Posts Tagged: ‘Journalismus & Öffentlichkeit’

#9vor9: Von Blockchain gegen Fake News über die #WWDC20 bis zu Respekt vor ARD- und ZDF-Journalistinnen

24. Juni 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Natürlich gab es auch am 23. Juni wieder ein #9vor9 mit den Digitalthemen der Woche von Gunnar Sohn, Lars Basche und mir.

Und hier die Themen quasi in Tweets: Lars bringt das Blockchain-Projekt der New York Times ins Spiel, wo mit Hilfe von IBM Blockchain Bilder überprüft werden, quasi Blockchain im Einsatz gegen Fake News:

Wer sich tiefer interessiert: Hier ist die gemeinsame News Provenance-Seite von New York Times und IBM.

Hat Apple mit dem virtuellen Eventformat der #WWDC20 einen neuen Standard gesetzt?

Unser Gunnar lobt, wie Apple seine virtuelle Konferenz hinbekommen hat. Hat man einen neuen Standard gesetzt? Unten verlinkt auch der dazu passende Beitrag von Sascha Pallenberg.

Virtuelle Formate müssen sich weiter entwickeln. Noch ein weiteres mit Powerpoint-Folien überladenes zu langes Webinar kann nicht die Lösung sein. Deshalb experimentiere ich auch mit Formaten wie #9vor9 oder dem IBM Livestudio herum. Und – so viel kann ich verraten – im Sommer wird es auch ein weiteres neues Format seitens der IBM Deutschland geben.

Macbooks: Comeback mit neuem Prozessor gegenüber Microsoft Surface?

Daneben fand Gunnar erwähnenswert, dass Apple in den Macbooks und iMacs Abschied von den Intel-Prozessoren nehmen will. Er sieht so eine noch engere und komfortablere Integration aller Apple-Geräte, quasi eine Ausweitung der schon vorhandenen Stärke. Im Mark gibt es aber seit geraumer Zeit harsche Kritik gerade an der Qualität der Macbooks und viele loben die Microsoft Surface-Geräte über den Klee. Nun sind Gunnar und auch ich langjährige Apple-User und Fans. Ich selbst nutze seit nunmehr Mitte 2019 – hier der damalige Beitrag – ein Macbook als Arbeitsplatzrechner. Und mein Arbeitgeber, die IBM, hat ja dann auch von mir gelernt (Achtung: Ironie) und unterdessen sind die Macs neben den Lenovo-Notebooks Standard. Doch seien wir ehrlich: Bezüglich der Hardware-Qualität der Microsoft-Rechner und insbesondere auch der Qualität von Windows als Betriebssystem können Gunnar und ich nicht mehr mitreden. Das letzte Windows, an das ich mich richtig erinnere, ist Windows NT mit Bluescreens und dessen elend langer Startzeit. Und um es nochmals ins richtige Licht zu rücken: Ich habe mich die Jahre auch oft über Apple geärgert, die Preise, mangelhaften Service und Garantie sowie auch eine gewisse Arroganz.

Digital News Report zeigt Wertschöpfung für Tagesschau und heute – die Journalistinnen, Journalisten und Kameraleute

Mein Digitalthema der Woche ist der Digital News Report 2020 des Reuters Institutes. Aus diesem Report kann man eine Vielzahl von Erkenntnissen ziehen, von der immer stärker werdenden mobilen Nutzung von Nachrichtenformaten über die sich wandelnde Mediennutzung von Jüngeren und Älteren, den Erfolg von Newslettern und Podcasts bis zur leicht steigenden Akzeptanz, für digitale Inhalte auch zu zahlen. Viele dieser Aspekte haben wir diskutiert. Ich möchte vor allem die positive Bewertung seriöser Nachrichten und Zeitungen hervorheben, von Tagesschau und heute bis zu Zeit, Süddeutscher oder FAZ. In diesen Zeiten, in der von gewissen Seiten immer wieder über eine angebliche Lügenpresse gezetert wird, in denen Journalisten:innen und Kameraleute beschimpft und angegriffen werden, ist dies ein wichtiges Zeichen (auch wenn die Akzeptanz bei Jüngeren leider etwas zurück geht). Und auch hier seien gerade die Journalistinnen einmal besonders erwähnt, beispielsweise eine Marietta Slomka, die beste Interviewerin derzeit, oder auch ein Dunya Hayali. Letztere ist mir als Fohlen-Fan eh noch besonders sympathisch.

#9vor9: Sondersendung Homeoffice am 26. Juni um 8:51 mit Peter M. Wald

Zum Ende noch der Hinweis auf eine #9vor9 Sondersendung zum Thema Homeoffice. Am 26. Juni ab 8:51 Uhr werden sich Professor Peter M. Wald, Lars Basche und ich über Remote Work und die verschiedene Aspekte austauschen. Verfolgen könnt Ihr die Diskussion über Periscope und auf meinen Twitter-Account @DigitalNaiv.

(Stefan Pfeiffer)

Social Media-Splitter: Von Schattenprofilen, Audio-Tweets bis zum Vertrauen in ARD, ZDF und andere Qualitätsmedien

21. Juni 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Es sind mir wieder einige Berichte und Kommentare aus der bunhten Welt der Medien und von Social Media über den Weg gelaufen. Also ist es mal wieder Zeit für die Social Media Splitter. Auf OMR bin ich auf den Artikel und das Gespräch von Torben Lux mit dem bekannten Marketing-Professor Scott Galloway. gestoßen und da gibt es einige interessante Thesen. Beispielsweise munkelt Galloway über einen Kauf der Suchmaschine DuckDuckGo durch Apple. Oder aber er mutmaßt über ein mögliches Abo-Modell, das Twitter einführen könnte.

Verifizierte Accounts bis zu 2.000 Followern könnten weiterhin gratis bleiben, größere Account sollten dem Marketing-Professor zufolge je nach Follower-Anzahl zahlen. Eine steile These – würdet Ihr für das Nutzen von Twitter zahlen?

The Tech Wars: So malt sich Marketing-Prof Galloway eine stark veränderte Digital-Welt aus | OMR – Online Marketing Rockstars

Auf den Punkt gebracht: Schattenprofile bei Facebook

Auf jeden Fall lesenswert. Ebenso lesenswert, aus meiner Sicht sogar ein Muss der Beitrag von Richard Gutjahr, der in brillanter und prägnanter Form erklärt, warum Facebook auch Profile von Personen hat, die Facebook gar nicht nutzen:

Viele Webseiten, die wir besuchen oder Apps, die wir nutzen, senden heimlich Nutzer-Daten an Facebook. …

Selbst wenn wir keine eigene Facebook-Seite haben, führt das Unternehmen sogenannte Schattenprofile über uns. …

Spätestens wenn wir dann auch noch WhatsApp nutzen (WhatsApp gehört zum Facebook-Konzern) kennt Facebook unseren Namen und natürlich auch unsere Telefonnummer.

Wer hat Dich verraten? Deine Daten. | G! gutjahrs blog

Unbedingt den ganzen Beitrag lesen. Der ist knapp und knackig!

Deutsche trauen in der Mehrheit ZDF, ARD, Zeit, Süddeutsche …

Vielen Autoren greifen den Digital News Report 2020 des Reuters Institutes auf, so auch der geschätzte und abonnierte Social Media Watchblog in seinem Briefing #648. Dort gibt es ein gute Zusammenfassung der Ergebnisse und auch den Link zu dem interaktiven Tool, mit dem man sich Ergebnisse graphisch anzeigen lassen kann.

Hier beispielsweise die Ergebnisse für Deutschland. Orange für „Overall Trust in News“, für generelles Vertrauen in Nachrichten. Rot steht für Vertrauen in die Nachrichten, die man selbst konsumiert. Grün schließlich repräsentiert Vertrauen in soziale Medien als Quelle von Nachrichten. Und Petrol für das Vertrauen in Suchmaschinen als Quelle für Nachrichten. Einfach mal mit dem Tool herum spielen. Macht Spaß.

Auch wenn viele Befragungen vor der Corona-Krise durchgeführt wurden und man dann einige Befragungen nach schieben musste wird deutlich, dass das Bedürfnis nach Informationen natürlich gestiegen ist. Im internationalen Vergleich nutzen wir Deutschen dabei mehr klassische Medien, denn soziale Medien, wobei sich hier schon ein Wandel je nach Generation beobachten lässt.

Vertrauen haben die Deutschen vor allem in die Marken ARD Tagesschau, ZDF heute, die Lokalzeitungen, in ZEIT, Süddeutsche, FAZ und Spiegel wie auch in n-tv und N24. 20 Prozent vertrauen Bild. Ich habe bewusst das „nur“ nicht an den Anfang des Satze gesetzt. Na ja, immerhin trauen 58 Prozent laut Studie nicht den Bild-enden Aussagen. Ich finde dieses Ergebnis sehr gut, gerade auch wenn ich die Beschimpfungen von Journalisten, insbesondere auch den Öffentlich-Rechtlichen, aus gewissen politischen Lagern im Blick habe.

Der Report enthält noch viele weitere interessante Fakten, vom Willen für Onlineinhalte zu zahlen über den wieder gekehrten Erfolg von Newslettern bis hin zum immer wichtiger werdenden Medium Podcasts.

Hier gibt es eine englischsprachige Zusammenfassung der Schlüsselergebnisse. Dei deutschen Ergebnisse sind hier graphisch aufbereitet. Und natürlich kann man sich auch den gesamten Report hier herunterladen.

Und nun kommen Audio-Tweets …

Seitdem die Ankündigung durch die Medien ging, dass Twitter nun Audionachrichten unterstützt, schaue ich mir regelmäßig meine App auf dem iPhone an, denn dort soll die Funktion zuerst verfügbar sein. Noch nichts gefunden, denn sonst hätte ich natürlich mal getestet und beispielsweise die beiden Livesendungen am kommenden Dienstag, den 23. Juni, auf der Tonspur angekündigt (#9vor9 mit den Digitalthemen der Woche um 8:51 über mein Twitter-Konto zu verfolgen und das IBM Livestudio Magazin um 11 Uhr mit Schwerpunkt Automotive und unter anderem den Gästen Ferdinand Dudenhöffer und Sascha Pallenberg über das Twitter-Konto der IBM Deutschland respektive die entsprechende Facebook-Seite oder LinkedIn Events). So weit der kurze Werbeblock und zurück zu Twitter. Das Audio kann bis zu 140 Sekunden dauern. Längere „Tonspuren“ werden in separate Tweets aufgeteilt. Ich bin einmal gespannt, ob und wie diese Funktion angenommen wird. Auch zu dieser Thematik kommentiert der schon erwähnte Social Media Watchblog.

Und eine lockere Doro Bär

Und dieser Tweet muss dann auch einfach sein, weil ich ihn einfach gut und locker finde:

(Stefan Pfeiffer)

Digitalthemen bei #9vor9: Ist der Einzelhandel wirklich schon so digital? Und von journalistscher Nabelschau statt stilsicherer Sorgfalt und Etikette

20. Mai 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Ich gebe zu, dass es mir gar nicht so aufgefallen ist: die „No Hyperlink“-Politik, die wohl das journalistische Projekt bzw. die einzelnen Projekte von The Pioneer (wie das Morning Briefing oder das Tech Briefing) praktizieren. Lars Basche hat uns heute bei #9vor9 darauf aufmerksam gemacht. Geht eigentlich gar nicht. Geht vor allem nicht, wenn man die vollmundigen Ankündigungen von Gabor Steingart über neuen Journalismus liest.

In meiner journalistischen Ausbildung habe ich immer gelernt, Quelle mindestens zweimal zu prüfen (bzw. die Fakten) und diese auch zu benennen. Im „Netz“ habe ich gelernt, dass man zu seinen Quellen verlinkt. Zu all diesen Praktiken stehe ich auch weiterhin voll und ganz und praktiziere es auch (hoffentlich immer).

Was mir dieser Tage im Morning Briefing sauer aufgestoßen ist, ist die Beschimpfung und Herabwürdigung von Saskia Esken als „bedürftig“. Auch das geht aus meiner Sicht gar nicht. Bei aller kontroversen sachlichen Diskussion und bei aller Lust an Formulierungen sollte immer der Respekt vor anderen im Gedächtnis bleiben. Und dementsprechend gilt es auch zu schreiben und zu sprechen. Dabei kann jedem von uns etwas heraus rutschen, was nicht korrekt ist. Dann gilt es aber auch den Mut und Anstand zu haben, sich zu entschuldigen.

Wir drei von #9vor9, Gunnar, Lars und ich, hatten den Eindruck, dass bei ThePioneer unterdessen die Selbstinszenierung und -beweihräucherung von Gabor Steingart ein nahezu unerträgliches Maß einnimmt. Ein Fegefeuer der Eitelkeiten auf der einen Seite. Bewusste Provokation auf der anderen Seite, um Aufmerksamkeit zu erzielen. Schade, das Vorgehen erinnert frappierend an Boulevard-Blätter, die wir alle kennen. Und besonders schade, weil ich das Projekt an und für sich für sehr interessant halte.

Eingestiegen sind wir allerdings mit dem Tech Briefing vom 15. Mai von Daniel Fiene, der eine Bitkom-Studie behandelt, die ein wesentlich digitaleres Bild des deutschen Einzelhandels zeichnet als das, dass wir wahrnehmen. Ich hatte im vorhergehenden #9vor9 ja auf die nicht so berauschenden Erfahrungen in Darmstadt verwiesen. Wir alle sahen hier noch viel Nachholbedarf, gerade auch auf regionaler und lokaler Ebene, wo Plattformen gerade für den Einzelhandel eine wichtige Möglichkeit bieten könnte, beispielsweise in einer gemeinsamen Auslieferung von waren.

Und losgelöst von unseren Werbeblocks: Gunnar stellt noch ein Projekt vor, bei dem Stellenanzeigen als Indikator für die Konjunkturpolitik benutzt werden. Und apropos Stellenanzeigen: einen Ausblick auf die nächste Sendung gibt es auch noch.

Und brav noch einige Links mit dem von Gunnar erwähnten Projekt:

Und das Livestudio als Podcast findet Ihr beispielsweise hier bei Apple (aber natürlich auch bei Deezer, Spotify oder Google).

ThePioneer: Hochinteressantes journalistisches Projekt mit einem selbstgerechten und selbstverliebten Kapitän

15. Mai 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Gabor Steingart liebt die Gratwanderung. Das beweist er täglich in seinem Morning-Briefing. Doch Selbstinszenierung ist das eine, jetzt geht es darum, zahlende Leser zu gewinnen – und damit zur Abwechslung auch mal Einnahmen zu generieren.

The Pioneer: Nicht alle in einem Boot

Mit diesem Header leitet ihren Beitrag auf Horizont.Net zum rein journalistischen Projekt The Pioneer ein. Das Projekt läuft schon eine Weile. Nun ist gerade das Redaktionsschiff it großem Getöse ausgelaufen, um dann in Berlin final Anker zu werfen. Auf dem Schiff sollen dann weiter unter dem Motto Klasse statt Masse Newsletter und Podcasts produziert, also rein digitale Formate erstellt werden.

Im Zentrum des Projekts steht Gabor Steingart, der oben charakterisiert wird. Ich bin Abonnent seines Morning Briefings, doch vermehrt geht mir eine gewisse Selbstgerechtigkeit und Besserwisserei auf die Nerven. Auch geht er meiner Ansicht nach oft zu weit. So beschimpft und beleidigt er im heutigen Morning Briefing Saskia Esken als bedürftig. Sie solle doch Schnellkurse in der Erwachsenenbildung nehmen.

Das, Herr Steingart, ist deutlich unter der Gürtellinie und hat nichts mit pointierter Formulierung und dem so lautstark postulierten Perspektivwechsel oder demokratischen Journalismus zu tun. Das ist nicht der auf der Webseite postulierte Scharfsinn und Sprachwitz. Es ist einfach von jemanden, der sich immer so stilvoll gibt, absolut stillos. Eine Entschuldigung wäre meiner Ansicht nach angebracht.

Und für so etwas gebe ich ganz sicher kein Geld aus. Denn das Geld möchte ThePioneer jetzt einsammeln als ein Projekt, dass nicht werbefinanziert sein will (und an dem der Springer-Konzern mit Mathias Döpfner maßgeblich beteiligt ist). Das Abonnementmodell ist jetzt ja einsehbar und reicht von dem Abo für Studenten von 10 Euro monatlich bis zu einem superexklusiven Preis con 833 Euro (monatlich?), um ein ThePioneer Supporter zu werden.

Screenshot von https://www.thepioneer.de/live

Dabei bin ich ein Fan des Projekts, schätze, lese und höre beispielsweise regelmäßig das Pioneer Tech Briefing von und mit Daniel Fiene und Richard Gutjahr, dessen aktuelle Ausgabe zum Thema Digitalisierung im Einzelhandel. auch wieder sehr lesens- und hörenswert ist. Und ich bin auch bereit für Qualität zu zahlen. Doch Herrn Steingart täte etwas Demut und Bescheidenheit gut. Nicht jede Pointe muss gesetzt werden. Nicht immer muss man die eigene Meinung als die allein Seligmachende postulieren, Wer Vielfalt und Diskussion will, sollte das auch mit Respekt gegenüber anders Denkenden tun. Diesen Respekt vermisse ich. Wer die Nase zu weit oben hat, verliert die Bodenerdung.

(Stefan Pfeiffer)

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Der per Flugtaxi angereiste Chief Digital Officer knechtet sich selbst im alkoholgeschwängerten Homeoffice bei #9vor9?

21. April 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Der per Flugtaxi angereiste Chief Digital Officer knechtet sich selbst im alkoholgeschwängerten Homeoffice bei #9vor9? Nein, nicht wirklich, aber ein Versuch einige der Themen des heutigen Talks in die Überschrift zu packen.

Braucht es den Chief Digital Officer? Laut Bitkom-Umfrage bleibt der CDO ein Exot. Nur 19% aller Unternehmen ab 20 Mitarbeitern haben demnach einen CDO oder eine vergleichbare Position geschaffen. Die Runde und auch einige Zuschauer:innen waren sich einig: Egal, wie wir sie:ihn nennen, ob CIO oder CDO, es ist mehr eine Frage der eingeräumten Kompetenz. Interessant wird sicher zu beobachten sein, ob angesichts der Corona-Krise nun wirklich wie allenthalben kolportiert wird die Sensibilität für die Notwendigkeit der Digitalisierung gestiegen ist und vor allem auch entsprechend gehandelt wird.

Lars hat die Auseinandersetzung um die COVID-19-App auf die Agenda gesetzt. Im technischen und datenschutzrechtlichen Kern geht es um zentrale versus dezentrale Datenspeicherung. Der Social Media Watchblog hat das in seiner Ausgabe vom 21. April 2020 ebenso schön herausgearbeitet wie auch der Podcast zur Lage der Nation. Eines ist aber festzuhalten: Die App ist oder die Apps noch nicht da.

Wird man im Homeoffice zum Alkoholiker? Über dieser Schlagzeile des Handelsblatts hat sich Gunnar zu Recht aufgeregt. Plakativer, nein marktschreierischer geht es kaum noch. Blanke Effekthascherei statt sachlicher Diskussion.

Und schließlich habe ich noch die Beiträge von Claudia Tödtmann und Gunter Dück in den Ring geworfen, die beide vor der Pandemie über immer größere Arbeitsverdichtung geschrieben haben. Immer weniger Mitarbeiter müssen immer mehr leisten und werden auch entsprechend kontrolliert und geführt. Das kann es eigentlich nicht sein. Wenn man sich dann noch selbst knechtet, wie ich es genannt habe, wird die Situation noch kritischer. Nehmen wir jetzt noch die potentielle Selbstknechtung im Homeoffice hinzu (es gibt Studien, dass man daheim noch mehr arbeitet), dann eskaliert die Situation fast. Hier muss man sicherlich ein Auge darauf haben, anders, humaner führen und sich auch selbst an die Kandare nehmen, um nicht in den Burnout zu laufen.

Und nachdem wir noch den Rücktritt der bisherigen SAP-Co-Chefin Jennifer Morgan kommentiert haben, die nach nur sechs Monaten an der Spitze den Job aufgibt oder aufgeben muss, sind wir drei im Flugtaxi – natürlich ökologisch korrekt elektrogetrieben – in den Weiten des Internets entschwunden, wo zwei Drittel der Inhalte eh nicht wahrgenommen werden.

(Stefan Pfeiffer)

ARD/ZDF-Onlinestudie 2019: Sehen und Hören liegen bei der täglichen Mediennutzung vor Lesen

13. März 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Die ARD/ZDF Onlinestudie 2019 hat einige Ergebnisse hervor gebracht, die mich gerade aktuell besonders interessieren, da ich, da wir uns ja über Live-Formate, Live Streaming, über Videocasts und Podcasts Gedanken machen. Als jemand, der doch sehr stark durch Lesen geprägt wurde, ist die Statistik zur täglichen Mediennutzung immer wieder ein Augfenöffner: Sehen und Hören stehen vorne. Ein Indiz dafür, dass wir in meinem Arbeitsgebiet Marketing im B2B-Umfeld Videos, live oder aufgezeichnet, und Podcasts produzieren sollten.

Wöchentliche Nutzung von Videos: Die TV-Sendungen werden zeitversetzt im Internet (35%) wöchentlich fast ebenso stark genutzt wie Video-Streaming-Dienste (37%). Live-Fernsehen im Internet liegt bei 13 Prozent, die YouTube-Nutzung bei 40 Prozent. Bei den Unter-30-Jährigen ist die YouTube-Nutzung doppelt so hoch (82%).

Quelle: Infografik  |  ARD/ZDF-Forschungskommission

Und im Bereich Audio-Nutzung sind Podcasts für mich interessant, die zeitversetzt angehört werden.

Und als jemand, der mal mit Kassetten und Schallplatten aufgewachsen ist, ist natürlich auch das Thema Musik hören über Streamingdienste oder YouTube bemerkenswert. Wie Musik gehört wird, ändert sich. Ich denke noch daran, wie ich die HR Hitparade mit Werner Reinke in den 70er und 80er Jahren live gehört habe. Zwei Finger waren immer auf der Aufnahmetaste des Kassettenrecorders, da ich natürlich die Musik gehört habe. Und wie oft haben mir Werner und Thomas Koschwitz in den Song reingequatscht oder ich war zu langsam. Und ich denke an den legendären Bandsalat, wenn sich eine Kassette mal wieder aufgelöst hat.

Gute alte Zeiten. Und ich muss immer lachen, dass Werner und Thomas nach langen Pausen jetzt wieder ihre Sendungen beim HR haben. Natürlich höre ich immer mal wieder rein. Nostalgie pur.

(Stefan Pfeiffer)

Bild von Markus Spiske auf Pixabay

Podcasting-Basisfragen: Wo hoste ich denn meine Podcasts?

2. März 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Jetzt habe ich mal zwei Podcasts aus Spaß und Tollerei produziert. Mehr oder weniger per Zufall sind die auf Soundcloud gelandet, wurden also dort „gehostet“. Bin ich irgendwo drüber gestolpert und es ging halt einfach problemlos. Doch schon stellen sich Fragen:

Was ist die beste und vor allem kostengünstigste Hosting-Plattform für Podcasts?

Kann man sicher nicht generell beantworten, sondern hängt vom persönlichen Ziel ab. Hier im und beim StefanPfeiffer.Blog geht es mir wirklich nur um Spaß an der Freud, den ein oder anderen Blogbeitrag vertonen. Und vielleicht wollen Gunnar, Lars und ich auch noch 9vor9 als Podcast veröffentlichen? Beides wie gesagt Spaßprojekte mit keinem kommerziellen Hintergrund.

Also mal umgeschaut und rund gelesen. Die umfassende, anbieterübergreifende Übersicht in Tabellenform habe ich nicht gefunden. Stattdessen fühle ich mich von der Vielfalt der Optionen erschlagen. Hilfreich auch hier wieder die Podcast-Helden zu Podcast-Hosting. Wer sich den Podcast anhört, erfährt von Gordon Schönwälder das, was man an Basiswissen zum Thema Hosting braucht. Gordon plädiert darin für „richtige“ Hosting-Anbieter, statt Podcasts selbst zu hosten.

Er stellt diverse Anbieter vor, so auch Podigee, den Hoster auf dem seine Podcast-Helden laufen. Die Basic-Version kostet laut Webseite 12 € und es geht dann weiter aufwärts. Eine Speicherbegrenzung habe ich nicht gefunden. Mir im jetzigen Stadium einfach zu teuer.

Podcaster, das Gordon ebenfalls erwähnt, hatte ich mir auch angeschaut. Hier geht es mit einem Starter-Paket von monatlich 1 € für 50 MB los, also rund 50 Minuten, die sich pro Monat. Und dann bin ich auch immer wieder über Libsyn gestolpert, wohl der ehemalige US-amerikanische Platzhirsch im Markt. Die fangen bei 5 $ für 50 MB (erneuert sich ebenfalls monatlich) an, aber Gordon meint, dass es schnell teuer werden könne.

Und wie war das noch? Ich habe meine ersten Versuche auf Soundcloud hochgeladen. Reiner Zufall, doch was lese ich dann plötzlich? Audios von Soundcloud sollten auf WordPress.com nicht benutzt werden, wenn man bei Apple Podcasts auftauchen will. Kein Wunder, dass meine Einreichung gestern nicht funktioniert hat. Bei Soundcloud Basic sind wohl 180 Minuten kostenlos. Nach Verbrauch der 180 Minuten muss wohl gezahlt werden (5 € für und € 9 für Pro Unlimted). Zu Soundcloud sei noch auf diesen Beitrag von Brigitte Hagedorn verwiesen.

Auch Martina Honecker stellt in ihrem Artikel Podcast starten – die ultimative Anleitung für Einsteiger die oben genannten und einige weitere Hoster vor. Sie verweist beispielsweise auf den offensichtlich kostenlosen Dienst Anchor.fm. Interessant scheint mir, dass mit dieser Lösung Podcasting mit Co-Hosts oder wechselnden Gästen möglich sein soll.

Warum habe habe ich mich aber dann doch erst einmal dafür entschieden, die Podcasts selbst zu hosten (und dann über die entsprechenden Kanäle anzubieten. WordPress.com, auf dem dieser Blog läuft, bietet mir die Option, Podcast in meinen bisherigem Blog einzubauen. Da sollte für meine Zwecke genügen. Mir geht es in dieser Phase gar nicht darum, Statistiken auszuwerten, Analysen zu fahren und weitere fortschrittliche Funktionen professioneller Hosting-Plattformen wie Transkription zu nutzen. Und da ich es nur aus Spaß mache, sind mir diese Plattformen auch einfach zu teuer. Vielleicht kriege ich irgendwann noch mehr Spaß an der Sache und ziehe dann um. Warten wir es ab.

Podcasts auf WordPress.com und in diesen Blog einzubauen, war reine Konfigurationssache, die auch gut in englischer Sprache dokumentiert ist. Wie es im Detail geht, muss ich nicht wiederholen. Kann man ja nachlesen und die Grafik unten dokumentiert bereits die wesentlichen Dinge. Also habe ich die entsprechenden Einstellungen vorgenommen und der Feed https://stefanpfeiffer.blog/category/podcast/feed/ wurde erstellt.

Doch was, wenn ich die Podcasts gerne auch breiter promoten und zur Verfügung stellen will, oder:

Und wir kriege ich dann im Idealfall meine/unsere Podcasts auf die „großen Kanälen“ , auf iTunes, Google, Spotify und Co? Wäre doch ein nettes I-Tüpfelchen.

Den erwähnten RSS-Feed braucht man als Grundvoraussetzung für Apple, Google, Spotify und Konsorten, damit die Folgen künftig auf den entsprechenden Plattformen auftauchen. Wie das geht, ist ebenfalls sauber dokumentiert und ich habe es auch gleich einmal für iTunes Connect und Apple durchgespielt. Die Freigabe steht noch aus. Mit Spotify hat es auch gefunzt.

Google war etwas verwirrend. Im Google Play Music Podcast Portal kam die Meldung, dass Podcasts nur in den USA und Kanada verfügbar seien.

Dann ist der Antrag wohl doch irgendwie durchgegangen:

Die drei Plattformen sollten erst einmal genügen. Weitere werde ich vielleicht später hinzufügen.

So weit also meine weiteren Schritte und Erfahrungen zum Thema Podcasting. Kommende Woche werde ich dann mit Gunnar und Lars (weiter) diskutieren, ob und wie wir den schon seit geraumer Zeit mit E-Camm produzierten Videocast 9vor9 auch als Podcast zur Verfügung stellen wollen und können.

(Stefan Pfeiffer)

Bild von Ignasi Climent auf Pixabay

Schnell mal online abonniert: Zeitungen, Magazine, Musik, Video, Cloud-Speicher, E-Mail, Grafikprogramm, XING, LinkedIn … und so weiter und so … #Abofallen

6. Februar 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Irgendwie Geistesübertragung. Die Tage ist mir noch durch den Kopf geschossen, wie nervig die Abonnements und Abofallen schon jetzt sind und noch mehr werden. Über die Abo-Angebote der Zeitungen und Zeitschriften habe ich schon öfters geschrieben. Vom Spiegel bis zum täglichen Digitalisierung und KI-Briefing des Tagesspiegels, alle wollen, dass man ein Abonnement meist für ein erkleckliches Sümmchen abschließt und sich natürlich oft für mindestens ein Jahr bindet. Da kann schon was zusammen kommen, wenn man nicht aufpasst.

Alternativen zu Abos? Goodbye Blendle – schafft es Buzzard?

Und jedes mal ärgert man sich, wenn man einen Beitrag nicht lesen (und künftig immer mehr hören und sehen) kann, weil mal wieder eine Bezahlschranke den Zugriff verwehrt. Modelle, einzelne Artikel erwerben zu können, wie es Blendle versucht hat, scheinen gescheitert zu sein. Weil ich trotzdem gerne ein solches Modell hätte, unterstütze ich gerade Buzzard, das mir eine neue Nachrichten-App für Perspektiven-Vielfalt verspricht.

Damals in meiner Filterblase: Zeitung und öffentlich-rechtliches Fernsehen

Perspektovenvielfalt? Ach waren das noch Zeiten, als man die Lokalzeitung oder die überregionale Tageszeitung abonniert hatte. Vielleicht noch Die Zeit oder den Spiegel als Wochenlektüre. Die Papierstapel häuften sich an. Oft ungelesen landeten sie dann im Altpapier. Alleine Die Zeit hat mich irgendwann überfordert. Wie schön übersichtlich war unsere damalige Echokammer und Filterblase von Zeitung und öffentlich-rechtlichem Fernsehen. Und dann heute. Diese unüberschaubare Vielfalt.

[Und um es nochmals zu schreiben: Warum – verd…t noch mal – kann ich mir heutzutage nicht die Beiträge einzeln kaufen, die mich interessieren. Ja, ich würde einen fairen Preis dafür zahlen, wenn mich Artikel interessieren.]

Und die netten Filme auf Netflix, Apple TV+, Disney+ …

Doch das Thema Abos für journalistische Erzeugnisse ist nur der Anfang. Der Abo-Wahnsinn geht schon lange weiter! Erst einmal oute ich mich. Ich schaue mir gerne mal einen Fantasy-Film oder eine Serie an. Nicht immer geht es also um die oben erwähnten hochintellektuellen Artikel. Manchmal ist es auch der pure Wunsch nach Unterhaltung. Picard auf Amazon Prime. Oder eine neue StarWars-Serie auf Disney+. Ach ja, Apple TV macht mir auch noch Angebote. Und auf Netflix und Amazon Prime Video starten ja auch bald interessante Serien. Und alle wollen, dass ich abonniere. Wieviele Abos muss ich denn um Himmels willen abschließen,wenn ich all die Filme und Serien kurz nach dem Erscheinen sehen möchte?

Filme und Serien. Da ist doch noch was. Gerne höre ich mir auch Musik an und „meine“ Songs sind in iTunes. Aber ist ja old fashioned. Heutzutage hat man die freie Musikauswahl auf Spotify oder Apple Music. Und natürlich das zugehörige Abo.

Cloud-Speicher, E-Mail-Provider, Grafik-Tool … und … und … und

Und der Abowahnsinn geht schon lange über „Zeitungs“- und Unterhaltungskonsum hinaus. Beispielsweise habe ich ein Abo für meinen iCloud-Speicherplatz oder ich zahle (bewusst) für mein E-Mail-Konto bei Mailbox.org. Da können noch schnell weitere Abos hinzu kommen. Ist ja schließlich alles so schön nützlich hier. Mal schnell Canva abonnieren, um meine Grafiken komfortabel in unterschiedlichsten Formaten und Größen erstellen zu können. Sind ja nur knappe 12 Dollar für die Version, mit der man wirklich schnell was machen kann. Oder ein Abo von E-Camm, um live zu streamen. Ach ja, das Video-Tool Animoto klingt auch gut, um ruck-zuck schöne Videos schneiden zu können. Sind ja nur schlappe 29 Dollar im Monat für die Profi-Version. Klar, für die meisten Tools gibt es Testversionen, die meist 14 Tage laufen. Nur dann nicht vergessen, rechtzeitig zu kündigen.

Für meinen neuen Job zahle locker mal ich bei Xing und/oder LinkedIn

Und auch für die Karriere abonniert man schnell mal was, denn die Profi-Versionen von LinkedIn und Xing können einfach viel mehr und bieten mir sicher bald den Traumjob an. Ich hänge da auch wieder an der Kette, also am Abo. Irgendwie und für mich nicht nachvollziehbar habe ich plötzlich erneut eine Profi-Version von Xing. Keine Ahnung, wie ich dazu gekommen bin. Ehrlich. In meinem Posteingang sind nicht die üblichen Bestätigungs-Mails, aber der Kundendienst stellt sich natürlich stur. Den interessiert das nicht. Auch wenn ich langjähriger treuer Abonnent war. Hmm, soll ich in dem Fall dann doch meinen Rechtschutz bemühen? Sch..abofalle.

Und wie war das mit Amazon Prime? Brauche ich doch eigentlich auch, damit meine Pakete auch morgen da sind. Und sicher fehlt mir noch das ein oder andere weitere Abonnement.

Ganz schnell summieren sich alle Online-Abos

Ihr merkt, worauf ich hinaus will. Ganz schnell summieren sich die Kosten für Abos, für Abo-Fallen. Ganz schnell verliert man die Kontrolle. Da hilft wohl nur höchste Disziplin. Oder gar eine App wie Aboalarm anschaffen? Vielleicht tut es auch eine Tabelle. Mir stellt sich die Frage, ob nicht nur wir als Konsumenten mehr aufpassen müssen, sondern auch hier entsprechende gesetzliche Bestimmungen eingeführt werden sollten. Die Abo-Fallen mit entsprechenden Kosten schlagen nur zu schnell zu und summieren sich.

Wie schreibt die New York Times:

In 2019, we each spent $640 on digital subscriptions like streaming video and music services, cloud storage, dating apps and online productivity tools, according to an analysis for The New York Times by Mint, the online budgeting tool owned by Intuit, using data from millions of its users. That was up about 7 percent from $598 in 2017.

How Much Are We Paying for Our Subscription Services? A Lot – The New York Times

Bild von Bruno /Germany auf Pixabay

Die (Lokal)Zeitung Teil 2: Kante zeigen, aber auch wichtiger Wohlfühl- und Integrationsfaktor vor Ort

24. Januar 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Kaum schreibe ich mal über Zeitungen mit besonderem Bezug auf Lokalzeitungen und diskutiere das Thema mit Cordula und Jo, schon holt mich das Thema gleich wieder ein. Erst gerade bin ich auf den Kommentar von Leonhard Dobusch Lasst Lokalzeitungen sterben, damit Lokaljournalismus leben kann! auf netzpolitik.org gestoßen (der auch ausgiebig kommentiert wird).

Ist es überhaupt sinnvoll, mit größtem Aufwand immer weniger lokaljournalistische Inhalte zusammen mit ganz viel PR, ganz viel Werbung und ganz viel überregionalen Füllinhalten auf Papier zu drucken und vor Haustüren zu werfen?

Kommentar – Lasst Lokalzeitungen sterben, damit Lokaljournalismus leben kann!

Leonhard schreibt dann von weichgespültem Journalismus gegenüber den lokal Mächtigen, deren Anzeigengeld man brauche. Und zitiert einen Beitrag aus dem MDR Medienblog, der von Abo-Preisen von etwa 40 Euro im Monat für die Papierausgabe von Lokalzeitungen. Provokativ wird besagter Beitrag zitiert, ob nicht drei Journalisten mit Laptops und Smartphones von heute auf morgen eine Lokalredaktion gründen könnten.

Damals mit 18 in der Lokalredaktion beim Karnickelzuchtverein

Nun bin ich jemand, der nach seiner Schülerzeitungszeit mit 18 Jahren in der Lokalredaktion sein journalistisches Handwerkszeug gelernt hat. An der Schreibmaschine. Mit Tipp-Ex. „Schreibcomputer“ hatten nur die Chefs der Lokalredaktion und die festen Redakteure.

Und schon damals – vor nunmehr etwas weniger als 40 Jahren – war es so, dass man sehr nett zur lokalen Wirtschaft und den lokalen Politikern war beziehungsweise sein sollte. Unvergessen, wie ich zusammen geschissen wurde, als ich es wagte, die Übung der Freiwilligen Feuerwehr kritisch zu dokumentieren. Der Chef der Freiwilligen war der Papa einer Freundin. Weder er noch sie haben dann nicht mehr mit mir gesprochen. Zumindest sie nur einige Wochen, er länger.

Lokalpolitik und die Anzeigenkunden

Ich erinnere mich auch daran, wie ich dann – nachdem ich mich „etabliert“ hatte – über Lokalpolitik schreiben durfte. Da hat man mich übrigens vergleichsweise frei auch kommentieren lassen. Gut, es war auch die Kreisstadt, sondern nur unser kleines Städtchen, aber immerhin. Gegenüber den Politikern waren wir etwas freier. „Die Wirtschaft“ (nicht die Kneipe) wurde selten infrage gestellt, auch wenn einige der tragenden Säulen auch damals kriselten.

Und es gab auch die anderen weichen Themen: Die sagenumwobene Karnickelzuchtschau, die Berichte über alle Spiele der Landesliga bis C-Klasse, die Karnevalssitzungen, die Porträts der 90-Jährigen, die Jahreshauptversammlungen und vieles mehr, wenn möglich alles angereichert mit Fotos. Und wehe ein Name war falsch geschrieben oder die korrekte Reihenfolge der Namen (v.l.n.r.) auf dem Foto nicht eingehalten. Nun mag man darüber lächeln. Doch dies waren (und sind wahrscheinlich) oft die Berichte, die zuerst in der Lokalzeitung gelesen wurden und werden.

Lokalberichterstattung kann und sollte integrieren – ohne rosarot zu malen

Und ohne es verherrlichen zu wollen – darüber zu berichten, war nur zu oft eine Qual -, diese Berichte waren und sind wichtig, sind Teil des lokalen Lebens, der Identifikation und Integration, so trivial es auch sein mag. Ich wage gar nicht den zu sehr strapazierten Begriff Heimat zu verwenden. Ob solche Themen auch durch ein Blogger-Kollektiv abgedeckt würden?

Und um die andere Seite auch klar und deutlich zu machen. In unserer kleinen Stadt war schon damals die NPD vergleichsweise stark, zeitweise im Stadtparlament. Den brauen Bodensatz und die entsprechenden Parolen gab es schon immer in Deutschland, auch in Westdeutschland. Auch hier, gerade auch hier hatte der Lokaljournalismus eine enorm wichtige Rolle, als Stimme der Vernunft, als jemand, der einordnet und im Sinne der Demokratie bewertet und beurteilt und wo nötig verurteilt.

Starker Lokaljournalismus heißt auch Kante zeigen

Ich glaube, dass wir eine starken Lokaljournalismus brauchen, der die weichen Themen „covered“, der integriert. Das ist extrem wichtig. Neulich musste ich zu einer Beerdigung „heim“ und mir ist deutlich geworden, wie lebendig und wichtig Zusammenhalt auf dem Land, im Dorf sind. Und wie wertvoll das auch als Bollwerk gegen Extremisten ist und sein kann. Lokaljournalismus sollte das durchaus unterstützen.

Ich selbst lese seit Jahrzehnten nicht mehr den Lokalteil, weil ich nicht mehr selbst aktiv Fußball spiele, in keinem Verein aktiv und so nicht im lokalen Leben verwurzelt bin. Doch ich respektiere, dass viele Leser:innen genau darüber lesen wollen. Und da sollte man sich nicht arrogant drüber weg setzen!!! Es geht nicht immer ausschließlich um investigativen Journalismus.

Auf der anderen Seite geht es ganz eindeutig und klar darum, Kante zu zeigen. Heutzutage gerade und vor allem gegenüber den Radikalen von rechts. Und ja, natürlich gilt es auch, „die Wirtschaft“ kritisch zu beobachten und wenn nötig zu kritisieren. Das braucht sicher Rückgrat – und Geld. Das Modell, wie man die beschriebenen Aspekte so unter einer Hut bringen kann, dass die Journalisten und das ganze Team davon leben können, habe auch ich nicht. Doch ich rate zu einer etwas breiteren Perspektive – und offenen Diskussion. Das sagt eine Junge vom Lande. Unterdessen etwas älterer Junge.

(Stefan Pfeiffer)

Bild von Frank Pfeiffer auf Pixabay

Die (Lokal)Zeitung: Früh muss sie dann sein und wie gewohnt auf Papier. Noch.

23. Januar 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Von doch noch sehr vielen Freunden und Bekannten höre ich, dass sie morgens beim Frühstück die Zeitung lesen, die gedruckte Zeitung. Bei uns hat diese Praxis bis auf samtags, wo ich wirklich noch traditionell nach meinem Gang zum Bäcker die Zeitung im Fachgeschäft hole (man merke: Mann muss zum Bäcker gehen!), ausgedient. Dann ist es auch nicht mehr ganz so früh, denn …

Zeitung lesen beim Frühstück hat Tradition …

… der „gemeine Deutsche“ (bleibe hier mal bewusst maskulin) will seine Zeitung vor 8 Uhr in seinem Briefkasten haben. Das ist ein Ergebnis einer Studie, die im Auftrag der ZMG (Zeitungsmarktforschung Gesellschaft der deutschen Zeitungen) 2019 durchgeführt wurde und über die Horizont berichtet: „Würde die Zeitung erst nach 8 Uhr zugestellt, hätte das einen massiven Verlust der bestehenden Abonnenten zur Folge.“

… und bei Älternen auf Papier

Doch nicht nur die Zeit spielt eine Rolle: Laut Artikel können sich Drei Viertel der jetzigen Abonnenten der Print-Ausgabe nicht vorstellen, „ihre“ Zeitung als E-Paper zu lesen. Und das scheint auch, vielleicht vor allem eine Altersfrage zu sein: „Von den über 50-Jährigen sagen nur 22 Prozent, sie könnten sich grundsätzlich vorstellen, das E-Paper einer Tageszeitung zu lesen.“ Zwar steigt die Akzeptanz für E-Paper generell, aber gerade Ältere trennen sich nur schwer vom Papier.

Das notwendige „richtige“ Gerät zum Lesen

Sicher ein Stück Gewohnheit, aber vergessen wir nicht, dass auch eine entsprechenden Reader, ein Tablet oder großes Smartphone braucht, um die elektronische Zeitung zu lesen. Das hat nicht unbedingt jeder und manch einer will eben nicht auf einem vermeintlich zu kleinen Bildschirm lesen. Den Lesern also im Rahmen des Abonnements einen Reader zur Verfügung stellen? Die bieten ja sogar in der Vergrößerung der Schrift bessere Möglichkeiten gerade für Ältere. Könnte eine Möglichkeit sein, doch noch scheint es so, dass man gerade im Bereich Lokalzeitung trotz aller Herausforderungen, diese „just in time“ morgens in den Briefkasten zu bringen, auf die gedruckte Ausgabe nicht verzichten kann.

Lokalzeitung zur Integration und Bindung

Und die Lokalzeitung mit den Informationen und Nachrichten aus dem Ort und dem Kreis ist in vielen Gebieten für viele Bürger ein Stück Integration und Lebensqualität. Sie kann meiner Meinung nach gerade auch auf lokaler Ebene eine wichtige Rolle gegen Extremismus und für Demokratie spielen. Gunnar Sohn hat sich dazu ja vielfältig geäußert. Hier muss und sollte man aber auch durchaus über neue Wege und Formate nachdenken. Gestern habe ich doch noch über Blogs geschrieben?

Der Trend geht natürlich Richtung E-Paper, aber das gehört dann sicher weiter gedacht. Dann geht es vielleicht mehr nur um Texte, sondern auch um Ton., Video oder interaktive Formate, an die Leserinnen und Leser herangeführt werden müssen. Doch das geschieht ja schon automatisch durch die tägliche Nutzung des Smartphones. Und das benutzen auch Ältere immer mehr, wenn auch mit Fokus auf traditionelle Funktionalität … wie telefonieren. Soll man ja auch damit können. E-Paper, die dann vielleicht E-News heißen mag, wird sich mittelfristig durchsetzen und ganz normal werden. Hoffentlich geht dabei nicht der beschriebene lokale Aspekt verloren.

Wie machen wir es? Meist am Schirm und nur am Samstag die Print-Ausgabe

Meine Frau ist die Nutzerin des Smartphones. Auf ihrem iPhone XR liest sie fast alles und ist auch mit der Größe des Schirms zufrieden. Eine Freundin, die am Wochenende zu Besuch war, fremdelt da ein wenig und zieht „richtige“ Reader wie den Tolino vor, die bei Sonne einfach besser sind. Und um auf das angesprochene Szenario Zeitung beim Frühstück zurück zu kommen: Auch ich nutze morgens beim Frühstück mein iPhone und parallel läuft das ARD und ZDF Frühstücksfernsehen. Später am Tag und auch abends verlagert sich das Lesen dann auf den Schirm meines MacBooks.

Nachrichten und Informationen nicht mehr nur über traditionelle Medien

Lokale Nachrichten spielen bei uns kaum eine Rolle, aber wir haben bewusst ein Abonnement für eine E-Paper. Für mich als zugegebenermaßen Nachrichtenjunkie gibt es aber viele andere relevante Quellen, die ich checke und die nicht nur klassische Medien auf neuen Kanälen repräsentieren: eine Liste meiner Twitter-Favoriten, die ich erstellt habe und aktuell halte, meinen RSS Reader, ja, auch einige Newsletter und natürlich als zentrale Seite Fohlen Hautnah mit dem Pressespiegel zur Fohlenelf … Und wie schon erwähnt gibt es am Samstag, manchmal auch am Sonntag die gedruckte Frankfurter Allgemeine.

Und ja, ich hoffe und zähle auch auf den Erfolg der Crowd Funding.-Initiative rund um Buzzard. Hier sol ich dann über eine App jeden Tag eine Übersicht über die wichtigsten Nachrichtenthemen und Debatten des Tages bekommen quer über die Medienwelt.

Wie macht Ihr es? Seid Ihr schon voll auf E-Paper beziehungsweise Nachrichtenkonsum über „die Schirme“ oder noch auf Papier?

P.S. Warum denke ich jetzt drüber nach, ob meine „Blockbeiträge“ nicht auch vor 8 Uhr erscheinen müssten? Früh aufstehen oder lange tippen. Nee, dann doch nicht.

(Stefan Pfeiffer)

Social Media-Splitter: Von vorzeitigem Nachrichtenerguss, doch keiner Werbung auf WhatsApp, Pinterest und #HessenGegenHetze

20. Januar 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Einmal mehr bemerkenswert und zitierenswürdig der Kommentar von Sascha Lobo zum vorzeitigen Nachrichtenerguss. Alles wird sofort raus gehauen. Schnelligkeit geht vor Nachdenken und Nachprüfen – und die Welle rollt unaufhaltsam. Das, was man aus BILD-enden Zeiten kennt, hat sich verschlimmert, ja dramatisch potenziert.

Geteilt wird, was genau jetzt interessant erscheint, es ergibt sich eine völlig einzigartige Kette von Informationsweitergaben. Deshalb ist die Richtigstellung einer Nachricht in sozialen Medien oft eher symbolischer Natur – sie erreicht praktisch niemals die gleichen Leute, die eine falsche Ursprungsnachricht sahen. Eigentlich müsste das bei allen redlichen Beteiligten an nachrichtlichen Prozessen zu größerer Sorgfalt führen. Das Gegenteil ist der Fall, das vermeintliche Diktat der Geschwindigkeit verlockt Medien und Multiplikatoren zu Schnellschüssen.

Diagnose: Vorzeitiger Nachrichtenerguss – Kolumne – DER SPIEGEL

Ich erinnere mich – ich weiß, „früher“ – an meine Zeiten als studentischer Praktikant in der „Neue Medien-Redaktion“ der FAZ. So nannte man damals die BTX-, Radio- und TV-Redaktion, die private Sender belieferte und eben Nachrichten fast in Echtzeit per Bildschirmtext verteilte. Wir hattten damals gerade auf BTX immer den Anspruch, eine Nachricht vor “ den Anderen“ draußen zu haben. Doch unbrechbare Regel war immer, dass jede Meldung, die bei uns damals über die Ticker der Nachrichtenagenturen herein kam, auf Wahrheitsgehalt doppelt gecheckt werden musste – besonders bei bestimmten Agenturen, die als nicht immer zuverlässig galten.

Eigentlich sollte jeder in sozialen Medien dieses Prinzip beherzigen. Vor allem aber sollten dies Multiplikatoren und Medien tun, doch davon sind wir weit entfernt. Die Glaubwürdigkeit einer Quelle wird eher selten geprüft, lieber schnell aus der Hüfte raus geschossen (beinahe Typo produziert: geschissen) und so kommt es zu dem von Sascha beschriebenen vorzeitigem Nachrichtenerguss mit den für soziale Medien oft typischen Konsequenzen.

Rückzieher: Doch erst einmal keine Werbung in WhatsApp

Vor einigen Tagen habe ich in einem Social Media-Splitter darüber geschrieben, dass nun wie schon länger angekündigt Anzeigen in WhatsApp kommen könnten. Die Reaktion im Freundeskreis war beachtlich: Sie sind noch nicht weg von WhatsApp gegangen, aber sie haben schon mal einen anderen Messenger installiert. Nun macht Facebook zumindest vorerst einen Rückzieher, wohl aus Angst vor genau solchen Reaktionen. Aber dies ist natürlich Spekulation:

Facebooks Pläne, auf WhatsApp Werbeanzeigen zu schalten, sind zunächst auf Eis gelegt. Doch gänzlich vom Tisch sind sie nicht.

Noch im Sommer letzten Jahres hatte Facebook angekündigt, mit dem kostenfreien Messenger WhatsApp Geld machen zu wollen. Und zwar, indem Werbung auf der Plattform geschaltet wird.

Rückzug: Doch keine Werbung auf WhatsApp – vorerst | OnlineMarketing.de

Und auch bei einem anderen Themen scheinen sich zumindest vorerst die Wogen geglättet zu haben. Behörden bleiben erst einmal auf Twitter und folgen nicht dem Beispiel des Landesdatenschutzbeauftragte von Baden-Württemberg, Stefan Brink, der zum Monatsende den Kanal verlassen will. Mal schauen, ob er danach bei anderen Behörden entsprechend vorstellig wird. Wie schreibt der Anwalt Dr. Thomas Schwenke auf Datenschutzgenerator so treffend: Die rechtliche Lage ist so unübersichtlich, dass selbst Datenschutzverantwortliche und -behörden sich nicht einig sind.

Pinterest auf dem Vormarsch – auch in Deutschland?

Mit 82,4 Millionen monatlich aktiven Nutzern ist Pinterest zur drittgrößten Social-Media-Plattform in den USA aufgestiegen – und hat damit Snapchat überholt. Das berichtet Bloomberg. Für Deutschland geht Christian Buggisch in seinen Social Media-Zahlen von 6 bis 7 Millionen aktiven Pinterest-Nutzer in Deutschland aus. Ich bin gespannt, wie es mit dem Kanal in Deutschland weiter geht. Ich hatte mal angefangen, Pins für meine Blog-Beiträge zu erstellen. Das ist aber dann aus Zeitgründen eingeschlafen und ich habe so meine Zweifel, dass 2020 mehr Zeit vorhanden sein wird.

#HessenGegenHetze

Und weil es meiner Meinung nach einfach wichtig ist, gegen Hasskommentare und und extremistische Internetinhalte vorzugehen hier nochmals der Hinweis auf #HessenGegenHetze und die entsprechende Webseite https://hessengegenhetze.de, wo man entsprechende Postings melden sollte! Und auch die Aufforderung, diese Information in Eurem Freundeskreis zu verteilen, beispielsweise durch diesen Tweet (den man natürlich auch auf anderen Plattformen verwenden kann, einfach kopieren):

Hessen führt Meldestelle für Hasskommentare ein: Hasskommentare möglichst schnell erfassen, die Betroffenen unterstützen und eine Strafverfolgung in Gang zu setzen >> https://HessengegenHetze.de #HessengegenHetze

Kurz zitiert: “Zuhören ist die höchste Kulturtechnik der bürgerlichen Zivilisation” | Gabor Steingart

17. Januar 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

#Wahr #Hinter-die-Ohren-schreiben

Zuhören ist die höchste Kulturtechnik der bürgerlichen Zivilisation. Und Zuhören nicht nur sich selbst. So gesehen gehören die Aussagen über das Kommunikationsverhalten des Firmenchefs eigentlich in die Personalakte.

Gabor Steingarts Morning Briefing vom 17. Januar 2020: VW-Chef: Die Sturmrede

Bild von Couleur auf Pixabay

#9vor9: Gerade angesichts von Hassreden und Shitstorms mehr Sachlichkeit, Nüchternheit, Kompetenz und nicht zuletzt Respekt

7. Januar 2020 Posted by Stefan Pfeiffer

Atemlos mit #9vor9 in die erste Sendung des neuen Jahres. Gunnis ECamm hat es heute nicht getan und ich musste deshalb schnell übernehmen und senden. Sorry für die anfänglichen technischen Problemchen. Heute im Zentrum von #9vor9 die Art und Weise wie derzeit vor allem auf Twitter diskutiert, leider oft auch diffamiert und beleidigt wird.

Hier wie versprochen noch eine Links zu Artikeln, die wir in #9vor9 erwähnt haben. Gunnar hat in einem Beitrag für mehr Nüchternheit und sachliche Auseinandersetzung im Sinne der Bonner Bundesrepublik geworben – und so eine Aufforderung von einem Berliner. Und das gilt sicherlich für gar manche Diskussion, die heute insbesondere auf Twitter geführt und manchmal – frei nach Labbadia – auch von gewissen Interessengruppen „hochsterilisiert“ wird.

Erhöhte Obacht als, wenn die Sch… hochkocht und derzeit in sehr vielen Fällen tiefbraune Süppchen gekocht werden. Nicole Diekmann, die vor einem Jahr Opfer eines Shitstorms wurde, schreibt:

Was sich im ersten Moment wie ein furchtbarer Tsunami angefühlt hatte, dem ich völlig alleingelassen und wehrlos ausgeliefert war, war ausgelöst worden durch einen harten Kern von rechten Accounts. Sie rotten sich immer mal wieder zusammen und versuchen, Themen zu besetzen.

Versagen im sozialen Netz: „Die Empörungsmaschinerie sprang trotzdem an“

Es bedeutet, wie es Lars gesagt hat, genau hinschauen. Im Umgang helfen hier auch die Tipps von Rezo, der zu mehr Gelassenheit rät, denn mancher Sturm ist nur ein Stürmchen:

Nur zwei Prozent der Deutschen nutzen täglich Twitter. … Medienforscher warnen deshalb bezüglich Twitter-Deutschland vor „verzerrten Relevanzrahmen und Stimmungsbildern, welche mit denen der Gesamtbevölkerung nur wenig zu tun haben“. … Wenn nur 0,001 Prozent der deutschen Bevölkerung (immerhin 830 Leute) sich halbwegs aktiv vernetzen und jeweils mehrere Tweets schreiben, können sie im Alleingang easy die deutschen Twitter-Trends (also die am häufigsten genutzten Hashtags) dominieren.

WDR: Die Umweltsau im Twitter-Dorf | ZEIT ONLINE

Das heißt sicher nicht, dass man Themen und Threads auf Twitter nicht ernst nehmen soll. Das heißt auch nicht, dass man nicht hart diskutieren kann und soll. Doch hier benutze ich immer gerne Aretha Franklin und ihren Klassiker Respect. Sich sachlich auseinandersetzen, aber immer Respekt vor anderen Personen und Meinungen haben. Toleranz und Respekt enden dann, wenn unsere Grundwerte und Grundordnung verlassen wird, andere bedroht werden.

Es heißt aus meiner Sicht auch, Solidarität gegenüber denjenigen zu zeigen, die Opfer eines Shitstorms sind oder geworden sind. Margarete Stokowski hat dazu einen bemerkenswerten Artikel geschrieben. Man kann in der Sache anderer Meinung sein, aber Beschimpfungen und gar Morddrohungen gehen gar nicht. Hier muss man losgelöst von sachlichen Differenzen zusammen stehen.

Wie hat es der Sprachwissenschaftler Joachim Scharloth nach seiner Analyse von Texten und Kommentar von 29 rechten Internetportalen formuliert: Beschimpfungen sind die Sprache der neuen Rechten.

Ich glaube, dass es tatsächlich eine kulturelle Frage ist, ob wir im Netz Diskurse auf diesem Niveau führen wollen.

Sprachforschung – Die Schmähgemeinschaft der neuen Rechten

Er schlägt vor, Provokationen und Provokateur:innen in sozialen Netzwerken nach Möglichkeit zu ignorieren, sie zu blockieren und ihnen die Bühne nehmen. Da ist er auch wieder bei Rezo und vielen anderen, die sich mit den Mechanismen sozialer Medien auseinandersetzen. Ich zitiere nochmals Nicole Diekmann:

Wir alle müssen wissen, wie zumindest die wichtigsten Plattformen funktionieren. Wissen. Wir müssen nicht mitmischen. Wir müssen sie nicht mal mögen. Love your friend, know your enemy.

Versagen im sozialen Netz: „Die Empörungsmaschinerie sprang trotzdem an“

In unzureichendem Maße haben das ganz offensichtlich viele Entscheider:innen gerade auch in in Medien- und Rundfunkhäusern, aber auch in der Politik getan. Gerade dort brauchen wir mehr Kompetenz. Shitstorms wird es weiter geben.

Das Interesse gewisser Kreise an ihnen ist zu groß, die Stimmung zu aufgeheizt, die Maschinerie zu gut geölt, die Politik zu machtlos …, und die Plattformen den Algorithmen zu hörig, die Geld einbringen und Wut als Motor brauchen.

Versagen im sozialen Netz: „Die Empörungsmaschinerie sprang trotzdem an“

Aber gerade deshalb sind Nüchternheit, Sachlichkeit, Solidarität und Rückgrat mehr denn je gefragt.

Zum Thema Klimawandel und Umwelt war Gunnar optimistisch, dass es in unserem Jahrzehnt voran geht und nach und nach Lösungen geschaffen werden. Da ist er einer Meinung mit dem Zukunftsforscher Matthias Horx, dessen Interview ich hier wie @ITBeobachter versprochen verlinke und zitiere:

Die 20er-Jahre werden auch das Jahrzehnt der Ökologie. Die Wirtschaft wird sich weg von den fossilen Energien bewegen und es wird zu neuen Kooperationen im globalen Raum kommen. Die Klimaerwärmung, diese allumfassende Bedrohung, erzeugt einen grossen Druck auf die Gesellschaft, die sich zunächst mal in Hysterie und Streit ausdrückt. Gleichzeitig erkennen wir Anzeichen, die in eine andere Richtung weisen. Allen voran: das Auftauchen von Greta Thunberg. In der Geschichte war das immer so, dass sich solche Symbole zeigten, wenn sich die Gesellschaft in ihrem tiefsten Innern verändert. Ich denke da etwa an Jeanne d’Arc im 15. Jahrhundert oder an John F. Kennedy zu Beginn der Industriemoderne.

Zukunftsforscher Matthias Horx: «Die 20er-Jahre werden die Dekade des digitalen Aufräumens» | St.Galler Tagblatt

Er thematisiert hier auch den Konflikt der Generationen, den wir in #9vor9 angesprochen haben. Den hat es übrigens immer gegeben, bei den 68ern, Friedensbewegung und vorher, wie ja auch Gunnar und Lars bemerkt haben. Das entbindet jedoch nicht davon, gerade auch die jüngere Generation und deren Formen der Kommunikation zu verstehen.

Weil ich selbst angesichts mancher Eskalation und Beschimpfung deprimiert und frustriert war, habe ich habe in unserem Videocast bemerkt, dass wir uns auch die Laune nicht durch radikale Spinner verderben lassen sollten. Wir müssen gegen halten, aber auch unser Leben und das Zusammensein mit Freunden genießen. Ich hoffe auch, dass Matthias Horx recht hat:

Die 20er-Jahre werden das Jahrzehnt des digitalen Aufräumens werden und von vernünftigeren und menschlicheren Anwendungen geprägt sein. Wir nennen das den «Humanistischen Digitalismus».

Zukunftsforscher Matthias Horx: «Die 20er-Jahre werden die Dekade des digitalen Aufräumens» | St.Galler Tagblatt

Der Begriff des „Humanistischen Digitalismus“ gefällt mir sehr gut und deshalb ende ich diesen Beitrag dann auch sachlich-nüchtern-optimistisch.

(Stefan Pfeiffer)

Nicht schwarz-weiß – die Grauwerte sind die Realität, auch wenn das alles komplizierter macht

31. Dezember 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Zum Jahresabschluss doch noch eine Leseempfehlung, da mir Christian Buggisch aus der Seele spricht. Er äußert sich zu unser digitale Diskussionsunkultur, die ihn „an eine wochenalte Obstschale erinnert“:

Gerade sah alles noch frisch aus und duftete verheißungsvoll nach Vernetzung, Austausch und Dialog auf Augenhöhe. Doch die Verfallserscheinungen sind unübersehbar. Faszinierenderweise haben die neuen Möglichkeiten digitaler Kommunikation rasend schnell dazu geführt, dass wir verlernt haben, wie Kommunikation funktioniert, was eine Debatte ist, wie der Austausch von Argumenten funktioniert und was der mit uns machen kann, nämlich uns dazu zu bewegen, Positionen zu finden, einzunehmen, nachzujustieren, ganz aufzugeben oder sie mit neuen Argumenten zu festigen. Statt dessen gibt es nur noch Turbo-Festlegungen auf Richtig und Falsch, Gut und Böse, Freund und Feind.

über Fünf Anmerkungen zu 2019 ‹ Christian Buggischs Blog ‹ Reader — WordPress.com

Gerade diese Schwarz-Weiß-, Richtig-Falsch-Festlegung macht Angst, denn sie wird gerade von radikalen Kräften betrieben und instrumentalisiert.

Alles muss Freund oder Feind sein, Innen oder Außen, Patriot oder Verräter, Mann oder Frau, Schwarz oder Weiß. Dieses Schema der Bipolaritäten wird der Realität übergestülpt.

über Björn Höcke: Der Angstmacher | ZEIT ONLINE

Doch die reale Welt, die Herausforderungen sind in der Regel nicht schwarz oder weiß. Die Grauwerte sind Realität. Das ist natürlich unbequemer und erfordert genau eine Streit- und Debattenkultur (wie sie auch Christian fordert), die Bereitschaft zu Kompromissen, die nicht faul sein müssen, und zuletzt den Respekt vor anderen Meinungen und Menschen.

Morddrohungen. und Beschimpfungen gehören ganz sicher nicht zu dieser Kultur. Genau solches Verhalten macht Angst, persönlich und um unsere Demokratie. Und solches Verhalten sollte nicht toleriert werden. Vereinfachende Freund-Feind-Bilder und Weltverschwörungstheorie hatten wir schon einmal und das hat zu den größten Verbrechen in der deutschen Geschichte und zu den größten Verbrechen in deutschem Namen oft durch Deutsche geführt. Das war und ist kein Vogelschiss. Diese Verbrechen sind und waren der größte Haufen Scheiße, der noch heute und für immer zum Himmel stinkt.

 

Kann es statt Unternehmenskommunikation eine Kommunikation von Unternehmen, ein Gesprächsangebot geben?

1. November 2019 Posted by Stefan Pfeiffer

Die Aufmerksamkeit und Erregung ist in der Szene da, nachdem der von mir hoch geschätzte Uwe Knaus das Ende des Daimler-Blogs zugunsten eines Magazins verkündete. Und ich gebe zu, dass ich bei dem Begriff Magazin zucke, den plötzlich muss ich an Gala und andere Hochglanzgazetten denken muss, aber schauen wir, was Uwe, der ganz sicher ein erfahrener Kommunikator ist, und sein Team hervor zaubern. Vielleicht setzen sie ja wieder einen Maßstab? Auf jeden Fall viel Glück dabei!

Klaus Eck nimmt dazu auch Stellung, denn …

Oftmals geht es jedoch nur um Begrifflichkeiten. Viele Corporate Blogs werden in Magazine umgewandelt, um darüber einen breiteren Zugang für die Rezipienten zu erlauben. Für ein gutes Content Marketing werden wertige und aktuelle Inhalte benötigt. Ob dabei die Quelle ein Corporate Blog oder Magazin ist, das ist eher nebensächlich.

über Ade Daimler-Blog: Das Ende der Corporate Blogs? | LinkedIn

… und ich stimme zu. Mir haben immer Blogs gefallen, die nicht nur Hochglanzinhalte  publiziert haben, sondern auch Ecken und Kanten, Persönlichkeit und Meinungen erlaubt haben und eben nicht wie es Klaus schreibt Selbstbeweihräucherung verfallen sind. Klar, im Corporate Blog ist das nicht so einfach wie man es in einem persönlichen Blog machen kann. Trotzdem.

„Viele Unternehmen haben heute einen Blog, aber kaum Kommunikation“, so zitiert Gunnar Sohn den Berater Christian Henne. Ist alles so schön bunt hier. Genau in diese Verhaltensmuster verfallen leider nicht nur die immer mehr in Mode gekommenen Magazine. Ein Merkmal, das Magazine, Corporate Blogs und viele andere Unternehmenskanäle gerade auch in den sozialen Medien, „auszeichnet“. Dahinter steht oft der Wunsch nach Kontrolle der eigenen Kommunikation, der Wunsch nach dem einheitlichen, widerspruchsfreien Hochglanzprofils in der Öffentlichkeit. Alles wird glatt gebügelt. Doch genau das funktioniert nicht. Schon im Ansatz wird Kommunikation und Dialog erstickt.

Wir haben uns meiner Beobachtung nach gerade in den vergangenen Jahren deutlich zurück entwickelt. Nachdem zu „Beginn“ der sozialen Medien erst einmal experimentiert wurde und werden durfte, mit Blogs oder in sozialen Medien, haben die Controlettis wieder übernommen. Nun werden Hochglanz-Werbebotschaften kontrolliert abgesondert, die gleich in der Clo-Spülung der Aufmerksamkeit von Redaktionen und auch normalen „Empfängern“ weg gespült werden.

Es ist übrigens keine German Angst, die da herrscht, lieber Gunnar. Schon vor Jahren präsentierte ein werter Marktbegleiter stolz, wie man doch die Nachrichten auf den offiziellen Kanälen des Unternehmens diszipliniere. Ebenso die Mitarbeiter, die maximal retweeten, wiederkäuen dürften, was man vorgebe. Genau dieses Mantra wird oft von der Konzernzentrale vorgegeben und alle spuren brav.

Kann es den Kompromiss – oder Spagat – zwischen offizieller Kommunikation, die manchmal sein muss, und authentischer, rauerer, Diskussion anregenden Inhalten geben? Kann es statt Unternehmenskommunikation eine Kommunikation von Unternhemen, ein Gesprächsangebot geben? Kann es das geben oder ist es nur ein Wunschtraum? Wie kann das aussehen? Wie kann man das auf den heutigen Plattformen ausspielen? Was meint Ihr?

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