Das kleine gallische Dorf oder die Elf vom Niederrhein ist und bleibt der Verein für Fußballnostalgiker

17. April 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Hier im Blog habe ich zuletzt am 15. Februar 2021 über Borussia, die Fohlenelfvom Niederrhein geschrieben. Anlass war natürlich der Weggang von Marco Rose zu den Schwarz-Gelben. Dieser Wechsel stieß oder stößt aus sportlicher Perspektive bei mir auf genau so wenig Verständnis wie … der Wechsel von Adi Hütter von der Eintracht nach Gladbach. Nun gibt es sicher genug Experten, die erklären, warum es bei Dortmund viel mehr sportliche Möglichkeiten oder Chancen zum Einkauf neuer, besserer Spieler gibt. Deshalb sei der Schritt von Rose nur sportlich konsequent.

Dortmund hat ja auch immer wieder sein finanzielles Potential bewiesen und oft genug Spieler von der echten Borussia mit ihren Dollares einfach so weg gekauft – und ist gerade selbst in Gefahr, ihren besten Stürmer zu verlieren. Es ist ein Geschäft und beim Begriff Spielervermittler bekomme ich mittlerweile ein mehr oder weniger starkes Bauchgrimmen.

Jetzt zahlen die Schwarz-Gelben 5 Millionen € Ablöse an die Fohlen, die Fohlen wohl 7,5 Millionen € an die Eintracht dafür, die jeweiligen Trainer per festgeschriebener Ausstiegssklausel aus ihren Verträgen und ihren Vereinen weg zu kaufen. Der normale Wahnsinn des Fußballgeschäfts ist also nun sehr sichtbar auch auf dem Trainermarkt angekommen. Unwillkürlich muss ich an 1973 denken, als Real Madrid wohl rund eine Million Mark für Günter Netzer nach Gladbach überwiesen hat. Damals.

Nostalgie, und ja, ich bin Fußballnostalgiker. Und ja, ich bin da sicherlich ein ewig Gestriger, denn Fußball war vielleicht nie etwas für Fußballnostalgiker und ist sicher schon lange, lange Zeit „just a business“. Mein Nostalgie geht so weit, dass ich dem 1. FC Köln die Daumen für den Klassenerhalt drücke – Derbys sind Highlights -, hoffe, dass die Roten Teufel die Klasse halten und wieder aufsteigen oder wünsche den Löwen, den heimischen Lilien und St. Pauli alles Gute. Und ich lese mit Freude und Respekt einen Beitrag über „den Menschen“ Horst Hrubesch zu seinem 70. Geburtstag, der so gar nicht in diese moderne Fußballzeit zu passen scheint.

Zurück zum aktuellen Geschehen: Aus sportlicher Perspektive begrüße ich durchaus die Verpflichtung von Adi Hütter und hoffe, dass er für sich selbst und für den Verein den hohen Erwartungen gerecht wird. Er hat ein Päckchen zu tragen, gerade auch, wenn er mit der SGE die Champions League schaffen sollte … Doch es bleibt ein Geschmäckle und das nicht wegen seiner Aussage „Ich bleibe“. Es kann durchaus sein, dass er es zum Zeitpunkt der Aussage so gemeint hat.

Es bleibt ein Geschmäckle wegen der ganzen Mechanismen des Fußballgeschäfts, die mir durchaus auch den Spaß am Sport verderben. Zu viele europäische Wettbewerbe, zu viel Ungleichheit, unfassbare Summen und/oder Schulden bei Vereinen wie Barcelona, PSG oder Man City. Eine langweilige Bundesliga, die gefühlt seit Jahrzehnten von den arroganten Bayern dominiert wird und wo scheinbar nur die Roten Bullen etwas Paroli bieten können. Dortmund verkackt es ja seit dem Weggang von Klopp regelmäßig. Man verzeihe mir letztere Polemik. Es ist halt so, wie es ist.

Nicht nur in den vergangenen Jahren, schon in den Siebzigern habe ich mich als Fohlenfan mit der Rolle der Borussia als Underdog, als Robin Hood identifiziert. Max Eberl hat das jetzt kürzlich nochmals mit dem Begriff des kleinen gallischen Dorfes plastisch umschrieben. Und es gibt ja auch immer noch Leuchttürme, an denen man sich als Fohlenfan festhalten, mit denen man sich identifizieren kann. Das ist ein Max Eberl*, der nun seit Jahren die sportlichen Geschicke des Vereins vorbildlich lenkt und bisher allen Verlockungen, vom Niederrhein weg zu gehen, widerstanden hat. Das sind auch ein Stephan Schippers, der die finanziellen Belange vorbildlich lenkt, und ein Präsidium mit Rolf Königs und Borussen-Ikonen wie Hans Meyer oder Rainer Bonhof.

Auch bei den Spielern gibt es sicher einige, die die Raute im Herzen tragen, ein Toni Jantschke, ein Christoph Kramer, wahrscheinlich auch ein Yann Sommer und einige andere. Gute Spieler, die wissen, was sie an der Borussia haben, aber auch nicht internationale Spitzenklasse sind (vielleicht bis auf Yann zu seinen besten Zeiten) und so nicht in Versuchung geführt werden. Bei vielen anderen Spielern müssen wir als Fohlenfans weiter akzeptieren, dass Gladbach eine Durchgangsstation ist und ihnen Respekt zollen, wenn sie in ihrer Zeit die möglichst optimale Leistung bringen. Sie werden zum Zeitpunkt X wechseln – und den Fohlen hoffentlich ein erkleckliches Sümmchen in die Kasse spülen. Da sind wir wieder bei Stephan Schippers und der Kohle. Und das Thema wird auch wieder Ende dieser Saison und darüber hinaus eine Rolle spielen (müssen).

Dieser Mechanismus greift seit zitiertem Günter Netzer, der natürlich im Vergleich zu den heutigen Verbleibszeiten ewig bei den Fohlen war und sich offensichtlich noch heute mit dem Verein identifiziert. Und diese Mechanismen greifen jetzt auch ganz offensichtlich für Trainer, die eine definierte Zeit – 2 bis 3 Jahre – hoffentlich sehr gute Arbeit leisten und dann die nächste, finanziell und sportlich vermeintlich attraktivere Option wählen. Das ist das Business. Damit müssen wir Fußballnostalgiker leben und uns darüber freuen, wenn das kleine gallische Dorf trotzdem immer wieder aufsteht, immer wieder neue Spieler findet, hoffentlich begeisternden Fußball spielt und dann wieder von vorne anfängt.

Max Eberl scheint weiter davon zu träumen, dass er was Blechernes in der Hand hält. Das wird aber extrem schwer. Als Fans müssen wir uns wahrscheinlich eher an den scheinbar Erfolgen festklammern, der Teilnahme an der Champions oder Euro League, den Siegen gegen Bayern, Dortmund oder Leipzig, einem Weiterkommen im Pokal. Wir, ich bin und bleibe unverbesserlicher Fußballnostalgiker – und wünsche Adi Hütter alles Gute in Gladbach. Und dieses Posting erscheint natürlich ganz bewusst vor dem Anpfiff des Spiels der Fohlen gegen die Eintracht.

(Stefan Pfeiffer)

*An dieser Stelle sei auf das Gespräch zwischen Max Eberl und Felix und Toni Kroos in deren Podcast „Kroos * Kross – Einfach mal luppen“ verwiesen. Hörenswert, auch das und wie die Kroos’en das machen.

Graswurzelinititaiven aus der Mitte des Unternehmens – #9vor9 mit Sabine und Alexander Kluge

13. April 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Zu Gast bei #9vor9 waren am 13. April 2021 Sabine und Alexander Kluge, die seit Jahren Organisationen, Unternehmen, Teams und auch Einzelpersonen in Sachen Zusammenarbeit, Selbstorganisation und Führung begleiten und coachen. Wir haben zusammen über sogenannte Graswurzelinitiativen in Unternehmen gesprochen, Initiativen von unten, besser aus der Mitte des Unternehmens, die Dinge, Prozesse, Produkte, Zusammenarbeit, Kundendienst in einer Organisation verbessern wollen. Genau eben nicht per Order Mufti ,sondern meist aus Eigenmotivation der Mitarbeiter:innen.

Aus meiner Sicht ist ein solches Engagement generell und insbesondere in Zeiten der (nicht nur digitalen) Transformation besonders wichtig und notwendig, stoßen aber durchaus an Grenzen. Das kann das Hierarchiedenken oder Besitzstandsdenken sein, das kann Angst vor Veränderung sein oder das das nahende Quartalsende im neuerlichen „most important quarter in the history of our company“.

Technologie, entsprechende Produkte zur Zusammenarbeit und Kommunikation, zur Vernetzung sind dabei notwendige „Enabler“, aber nicht die eigentlich erfolgskritischen Faktoren. Man kann sicher mehr oder weniger trefflich über Funktionalität und Nuancen der ein oder anderen Lösung diskutieren – und die entsprechenden Apologeten tun dies auch sicherlich weiterhin. Entscheidender ist aber der „menschliche Faktor“, die Art und Weise, wie zusammengearbeitet und kommuniziert wird, wie gerade auch das Management eingebunden wird, wie man Sponsoren und damit Rückendeckung für Graswurzelinitiativen findet und der Mehrwert für das Unternehmen (und die Mitarbeiter:innen) deutlich wird.

Denn: Graswurzelinitiativen sind wichtig, notwendig, aber diejenigen, die sie treiben brauchen Standvermögen und einen langen Atem, denn erfahrungsgemäß kann es vielfältige der besagten Widerstände geben und es wichtig, sich hier nicht frustrieren zu lassen. Dabei können Methoden wie Working out loud oder andere Arten, sich zu vernetzen, extrem hilfreich sein. Genau in solchen Vorgehensweisen unterstützen Sabine und Alexander mit Rat und Tat, in ihrem 2020 erschienenen Buch „Graswurzelinitiativen in Unternehmen: Ohne Auftrag – mit Erfolg!“ – oder auch mit ihrem Podcast oder ihren Veröffentlichungen – und natürlich auch in Beratungsprojekten.

https://9vor9.podigee.io/51-graswurzelinitiativen-unternehmen

Wer Lust hat, einfach mal reinschauen oder reinhören in unseren Video- oder Podcast. Es werden vielfältige Aspekte, auch kulturelle Unterschiede zwischen den Ländern diskutiert. Und wir schauen auch etwas nostalgisch auf Zeiten zurück, in denen Luis Suarez das Leben außerhalb des E-Mail-Posteingangs postuliert und schon vor mehr als 10 Jahren gefordert hat, mehr Informationen und Wissen zu teilen, Abteilungs- und Bereichssilos nieder zu brechen und soim Endeffekt auf verschiedensten Ebenen bessere Ergebnisse zu erzielen.

Wir freuen uns über Feedback, am liebsten auf Twitter Stefan – https://twitter.com/Digitalnaiv – und Lars – https://twitter.com/larsbas – oder Sabine – https://twitter.com/netzabine – und AlexanderKluge – https://twitter.com/alecmcint.


#9vor9 – Digitalthemen der Woche erscheinen auch immer als Podcast unter https://9vor9.podigee.io/ und sind natürlich über die gängigen Podcast-Plattformen abrufbar.

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Hörtipp: Von Diversity im Kopf und in der Verwaltung – Der SPRIN-D Podcast mit Katrin Suder vom Digitalrat

8. April 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Ich gebe zu, dass ich den Digitalrat der Bundesregierung wenn überhaupt nur am Rande wahrgenommen habe. Mehr Aufmerksamkeit bekommen hat er jetzt durch das Gespräch zwischen Katrin Suder und Thomas Ramge im Podcast von SPRIN-D, der deutschen Agentur für Sprunginnovation, erhalten. Katrin Suder, Vorsitzende des Digitalrats der Bundesregierung, Mitglied des Kuratoriums der Hertie School of Governance, vorher im Verteidigungsministerium und eine ehemalige „McK’ie“, wird von Ramge zur Arbeit des Digitalrats und darüber hinaus befragt.

https://feeds.podcastproduzenten.de/sprind/feed/

Es werden viele Aspekte und Themen behandelt,fallen viele Begriffe, viele Schlagworte, die gerade heutzutage durch die Corona-Krise noch mehr in den Fokus geraten sind und ich erlebe einige Déja-vu und Future-vu in meinem ganz persönlichen Spagat zwischen Themen, mit denen ich im Job im IBM Livestudio und aus Privatinteresse hier im Blog oder bei #9vor9 beschäftige.

Katrin Suder spricht über die Notwendigkeit, sich in vielen Bereichen vom Projektmanagement nach dem Wasserfallmodell hin zu iterativer, spiralförmiger, agiler Entwicklung bewegen muss – und ich denke an mein Gespräch mit Anna Roizman und Cihan Sügür von Porsche. Sie spricht von der Notwendigkeit eines Mentalitätswandels, von der Notwendigkeit von Quereinsteiger:innen in der öffentliche Verwaltung, damit man dort endlich Projekte – sie nennt es Kampagnen – schnell, pragmatisch und erfolgreich bewältigen kann, ein Thema das alle, uns bei #9vor9 und mich im Blog beschäftigt.

Die Herausforderungen unseres föderalen Systems werden ebenso angesprochen, wie fehlendes digitales Denken, fehlende Anpackmentalität sowie bürokratische Verkrustungen und Lähmungen: Unsere Verwaltung ist einfach noch nicht so weit, dass sie neue innovative Arbeitsweisen inne habe. Lange Jahre war sei auf Beständigkeit getrimmt. Was nicht gelungen sei, sei das Innovative, Agile. Man sei einfach hochgradig überreguliert. Zu viele Juristen, zu wenige Historiker 😉 … Stimmt, leider.

Es geht um die verantwortungsvolle Nutzung von Daten und Datenschutz ebenso wie um Diversity – und hier wird Katrin Suder durchaus emotional. Sie hält ein flammendes Plädoyer für Vielfalt, einer Offenheit, sich anderen Perspektiven zu öffnen, auch um mehr Frauen in Führung und Teams. Diversity ist schwieriger, anstrengender, aber es lohnt sich, denn es kommen bessere Ergebnisse heraus. Sehr hörenswert.

Auch Gaia-X, das mich in den kommenden Wochen in diversen Talks beschäftigt, wird behandelt. Und ja, digital souverän sein, muss oder darf nicht heißen, die Lösungen der Hyperscaler nach zu bauen. In diesem und anderen Umfeldern geht es um Wahlfreiheit und um die Kompetenz, technologische Lösungen zu bewerten und zu prüfen. Gaia-X müsse Standards schaffen, um mehr Unabhängigkeit von einzelnen Anbietern schaffen, eine Wechselmöglichkeit gewährleisten und eine Souveränität in den Datenräumen zu garantieren. Und sie stellt auch die Frage: Schaffen wir das, oder ist Europa einfach zu kompliziert und scheitern wir wieder an unseren Eigeninteressen? Gute Vorbereitung für meine Talks mit Heinz-Joachim Schmitz und anderen Experten!

Sicher bliebt das Gespräch, kann das Gespräch nur an der Oberfläche, aber es werden im Talk zwischen Karin Suder und Thomas Ramge – gerne erinnere ich mich noch an das Streitgespräch Ramge und Andrea Martin zu KI auf der letzten Cebit 2018 in Hannover (Achtung: Facebook-Link) – wichtige Punkte beleuchtet, auf die man achten kann und sollte.

(Stefan Pfeiffer)

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Social Audio wird und sollte bleiben – egal was mit Clubhouse passiert – Das Digitalthema bei #9vor9

6. April 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Das Digitalthema bei #9vor9 war in dieser die Noch-Hype-Anwendung (???) Clubhouse und die Rolle, die Social Audio vielleicht künftig spielen könnte. Zu Gast war Julia Holze, mit der Lars und ich vor geraumer Zeit eine erste (und bisher einzige) Clubhouse-Session aufgesetzt und moderiert hatten. Julia ist dabei geblieben und konnte verfolgen, wie Clubhouse vom wirklichen Hype in etwas ruhigere Fahrwasser einbog. Sie selbst ist auch noch auf Clubhouse aktiv und adressiert dort Themen und Personen außerhalb ihres normalen Bubbles.

Unser erster und bisher einziger Clubhouse-Talk mit Julia als Co-Moderatorin: Typisch Clubhouse ebennicht als Audio erhalten.

Es war eine lebhafte und interessante Diskussion, wohin es mit Clubhouse gehen könnte, welche Rolle auch andere Social Audio-Plattformen von Twitter, Facebook, LinkedIn oder anderen spielen könnten und wo ein Nutzen von Social Audio liegen könnte. Auf Clubhouse sind neue Funktionen hinzu gekommen, andere wie die Unterstützung von Android, eine „Replay-Funktion“ oder auch eine „lesbare“ Programmzeitschrift fehlen noch, doch Clubhouse hat weiterhin eine Fangemeinde, die sich auf der Plattform tummelt.

Und natürlich machen sich viele Marketers – und zu denen zählen die 3 Teilnehmer:innen von #9vor9 ja auch – Gedanken, was sie denn nun mit Clubhouse anfangen sollten. Fängt dort auch die einseitige Marketingbeschallung an? Spannt man nun dort auch mehr oder weniger Influencer ein, um die eigenen Angebote mehr oder weniger offensichtlich zu promoten? Wird es eine oder die neue B2B-Marketingplattform, wie es in diesem (hinter dem Paywall befindlichen) Artikel auf Horizont vermutet wird? Natürlich machen sich Marketers Gedanken und vielleicht werkeln die Clubhouse-Macher im Hintergrund ja an Konzepten und Features, wie sie die Social Audio-Plattform platzieren und monetarisieren können?

Die in Horizont abgebildeten Stichprobenergebnisse, warum sich Hörer:innen für einen Talk-Raum auf Clubhouse entscheiden, sind auf jeden Fall divers. Bei prominenten Talkteilnehmern oder bekannten Moderatoren schalten 17,8 bzw. 151. Prozent . Die Überschrift eines Talks ist bei 35,4 Prozent entscheidend – das Herz des alten Journalisten geht auf, der gute Headines mag. Die Zahl der Zuhörer sind für knapp 10,1 Prozent wichtig während immerhin 19,4 Prozent auf Einladungen reagieren. Und eine große Menge – 41,1 Prozent – schalten wegen keiner der genannten Gründe ein.

Ich persönlich bin weiterhin von möglichen Interaktionsmöglichkeiten fasziniert. In unserer #9vor9 Sendung schalteten sich immerhin Ragnar Heil und Gunnar Sohn per Chat zu, kommentierten und stellten Fragen. Wesentlich dynamischer und lebendiger hätte es werden können, wenn die beiden live per Audio (oder Video) hinzugekommen wären. Genau dort sehe in vielfältige Möglichkeiten, moderierte Gruppendiskussionen zu führen. Argumente auszutauschen, Feedback direkt einzuholen. Das kann bei verschiedensten Themen geschehen, das könnte aber auch von Unternehmen bewusst als Feedback-Kanal für die Weiterentwicklung eigener Produkte und das Pflegen einer Community – eines meiner Appelle für Communities siehe hier – genutzt werden. Natürlich gehört dazu der Mut zu kritischer Auseinandersetzung. Natürlich braucht es eine gute Moderation. Jedoch glaube ich weiterhin, dass solch eher rauen, nicht hochglanzigen Formate auch von Unternehmen in deren eigenstem Interesse forciert werden sollten.

Die primär inhaltliche, aber auch technische Phantasie ist gefragt, wie, wo und in welchem Rahmen man Social Audio nutzen kann und sollte. Das können Clubhouse oder die entsprechenden Pendants, vielleicht aber auch Erweiterungen anderen eher Enterprise-orientierten Plattformen sein. Ich auf jeden Fall würde mir in manchem meiner Liveformate oder auch in Webinaren und den derzeit so verbreiteten Onlinekonferenzen die Möglichkeit wünschen, ad hoc weitere Personen in Diskussionen aufnehmen zu können – und das nicht nur per Chat. No risk, no fun, no value …

Diese Einstellung hat (verständlicherweise) nicht unbedingt jede:r und ich bin auch sicher, dass es hier und da angesichts der doch vorhandenen Rabauken und Trolle auch mal unsachlich, unter der Gürtellinie zur Sache gehen könnte, aber dann gilt es wie in anderen Zusammenhängen: Der:die Moderator:in entzieht das Wort, muss den Saft den entsprechenden Personen abdrehen. Bisher scheint auf Clubhouse auf jeden Fall noch ein ziviler Ton zu herrschen. Vielleicht kann man so was ja auch als Beispiel nehmen beziehungsweise retten. Schön wäre es.

(Stefan Pfeiffer)

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Alles Mumpitz? Digitalisierung in der Literatur, Talkshows und Nachrichtenkompetenz bei #9vor9

30. März 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Ein ganz spezielles #9vor9 heute mit unserem Schöngeist und Literaten Lars Basche, der quasi in Tradition des legendären Marcel Reich-Ranicki das Thema Digitalisierung in der Literatur am Beispiel des Deutschen Literaturarchivs Marbach vorstellte. Die Direktorin Sandra Richter hat hier wohl viel neuen Wind ins Archiv gebracht und es in vielerlei Weise digital geöffnet, von der Erfassung digitaler Literaturformate über die Digitalisierung (Scannen<) von Literatur über digitale Kommunikation in und über soziale Medien (hier das Literaturarchiv auf Twitter und Facebook) bis hin zur Kollaboration mit digitalen Hilfsmitteln. Diese Initiativen sind im zwischen Heilbronn und Stuttgart gelegenen Marbach wohl nicht immer auf Zustimmung gestoßen, wusste der Lars zu berichten.

Legendär ist „Das Literarische Quartett“, die Literaturtalkshow mit Reich-Ranicki, Karasek und Löffler. Dort ging es immer wieder zur Sache und geblieben ist auch der Satz „Alles Mumpitz“ des ehemaligen Chefs der Literaturredaktion der FAZ. Dieser Ausspruch liegt mit auch immer wieder auf der Zunge, wenn ich derzeit in der Flut der Talkshows ertrinke, die auf den Öffentlich-Rechtlichen gefühlt stündlich gesendet werden, wo man oft die gleichen (oder sind es die selben) Gesichter zu sehen und die gleichen Argumente und Positionen zu hören glaubt. Eine Debattenkultur ist wichtig, aber es scheint, dass hier doch viel Einheitsbrei und weniger Erkenntnis und sachliche Auseinandersetzung produziert wird.

Um aber Einheitsbrei, Meinung auf der eine Seite und Fakten und Manipuliertes auseinander halten zu können, braucht es entsprechende Kompetenz, oft – wie es Gunter Dueck formuliert – entsprechendes Kontextwissen. Das gilt für die besagten Talkshows ebenso wie für die immer wichtiger werdenden Onlinemedien, von journalistischen Angeboten bis zu soziale Medien und Kanälen. Wer seine eigene Kompetenz im Bereich Onlinenachrichten und -informationen prüfen will, dem sei der-newstest.de ans Herz gelegt Hier werden 24 Fragen aus den Bereichen Navigieren, Beurteilen, Fakten checken, Mitreden und Wissen und Verstehen gestellt, man kann seine eigenen Kenntnisse prüfen und vor allem auch durch die Auflösung und Tipps dazu lernen. In diesen und in kommenden Zeiten, in denen Online immer wichtiger wird. ist das für sogenannte mündige Bürger:innen extrem wichtig, um nicht auf Nepper, Schlepper und Bauernfänger im Netz (und daneben) herein zu fallen.

Und natürlich gibt es #9vor9 auch wieder als Podcast auf den bekannten Plattformen und hier im Netz.

(Stefan Pfeiffer)

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Wieviel Medien- und Nachrichtenkompetenz hast Du im „Neuland“ Internet?

28. März 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Medien- und Nachrichtenkompetenz sind und werden heute immer wichtiger. Oder ganz banal geschrieben: Welcher Nachricht kann ich wirklich trauen? Was ist Werbung? Was ist gar Fake News? Jörg Schieb auf WDR Digitalistan und Der Spiegel berichten über eine Umfrage der Stiftung Neue Verantwortung zur Nachrichten- und Informationskompetenz der deutschen Bevölkerung. Die Ergebnisse sind ernüchternd.

Tatsächlich “Neuland”

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass fast die Hälfte aller Teilnehmer nur geringe oder sehr geringe Nachrichtenkompetenz haben – es geht also unter anderem darum, Desinformationen zu erkennen und Werbung von Nachrichten zu unterscheiden. Das ist einerseits schockierend, aber andererseits nicht überraschend.

Neuland? Welchen Nachrichten kann ich trauen? › Digitalistan

Viele Informationen und Medien sind wie auch die Anwender ins Internet gewandert und das macht es offensichtlich komplexer, glaubhafte Nachrichten und Wahrheiten zu erkennen. Das Netz selbst und die Betreiber machen es ja auch nicht einfach. Nur zu oft kann die kleine Beschriftung als Anzeige oder Advertorial überlesen werden, müsste ein Beitrag – wie es auch die Studie fordert – eindeutiger und optisch auffallender gekennzeichnet werden.

Der innere Kreis zeigt die durchschnittlich von den 4.000 Befragten erzielten Werte

Die Umfrageergebnisse der 4.000 Befragten Deutschen machen auf jeden Fall deutlich, wie wichtig Aus- und Weiterbildung im Segment Nachrichten- und Medienkompetenz in Schulen, aber auch in der Erwachsenenbildung ist, denn leider hat niemand von uns die Faktenchecker-App zur Hand – ich muss an das Project Debater denken -, die schnell und zuverlässig bei der Bewertung hilft. Die Ergebnisse sind auch ein Indiz dafür, warum viele auf Fake News, reißerische und emotionale Texte, Überschriften und Bilder oder gar bewusste Desinformation und gesteuerte Propaganda hereinfallen. Es ist zugegebenermaßen nicht einfach und man kann den Satz von Gunter Dueck zu Data Literacy (zur Kompetenz im Umgang mit Daten) nahezu eins zu eins auf Nachrichtenkompetenz anpassen: „Zur Beurteilung von Nachrichten ist eine Menge Kontextwissen erforderlich, auch dafür, Manipuliertes oder einfach Falsches zu erkennen.“ Hier bleibt zu viel zu tun, insbesondere auch für diejenigen, die eher niedrige Bildung haben, sonst driften potentiell immer mehr Bürger:innen in politisch bedenkliche Lager ab.

Wer seine eigenen Fähigkeiten im Umgang mit Inhalten und Nachrichten im Internet testen will, kann das unter der-newstest.de tun und ich lege es jeder:m ans Herz. 24 Fragen aus den Bereichen Navigieren, Beurteilen, Fakten checken, Mitreden und Wissen und Verstehen beantworten und vor allem auch die Tipps lesen. Ich bilde mir ein, dass ich mich recht gut auskenne, bin aber nicht bei allen 30 möglichen Punkten gelandet – wobei ich im Fall der konservativsten Tageszeitung die als richtig gewertete Antwort anzweifele … Der Test sensibilisiert dafür, genauer hin zuschauen, um vernünftig und faktenbasiert bewerten zu können. Jenseits der Ergebnisse wichtig sind vor allem die Erläuterungen zu den einzelnen Themen und die individuelle Auswertung. Ich habe den Test auf jeden Fall an viele Freunde weitergeleitet, insbesondere die Lehrer:innen.

(Stefan Pfeiffer)

Talkshow-Überdruss: Immer die gleichen Gäste, viel Unsachlichkeit, oft Polemik, zu wenig fachliche Diskussion, schwächelnde Moderatoren:innen

26. März 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Der letzte Satz von Manfred Lindlinger in seinem Beitrag zum Project Debater, einer von IBM entwickelten KI, die mit Menschen debattieren, diskutieren und argumentieren kann, hat mich ins Mark getroffen. Mancher Talkshow würde ein entsprechender Diskussions- und Debattierpartner gut tun, der fundierte Argumente identifizieren und vortragen würde. Das hat gesessen, denn viele, ja die meisten Talkshows gehen mir derzeit sehr auf die Nerven. Natürlich dominiert das Thema Corona bzw. Covid-19. Kein Tag ohne eine entsprechende Talkshow (und deren „Nachbehandlung“ in den Medien). Und ich glaube, auch immer wieder die gleichen Gäste zu sehen. (Dazu kann man gerne die am Ende eingeblendete Statistik checken. Ist zwar nur 2020, aber immerhin.)

Vor allem scheint mir zu oft nur heiße Luft zu kommen. Regierende aus Bund und Ländern, die ihre Wankelmüdigkeit rechtfertigen, oder Politiker, die schon im Wahlkampfmodus auf Stimmenfang sind. Die FDP sticht mir dabei gerade heraus, die ganz offensichtlich der CDU/CSU Wähler:innen mit wirtschaftsfreundlichen Öffnungsparolen abjagen will. Emotional berührt haben mich die Aussage von Herrn Kubicki, der die Diskussion um die Mutante gar lustig findet frei nach dem Motto:

Zwar hat die Partei wenig Konkretes anzubieten, aber aus der Opposition heraus kann man schon mal breitflächig stänkern.

Kubicki beim ARD-Talk in Fahrt: „Diese Mutanten-Diskussion finde ich lustig“ – FOCUS Online

Eine höhere Ansteckung sei nicht nachgewiesen. Dem RKI oder britischen Forschern scheint Herr Kubicki ganz offensichtlich nicht zu glauben. Immerhin Widerspruch vom Grünen (und Arzt) Janosch Dahmen in der Diskussion bei Anne Will. Ein Negativbeispiel, das heraus sticht, mir natürlich besonders auf die Nerven geht, weil ich anderer Meinung bin*, das aber beispielhaft meine Talkshow-Müdigkeit verdeutlicht. Viel Unsachlichkeit, oft Polemik, zu wenig fachliche Diskussion, manchmal schwache Moderatoren:innen. Und das zieht sich durch. Ausnahmen bestätigen die Regel. Michael Radunski kommentiert in der FAZ eine Talkshow mit Maybrit Illner:

Lauterbach mahnte, warnte und forderte neue scharfe Maßnahmen, während Madsen die Zeit für Öffnungskonzepte, Hoffnung und Mut gekommen sieht. Über beide Sichtweisen lässt sich diskutieren. Man mag zu ihren jeweiligen Forderungen stehen, wie man will. Aber sowohl Lauterbach wie auch Madsen vertreten zumindest eine klare Haltung, für die sie jeweils auch Argumente ins Feld führten. Und nur so ergibt eine Talkshow einen Sinn.

TV-Kritik Maybrit Illner: Osterruhe und Versagen der Corona-Politik

Mehr Argumente – der Link zurück zu Project Debater und mancher Talkshow würden fundierte Meinungen gut tun – , gerne lebhafte Diskussion, vor allem weniger Schaumschläger und standhafte, kritische Talk Master. Aber das sind sicher fromme Wünsche – passend zur Vorosterzeit. Vielleicht sollte ich einfach abends wegzappen, wenn man mal wieder eine derartige Runde aufpoppt. Wahrscheinlich die klügere Variante, auch wenn ich eigentlich jemand bin, der eine faire und harte Debatte liebt und für wichtig erachtet.

* Ich bin auf der Seite eines Christian Drosten, einer Melanie Brinkmann und eines Karl Lauterbachs, die nach meiner Beobachtung und Einschätzung fundierte Empfehlungen aufgrund der Datenlage geben, denen aber immer wieder nur partiell gefolgt wird. Nur zu schnell werden die Maßnahmen wieder zurück genommen mit verheerenden Folgen, wie es beispielsweise auch Gunter Dueck beschreibt. Notbremsen werden gelockert, doch – wie auch Karl Lauterbach aufgrund der Datenlage und seiner Fachkompetenz vermutet – der Lockdown wird kommen, nur dann noch härter, weil viele Politiker jetzt wieder windelweich einknicken.

Hier nun zum Abschluss die angekündigte Übersicht der Talkshow-Gäste von ARD und ZDF in 2020:

(Stefan Pfeiffer)

Talkshow-Überdruss: Ein glaubwürdiger, eloquenter Faktenchecker und Debattierer würde gut tun

26. März 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Sowohl die FAZ wie auch Die Zeit haben aktuell Beiträge über das Project Debater von IBM Research veröffentlicht. Anlass ist ein Aufsatz von Noam Slonin und seiner Kollegen:innen aus den IBM Laboren in Haifa und Dublin in Nature. Die Forscherinnen und Forscher haben „eine KI“ entwickelt, die mit Menschen debattieren, diskutieren und argumentieren kann. Dazu sucht sich das System Informationen zu einem Thema aus unterschiedlichen Quellen heraus, gewichtet und analysiert die Argumente und Gegenargumente und bereitet sie in natürlicher Sprache auf.

In einer öffentlich übertragenen Debatte zwischen Harish Natarajan und Project Debater, on einer Säule mit blau leuchtendem Display und einer weiblichen Stimme verkörpert, wurden die Fähigkeiten an der Fragestellung „Sollten wir Vorschulen subventionieren?“ demonstriert. Meine Kollegin Anke Breitwieser und mein Kollege Dr. Wolgang Hildesheim beschrieben das näher in diesem Beitrag. Dort ist auch das Video der (englischsprachigen) Diskussion zu sehen.

Warum greife ich es hier auf? Noam Slonim und seine Kollegen:inne schreiben in Nature“, dass es ihnen gar nicht so sehr darum gehe, dass eine KI eines Tages besser als Menschen argumentieren könne. Vielmehr sollen die Weiterentwicklungen von Debater dabei helfen, angesichts der Informationsflut und auch zunehmender Fake News Fakten zu extrahieren, überzeugende Argumente zu identifizieren oder zu entwickeln und so bei der Entscheidungsfindung unterstützen. Das erscheint in diesen Zeiten auch dringend notwendig, denn wie Manfred Lindinger in der FAZ so schön seinen Artikel schließt:

In manchen hitzigen Talkshows, die derzeit Hochkonjunktur feiern, würden die fundierten Meinungen von Project Debater sicherlich viel Zuspruch finden.

Debattierfreudige KI: Jetzt redet der Computer

Dem kann ich nur zustimmen. Viele Diskussionen (und zugegebenermaßen auch einige ach so populistische Dauergäste) gehen mir gerade jetzt in Corona-Zeiten extrem auf die Nerven. Da würde ein weiterer glaubwürdiger, eloquenter Faktenchecker, der die durchaus vorhandenen glaubwürdigen Experten unterstützt, sicher gut tun.

„In manchen hitzigen Talkshows, die derzeit Hochkonjunktur feiern, würden die fundierten Meinungen von Project Debater sicherlich viel Zuspruch finden.“ @m_lindinger auf @faznet #KI #AI #IBM @IBMDACH

(Stefan Pfeiffer)

Signifikante Investition der öffentlichen Hand in Open Source-basierte Lösungen für die Verwaltung wäre die beste Zukunfts- und Wirtschaftsförderung – Thema bei #9vor9

23. März 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Digitalisierung und öffentliche Verwaltung ist ein Thema, das durch die Corona-Pandemie deutlich stärker in das allgemeine Bewusstsein gerückt ist. Und hier spielen Open Source-basierte Lösungen – wie die aus meiner Sicht oft zu Unrecht kritisierte Corona Warn App – eine wichtige Rolle. Peter Ganten, Vorsitzender der Open Source Business Alliance und CEO von Univention, hat sich dankenswerterweise die Zeit genommen, mit uns die verschiedenen Aspekte zu beleuchten.

Besonders bemerkenswert für mich sein Schlussplädoyer, seitens der öffentlichen Hand doch mal eine signifikante Summe in die Hand zu nehmen und in Open Source-basierte Lösungen für die Verwaltung zu investieren, statt die entsprechender Gelder in die USA zu überweisen. „Die Bundesregierung hat 2020 für rund 178,5 Millionen Euro Softwarelizenzen, Cloud- und Serverdienste bei Microsoft eingekauft, ein neuer Großauftrag steht an,“ schreibt beispielsweise heise online.

Von ähnlichen Investitionen kann die deutsche oder europäische Software-Industrie nur träumen, dabei könnte dies eine sehr lohnende Investition sein. Die europäische Wirtschaft würde gefördert, Arbeitsplätze gesichert und geschaffen, Kompetenzen weiter aus- und aufgebaut, so dass die so entwickelten transparenten, nachvollziehbaren Lösungen gar zu einem Exportgut werden könnten. Angesichts manch anderer Subventionierung und Krisenhilfen in Pandemiezeiten könnte das eine sehr lohnende Investition in die Zukunft sein.

Ich interpretiere Peter auch so, dass er den Kampf um das Frontend, um die Benutzeroberfläche, um die Programme, die täglich genutzt werden, trotz einer Dominanz in Office noch nicht aufgeben will oder aufgegeben hat. Er sieht hier durchaus weiter Chancen, auch wenn es natürlich schwer fällt, sich von alten Gewohnheiten und Formaten zu trennen. Vielleicht ist es einfach an der Zeit, sich von manchen Excel- und Word-Makros zu verabschieden und dies in neue, offene Lösungen zu überführen.

Noch ein Schlussbemerkung: Es mag oft so sein, dass Lösungen wie Teams oder Zoom derzeit stabiler laufen – auch wenn es dort ebenfalls Outages gegeben hat – und es bei manchen lokalen, Open Source-basierten Videokonferenzsystemen wie Jitsi oder Big Blue Button hier und da hakt oder gehakt hat. Wir können es einfach nicht, hört man den ein oder anderen unken. Die Hyperscaler machen das halt täglich, also nehmen wir sie doch einfach. Für mich der falsche Schluss. Dann müssen wir es lernen und die Chance nutzen, die entsprechende Infrastruktur, das Backend mit ausreichend Instanzen und Servern, entsprechend auszubauen. Ein digitales Backend werden wir auch nach der Pandemie brauchen. Da sind wir dann wieder beim Thema Investition in lokale Lösungen und Infrastruktur, die sich in der Zukunft weiter auszahlen könnten.

Und natürlich gibt es #9vor9 auch wieder als Podcast auf den bekannten Plattformen und hier im Netz.

(Stefan Pfeiffer)

Bild von NewUnion_org auf Pixabay

Rotwein-Cuvées von Rings, Markus Schneider und Meyer-Näkel – Streit um Banksy und St. Antony – und mehr #Weinerlei

21. März 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Mit Interesse habe ich in den vergangenen Monaten die Jubelarien über die Rotwein-Künste der Gebrüder Rings aus Freinsheim in der Pfalz gelesen. Uns waren einige ihrer Weißweine bekannt. Nun überschlagen sich Weinkritiker wie Eichelmann (Beste Rotweinkollektion 2021), Meininger (Kollektion des Jahres 2020 bei Meiningers Rotweinpreis) und Händler wie Heiner Lobenberg mit ihren Bewertungen. Die hab ich gelesen, aber dann doch bei manchem Preis gezuckt. Man erinnere sich an die Lobenberg’sche 20 Euro-Regel, die weiterhin für mich gilt.

Nun schlendere ich die Tage durch den Getränkemarkt Maruhn in Eberstadt, um Wasser zu kaufen und stolpere in der aufpeppten Weinabteilung über Weine von Rings. Ich hatte die schon vorher gesehen, aber dann angesichts der aufgerufenen Preise immer wieder abgedreht. Diesmal sprang mir aber „Das Kleine Kreuz“ für 19,99 Euro ins Auge und ich sagte mir, komm her, probieren wir mal.

Und siehe da: Das ist ein Cuvée aus Cabernet Sauvignon, Merlot und Saint Laurent, der richtig mundet. Viel dichte Frucht, ein rauchiger Hauch mit Würze am Ende. Ein Träumchen, den Eichelmann mit 90 Punkten* in seinem 2021 Weinführer bewertet hat. Der doppelt so teure „Das Kreuz“ liegt bei 92 Punkten. Nebenbemerkung: Von Rings habe ich vor einigen Wochen auch den 2018er Kallstadt Spätburgunder vom Kalkfels trocken probiert. Da fällt mein Urteil bei weitem nicht so enthusiastisch aus, gut trinkbar, aber kein potentieller Lieblingswein. Das mag aber auch an meiner schwierigen Beziehung zu Spätburgunder liegen.

Die Tage habe ich dann bei Maruhn einige Flaschen vom „Kleinen Kreuz“ nachgekauft. Ist sicher bei dem Preis kein Alltagswein, aber was für besondere Stunden, das Sofa oder auch ein gutes Essen. Und als ich dann über diesen Wein nachdachte, musste ich unwillkürlich an Markus Schneider und Meyer-Näkel denken. Warum das denn nun wieder? Ich falle wohl gerne auf Rotwein-Cuvées rein. denn auch Black Print von Schneider (Merlot, Cabernet Dorsa, Cabernet Sauvignon, Blaufränkisch, Syrah) und Us de la Meng (man bemerke: Spätburgunder, Dornfelder und Frühburgunder) fallen in diese Kategorie. Als ich den Us de la Meng probiert habe, notierte ich mir „Der Black Print von Meyer-Näkel?“ Ein bezahlbarer Einstiegswein (bei Maruhn 13,40 Euro), gut zum Essen, würzig, rund, gut zu deftigem Essen geeignet. Ähnlich schmackhaft, vielleicht einen Deut besser, gefälliger, der Black Print (15,90 Euro bei Belvini). Einige Weinkenner werden natürlich jetzt wieder beim Namen Markus Schneider den Kopf schütteln, doch ich bleibe dabei: Auch der Black Print schmeckt. Zusammengefasst: Deutsche können durchaus gut trinkbaren Cuvée.s

Oben ist der Begriff Alltagswein gefallen: Hier bin ich über den Beitrag von Nicole Harreisser auf Vinum gestolpert:

Es ist die eine Flasche Wein, die immer im Kühlschrank steht, sei es für überraschenden Besuch, wenn man denn wieder Besuch empfangen darf, oder für den Feierabendschluck nach einem stressigen Büro- oder Homeoffice-Tag. In den meisten Fällen ist es kein grosser Wein. Solide in der Qualität soll er sein, erfrischend im Geschmack und nicht zu teuer: ein Plädoyer für den Alltagswein.

Plädoyer für den Alltagswein

Sehr prägnant und treffend formuliert (wobei ich ein wenig über den Begriff „großer Wein“ stolpere): „Es geht um den kleinen, aber nicht banalen Genuss.“ In meiner Welt ist ein Alltagswein ein Wein, oft ein Tafelwein bis 10 Euro, oft noch drunter, der Pellegrino Nero d’Avola 2019 Tareni (5,75 Euro bei Vipino), ein trinkbarer Weißwein oder auch im Sommer ein Rosé. Über einen solchen Rosé bin ich jetzt wieder gestolpert und es ist Wein von … Rings. Der 365 Tage Rosé aus Spätburgunder und Cabernet Sauvignon hat uns begeistert. Tolle Frucht und Frische, nicht zu rund, eine leichte Würze. Das könnte ein neuer Alltagswein sein, von dem immer einige Flaschen im Keller liegen. Gleich online recherchiert, bei Belvini ein Angebot (ein 5 +1 Angebot für knapp 40 Euro) gefunden und bestellt. Der Wein liegt bei rund 7,90 Euro.

Apropos Rosé. Vor einigen Monaten habe ich über unseren Besuch beim Weingut St. Antony in Nierstein berichtet. Wir haben dort Sekt und einige Weine verkostet, die uns gut geschmeckt haben. Optisch und geschmacklich gefallen hat uns der Love and Hope mit dem Ballonmädel von Banksy.

Er ist ein Statement in der aktuellen Krise, denn was könnte wichtiger sein als Liebe und Hoffnung! Gönnen Sie sich ein wenig Freude und schenken Sie diese auch Ihren Lieben.

St. Antony · #loveandhope

So habe ich im Juni 2020 die Webseite von St. Antony zitiert. Ist ja was fürs Herz in diesen Corona-Zeiten. Captain Cork nimmt jetzt dieses Projekt und den Weinmacher Dirk Würtz in seinem Newsletter und auf seiner Home Page aufs Korn. Alles nur Schwindel und Marketing und Banksy hat das gar nicht „freigegeben“? Die Vermarktung scheint auf jeden Fall geklappt zu haben. Captain Cork zitiert Dirk Würtz:

Es hat gemacht WUMM! Dann ist ein Tsunami über uns gerollt in nahezu biblischem Ausmaß. Die Nachfrage ist unvorstellbar.

Weingut St. Antony: die Banksy-Lüge | CaptainCork

Auch wir haben mitgenommen und nachbestellt, denn natürlich war es ein schönes Mitbringsel und Geschenk in und für unseren Freundeskreis. Meine Frau ist schließlich Kunsthistorikerin. Mal schauen, wie diese Geschichte weiter geht. Ich bin ein Freund von gutem Marketing, von kreativen Etiketten auch mit Aussage (siehe Emil Bauer), aber natürlich sollte alles „sauber“ sein … Hier nochmals der Link zum Beitrag des Captains. Übrigens haben wir gerade der Tage Post bekommen: Wolle Du Love & Hope nachbestelle? Jetzt haben wir uns erst einmal den Rings auf Lager gelegt.

Zum Abschluss noch eine Bemerkung und ich habe es im Text oben schon erwähnt: Ich habe mir erstmals einen dieser dicken Weinführer gekauft. Auf dem Sofatisch liegt der Eichelmann 2021: 13 Regionen, 965 Weingüter und 11.000 Weine. Ich schaue jetzt natürlich regelmäßig hinein, wenn ich neuen Wein kaufe oder wissen will, wie wir denn so mit unser Auswahl liegen beziehungsweise gelegen habe. Jedes Jahr werde ich mir einen solchen Weinführer nicht kaufen. Jetzt haben wir aber erst einmal Nachschlagewerk – mit einer besonderen Auflistung der Bio-Weingüter – zu denen übrigens auch St. Antony gehört. Mehr oder weniger schuld an dem Kauf war übrigens der itbeobachter, der mir den brand eins-Podcast mit Eichelmann empfohlen hat. Hier ein schriftlicher Beitrag auf brand eins, wie der Eichelmann entsteht und warum manche Weingüter nicht vertreten sind: Wie bei der Einreichung zu Preisverleihungen oder in die Aufnahme in andere Führer zahlen die Winzer ein Gebühr, bei Eichelmann von 169 Euro. Deshalb ist der:die ein oder andere Winzer:in dann halt auch nicht vertreten.

Zum Podcast: Der geht so, wie itbeobachter und ich dann einhellig festgestellt haben. Und natürlich ist Eichelmann Spätburgunder-Fan und da schließt sich dann wieder der Kreis zu meinen Cuvées …

(Stefan Pfeiffer)

* 90 bis 94 Punkte stehen für hervorragend.

Talent Management #9vor9: Das Informelle-Persönliche ist in Corona-Zeiten besonders wichtig

18. März 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Wenn es um Homeoffice oder Themen rund um HR geht, dann ist gern gesehener Stammgast, ja Co-Moderator bei #9vor9: Peter M. Wald, Professor für HRM an der HTWK Leipzig. Und bei #9vor9 vom 16. März haben wir das uns das Thema Talent Management in diesen besonderen Zeiten der Pandemie vorgenommen. Talent Management und entsprechende Lösungen waren ja auch einmal Teil meiner Marketingarbeit in der IBM.

In unserem Gespräch haben wir die verschiedenen Aspekte, vom Finden und der Rekrutierung neuer Mitarbeiter:innen über die Einarbeitung bis hin zum Halten und Motivieren besprochen. All diese Phasen sind natürlich jetzt deutlich schwieriger geworden, wie auch gerade mein Freund Henry Walther bestätigt, dem es auch schwer einfällt neue Kollegen:innen in die Firma einzuarbeiten. Dabei geht es gar nicht nur um die fachliche Einarbeitung. Vielmehr ist der soziale Aspekt offenbar wesentlich relevanter und wichtiger. Wie soll man über virtuelle Verbindungen den Stallgeruch des Unternehmens oder der Abteilung einatmen und sich im positiven Sinn gesprochen sozialisieren und wohl fühlen?

Peter hat natürlich durch seine Tätigkeit die Herausforderung, die Studenten:innen virtuell zu unterrichten. Er legt wert auf persönliche „Open Peter-Stunden“, wo Studierende das persönliche Gespräch mit ihm führen können. Mehr Privates preis geben und so mehr Nähe schaffen, das ist eine seiner Empfehlungen. Der Arbeitstag kann und sollte nicht nur aus den formellen Meetings, Webex’en und Zooms stattfinden. Gerade Führungskräfte sollten auch auf informelle, virtuelle Kaffeepausen und Gespräche Wert legen, so unisono die Meinung des #9vor9 Plenums. Nur so kann eine gewisse Atmosphäre, Vertrauen, Motivation, Mitarbeiterzufriedenheit, Bindung an das Unternehmen erzielt werden.

Meine 2 Cents: Wenn ich im Büro bin, dann genieße ich auch die informellen, sozialen Kontakte. Mit denen, mit denen ich eng zusammenarbeite, versuche ich das auch heute virtuell zu leben. Man redet auch so mal unter vier Augen, egal mit welchem Werkzeug. Das muss sein. Auch das Gelästere über manche Zustände. Ausk…tzen gehört dazu und befreit. Was mir „on top“ fehlt sind die spontanen Treffen mit Kollegen :innen, denen man auf dem Flur begegnet und wo man einfach mal einen Kaffee trinken geht. Das gelingt mir eher selten in der komplett virtualisierten Homeoffice-Umgebung. Der Zufall ist schwer virtuell nachzubauen …

Und natürlich gibt es #9vor9 auch wieder als Podcast auf den bekannten Plattformen und hier im Netz.

(Stefan Pfeiffer)

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Agile@Porsche: „Habt Vertrauen, dass eure Mitarbeiter das Richtige richtig tun“

16. März 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Ich habe mich hier im Blog und auch an anderen Stellen öfters kritisch zum Thema Agile geäußert. Korrektur: Ich habe mich kritisch dazu geäußert, wie Agile in vielen Unternehmen oder Abteilungen gelebt, praktiziert wird. Wenn ein an sich guter Ansatz, eine Methode nur noch Hülle ist, wenn das tägliche Standup nur zu mehr Kontrolle und Druck gegenüber den Mitarbeitern verwendet wird, ist der eigentlich Sinn und Zweck pervertiert.

20 Jahre nach Veröffentlichung des Manifesto for Agile Software Development wird versucht, die Methodik in vielen anderen Bereichen einzusetzen. Aber wie sagt Brian Dawson zur Umsetzung von Agile in größerem Umfang in Unternehmen laut Artikel auf ZDnet so schön: „We are closer and more aware, but we are turning a tanker and it is slow and incremental.“

Dieser Tage hatte ich das Glück im Rahmen des IBM Livestudios Anna Roizman, Mrs. Agile@Porsche, und Cihan Sügür, Technology Portfolio & Demand Management und CIO Young Talent 2020 Awardee, zum Thema Agile zu interviewen. Hier nun Video und Audioversion unseres Gesprächs, wie sie Agile sehen, leben und versuchen, bei Porsche umzusetzen. Es war aus meiner Warte heraus ein sehr offenes, motivierendes Gespräch, das auf viele „Knackpunkte“ eingeht. Vor allem zeigt es mir aber auch, wie wichtig eine offene Einstellung ist, der Mindset, der Wille, „agile“ in seiner gestalterischen und offen-kommunikativen Ursprungsidee zu leben.

Und der Podcast auf Podigee unter https://in-die-tiefe-experten-talk.podigee.io/24-in-die-tiefe-24-agile-porsche.

Herzlich Dank, liebe Anna, lieber Cihan. die Ihr Euch genommen habt!

„Mein Appell an die Mitarbeiter ist: Seid mutig, traut Euch, glaubt an Euren Weg. Mein Appell an die Führungskräfte wäre: Habt Vertrauen, dass eure Mitarbeiter das Richtige richtig tun.“ – @roizman_anna von #Porsche zu #Agile Prinzipien #IBM #Livestudio https://youtu.be/Qgtsl7v0Y24

„Ich glaube, jegliche agile Transformation lebt und wird befeuert von unseren Netzwerken, von unserem Wissen austauschen, von unserem Miteinander.“ – @roizman_anna von #Porsche zu den #Agile Prinzipien im #IBM #Livestudio https://youtu.be/Qgtsl7v0Y24

„In jedem Bereich von HR über Finanz bis Entwicklung sind diese Werte glaube ich hoch zu halten und auch zeitgemäß. Das ist der neue Zeitgeist, wie wir gemeinsam miteinander zusammenarbeiten wollen.“ – @cihansugur von #Porsche zu den #Agile Prinzipien https://youtu.be/Qgtsl7v0Y24

„IT alleine ist nicht digitale Transformation. Dafür braucht es dann auf jeden Fall die Fachbereiche. Das geht nur als Gesamtunternehmen, alle gemeinsam. IT ist auf jeden Fall ein zentrales Element“ – @chihansugur von #Porsche im #IBM #Livestudio zu #Agile https://youtu.be/Qgtsl7v0Y24

Einige meiner älteren Beiträge zu Agile:

Lesezeichen zu Agile & Scrum: „Hip Hip Hurra, alles ist super, alles ist wunderbar.“ – Nicht wirklich, 25.9.2019

Weniger HomeOffice, weniger Führungskräfte: Macht aus „eydscheil“ keine Religion!, 19.9.2019

„Folterinstrumente der alten Unternehmenswelt abschaffen. Sie haben in modernen, agilen Umgebungen nichts mehr verloren“ – Marc Frey, 29.11.2018

Persönliche Gedanken zu mobilem Arbeiten, Homeoffice und „Agile“ #Zukunftsblick, 1.2.2018

Wer von Agile redet, muss das auch als Führungskraft (vor)leben, 14.9.2017

„Ädscheil“ hin, agile her – Zuerst (parallel) müssen wir unsere Hausaufgaben machen, 11.8.2017

Von der Bundeszerredungsrepublik, Krisenbürokratie und Malle als Schlüssel

14. März 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Mein ehemaliger Kollege Gunter Dueck hat sich zum Thema Verimpfung geäußert und ich kann ihm nur zustimmen. Bürokratie, fehlender Pragmatismus führen zu absurdem Vorgehen. Darüber, wie ich um „meine“ FFP2-Masken bei der Krankenversicherung musste, habe ich berichtet – um dann zwei Gutscheine von der Bundesdruckerei zu erhalten. All das hat wenig mit Krisenmanagement und schnellem Handeln zu tun.

Die Erfahrungen, beim Versuch, einen Impftermin online anzumelden, waren ähnlich. Mal musste Stadt und Ortsteil online eingegeben werden, mal nicht, mal auch noch der Geburtsname meiner Mutter als Zusatzname. Oder ich wohne halt nicht mehr in Darmstadt, sondern nur noch in Eberstadt, obwohl es anders auf dem Pass steht. Es stimmt halt:

Wir sind keinesfalls kostenbewusst und überhaupt nicht pragmatisch, und absolut nicht zupackend pragmatisch, und schon gar nicht selbstverantwortlich ethisch. Die Bürokratie bei den Impfterminen und aller sonstige Irrsinn verzögert das Impfen wahrscheinlich so sehr, dass es mehr Tote und Wirtschaftsschäden gibt, als wenn man einfach pragmatisch losimpft, …

DD379: Staat machen mit Corona – Omnisophie

Gunter Dueck schreibt von schnellem, pragmatischen Handeln, von gesundem Menschenverstand. Und hier ist noch gar nicht von Digitalisierung die Rede, von der Möglichkeit schneller, schlanker, vor allem bürgerfreundlicher zu agieren, die Rede.

Die Bürokratie ist leider allenthalben, bei der Vergabe von Impfterminen, aber auch im Verwaltungsalltag, den wir als Bürger:innen oft erleiden. Gerade liegt wieder ein per Briefpost zugestelltes Schreiben vor mir, ein Passbild zu schicken, um einen Ausweis zu verlängern. Das Amt war nicht in der Lage, meine E-Mail per E-Mail zu beantworten und hat sich sogar verbeten, das ich gar nachfrage. Immerhin darf ich das Passbild jetzt per E-Mail schicken, in einem definierten Format. Genau das hatte ich in meiner ursprünglichen, ersten E-Mail am 11. Februar angeboten. Aber sind ja nur 4 Wochen. Was rege ich mich nur auf. Immerhin habe ich jetzt schon einmal diese Antwort bekommen:

Immerhin: Eine nochmalige Übersendung per Post oder Fax ist nicht erforderlich …

Das war vor einigen Wochen noch nicht der Fall. Da kam gar nichts.

Ja, natürlich sind gerade wir, die in den sozialen Medien unterwegs sind, die bloggen, quasi Bundesjogis. Genau wie beim Fußball glauben wir auch beim Thema Digitalisierung, schnellere, unbürokratischere Abläufe und Entscheidungen es besser zu wissen. Doch, lieber Jörg Schieb, es geht nicht nur um Politik-Bashing. Es geht auch um berechtigte Kritik und wie Du schreibst, haben es uns andere Länder vorgemacht. Sie sind schneller, pragmatischer, digitaler und stehen deshalb beispielsweise beim Impfen besser da. Und ja, wir dürfen nicht alles zerreden, sondern müssen auch einfach mal anpacken: „Einfach auch mal machen. Lernen. Vorankommen. Besser werden.“ Thomas Holl schreibt zu Recht in der FAZ von deutscher Krisenbürokratie, die dem Virus seit Monaten hinterher läuft:

Schnelligkeit schlägt Perfektion, lautet eine der wichtigsten Lehren im Kampf gegen Corona. Damit tut sich Deutschland immer noch schwer.

Kommentar zu dritter Corona-Welle: Das Virus ist rasanter als die Politik

Da scheint auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, der schon vor Corona als Digitalisierer und Beschleuniger des Gesundheitswesens angetreten war, unterdessen überfordert und hinterher zu laufen. Es entsteht der Eindruck, als ob wir Deutschen es einfach nicht (mehr) können (wollen), das schnell anpacken und umsetzen. Durch die Pandemie und das schlechte Krisenanagement werden jahrelange Versäumnisse deutlich.

Die Diskussion um die Luca-App ist ein Beispiel dafür: Losgelöst davon, wie gut die Datensicherheit in dieser App ist und ob alternative Apps besser sind, hätte man schon im Herbst vergangenen Jahres eine Entscheidung vorbereiten oder gar treffen können. Schon damals wurde das Thema Erfassung der Kontaktdaten über QR Code in Restaurants oder anderen öffentlichen Räumen wie Universitäten diskutiert – und eben kein Plan entwickelt, keine Entscheidung getroffen, die man jetzt aus der Schublade holen könnte.

Auch, wenn eine neue App einiges besser machen sollte: Sie trifft am Ende noch immer auf ein zutiefst analoges Land. Sie trifft auf Gesundheitsämter, die immer noch immer Faxe verschicken. …

Eine neue Corona-App wird auch nicht alle Probleme lösen. Die Digitalisierung des Gesundheitssystems wäre ein Schritt. Aber bis dahin ist diese Pandemie vorbei.

Eine neue Corona-App wird auch nicht alle Probleme lösen › Digitalistan

Und beim Thema Datenschutz und Überwachung möchte ich Jörg Schieb noch einmal explizit zustimmen:

Stichwort Überwachung: Die Verwendung der Daten lässt sich durch gesetzliche gesetzliche Regelungen lösen. … Und überhaupt davon ausgehen: Nur wenn ich zustimme, ist es eine gute oder überhaupt legitime Lösung.

Digitalisierung: Bundeszerredungsrepublik Deutschland › Digitalistan

Explizite Zustimmung, das meine Daten benutzt werden dürfen, genaue, verständliche Erklärung. wer meine Daten wofür nutzt. So wird es bei der Datenspende-App des RKI gemacht. So sollte es generell immer gehandhabt werden.

Zurück zu Gunter Dueck, der so schön zum Abschluss seines lesenswerten Beitrags schreibt :

Sagte vor längerer Zeit jemand: „Wenn man nur geimpft nach Malle kann, spuren sie alle.“ Letztlich sind wir dann doch pragmatisch, … Malle ist der Schlüssel.

DD379: Staat machen mit Corona – Omnisophie

Und Mallorca ist ja jetzt kein Krisengebiet mehr, wie allenthalben berichtet wird. Malle ist der Schlüssel, Osterurlaub am Mittelmeer, liebe Sabine, lieber Henning (die beiden haben dort ein Häuschen …). Dann kann es ja los gehen. In Deutschland könnten die Hotels dann noch zu sein.

(Stefan Pfeiffer)

Hackerangriffe, Kekse, Kontaktverfolgung und deutsche digitale Bräsigkeit bei #9vor9 – den Digitalthemen der Woche

10. März 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Unser heutigen Digitalthemen bei #9vor9: Hackerangriffe auf Tausende von Exchange Servern beunruhigen nicht nur das BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) und setzen damit die Liste beunruhigender Vorfälle fort. Wir erinnern nur an Solarwinds, wo es wohl gelungen war bis zum Quellcode des Cloud-Angebots Azure vorgedrungen war.

Bezüglich der Bedrohungen von Exchange Servern möchte ich ausdrücklich auf den Blogbeitrag von Henning Uhle verweisen, der sich mit den Hafnium-Angriffen auf Exchange Server auseinandersetzt und die notwendigen Maßnahmen auseinander dröselt und vor allem sein Schlusswort unterstreichen:

Allerdings ist es auch so, dass niemand sagen kann, ob es mit Wettbewerbern oder mit der Cloud anders sein würde. Microsoft sagt zwar, dass mit Microsoft 365 derartiges nicht bekannt ist, aber kann man da wirklich sicher sein?

Hafnium-Angriffe auf Exchange Server – Henning Uhle

Nahezu zur gleichen Zeit warnen die Security Reports von Netscope und der IBM vor immer mehr Sicherheitsbedrohungen in der Cloud. Laut Netscope stieg nicht nur die Zahl Cloud-Apps pro Unternehmen. Im vergangenen Jahr wurden sogar fast zwei Drittel der identifizierten Schadsoftware über Cloud-Anwendungen und -Dienste verbreitet (61 Prozent), berichtet Michael Kroker in seinem Blog. Klar muss jedem sein, dass Cybersecurity-Bedrohungen nicht nur ein Problem von Microsoft, Behörden und Verwaltungen ist. Es betrifft jede:n Anwender:in ganz persönlich auf dem eigenen Rechner, dem Smartphone oder Tablet und vermehrt auch im eigenen Smart Home mit all den ach so intelligenten (und oft auch angreifbaren) Devices.

Key Findings des IBM X-Force Threat Intelligence Index 2021 ©IBM

Und am 9. März und in diesen Zeiten kommt man auch nicht um das Thema Covid19 und Kontaktnachverfolgung herum Jörg Schieb berichtet auf Digitalistan, dass Bund und Länder ihre Entscheidung für oder gegen die Luca-App zur Kontaktnachverfolgung erst einmal vertagt haben. Dabei geht es mir gar nicht darum, ob es Luca oder eine andere App werden wird. Mir geht es darum, dass diese Entscheidung für eine App bereits im Sommer oder Herbst 2020 hätte getroffen werden müssen. Das hat nichts mit großer Weitsicht oder gar prophetischer Gabe zu tun. Das ist schlicht Versagen in der Pandemieeindämmung und -bekämpfung. Und ja, eine einheitliche Schnittstelle, über die alle verfügbaren Apps funktionieren, wäre auch toll gewesen. In dieses Horn stößt auch Jörg in seinem Beitrag. Ich habe kürzlich selbst dazu geschrieben oder Dieter Schnaas von der Wirtschaftswoche zitiert. Traurig. Der von Jörg gewählte Begriff Bräsigkeit von Politik und Verwaltung ist aus meiner Sicht noch viel zu verniedlichend.

Und er ging mir nicht auf den Keks

Urlauber Lars Basche, der sich wohl mühsam aus dem Bett zum Frühstück gequält hatte, dachte natürlich wieder nur an Kekse, brachte sie nicht einmal mit (und ging mir auch auf besagten). Sein Thema der Woche: Google Chrome blockiert Third Party Cookies. Von einigen wurde das angesichts der Marktanteile von Chrome auf mobilen Android-Geräten und auf Computern schon als Riesenerfolg für den Datenschutz gefeiert. Doch die Wahrheit dürfte anders aussehen: Google löst sich von „personalisierter Werbung“ und schwenkt stattdessen auf eine Zuordnung von Personen zu Gruppen, zu Kohorten um. Aufgrund dieser Klassifizierung wird dann wohl die Werbung ausgespielt, denn auf die entsprechenden Einnahmen wir Google ganz sicher nicht verzichten wollen. Mit den Kohorten soll jetzt experimentiert werden.

Vor allem dürfte das Ende der Third Party Cookies in Chrome – Safari und Firefox haben das schon länger – ein Schlag gegen Facebook und andere Adtech-Anbieter sein, die es damit schwerer haben, Daten zu sammeln und zu kommerzialisieren. Und schon wieder zitiere ich Jörg Schieb:

Keine personalisierte Werbung mehr. Nicht sofort, aber ab nächstem Jahr. Begrüßenswert, denn wenn das mit Abstand größte Werbenetzwerk auf diese Form der Werbung verzichtet, kommen alle anderen unter Druck. Dass Google damit allerdings nicht sofort aufhört, sondern erst nächstes Jahr, zeigt aber auch, dass es keine moralische Entscheidung ist, sondern eine durch und durch wirtschaftliche.

Google macht Schluss mit Schnüffel-Werbung – demnächst › Digitalistan

So ist es wohl. Und ich habe unseren Lars, der heftiger Chrome-Nutzer ist, auch diese Meldung erinnert, die vor kurzem erschienen ist. Nicht nur Daten, auch Speicher wird von Chrome exzessiv verbraucht …

Und natürlich stimmt auch das, was Lars gesagt hat: Wie viele von uns klicken die berühmten Cookie-Einstellungen einfach weg beziehungsweise akzeptieren sie aus Bequemlichkeit. Verstehen tut die exzessiven Beschreibungen eh niemand, also ich zumindest nicht. Meine Methode: Auch als Firefox-Nutzer lösche ich konsequent alle 3-4 Wochen meine Browser-Historie inklusive gespeicherte Seiten und Cookies. Das tun aber bei weitem nicht alle.

Und natürlich gibt es #9vor9 auch wieder als Podcast auf den bekannten Plattformen und hier im Netz.

Und natürlich bleibt die Frage aller Fragen:

(Stefan Pfeiffer)

Auto-Mobil: Arbeitsplätze in Grünheide, neue E-Auto-Modelle und die vor allem deutsche Reichweitenangst

8. März 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Einige Nachrichten aus der Automobil-Branche kuratiert. Ich bin davon ausgegangen, dass Tesla im Vergleich zu Volkswagen besser zahlt. Doch – so ein Bericht auf n-tv – genau das ist nicht der Fall. Die Löhne sind demnach bei VW besser. Ein Grund, warum es nicht zu einer Abwanderung von Fachkräften von Wolfsburg nach Brandenburg kommt. Und auch weder der Stellenabbau in der Branche noch die Nähe zu Polen und dort verfügbare Arbeitskräften scheinen dazu zu führen, dass alle Stellen im neuen Tesla-Werk in Grünheide in Brandenburg besetzt werden können. Trotzdem meine Prognose: Musk wird schon die Mitarbeiter finden. Spannend wird dann sicher, wie die Arbeitsbedingungen und das Betriebsklima bei Tesla sein werden. Ich male Amazon nicht an die Wand …

Wer einen Überblick über die aktuell verfügbaren E-Autos haben will, dem sei diese Übersicht auf dem E-Portal von Chip empfohlen. 36 E-Autos im Preis-Reichweiten-Check vom Renault Zoe über den VW ID.3 bis zum Porsche Taycan finden sich in der Übersicht. Zwei „neue“ Modelle sind mir in den Nachrichten aufgefallen: der Volvo XC40 Recharge Pure Electric und der Hyundai Ioniq 5. Der Volvo mit dem Betriebssystem Android soll wohl nur online verkauft werden und wir im Abo ab 699 Euro angeboten. Nicht meine Preisklasse.

Zum Ioniq schreibt der ADAC: „Der Ioniq 5 von Hyundai ist eine Kampfansage auf dem Markt der Elektroautos. Er ist schick, bietet tolle Technik und ist für einen Basispreis von ca. 42.000 Euro zu haben.“ Und er lädt schneller als die Konkurrenz. Das Interesse an dem Fahrzeug, das ab Mitte 2021 kommen soll, war (und ist) groß. Die Interessentenliste für das Project 45 war schnell geschlossen.

Und noch einige Statistiken: Laut VDA nimmt die Produktion von E-Autos Fahrt auf. Jedes fünfte Auto, das im Dezember in Deutschland vom Band gelaufen ist, sei ein E-Auto gewesen.

Dem gegenüber steht die Umfrage “ LeasePlan Mobility Insights Report “ von Ipsos: Die Skepsis gegenüber E-Autos ist bei uns Deutschen deutlich größer als in anderen Ländern, berichtet heise. 58 Prozent von rund 5000 Menschen, die in 22 Ländern befragt wurden, gaben an, dass ihr nächstes Auto wahrscheinlich oder sicher kein E-Auto sein werde werde. Für 18 Prozent der deutschen Autofahrer:innen kommt ein Elektroauto als nächstes Fahrzeug in Frage, 24 Prozent antworteten mit „vielleicht“. Und was ist ein dominanter Grund, warum nicht mehr Deutsche E-Auto fahren wollen? Natürlich die hierzulande viel größere Reichweitenangst vor der Ladeinfrastruktur.

Apropos Reichweitenangst: Im Ranking von Motor1.com Italien in der Kategorie Elektroauto steht det der VW ID.3 nicht besonders gut da. Der vom ID.3 (1st Edition mit 150 kW und 58-kWh-Batterie) bei winterlichen Temperaturen erzielte Verbrauch von 17,20 kWh/100 km hat nicht für die von Motor1 definierte Standardstrecke von 360 km gereicht. Man musste zwischendurch laden. Das oft diskutierte Thema Reichweite von E-Autos gerade im Winter trägt nicht zur Vertrauensbildung bei …

Ein Grund, warum ich mit der größeren Batterie liebäugele. Immerhin gibt es an einer anderen Stelle endlich gute Nachrichten: Die Software-Updates für den ID.3 (und ID.4) können nun „over the air“ drahtlos vorgenommen werden. Man muss nicht mehr in die Werkstatt fahren.

(Stefan Pfeiffer)

Bild von Peter Fischer auf Pixabay