu vermeiden, analysiert die vorhandenen Daten und bietet im Grünstrom Index regional Transparenz darüber, welcher Ökostrommix verfügbar und wann die „besten“ Zeiten für Ökostrom sind. Ich habe gelernt, dass für meinen Standort Ökostrom zu 85 Prozent aus Windrädern auf Land kommt. Solar und Biomasse folgen dann mit jeweils 7 Prozent.

Und der Corrently GrünstromIndex erstellt eine Vorhersage, wann der Strom zu hohen Anteilen Region kommt. Mir fiel natürlich die leidige Diskussion um das Laden von E-Autos ein, wo ja schon diskutiert wurde, zu Zeiten mit hohem Stromverbrauch das Laden zu drosseln. Aufgrund der Daten des Grünstromindexes könnte man ohne weiteres die eigenen Ladezeiten optimieren. Sehe ich mir die Vorhersage oben an, so könnte und müsste ich mein E-Auto am besten kommende Nacht, z.B. zwischen 3 und 6 Uhr laden. Dann ist laut Chart viel Strom aus regenerativen Quellen vorhanden. Ich würde also klimaschonend laden.

Im Idealfall könnte das Laden sogar automatisiert geschehen, wenn, ja wenn zum Beispiel die APIs der Wallboxen der verschiedenen Hersteller offen wären. Dann wäre es ohne weiteres denkbar, das eigene E-Auto gezielt zu den günstigsten und „ökologischsten Zeiten“ automatisiert zu laden. Entsprechende Schnittstellen gibt wie das Energie Management System OpenEMS oder dem MQTT Broker gibt es, aber sie müssen halt unterstützt werden. Nun warten wir mal darauf, dass Volkswagen und andere dies tun und dann Thorsten und sein Team anrufen.

Corrently wurden schon mal als Ponyhof der Energiewirtschaft bezeichnet. Für mich ist es mehr ein Beispiel dafür, was mit Kreativität an sinnvollen digitalen Lösungen möglich wäre und wie und wo Daten beziehungsweise die nutzenorientierte Analyse wirklich eine hilfreiche Rolle spielen könnten. Doch scheint es so, dass die kleinen Startups, die Robin Hoods der Digitalisierung, leider nur zu oft mit deutscher Bräsigkeit und eingefahrenen Besitzständen zu kämpfen haben. Für solche Lösungen würde ich mir Unterstützung seitens des Umweltministeriums oder Wirtschaftsförderung wünschen. Sinnvolle Steuerung des Energieverbrauchs ist vielleicht keine Sprunginnovation, aber auf jeden Fall eine wichtige Innovation.

Und einmal mehr wird klar, wie wichtig Schnittstellen und Open Source sind, um ein offenes Ökosystem zu schaffen. Es könnte aber sein, dass einige Konzerne genau so etwas nicht wollen. Dabei geht es nicht nur um Nachhaltigkeit und Klimaschutz, sondern auch durchaus um Wettbewerbsvorteile für den Standort Deutschland.

Auf der Webseite von Corrently befinden sich noch viele weitere Informationen, vom Grünstrombonus. über die man beispielsweise Anteile an Solaranlagen erwirbt (nicht auf dem eigenen Dach, sondern dezentral), bis zu Casa Corrently, einer Lösung die auf Basis der vorhandenen Daten Energiemanagement mit vollständiger Kostentransparenz schaffen will.

Dem Thorsten seine Links zu unserem Gespräch:

P.S. Mir bleibt leider ein schaler Geschmack im Mund: Vor rund 20 Jahren habe ich versucht, eine Solaranlage auf dem Dach unserer Eigentumswohnungsgebäudes installiert zu bekommen. Das leicht gewölbte Dach, das Richtung Süden zeigt, wäre ideal geeignet. Eine Miteigentümerin hat das damals gekippt. Und zu der Zeit war die Förderung noch deutlich höher. Es ist manchmal sehr mühsam. Ich werde Thorsten seine Bemühungen weiter verfolgen und mir auch mal ein Angebot rechnen lassen.

Und natürlich gibt es #9vor9 auch wieder als Podcast auf den bekannten Plattformen und hier im Netz.

(Stefan Pfeiffer)

Bilder von Gerd Altmann und von Anrita1705 auf Pixabay

Kurz zitiert: Ein Umzug von einer Cloud in die andere muss möglich sein (Marcus Chromik, Risikovorstand der Commerzbank)

8. Februar 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Die FAZ hat ein interview mit dem Risikovorstand der Commerzbank, Marcus Chromik, zum Thema Cloud veröffentlicht. Risiko bekommt beim folgenden Zitat ganz besonders Geschmäckerl:

Mit der Multi-Cloud-Strategie schaffen wir die Voraussetzung, dass die Commerzbank von einer Cloud in eine andere Cloud ziehen kann, etwa um eine Betriebsstörung zu vermeiden. Daneben nutzen wir zunehmend plattformunabhängige Container-Lösungen, das heißt Software, die leichter zu einem anderen Anbieter migriert werden kann. Damit ist es auch möglich, ausgelagerte Anwendungen zurück in das eigene Rechenzentrum, also in die private Cloud, zu verlagern. Indem wir uns diese Optionen offenhalten, bewahren wir den Wettbewerb.

Risikovorstand Commerzbank: Ein Cloud-Wechsel muss möglich sein

Das ist wohl derzeit State-of-the-art und nicht nur jeder Red Hat-Mitarbeiter wird das gerne lesen. Chromik nimmt auch Stellung zu Gaia-X, der europäischen Cloud-Initiative, an der sich auch die bekannten Hyperscaler beteiligen. Er rechnet damit, „dass eine europäische Cloud frühestens in ein bis zwei Jahren für Banken zur Verfügung steht“. Mir klingt dabei noch die Aussage von Stefan Schigg von der Software AG im FAZ Digitec Podcast in den Ohren, dass der Zug für weltweite präsente Hyperscaler abgefahren sei, die dafür notwendigen Investitionen in Milliardenhöhe nicht zu stemmen seien.

Eine Einschätzung der meine Kollege „Jo“ Stark von der IBM auch zustimmt. Der Weg zur Bildung eines echten europäischen Hyperscalers sei angesichts der jahrelangen Investitionen der großen IT-Firmen kein kein wirklich valider Ansatz. Und dann sind wir schnell bei Gaia-X, das auch im Gespräch mit Chromik erwähnt wird. Aber kann es bei Gaia-X nur um sichere und gesetzeskomnforme Datenspeicherung in Europa gehen? Das kann es doch nicht sein, denn es gibt jenseits von Gaia-X – so habe ich es verstanden – technologische Vorkehrungen zum Schutz der Kunden- und Unternehmensdaten, so dass nur der Kunde – nicht der Cloud-Provider – den Key zu den verschlüsselt in Europa abgelegten Daten hat.

Ich brauche mehr Klarheit zu Gaia-X

Doch was kann Gaia-X dann noch sein? Wird Gaia-X demzufolge wohl „nur“ eine europäische Dateninfrastruktur stellen? Und was heisst konkret, Datenräume schaffen, in denen die Hyperscaler keine große Rolle spielen? Undwas heißt das genauer, Daten zu schützen und unter der Souveränität europäischer Unternehmen und Verwaltungen zu belassen? Wo und was sind die Daten und vor allem Anwendungen? Sind es branchen- oder anwendungsorientierte Plattformen und Datenräume? Wo liegen die Mehrwerte für europäische Unternehmen und Behörden? Für mich muss das alles noch viel konkreter werden.

(Stefan Pfeiffer)

Hörtipp: Was bedeutet es, dass der Chef der Cloud-Sparte nun Chef von Amazon ist – Der FAZ Digitec Podcast

6. Februar 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Es ist schon eine Ode an Jeff Bezos, die Alexander Armbruster und Carsten Knop in ihrem Digitec-Podcast von sich geben. Doch es ist eine hörenswerte Ode mit vielen Wahrheiten. Wie konnte es sein, dass Amazon den Cloud-Markt besetzen konnte und nicht einer der damaligen Platzhirsche? Wie kann es sein, dass Karstadt-Kaufhof derzeit nur 4 Prozent seines Geschäftes online macht? Heute, in diesen Zeiten, in denen Amazon gerade in der Corona-Krise online noch größere Geschäfte macht. Oder anders herum. Was haben Jeff Bezos und sein Team alles richtig gemacht? Und was ist es für ein Zeichen an den Markt, dass der Cloud-Chef von Amazon nun der Chef des Konzerns ist? Rein hören.

Ich selbst habe meine Käufe bei Amazon bewusst minimiert, da ich mit der Dominanz und vielen Praktiken nicht einverstanden bin. Ich muss aber nahtlos anerkennen, dass der Kundendienst – True Customer Obsession -, die Auswahl und die Preise sensationell gut sind und alle Wettbewerber es schwer haben, dabei mit zu halten. Trotzdem eine bewusste Entscheidung, mehr vor Ort hier in Eberstadt und bei anderen Onlinehändlern zu kaufen.

Und ja: Wir müssen auch immer wieder auf die Arbeitsbedingungen in den Versandzentren aufmerksam machen. Ein Konzern, der unterdessen derartige Gewinne macht, kann auch fair und nach Tarif bezahlen. Stattdessen titelt das Wall Street Journal:

Amazon’s New CEO, Andy Jassy, Can Either Help Workers and Sellers—or Automate Them Away
One secret of Amazon’s ability to grow rapidly: software and algorithms that manage its millions of employees and marketplace sellers—technologies the executive knows well

Amazon’s New CEO, Andy Jassy, Can Either Help Workers and Sellers—or Automate Them Away – WSJ

Ein Bekannter hat bei Amazon im Controlling gearbeitet, über die Zustände und den Druck dort berichtet. Er wurde gegangen. Also Bewunderung für die unternehmerische Leistung und den Anspruch, dass jeder Tag der erste Tag ist, immer besser zu werden, aber ein sehr kritisches Auge darauf, wie mit Beschäftigten umgegangen wird.

Die Grafik stammt von der Facebook-Seite von Verdi und ich hoffe mal, dass die nichts gegen die Verwendung hier haben >> http://www.facebook.com/verdi.bei.amazon

Wie sehen Ärzte die Digitalisierung des Gesundheitswesens – Eine Umfrage von Bitkom und Ärzteverband Hartmannbund

3. Februar 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Am 2. Februar haben Lars Basche und ich bei #9vor9 auch über die Digitalisierung im Gesundheitswesen und das entsprechend knirschende Gesundheitsgebälk gesprochen. Nach unserem Talk habe ich nachmittags eine inhaltlich passende Pressemitteilung des Bitkom gefunden. Zusammen mit dem Ärzteverband Hartmannbund hat man mehr als 500 Ärzten in Deutschland befragt. Sieht man sich die Charts an (oder liest den Text), so wird sofort eine unterschiedliche Haltung von Klinik- und Praxisärzten deutlich. Die Praxisärzte sind in punkto Digitalisierung wesentlich vorsichtiger, skeptischer, zurückhaltender.

Hier das Chart zur Kommunikation: Wie kontaktiere ich meinen Arzt, meine Klinik, meine Apotheke. Gerade bei den Ärzten spielen Brief und Fax noch eine wichtige Rolle, Mail oder Portale hängen deutlich hinterher. Messenger wurden nicht abgefragt, spielen aber wohl auch in der Kommunikation keine Rolle. Durch meinen Job weiß ich aber, das Kliniken durchaus über Kommunikation über eine sichere Messenger-Infrastruktur (Matrix) nachdenken bzw. diese einführen wollen. Jedoch scheint dies in der Breite noch Zukunftsmusik zu sein.

Fast durchgehend sind die Befragungsergebnisse gespalten. So bewerten 40 Prozent der befragten Ärzte Videosprechstunden eher schlecht, 58 Prozent gut. 58 Prozent der Praxis-Ärzte bieten unterdessen Videosprechstunden an. Bei den Klinik-Ärzten sind es 77 Prozent. Auch bei der kommenden elektronischen Patientenakte (ePA) sind die Praxisärzte in ihrer Einstellung deutlich zurückhaltender. Weitgehend einig ist man sich nur in der Einschätzung bezüglich möglichen Datenmissbrauchs.

Ich als Patient bin aufgrund meiner persönlichen Erfahrung ein Befürworter der ePA natürlich unter Einhaltung des höchst möglichen Datenschutzes. Zu oft habe ich genau merken müssen, dass die Zusammenarbeit zwischen Ärzten nicht optimal lief, selbst in der gleichen Klinik, oder zwischen Praxis- und Klinik-Ärzten. Nur zu oft wurden Informationen per Fax oder CD ausgetauscht – oder gar nicht. Und gerade bei ernsten Krankheiten ist genau das aus meiner Sicht sehr wichtig.

Noch zwei Ergebnisse, die ich bemerkenswert finde. Im Anschluss an meine Patientenperspektive zur ePA die Ergebnisse, was Ärzte über die vermeintlich besser informierten Patienten so denken, die sich ja jetzt per Google informieren können. Nervt das die Ärzte nur oder – provokativ geschrieben – fühlen sie die Halbgötter in Weiß bedroht? Ein Ergebnis: Wir Patienten werden von der Mehrzahl der befragten Ärzte (67 Prozent) als anstrengender empfunden …

Wo sehen die Ärzte denn aus ihrer Perspektive die größten Hemmnisse in der Digitalisierung des Gesundheitswesens? Das deutsche Gesundheitssystem wird als komplex empfohlen, die Aufwände insbesondere für IT Sicherheit werden zu hoch angesehen und die digitalen Anwendungen werden oft als nicht marktreif angesehen. Interessant ist, dass „nur“ 43 Prozent eine mangelhafte Digitalkompetenz bei sich, bei den Ärzten sehen. Und so schließt sich hier der Kreis zu unserem Talk bei #9vor9

(Stefan Pfeiffer)

Digitalthemen bei #9vor9: Soziale Medien beeinflussen den Aktienmarkt – Digitalisierung und Gesundheitswesen: Es bleibt viel zu tun

2. Februar 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Das Band war heute nicht breit bei Lars Basche in Siegburg und nein, er war sicher auch nicht breit, also nicht so früh morgens. Es scheint jemand auf der Leitung gestanden zu haben, aber trotzdem hoffen wir, dass Ihr insbesondere den ersten Teil mit Lars gut verstehen könnt. Er hat sich den Ereignissen rund um die Shopkette Gamestop, den Hedgefonds und den Reddit angenommen. Es ist ein Beispiel, wie eine Community, wie soziale Medien Einfluss auf den Aktienmarkt nehmen können. Wie schreibt die Wirtschaftswoche so treffend: Der Gamestop-Fall bringt die Shortseller-Szene in die Bredouille.

Hintergründe zu den Vorfällen gibt es auf den bekannten Medien. Empfohlen sei dieser Beitrag auf heise online unter dem Titel Reddit vs. Wall Street: Robinhood beschränkt weiterhin Handel mit GameStop-Aktie, aus dem ich folgenden Absatz zitieren möchte:

Der Anlagestratege Chris-Oliver Schickentanz von der Commerzbank sieht derweil Regulierer und die Politik am Zuge – mit dem Ziel, „manipulative Markteingriffe von Hedgefonds und einer Herde Kleinanleger gleichermaßen zu verhindern.“

Reddit vs. Wall Street: Robinhood beschränkt weiterhin Handel mit GameStop-Aktie | heise online

Man beachte, dass auch ein Vorgehen gegen die Hedgefonds gefordert wird, die ja nicht erst seit gestern aktiv sind. Was ist an dem Beispiel unter dem Aspekt Digitalthema besonders? Es zeigt, wie eine Social Media-Community auf dem Kapital- und Aktienmarkt Einfluss nehmen kann. Und es stellt sich auch hier wieder die Frage, wie stark Plattformen oder Regierungen moderieren und eingreifen müssen, von Hassrede und Verrschwörungstheorien auf der einen Seite bis hin zum Gamestop-Beispiel. Die Diskussion wird uns in den kommenden Jahren sicher begleiten.

Mein Digitalthema der Woche ist Digitalisierung und Gesundheitswesen. Jens Spahn hat hier vor Corona schon einiges angeschoben. Durch Corona hat das ganze noch ein ganz andere Dynamik und Dringlichkeit bekommen. Und es wird immer klarer, wie viel noch zu tun ist und wo es überall noch im Gesundheitsgebälk knirscht. Hier einige Artikel, die ganz unterschiedliche Teilaspekte behandeln:

Das Handelsblatt schreibt am 20.1.2021: „Die Corona-Impfungen sind ein logistischer Kraftakt. Softwarehersteller wie SAP, Salesforce und IBM wollen dabei helfen – und sich auch profilieren.“ Hier geht es unter anderem darum, die Lieferkette digital abzubilden und zu optimieren. Unser Freund und Analyst Axel Oppermann wird dahingehend zitiert, dass für die logistische Unterstützung der Impfungen die gesamte Klaviatur der IT benötigt werde – von den Sensoren in der Kühlbox bis zur Verarbeitung in der Cloud, von der IT-Sicherheit bis zur Prozessautomatisierung. Axel am Klavier. Play it again, Sam.

Nicht nur der Spiegel berichtete (am 30.12.2020) unter Berufung auf eine Untersuchung von Experten des Chaos Computer Clubs (CCC) und der FH Münster über Datenlecks in Arztpraxen. Hier gibt es viel zu tun, von der entsprechenden Sensibilisierung und Ausbildung der Ärzte:innen und Arzthelfer:innen bis zur richtigen und sicheren IT-Infrastruktur.

Die FAZ berichtet am gestrigen 1.2..2021 darüber, dass d er Landkreistag ie Einführung der einheitlichen digitalen Nachverfolgungssoftware Sormas für Gesundheitsämter scharf krtisiert. Der Verband, der 290 der 400 kommunalen Gesundheitsämter vertritt, hält demnach eine flächendeckenden Einführung von Sormas nicht für erstrebenswert. Die Liste der vermeintlichen Baustellen ließe sich leicht verlängern. Auch dieses Thema Digitalisierung im Gesundheitswesen bleibt und sollte aus meiner Sicht aktiv vorangetrieben werden. Wir werden es auf jeden Fall in #9vor9 auf dem Radar behalten.

Zum Abschluss von #9vor9 und dieses Blogbeitrags möchte ich nochmals auf die Rede von Doro Bär gegen Hass und Hetze nicht nur im Netz in der aktuellen Stunde über die Bewahrung des demokratischen Diskurses hinweisen. Sinniger- oder sinnentleerter Weise hatte die AfD diese aktuelle Stunde beantragt. Chapeau und weiter so:

Und natürlich gibt es #9vor9 auch wieder als Podcast auf den bekannten Plattformen und hier im Netz.

(Stefan Pfeiffer)

Im Büro sind alle ach so fleißig, im Homeoffice faulenzen alle – Noch ein Homeoffice-Allerlei in der Pandemie

28. Januar 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Das Thema Homeoffice bleibt weiter auf der Tagesordnung, auch durch die neue „SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung“ der Bundesregierung. Treibendes Motiv, warum die Bundesregierung hier aktiv wurde, ist derzeit wohl vor allem die Erkenntnis, dass durch mehr Homeoffice weniger Infektionen entstehen, am Arbeitsplatz und auf dem Weg zum Arbeitsplatz. Mehr Homeoffice könne die Zahl der Infektionen halbieren, jedoch sind die Unternehmen wohl im Gegensatz zum ersten Lockdown zurückhaltender. Im November 2020 arbeiteten demnach nur 14 Prozent daheim, im April 2020 waren es noch 27 Prozent. Diese Zahl mag sich unterdessen (hoffentlich) positiv geändert haben.

Auffällig ist noch immer der Widerstand, mit dem sich der Homeoffice-Gedanke vielerorts konfrontiert sieht. Nur zu gerne wird über Marginalien wie die korrekte Tischhöhe diskutiert, doch viel ernster, offensichtlich gibt es in einigen Unternehmen massiven Widerstand. Firmen umgehen Verordnung – Wer ins Homeoffice will, wird gefeuert, titelt Oliver Heinz auf ZDF.de. Es sind wohl keine Einzelfälle. Laura Sophie Dornheim von den Grünen hat über 150 Fälle von Unternehmen gesammelt und dokumentiert. Weitere Fälle können Ihr beispielsweise via Twitter übermittelt werden.

Ein Schreibtisch, sie zu knechten, sie alle zu binden,
Ins Büro zu treiben, wo viele sich winden.
Im Großraumbüro, wo die Kontrolleure drohn.
Die Herren der Präsenzpflicht #Homeoffice

Der Widerstand ist groß und viele Arbeitgeber wehren sich. Man habe geliefert und überall dort Homeoffice ermöglicht, wo es die Arbeitsaufgabe zulasse, so der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände laut FAZ. Die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Das findet auch Katharina Borchert, frühere Chief Innovation Officer bei der Mozilla Foundation, mit klaren, deutlichen Worten auf Spiegel Online. Sie nimmt einige Punkte aufs Korn, bei denen auch ich immer den Kopf schüttele. Wie kann man angesichts der Corona-Pandemie über Tischhöhe oder diskutieren oder in den Raum stellen, Datenschutz sei das Problem, ein Aspekt der sowohl technisch, wie auch organisatorisch gelöst werden kann. Mit solchen Pseudoauseinandersetzungen wird immer wieder der Wunsch kaschiert, einfach kontrollieren und beaufsichtigen zu wollen.

Immer wieder werden solche und andere Bedenken geäußert. Natürlich stellt das Arbeiten im Homeoffice besondere Herausforderungen. Wenn aber in einem Beitrag der Wirtschaftswoche unter dem Titel Wo wir im Homeoffice unsere Zeit verschwenden Dinge genannt werden, die wenig mit Homeoffice, oft generell mit Arbeitsorganisation zu tun haben, ist das merk- und fragwürdig. „Arbeitnehmer könnten jede Woche 6 Stunden und 5 Minuten sparen, wenn die Abläufe im Unternehmen optimiert würden“, so der Autor der Wiwo.

Stimmt, gilt aber generell, egal wo man arbeitet. Es würden dreieinhalb Stunden pro Woche für unnötige Besprechungen draufgehen. Stimmt, aber diese unnötigen Besprechungen gab es schon vorher und ich bin mir nicht so sicher, ob sie durch Homeoffice so viel mehr geworden sind. Oft werden zu viele Tools, zu viele Softwareprogramme benutzt, die sich teilweise auch noch funktional überlappen. Zudem ist oft nicht klar, welche Inhalte man wo wie ablegt und was man wofür benutzt. Stimmt, aber auch das ist ein Problem, das schon vor der Pandemie existierte.

Meist gewinnt man den Eindruck, dass Dinge künstlich aufgeführt werden, nur um Homeoffice schlecht zu reden. Auch habe ich in keinem Beitrag der Kritiker von Homeoffice gesehen, dass die Verhältnisse im Büroalltag kritisiert werden. Dort scheint alles rund zu laufen, wenn man das glauben mag. Arbeiten aber wirklich alle, die im Büro sind, höchst effizient? Oder werden Mitarbeiter:innen nicht auch dort mal abgelenkt? Verbringen sie nicht auch dort Zeit in unnötigen Meetings und mit bürokratischen Dingen, die nicht sein sollten und müssten. Werden sie nicht auch dort, vielleicht gerade dort immer wieder abgelenkt und verlieren den Faden bei der Erledigung ihrer Aufgaben. Die heile Bürowelt existiert ebenso wenig wie heile Homeoffice-Welt.

Auch finde ich die Aussage, dass man im Homeoffice beziehungsweise in der Onlinezusammenarbeit nicht kreativ, agil und produktiv sein kann, hanebüchen. In jeder großen Organisation, bei vielen Mittelständlern gibt es ortsunabhängig zusammenarbeitende Teams, ob in Deutschland, Europa oder weltweit verteilt. Katharina Borchert, die für die Mozilla Foundation arbeitete, kann das sicher bestätigen. Sind die alle per se unproduktiv und nicht kreativ? Das ist absoluter Mumpitz, um es frei nach Reich-Ranicki zu schreiben.

Um es nochmals klar zu schreiben. Arbeiten im Homeoffice ist nicht immer das Paradies und alles läuft dort rund. Es kann viel verbessert werden, in der Kommunikation, in der Art der Zusammenarbeit, in der Weise wie geführt wird und wie sich Führungskräfte und Mitarbeiter:innen verhalten, miteinander möglichst empathisch umgehen. Das soll gar nicht in Abrede gestellt werden, doch schütten wir das Kind nicht mit dem Brunnen aus. In diesen Zeiten sollten wir wo immer möglich Homeoffice praktizieren. Es ist ein Muss, um Corona-Infektionen und -Tote zu verhindern.

Doch auch nach der Pandemie ist es wichtig, dass wir denen, die es wollen und auch von der persönlichen Infrastruktur können weiter Homeoffice wollen und anbieten. Es gibt viele gute Gründe dafür, die schon oft genannt wurden und werden, vom Umweltschutz über verlorene Lebenszeit im Pendelverkehr bis zu einer besseren Work-Life-Balance. Und diejenigen, die ins Büro wollen, sollen das auch tun können. Ich bin der festen Überzeugung, dass ich sehr oft hybride Modelle durchsetzen werden. Man arbeitet einige Stunden und Tage im Büro, die anderen daheim oder mobil. Das sollte die neue reale Arbeitswelt werden. Daran sollten sich die ewig Gestrigen und Controlettis gewöhnen. Und wenn es dafür ein Gesetz braucht, dann ist es halt so.

* Disclaimer: Mir ist sehr wohl bewusst, dass in vielen Berufen kein Homeoffice möglich ist. Mir ist auch sehr bewusst, dass es genug Fälle gibt, in denen die persönlichen Umstände es nicht wirklich komfortabel möglich machen, von daheim produktiv und zufrieden zu arbeiten. Mir ist auch klar, dass viele gerne ins Büro gehen, weil sie sich vielleicht daheim nicht so gut selbst disziplinieren können oder aber den direkten Kontakt mit Kollegen:innen wollen und brauchen. Und das ist alles ok und akzeptiert. Nur warum sollten diejenigen, die daheim arbeiten wollen und können, es nicht tun dürfen? Das muss mir mal jemand erklären.

(Stefan Pfeiffer)

Bildser von Please Don’t sell My Artwork AS IS auf und Alexandra_Koch auf Pixabay

Es ist kompliziert – Urheberrecht, die Plattformen und die Bagatellschranke – Eines der Themen von #9vor9

26. Januar 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Und natürlich kamen wir bei #9vor9 nicht um ein Digitalthema der Woche herum: Nach den Plaudereien von Herrn Ramelow wird natürlich diskutiert, wie sich Politiker (und generell jeder „Geheimnisträger“, prinzipiell jeder) auf Clubhouse (und eigentlich allen öffentliche Medien) verhalten sollte. Clubhouse-Room mit 1.000 Teilnehmer:innen ist Öffentlichkeit. Punkt. Und da helfen auch Klugscheißereien, dass Informationen vertraulich blieben, wenn man sage, dies sei „off the records“, von angeblich so kompetentn Beratern nicht. Auch dann wäre das bei der Anzahl von Zuhörer:innen durchgesickert. Manche sogenannte PR Berater:innen haben es auch noch nicht verstanden. Damit sei aber an dieser Stelle genug. Nur eine Randbemerkung: Twitter stellt gerade eine potentielle Alternative namens Twitter Spaces – hier ein erster Eindruck von Ralph Kühnl – Betatestern zur Verfügung. Und mache läuten schon das Ende von Clubhouse ein. Sehe ich nicht so.

Im Zentrum unserer Sendung stand das leider sehr komplexe Thema Urheberrecht angestoßen durch das Streitgespräch auf Zeit online und in DIE ZEIT zwischen Rezo und einem der FAZ-Herausgeber Carsten Knop. Und leider ist das Thema nicht einfach und auch kein deutsches oder europäisches Problem, wie wir an den Urheberrechtsdiskussionen rund um Google in Australien sehen. Würde Google wirklich so weit gehen und Australien quasi dicht machen, wenn dort Lizenzgebühren an die Verlage gezahlt werden müssten? Geht ein Leben ohne Google (Search) überhaupt?

„Kann es sein, dass es ist wie im Casino, am Ende gewinnt immer Google?“, fragt der:die Interviewer:in von Zeit Online auch Rezo und Carsten Knop. Dem scheint wohl so zu sein und in einem sind sich Verlage, Kreative und ie Netzgemeinde einig: Man will die Rechte gegenüber Plattformen wie Google eben stärken. Das Wie scheint der Knackpunkt zu sein. Sind es Uploadfilter, die durch ihre Algorithmen verhindern, dass lizenzrechtlich fragwürdige Inhalte hochgeladen werden? Werden dadurch vielleicht „Kreative“ behindert und es kommt zum Oberblocking?

Uploadfilter sind nicht neu. Man sieht keinen nackten Busen auf Facebook … Auch rund um die Veröffentlichung rechter Hetze und generell von Hassrede sind sie – zusätzlich zu Content-Moderator:innen – im Gespräch. Aber natürlich müssen Algorithmen immer wieder überprüft und gegebenenfalls justiert werden, denn es hat sich auch gezeigt, dass sie fehlerhaft oder auch diskriminierend sein können. Ohne sie wird es aber wahrscheinlich nicht gehen.

Man wird angesichts der wirklich komplexen Situation – Carsten Knop spricht von einem Gestrüpp rund um Urheberrechte, in dem man sich verheddert – Kompromisse finden müssen. Und wenn es statt der 1.000 Zeichen eines Zeitungsartikels, die man zitieren darf, dann nun nur 500 Zeichen sein dürfen, wäre das aus meiner Sicht auch ok. Die Bundesregierung scheint sie – auf wessen Druck wohl? – noch enger fassen zu wollen. Im Tagesspiegel Background Digitalisierung & KI vom 26. Januar 2021 wird von maximal  160 Zeichen eines Textes, von 15 statt ursprünglich 20 Sekunden eines Videos und einer Dateigröße von 125 Kilobyte Datengröße statt vormals 250 Kilobyte bei Fotos geschrieben. Da haben die Lobbyisten wohl kräftig gewirkt, wenn es dazu kommen sollte aus meiner Sicht zu kräftig. Man wird wohl eine Bagatellschranke definieren müssen und ich bin bei Rezo, dass man das alltägliche Verhalten der meisten Bürgerinnen und Bürger legalisieren und Meinungsfreiheit nicht beschneiden sollte. Vor allem sollte es für genau diese Zielgruppe einfach und verständlich formuliert und kommuniziert werden.

Auch steht außer Frage, dass die Plattformen stärker reguliert und in die Pflicht genommen werden sollten. Dass gilt auch für die Verwendung und Veröffentlichung von urheberrechtlich geschützten Inhalten. Können die Plattformen aktiv auf die Inhaber von Inhalten (Texte, Bilder, Videos) zugehen und sich die Rechte einholen, etwas zu veröffentlichen, gegebenenfalls etwas zahlen? Carsten Knop will die Plattformen aus dieser Verantwortung nicht entlassen. Es ist und bleibt komplex: Meinungsfreiheit der Bürger:innen und der Netzgemeinde auf der einen Seite, berechtigtes Interesse von Verlagen und auch Kreativen an ihren Inhalten auf der anderen Seite und von eigentlich fast allen gewollt die stärkere Regulierung und auch „Besteuerung“ der Plattformen stehen in Wechselwirkung.

Ich gebe auch zu, dass ich das Gejammere vieler Verlage und entsprechender Interessenvertreter, die von einem Plattformschutzgesetz fabulieren, nur sehr eingeschränkt akzeptieren. Hier wurden über Jahre entsprechende neue Modelle zur Monetarisierung der Inhalte meist nicht durchdacht. Das gilt übrigens auch und gerade für die Lokalberichterstattung. Und immer wieder Bezahlschranken an jeder Ecke einzurichten und bindende Abonnements zu fordern, um an Inhalte zu kommen, kann aus meiner Sicht weiterhin nicht die Lösung sein. Doch das ist ein anderes (aber naheliegendes) Thema.

Lars hat dann noch die Newsletter-Plattform Substack ins Gespräch gebracht. In einem vom ihm zitierten Beitrag werden E-Mail-Newsletter als zukunftsträchtiges Medium definiert, ein Medium, dass in der Aufmerksamkeitspotenzierungsökonomie der sozialen Medien nicht so leicht zu manipulieren sei. Die Renaissance des E-Mails Newsletters ante portas, einem Kommunikationskanal, den gerade wir Marketers schon fast zwei Jahrzehnte bedient haben, vielleicht sogar als old-fashioned vergessen haben. Nein, so weit würde ich nicht gehen, wenn ich mir so meinen Posteingang betrachte. Der Newsletter als Alternative zu traditionellen Medien und Chance für den Lokaljournalismus? Auch da habe ich Fragezeichen in den Augen.

Last but not least noch ein Hinweis von mit auf den FAZ Digitec Podcast, bei dem Carsten Knop – schon wieder der 😉 – und Alexander Armbruster quasi einen Nachbarn von mir zu Besuch hatten: Stefan Schigg von der Software AG (deren Hauptquartier knappe 500 Meter von unserer Wohnung entfernt liegt). Da kommen einige knackige Aussagen dabei heraus, Der Zug für Hyperscaler, die großen weltweit präsenten Cloud-Anbieter, die überall ihre Rechenzentren haben, sei vorbei. Da könne man nicht mehr nachziehen, einfach zu teuer, eine solche Infrastruktur neu aufzubauen. Den Deutschen (und Europäern) bliebe es nur, Nischenmärkte zu bedienen und dort Lösungen anzubieten. Im Gespräch kam dann auch die europäische Cloud-Initiative Gaia-X nicht gut weg, an der jetzt ja auch die Hyperscaler partizipieren. Da haben Lars und ich auf jeden Fall nochmals Nachholbedarf und ein Experte müsste uns aufklären. Vielleicht finden wir ja einen Gast für #9vor9 aus dem Gaia-X-Umfeld. Gerne melden!

In diesem Sinne eine gute Woche – und die Podcastversion nicht vergessen:

Und natürlich gibt es #9vor9 auch wieder als Podcast auf den bekannten Plattformen und hier im Netz.

Und versprochen, wir merken uns jetzt: Bodo Ramelow gleich MP von Thüringen.

Lars & Stefan

Leider gibt es auch Dinge, die mich in diesen Zeiten sehr ärgern

17. Januar 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Es gibt viele Momente, in denen ich mich in diesen Corona-Zeiten über Rücksichtslosigkeit, Dummdreistigkeit und (ich nenne es mal) Inkompetenz ärgere. Sehr geärgert habe ich mich über meine Krankenversicherung. Laut Ankündigung sollten ja Ältere (ab 60 Jahre) und Risikopatienten, zu denen ich leider gehöre, Gutscheine für FFP2-Masken erhalten. Ich habe per E-Mail und unterdessen dreimal per Fax bei meiner Krankenversicherung angefragt. Erste Auskunft: Nur über 70-Jährige bekommen Masken. Auf Nachfrage bekam ich dann telefonisch die Bestätigung, dass Risikopatienten doch Masken bekämen. Gutscheine seien Anfang Januar per Post zu erwarten. Kam natürlich nichts. Und dann der oben abgebildete Brief vom 15. Januar.

Es scheint, dass wir angeblich doch so effizienten Deutschen viele Verwaltungsprozesse einfach nicht im Griff haben, von Digitalisierung gar nicht zu reden. Von Problemen mit der Impf-Registrierung hier in Hessen oder Problemen mit der Digitalisierung an den Schulen gar nicht erst anzufangen. Es bleibt noch sehr viel zu tun.

Zu meinem Beispiel, das ich gar nicht weiter hochstilisieren will, aber FFP2-Masken könnten angesichts der deutlich mehr ansteckenden Mutationen des Virus, die sich nun auch in Deutschland ausbreiten, bald deutlich wichtiger werden, denn sie schützen einfach besser. Meine FFP2-Masken habe ich dann in meiner Apotheke gekauft. Unser Apotheker hat auch nur den Kopf geschüttelt. Noch hat er übrigens Masken. Eine Lieferung sei am Montag gekommen. Hoffen wir nur, dass FFP2-Masken nicht zum neuen Clopapier mit bekannten Effekten werden.

Doch wenn ich gefrustet bin, gehe ich einfach einen Beitrag zurück und freue mich über die kleinen Dinge, die auch Mut machen.

Wein-erlei: „Vin de soif“, Riesling-Gutsweine als Einstieg und mir fehlen die Besuche beim Weingut

27. Dezember 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Zum Jahresende noch ein Wein-erlei und nein, es geht nicht um Sekt oder Champagner. Dazu kann man allenthalben Kompetenteres nachlesen. Zudem liegen diesmal die Raumland-Sekte neben dem Griesel Rosé schon bereit … Übrigens haben wir auch einmal den Griesel Apfel Cuvée Sekt probiert. Kann man aus unserer Sicht trinken, muss man aber nicht. Da haben uns die Pomp Cuvées von Dr. Höhl besser geschmeckt, aber die sind ja auch als Sparkling Cider anders gemacht.

Trotz des winterlichen Wetters haben wir in den vergangenen 3-4 Wochen einige Rieslinge und dabei meist die Gutsweine probiert. Frederik Nikolai Schulz hat sie im Gute-Weine-Magazin als Tor zur Weinwelt, als Einstieg in die Welt des jeweiligen Winzers bezeichnet:

Ein erster Blick in das Sortiment eines Winzers, in seine Arbeitsweise und seine Philosophie, in die Charakteristika einer Rebsorte – darum sollte es gehen. Um unkomplizierten Trinkgenuss, jedoch durchaus mit Anspruch und dem gewissen Kick, der einen dazu bewegt, mehr über das Weingut und die Weinerzeugung erfahren zu wollen.

Gutsweine – Das Tor zur Weinwelt – Lobenbergs Gute Weine

„Gesetzt“ sind seit geraumer Zeit der Kallfelz Riesling Hochgewächs und der Merler Stephansberg von der Mosel oder lange Jahre war der Raddeck vom Roten Hang in Nierstein (Rheinhessen). Lange Jahre hat er sich bei uns behauptet, obwohl wir auch andere Riesling vom Roten Hang probiert haben. Jetzt hat er in diesem Jahr aber starke Konkurrenz durch St. Antony Riesling Rotschiefer bekommen. Hier steht einmal ein direkter Vergleich Raddeck gegen St. Antony bei nächster Gelegenheit an. Alle 4 genannten Weine sind würzige, aromatische Rieslinge mit starkem Ausdruck. Es handelt sich dabei immer um Gutsweine oder Ortsweine

Winzer kennenlernen: Gutsweine als idealer Einstieg

Aber natürlich probieren wir uns weiter durch und vertrauen hierbei auf Tipps von Bekannten und „vertrauenswürdigen“ Weinexperten und -händlern – wie beispielsweise Heiner Lobenberg. Dessen Weinbeschreibungen animieren uns doch immer wieder, neue Tropfen zu probieren. Jetzt haben wir einige vergleichsweise feringliedrige Rieslinge probiert, den trockenen Gutswein von Fritz Haag Riesling QbA trocken (Mosel), den Wittmann Riesling Estate trocken 2019 Bio (Rheinhessen), den Dönnhoff Riesling VDP Gutswein trocken 2019 (Nahe) und den Gut Herrmannsberg Just Riesling trocken 2019 (Nahe). Unsere Favoriten sind dabei die Weine von Fritz Haag, ein sehr feingliedriger Wein, und von Gut Herrmannsberg, ein fruchtiger saftiger Riesling . Beide werden wir sicher wieder im Glas haben.

Und weitere Guts- und Ortsweine probieren, denn sie sind für uns sogar mehr als nur ein Einstieg. Riesling wurde und ist unsere bevorzugte Rebsorte. Immer wieder haben wir auch andere Rebsorten, vom Soave bis zum Gavi , dem Grau- oder Weißburgunder, Chablis oder Sancerre im Glas, oft leben sie vom Namen oder sind überteuert, und hier und da überzeugen sie. Doch wir kehren immer wieder gerne zum Riesling zurück.

Gern auch „Vin de soif“ – und bitte keinen Neid

Solche Einstiegs- oder Alltagsweine sind wichtig. Bei Pinard de Picard ist hier und da die Rede von „Vin de soif“, von unkompliziertem Tafelwein die Rede, den man oft in Bistro ausschenkt oder eben im Alltag mit Freunden und Bekannten trinkt. Als solche „Vin de soif“ in rot habe ich die Einstiegsweine zweier bekannter (und umstrittener) Winzer der Szene kennengelernt. Ich spreche über den Fabelhaft von Dirk Niepoort und den Black Print von Markus Schneider. Beide hatten wir jetzt länger nicht im Glas, aber vor Jahren hatten wir Spaß daran.

Captain Cork kommentiert in seinem Newsletter vom 16. Dezember 2020, wie er die Welt jenseits der dünnen Weinchen kennenlernte:

Und weißt du durch welchem Wein? Es war der Black Print von Winzer-Genie Markus Schneider aus der Pfalz, einer der wenigen deutschen Winzer, die es schafften, hohe Qualität und große Produktionszahlen unter einen Hut zu bringen. Und das noch im Verbund mit perfektem Marketing. Irgendwer wird diesem Winzer für seine Pionierarbeit ein Denkmal errichten müssen, falls der Kollegenneid das zulässt. Wenn man so will, ist der Black Print einer der Basisweine von Markus Schneider. Umsatzbringer und Visitenkarte einer großen Winzermarke. … Basisweine sind die erste Stufe auf einer Treppe, die dich so weit nach oben führt wie du willst.

Und ich oute mich: Den Black Print kann man trinken. Ähnlich verhält es sich mit dem Fabelhaft Tinto von Dirk Niepoort. Im zu Weihnachten 2020 erschienenen PDF-Newsletter PINWand Nr. 317 von Pinard de Picard konnte ich lesen:

Hierzulande reduziert man Dirk gerne auf seine erfolgreichen Weine im Basisbereich, gerade der „Fabelhaft“ scheint in Deutschland so berühmt wie berüchtigt – und vor allem: rasend beliebt!

Auch hier ein leckerer Einstiegswein, ein „Vin de soif“ aus Portugal, ein Cuvée vor allem in Portugal ansässiger Rebsorten, geschickt vermarket, in Deutschland mit einem einprägsamen Etikett mit Wilhelm Busch-Motiven.

Ein Muskateller von der Deutschen Wein-Entdeckungsgesellschaft

Apropos Vermarkung: Eingetroffen ist unterdessen der Jahreswein der Deutschen Wein-Entdeckungs-Gesellschaft:

In jedem Jahr entdeckt (sprich: macht) die Gesellschaft genau einen Wein. Dafür suchen wir uns jeweils einen deutschen Spitzenwinzer aus, der das Zeug und den Mut hat dieses Abenteuer einzugehen. Gemeinsam wird festgelegt wie die Trauben und der Wein gehegt und gepflegt werden. Was dabei herauskommt? Keiner kann es wissen.

Über uns – Deutsche Wein-Entdeckungs-Gesellschaft

Die Weine können in verschiedenen Paketierungen erworben werden und kosten zwisc hen 20 und 30 Euro die Flasche, also auch etwas exklusiver im Preis. Der diesjährige Wein ist ein 2019er Muskateller des fränkischen Weinguts Zehnthof Luckert. Der „Nunn“ soll hervorragend zu asiatischer Küche schmecken. Ich bin gespannt. Es ist auch mein zweiter Versuch mit der Wein-Entdeckungs-Gesellschaft. Danach werde ich prüfen, ob der Weingeschmack von Carsten Henn eventuell doch etwas zu exklusiv für mich ist.

Wein im Onlinehandel: Ich mag die Shops, die Geschichten erzählen

Schließlich noch Lesezeichen von FAZ.NET. Dort ist ein Bericht über Vicampo, den laut eigenen Aussagen zweitgrößten deutschen Onlineweinhändler (hinter Hawesko) erschienen. Bei den Mainzern habe auch ich hin und wieder Wein bestellt. Bei Vicampo fehlt mir etwas, was Pinard de Picard mit seiner PINWand, Heiner Lobenberg mit seinem Katalog und auf der Webseite* oder auch Captain Cork in seinem Newsletter machen. Dort werden Geschichten zu Wein und Winzern erzählt und das macht mich oft neugierig. Bei Vicampo gibt es ab und an interessante Probierpakete von Winzern (aber die werden auch jetzt oft von den Winzern selbst angeboten). Sonst bekomme ich halt nur … Angebote, aber damit scheint man gut leben zu können, auch in Corona-Zeiten.

Die Weinszene muss digitaler werden, aber …

Oliver Bock schreibt, dass Winzer besser als Gastronomen durch die Krise kommen:

Vor allem jene Erzeuger, die viele treue Privatkunden haben und die überdies im Internet aktive Verkäufer sind. Nie zuvor haben sie so viele Weinkisten gepackt wie in diesem Jahr. … Die Pandemie wirkt als Katalysator vieler Veränderungsprozesse auch in der Weinbranche. … Die Pandemie hat vielmehr die Digitalisierung der Weinbranche, die im zu Ende gehenden Jahr auf ihre großen Messen und Präsentationen verzichten musste, stark befördert. Webshops wurden aus dem Boden gestampft, Internet-Weinproben organisiert, digitale Weinbars eröffnet, Talkshows zum Thema Wein initiiert.

Schöne, neue Weinwelt

Das entspricht auch meinen Beobachtungen. Ich muss aber auch zugeben, dass ich bei Podcasts hängen geblieben und die gibt es schon länger. Das mag noch in die Kategorie Talkshows fallen. An Online-Weinproben habe ich noch nicht teilgenommen, obwohl ich es mir vorgenommen hatte. Gutes, modernes Marketing darf sein und ist nicht „unanständig“, siehe auch die oben zitierten Beispiele Markus Schneider und Dirk Niepoort.

… mir fehlt der Besuch beim Winzer vor Ort

Doch ich gebe zu, dass mir jenseits der E-Mail-Newsletter, der Onlinediskussionen und aller Notwendigkeit, auch in der Weinszene digitaler zu werden, vor allem eines fehlt: Der Besuch beim Winzer:in vor Ort, die Weinprobe dort am liebsten mit Freunden und der direkte Kontakt zu den „Weinmachern:innen“. Hoffentlich geht das wieder, irgendwann in 2021 und wenn es Herbst werden sollte.

In diesem Sinne ein frohes neues Jahr. Bleibt vor allem gesund – und vernünftig.

Die Weinszene muss digitaler werden, keine Frage, aber mir fehlen die Besuche mir Freunden direkt bei dem:der Winzer:in, das die Weinmacher:in kennenlernen. Hoffentlich im Herbst 2021 wieder. Bleibt gesund! #Wein #Genuss

(Stefan Pfeiffer)

* Das aktive Geschichten erzählen über E-Mail-Newsletter scheint mit bei Lobenberg gerade etwas eingeschlafen, aber vielleicht täusche ich mich auch nur.

Es gibt durchaus Alternativen zu Amazon – Und man sollte persönlich Zeichen setzen

23. Dezember 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Alle Jahre wieder streiken die Amazon-Mitarbeiter in deutschen Lieferzentren. Gabor Steingart, den ich heute ausnahmsweise einmal wieder zitieren muss, schreibt von „archaischen Arbeitsbedingungen“ und saloppem Umgang mit Daten. So sollen Daten der unabhängigen Händler analysiert und benutzt werden, um die Amazon-eigenen Angebote zu optimieren. Hinzu kommt wohl eine minutengenaue Überwachung der Mitarbeiter. Und bei all dem sprudeln die Gewinne. Amazon ist ganz sicher einer, wenn nicht der Krisen-Gewinnler.

Ich finde es immer wieder bezeichnet, wie oft solches Verhalten von Amazon toleriert wird und man kräftig weiter bestellt mit der Entschuldigung, dass der deutsche Einzel- und Versandhandel versagt habe und Amazon eben zu gut sei, in Auswahl und Auslieferung, die Benchmark für Onlinehandel. Letzterem kann ich kaum widersprechen, doch es gibt meiner persönlichen Erfahrung nach durchaus Alternativen und man kann seine Käufe bei Amazon wenn nicht gar einstellen, so doch deutlichst reduzieren.

Man kann und muss aus meiner Sicht selbst Zeichen setzen, sein eigenes Handeln ändern, nicht jede GAFAM-Plattform exzessiv nutzen. Das gilt für Bestellungen bei Amazon genauso wie für das Nutzen eines anderen Messengers. Eben nicht WhatsApp sondern Signal oder Threema. DuckDuckGo oder auch Qwant und eben nicht Google. Es geht.

Bild von Preis_King auf Pixabay

Social Media-Splitter: Noch nie waren die Anstrengungen in den USA und der EU so groß, die GAFA(M) Plattformen zu regulieren

23. Dezember 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Zum Jahresende doch nochmals einige Social Media-Splitter, denn es tut sich derzeit eine Menge, zumindest in der Diskussion. Ob wirklich etwas passiert oder es nur Theaterdonner ist, das werden wir sehen. Facebook und Apple. In den USA gehen, Justizminsterium, Bundesstaaten und Gerichte gegen Facebook und Google vor. Google wird Monopolbildung vorgeworfen. Man benachteilige Wettbewerber in der Internetsuche und beim Werbegeschäft. Natürlich stoßen die Wettbewerber von Google wie unten DuckDuckGo* auch in dieses Horn und fordern gleiche Chancen:

Auch Facebook sieht sich in den USA mit mehreren Kartellklagen konfrontiert. Die Federal Trade Commission (FTC), die zweite maßgebliche Kartellinstanz in den USA fordert konkrete und sehr drastische Sanktionen. Neben Google und Facebook sind auch Amazon und Apple im Visier amerikanischer Kartellbehörden, Apple wegen der Provisionen, die von App-Entwicklern verlangt werden. Was ist denn da los, fragt man sich. Lediglich Microsoft scheint außen vor …

Auch die EU ist aktiv geworden und will die Macht der Konzerne einhegen, „Wir akzeptieren die Machtstellung der großen Plattformen nicht mehr so einfach“, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kürzlich zur ZEIT. Mit dem Digital Markets Act will man sicherstellen, dass die großen, dominanten Tech-Konzerne ihre Marktposition nicht missbrauchen. Geldstrafen von bis zu 10 Prozent des globalen Jahresumsatzes sollen bei Verstößen möglich sein. Wir formulieren es Martin und Simon sio treffend in ihrem (kostenpflichtigen, aber sehr empfehlenswerten) Social Media Watchblog #691: Die halbe Welt legt sich mit Big Tech an.

Eine Handvoll Konzerne sind mächtiger als viele Regierungen – die jahrelang dabei zugesehen haben, wie demokratisch legitimierte Institutionen ihren Einfluss ans Silicon Valley verlieren. Die Politik war schlicht zu langsam und schwerfällig, um mit den Folgen der Digitalisierung Schritt zu halten.
Allmählich ändert sich das. Ende 2020 kulminiert eine Entwicklung, die sich schon länger abgezeichnet hat: Parlamente wollen den Plattformkapitalismus mitgestalten. Die aktuellen Gesetzesvorhaben und Kartellklagen könnten das Netz neu ordnen und Machtverhältnisse grundlegend verschieben.

Die halbe Welt legt sich mit Big Tech an, Facebook vs. Apple: Der Datenschutzstreit eskaliert, Facebook und Twitter nehmen Wahl-Maßnahmen zurück

Das ausführliche Briefing der beiden sei ausdrücklich empfohlen. Halten wir fest: Noch nie vorher waren Dinge so in Bewegung. Wie erfolgreich EU , USA und die anderen Ländern aber sein werden, wird man sehen. Vor allem aber – und darauf macht Patrick Bernau in seinem Kommentar in der FAZ aufmerksam – genügt es nicht, nur zu regulieren:

Die EU macht aus dem Internet ein „ebenes Spielfeld“, wie sie es gern nennt. Jetzt muss Europa aber auch selbst darauf mitspielen. …

Es reicht nicht, die Konzerne anderer Länder zu bändigen. Es müssen auch neue Unternehmen ihren Platz einnehmen wollen.

DSA und DMA reichen nicht: Europa muss Google Konkurrenz machen

Kann Facebook eigentlich überhaupt noch zerschlagen werden?

Auch wird sich die Hoffnung von manch einem auf eine Aufsplittung der Konzerne, beispielsweise von Facebook wahrscheinlich zerschlagen, wie Martin und Simon im vorhergehenden Briefing #689 darstellen. Facebook habe die verschiedenen Tools, Facebook, den Facebook Messenger, Instagram und WhatsApp unterdessen technisch derart verwoben, dass es schwierig werde könnte, sie wieder zu entflechten. Doch bleiben wir optimistisch, dass sich Dinge vielleicht doch ändern können.

Michael Kroker hat in seinem Wirtschaftswoche-Blog nochmals die beeindruckenden und erschreckenden Zahlen veröffentlicht: Alle vier Dienste hatten demzufolge im 3. Quartal 2020 3,2 Milliarden Nutzer:innen im Monat:

Ebenso selbstredend das Wachstum an Nutzer:innen, das WhatsApp und Instagram seit über der Übernahme durch Facebook hingelegt haben:

Explizite Zustimmung zur Nutzung der Nutzerdaten – Das mag Facebook nicht

Seit iOS 14.3 wird im Apple App Store angezeigt, welchen Daten von einer App möglicherweise erfasst und mit der eigenen Identität verknüpft werden. Amazon hat bisher keine Angaben gemacht … Laut Apple muss der Entwickler beim nächsten Update entsprechende Informationen bereitstellen.

Doch mögen sich ironischerweise auch zwei der GAFAM-Konzerne nicht besonders. Facebook ist im Clinch mit Apple, Mark Zuckerberg mit Tom Cook. Facebook is nicht „amused“ über die geplanten neuen Funktionen von iOS 14, wodurch transparent gemacht werden soll, welche Daten der Nutzer die jeweiligen Apps und Dienste wie verwenden. Und dann gar noch eine notwendige explizite Einstimmung der Nutzer:innen, ein Opt-in, dass ihre Daten verwendet werden dürfen. Bisher muss man aktiv widersprechen, wenn man nicht getrackt werden will. Ich gebe zu, dass ich diese Auseinandersetzung mit einem mehr oder weniger breiten Grinsen verfolge.

Noch zwei weitere Nachrichten, die ich erwähnen will. Facebook hat wohl vor Jahren eine Vereinbarung mit Google getroffen, wonach Google Zugriff auf die WhatsApp-Inhalte von Millionen US-amerikanischer Anwender:innen hatten, die ihre Inhalte auf Google Drive gesichert haben. Schlimm genug.

Und Twitter will wohl Periscope, die Live-Streaming-App von und für Twitter, einstellen. Nutzer sollen danach Livestreams über die Haupt-App von Twitter gesendet werden können. Schauen wir mal, wie sich das entwickelt. Betrifft mich/uns ja auch bei zum Beispiel bei #9vor9.

(Stefan Pfeiffer)

* Ich nutze zur Suche DuckDuckGo oder auch Qwant und verzichte zu 99 Prozent auf Google. Die Suche rufe ich nur auf, wenn ich etwas wirklich nochmals gegenchecken möchte. Geht.

Es braucht die sozialen Taktgeber, gerade in Zeiten des Homeoffice – #9vor9

22. Dezember 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Leider stand heute bei #9vor9 jemand bei Peter M. Wald auf der Leitung. Doch hat er nichtsdestotrotz das treffende Schlusswort zum Thema Homeoffice gesprochen: Jenseits von Technik, Tools und Werkzeugen, von weniger oder mehr Produktivität, von möglicher oder unmöglicher Innovation müssen wir gerade in den kommenden Wochen und Monaten mehr Wert auf die sozialen und menschlichen Aspekte legen. Wir brauchen gerade jetzt in den Teams die sozialen Taktgeber. Sie sind wichtiger als je zuvor.

Soziale Taktgeber sind dabei nicht unbedingt immer die Führungskräfte. Es können durchaus auch Teammitglieder sein, die aber genau diese sozialen Aspekte im Blick haben. Ob es dann das virtuelle gemeinsame Mittagessen, die immer offene Kaffeeecke auf Slack oder das Feierabendbier oder Glas Wein, das man zusammen trinkt, das hängt von den Vorlieben der Kolleginnen und Kollegen und der berühmten Teamdynamik ab. Wichtig ist aber – und da waren wir uns alle einig -, dass wir in den kommenden Wochen und Monaten genau auf diese sozialen Aspekte noch stärker achten sollten und müssen.

Wir bitten die Tonprobleme bei Peter M. Wald zu entschuldigen. Die Leitung war heute leider nicht besonders gut. Bevor wir aber herum schneiden und „doktoren“, lassen wir das Gespräch so wie es ist. Und man möge mir verzeihen: Die von mir erwähnte neue Studie, wonach das mobile Arbeiten bei der Mehrheit der Unternehmen im dritten Quartal 2020 zu erheblichen Produktivitätssteigerungen geführt hat, stammt von Capgemini.

Und natürlich gibt es #9vor9 auch wieder als Podcast auf den bekannten Plattformen und hier im Netz.

An dieser Stelle danken Lars Basche und ich allen Gäste, die zu uns zu #9vor9 gekommen sind. Wir hoffen, dass wir wieder viele Gesprächspartner 2021 begrüßen dürfen, um die Digitalthemen der Woche zu besprechen, denn das bleibt unsere Passion. Besonderen Dank natürlich allen, die zu uns zuschauen und zuhören. Trotz oder gerade wegen der Pandemie eine frohe Weihnachtszeit, haltet Abstand und trefft Euch im Zweifelsfall eben virtuell, damit wir möglichst früh in 2021 jenseits der Homeoffice-Diskussionen zu einem halbwegs normalen menschlichen Miteinander zurückkehren können. In diesem Sinne eine gute Zeit.

„The most important quarter in the history of our company“

21. Dezember 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Die Tage bin ich über den unten zitierten Bericht über die Bewertung und der Zustand der SAP auf FAZ.NET gestoßen. In den vergangenen Wochen hat es ja Kritik an dem neuen Vorstandssprecher Christian Klein und auch an Aufsichtsratschef Hasso Plattner gehagelt. Bemerkenswert finde ich diesen Absatz, spiegelt er doch das Problem der kurzfristigen Marge, des Ergebnisses im nächsten „most important quarter in the history of our company“, der Problematik in der kulturellen und technischen Integration von Zukäufen und einer mittelfristigen Strategie gerade in der IT-Industrie wieder:

Am 26. Oktober dann verkündete Klein den Strategieschwenk. An diesem Tag ist die Illusion der Börsianer geplatzt, ein Softwarekonzern könne Dutzende Unternehmen zukaufen, integrieren und weiterentwickeln, zugleich die alten Programme runderneuern und alles mit allem kompatibel machen, ohne dabei entweder die neuen oder die alten Kunden zu verärgern. Die bittere Erkenntnis gipfelte in Christians Kleins bemerkenswertem Satz: „Ich opfere den Erfolg unserer Kunden nicht der kurzfristigen Optimierung unserer Marge.“

Wie die gefallene SAP-Aktie vor einer Neubewertung steht

Bernd Freytag war schon im Oktober im Vergleich zu vielen anderen Kommentatoren, die den ehemaligen SAP-Chef Bill McDermott hoch leben lassen, auch jetzt bei seinem „Erfolg“ bei ServiceNow wesentlich zurückhaltender in dessen Bewertung:

Die Reaktion an der Börse zeigt ein grundsätzliches Problem von SAP. Die Konkurrenz ist vor allem amerikanisch, und das bedeutet in der Kapitalmarktkommunikation: optimistisch. …

… McDermott waren wie jedem im Softwaregeschäft die Integrationslasten natürlich bewusst. Aber er hat sie weggeredet und so die Erwartungen der Analysten und an der Börse stets neu befeuert.

Kursverlust: Neuer SAP-Chef Klein lächelt die Probleme nicht weg

Auto-Mobil: Software für den ID.3 nun „fertig“, aber noch viel Nachholbedarf bei Lade- und Reiseplanung

21. Dezember 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Noch einige abschließende auto-mobile Notizen zum Jahresende, Vor ziemlich genau 4 Wochen bin ich den Volkswagen ID.3 Probe gefahren und war ganz angetan. Testberichte in den gängigen Medien, von den Auto-Publikationen bis zur Tageszeitung, gibt es zu auf. Allerdings warte ich noch auf wirkliche Berichte aus dem Alltag. Probefahrt ist das eine, täglich mit einem Wagen unterwegs sein das andere.

Gerne wäre ich Mäuschen in der First Mover-Community von Volkswagen, in der sich die Fahrer und Käufer des ID austauschen. Es ist aber leider eine geschlossene Gruppe auf Facebook, zu der eben wohl nur Besitzer eines ID.2 1st zugelassen werden. Ein dominierendes Thema scheint wohl der Zustand der Software des ID.3 zu sein. Immerhin liefert VW jetzt nach Berichten die fertige Software aus. „Fertige Software“? Software ist eigentlich nie fertig, denn es wird immer verbessert, es werden vor allem Fehler beseitigt und neue Funktionen hinzugefügt.

Gemeint ist wohl eher, dass die Version 1.0 (oder im VW-Sprech ME2 genannt), der ursprünglich geplante Funktionsumfang der Software nun wohl verfügbar sein soll, mit weiteren Features beim Head-Up-Display sowie Apple CarPlay und Android. Die neuen Wagen werden wohl jetzt die beschriebene Version haben, bei schon ausgelieferten Wagen soll die Software 2021 aufgespielt werden. Die erwähnten First Mover müssen sich also etwas gedulden …

Dazu müsse man den Wagen über Nacht beim Händler lassen, da das Update sehr lange dauere, so entsprechende Berichte. Diese nun Version soll jetzt auch Over-The-Air-Updates ermöglichen. Was heißt das? Der Wagen muss für ein Software-Update dann eben nicht mehr zum Händler, sondern die Software kann wie beim Smartphone oder Computer über das Internet eingespielt werden. Wie fertig, besser wie stabil oder fehlerfrei ist aber denn nun die Software des ID.3? Oliver Schwuchow schreibt in seinem Bericht eher von einer Betaversion denn einer „fertigen“ Software und nextmove fasst in diesem Video die derzeitigen Mängel zusammen, spricht von 22 fiesen Bugs.

Möglichst einfache Routen- und Ladeplanung nötig

Bei der Software der Wagen geht es dabei nicht nur um das reine Funktionieren des Autos. Gerade beim E-Auto bekommt beispielsweise die Routen- und Ladeplanung (noch) eine ganz andere Bedeutung. In einem Fahrbericht von E-Fahrer zum ID,3 wird deutlich, wie intelligent beispielsweise die Ladeplanung von Tesla ist. E-Fahrer-Chef Markus Höllmüller:

„Damit hat man eine sehr gut organisierte Reise, die dynamisch Ladepunkte einbaut und Vorschläge zur Ladedauer aufzeigt. Dank der Zeitangaben und Empfehlungen zur Fahrgeschwindigkeit und Akkustände fühlt man sich rundum informiert.“

Elektrischer Golf-Erbe auf Langstrecke: Das taugt der VW ID.3 auf der Autobahn – EFAHRER.com

Die ursprüngliche Software der ID.3 1st Edition hat hier auf jeden Fall Nachholbedarf. wie Höllmüller feststellte. Laden sei eben heute Teil einer Mobilitätslösung. Und Laden ist mit der Tesla-eigenen Ladeinfrastruktur zudem sehr komfortabel. Kein Vergleich mit dem Kartenwirrwarr bei den anderen Anbietern. Natürlich darf ein Rat zur Reichweite auch hier nicht fehlen: Er rät denjenigen, die auch öfter mal längere Strecken fahren, zur Version mit dem 77-kWh-Akku.

Doch zurück zur Software: Die wird immer zentraler für das Funktionieren eines Autos, besonders eines E-Autos. Ich erinnere mich noch daran, wie sich vor rund 15 bis 20 Jahren ein Bekannter über die Elektronikfehler in seiner neuen E-Klasse beschwerte. Ständig müsse er zum Händler. Ein Menetekel? Nicht nur BMW will oder muss mit einem Kraftakt massiv in Software investieren, VW und andere auch aus der Zulieferindustrie suchen händeringend Softwareentwickler. Und man konkurriert nicht nur mit Tesla, dem Unternehmen, dass das Auto immer von der Software her gedacht hat. Die Automobilhersteller stehen zudem in Konkurrenz zu Google, zumindest mal beim Infotainment. Im Polestar kommt Google Automotive schon mal zum Einsatz.

Und noch eine Bemerkung zum Thema Software. Natürlich ist auch Tesla nicht perfekt, Neulich besuchten uns Freunde mit ihrem Tesla S und im Automatic-Modus blieben die Rücklichter dunkel. Auch ein Reset half nichts. Sinnigerweise konnte man die Beleuchtung im manuellen Modus aktivieren.

VW-Händler: Doppelt so lang schwätzen, halb so viel verdienen

Zum Abschluss noch der Hinweis auf einen Bericht der Wirtschaftswoche dazu, warum VW-Händler keine E-Autos verkaufen wollen: „Doppelt so lang schwätzen, halb so viel verdienen“. Der Autor schreibt von verhaltenen Verkaufsstart des ID,3. Greenpeace habe im November Testkäufer in VW-Autohäuser geschickt, die sich als Interessenten eines E-Autos ausgegeben hätten. Trotzdem sei der ID.3 nur in einem von 25 Fällen empfohlen worden. Auch weil Volkswagen sein Vertriebsmodell geändert hat, nun direkter Vertragspartner der Kunden ist, Händler nur noch als Agenten agieren? Schön, dass „mein“ Verkäufer hier im Darmstadt hier deutlich souveräner ist – und seine Frau bereits einen ID.3 fährt. Das sei nun einmal die Zukunft und er müsse das auch vertreten können, so Dieter Bäcker. Punkt.

(Stefan Pfeiffer)