Lesezeichen: Im Land der Lahmheit – WiWo

7. März 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

In einem Absatz die Versäumnisse im Sommer/Herbst 2020 von Dieter Schnaas in der Wirtschaftswoche zusammengefasst:

Die Regierenden hätten in diesen Monaten Massentests einführen, Pflegeheime schützen, Schulen digitalisieren, Gesundheitsämter vernetzen, ein striktes Quarantäneregime für Einreisende etablieren, eine No-Covid-Strategie durchsetzen, überreichlich Impfstoffe kaufen können. Sie haben aber leider nichts von alledem getan, oder genauer: nur manches, zu wenig, stets halb- und maximal hasenherzig.

Tauchsieder: Im Land der lahmen Leitwölfe

Wir haben ein Problem bei den handelnden Personen, Behörden und in unserem föderalen System. Wir entscheiden nicht schnell und konsequent. Vor allem setzen wir auch nicht schnell und konsequent um. Wir hinken digital hinterher. Wir haben nicht notwendige Umsetzungsmentalität und daraus resultierend -geschwindigkeit. Stattdessen Zuständigkeits- und Machtgeschachere. Die Leitwölfe tragen große Verantwortung, aber es sind nicht nur sie, an denen es krankt.

Und in einem widerspreche ich Schnaas: Von welchen Liberalen redet er nur? Die sind ganz sicher keine Option mehr seit es dort keine Pendants zu einer Hildegard Hamm-Brücher, einem Gerhart Baum oder einem Burkhard Hirsch mehr gibt.

#9vor9 mit Andreas Stiehler zum Digital Workplace: Arbeiten oberhalb des Algorithmus oder die Notwendigkeit, Routineaufgaben zu automatisieren

3. März 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Die Gestaltung des DigitalWorkplace und von #NewWork krankt daran, dass die Gestalter selbst oft noch in ihren Silos verhaftet sind. Das war und ist eine der Thesen von Andreas Stiehler, mit dem sich Lars und ich am 2. März in #9vor9 unterhalten haben. Andreas ist als Analyst schon viele Jahre im Thema verhaftet und hat auch aufgrund seiner Studienarbeit u.a., für Hays, Computacenter oder Damovo Einblicke in die Thematik gewonnen. Hier nun unser Gespräch:

Einig waren wir uns, dass Technologie allein oder bestimmte Produkte alleine nicht den Digital Workplace und Produktivität und Zufriedenheit am Arbeitsplatz ausmachen. Da mag sich Microsoft Teams im Fahrwasser von Office365 noch so eine starke Position geschaffen haben, da mag Microsoft sogar Teams als das „Betriebssysteme der Zukunft“* postulieren und mit Viva eine angebliche Employee Experience-Lösung auf den Markt bringen, das wird nicht genügen den Arbeitsplatz der Gegenwart und Zukunft zu definieren.

Mehr Produktivität auf Kosten der Mitarbeiter:innen im Homeoffice? Weil die eben noch mehr „schaffen“. Das war ein weiterer Diskussionspunkt in unserem Gespräch und da sind wir ganz schnell beim Thema Automatisierung gelandet. Wie unser gemeinsamer Freund Axel Oppermann postuliert Andreas auch die Notwendigkeit, Routineaufgaben zu adressieren und zu automatisieren. Meine Anmerkung, dass ich für meine ganz persönliche Arbeit kaum Potential zur Automatisierung sehe, kommentierte Axel dann auch gleich per Tweet:

Hier sind wir wieder bei der Diskussion, was automatisierbar ist und wo Kreativität des Menschen entscheidend. Auf letztere sollten wir uns jedoch nicht zu viel einbilden, denn manche KI liefert heute schon Ergebnisse in vermeintlich kreativen Bereichen, wo wir uns das nicht vorstellen konnten oder wollten. Denken wir beispielsweise an das Verfassen von journalistischen Beiträgen und Artikeln. Trotzdem glaube ich weiter, dass wir keine Angst haben, uns aber neuen Möglichkeiten der Co-Creation mit KI und auch möglicher Automatisierung öffnen müssen.

Andreas sieht die Notwendigkeit, mit passenden Servicekonzepten den Digital Workplace zu gestalten. Hierbei könne die Personalabteilung, könne HR eine Rolle als Regisseur spielen. meine 2 Cents: So man das wirklich will und sich nicht auf die administrativen Aufgaben und Prozesse in der HR Abteilung fokussiert. Servicekonzepte trifft es aus meiner Sicht auch nicht ganz. Ich sehe durchaus die Notwendigkeit darüber nachzudenken, wie man seinen Arbeitstag sinnvoller strukturieren und gestalten kann und dass muss aus meiner Sicht über den morgentlichen Standup als Motivation, die und die Aufgabe doch ruck-zuck bis zum nächsten Mal gefälligst abzuarbeiten, hinausgehen.

Lars hat dann noch das Loblied auf das soziale Miteinander in den Büros und die ach so heile Office-Welt gesungen. Da musste ich natürlich widersprechen. Auch im Büro war nicht alles rosarot, auch dort gab und gibt es Routineaufgaben und verschwendete Arbeitszeit und das nicht zu knapp, wenn ich an manche Meetingorgien denke. Von Flurfunk, Latrinenparolen, „Unternehmenspolitk“ und karriereorientiertem Lobbying bei Vorgesetzten will ich gar nicht anfangen. Und ja, auch mir fehlt natürlich der Kaffee oder Kantinenbesuch mit Kollegen:innen. Ich möchte nur den Kaffee eben in der Kaffeeküche lassen, das Kind nicht mit dem Bade ausschütten und die Vorteile von Homeoffice und Treffen im Büro realistisch im Blick behalten … Noch immer glaube ich ganz naiv daran, dass hybriden Lösungen die Zukunft, die aber eben sinnvoll – ich betone das enthaltene Wort Sinn – gestaltet werden müssen.

Nur einen Nebenstrang* der Diskussion: Schon vor Jahren haben wir über das Leben außerhalb des E-Mail-Posteingangs philosophiert, Luis Suarez – hier ein Video von 2011 – und andere haben das postuliert. Dem Activity Stream im sozialen Unternehmensnetzwerk sollte einmal die Zukunft gehören. Ich habe mich über das Zerfledderphänomen, die vielen verschiedenen Post- und Informationseingänge aufgeregt und auf die Universal Inbox gehofft. Nun soll nach dem Willen von Microsoft eben Teams wohl diese universelle Arbeitsumgebung werden. Hier sei ausdrücklich auf die:den Artikel von Axel Oppermann verwiesen.

Ich selbst bin nun seit geraumer Zeit ein Slack-Anwender, bewege mich zwischen E-Mail, Slack, Webex, Trello und Box, ab und an Mural. Und ich muss feststellen, dass Slack für mich als Informationseingang und als Plattform zur Zusammenarbeit mit dem „persistent Chat“ eine hohe Bedeutung gewonnen hat bis zum Punkt, dass ich mich unterdessen frage, wo denn die entsprechende Nachricht angekommen ist. Slack ist unterdessen gefühlt auf Augenhöhe mit dem traditionellen E-Mail-Posteingang. Ist es meine ständige Arbeitsumgebung? Nein, so weit bin ich nicht. Noch immer springe ich in die oben genannten Programme, um dort bestimmte Aufgaben zu erledigen. Das kann ich noch nicht so direkt in der Slack-Umgebung tun, aber die verschiedenen Tools sind natürlich bereits eng miteinander integriert, Box, Webex und Trello mit Slack. Mal schauen, wie sich das so weiter entwickelt.

Und natürlich gibt es #9vor9 auch wieder als Podcast auf den bekannten Plattformen und hier im Netz.

(Stefan Pfeiffer)

Bild von Alexandra ❤A life without animals is not worth living❤ auf Pixabay

Microsoft Teams – das neue Operating System? Microsoft Viva für Employee Experience, aber wie steht es mit Datenschutz?

26. Februar 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Viva Las Vegas ist ein Kultsong von ZZTop. Und Viva scheint gerade die neuste, heiße S… bei Microsoft zu sein, neben Teams und beide Werkzeuge sind offenbar miteinander verwoben. Microsoft Viva wird als Employee Experience Management in den Medien platziert, Teams als „Operatingsystem of the future“, als das etwas andere Betriebssystem von Analysten wie Marie Jo Foley basierend auf dem Quartals Call von Microsoft positioniert. Betriebssystem bedeutet hier nicht ein neues Windows, sondern dass Anwender:innen Teams eigentlich gar nicht mehr verlassen, sondern ihre gesamte Arbeit aus Teams heraus erledigen – sicherlich auch eine Kampfansage an und eine Herausforderung für Slack, Google und Co.

Viva bitte eine Reihe interessanter Ansätze, von Viva Topics bis zu Viva Learning. Besondere Beachtung bedürfen aus meiner Sicht die Aussagen zur Analytics-Funktionalität von Viva. So ist beispielsweise im Beitrag von Alenda Ashenden auf reworked von Dashboards die Rede:

These dashboards assess the health of the workforce by processing data about how employees use tools like Outlook and Teams throughout their workday, for example, how long they spend in meetings, use of the tools outside normal working hours, and who they’re connecting with in the organization.

Microsoft Viva Targets Employee Experience But Challenges Remain

Es wird von Datenaufzeichnung und Datenanalyse geschrieben und ganz sicher wird gar mancher hellhörig, vom Betriebsrat bis zu den Datenschutzbeauftragten. Die Datenschutzbeauftragten werden natürlich die Frage stellen, welche Daten wo gespeichert werden. Etwa in den USA? Genau diese Diskussion wird ja bereits geführt, auch wenn manche diese Frage nur zu gerne klein reden. Sei doch alles nicht so schlimm …

Rund um den Microsoft Productivity Score – derzeit wohl kein Teil von Viva Insights – hat es schon entsprechende Bedenken und Proteste gegeben. Vielleicht ein Grund, warum der Score (noch) nicht Bestandteil von Viva Insights ist. Trotzdem riechen auch die anderen erwähnten Funktionalitäten danach, dass es erneut zu Diskussionen kommen wird.

Zurück zu Teams: In ihrem Beitrag betont Angela Ashenden auch die Bedeutung von Teams, die durch den Viva-Launch nochmals unterstrichen werde. Teams sei nicht mehr nur Heimat, Oberfläche oder Container für Office 365, Dynamics oder LinkedIn, sondern auch für viele andere Anwendungen. Es stellt sich die Frage, wie einfach und einheitlich Oberfläche und Benutzung dieser diversen, oft sehr unterschiedlichen Anwendungen in Teams denn sein wird. Ist die Bedienung innerhalb von Teams dann einfacher als verschiedene losgelöste Werkzeuge zu benutzen?

Als nur gelegentlicher Teams-Vidoekonferenz-Anwender kann ich da nicht wirklich mitreden. Als Slack-Anwender stelle ich aber täglich fest. dass Integration zwischen Slack, Trello, Box und anderen Werkzeugen sehr wichtig ist, um Informationen zu teilen. In der fortgeschrittenen Nutzung von Features lande ich dann doch immer wieder in den Spezialwerkzeugen. Das mag bei Teams ja anders sein und ich bin für entsprechende „Aufschlauung“ dankbar.

Microsoft hat es einmal mehr durch seine Office-Dominanz geschafft, Teams prominent im Markt zu positionieren. Kein anderer Anbieter hat die Möglichkeit, durch einen solchen Mechanismus schnell entsprechende Marktanteile zu gewinnen. Google hat kein vergleichbares Angebot, Slack war bis vor kurzem eine typische Best-of-Breed-Lösung und hat trotz der Übernahme durch Salesforce künftig kein vergleichbarer effektvollen Hebel zur Verfügung, wird aber dadurch potentiell Marktanteile verteidigen oder gar steigern können. Microsoft baut unterdessen Teams funktional aus und versucht dort zu Slack aufzuschließen. Mit Viva bringt Microsoft ein weiteres, ergänzendes Werkzeug auf den Markt, dass sich auf die Mitarbeiter fokussieren will. Ansätze wie Viva Topics zur Klassifizierung automatischen Erschließung von Inhalten und Wissen sehen mindestens interessant aus. Andere Module wie Viva Analystics muss man sich unter der europäischen Datenschutzbrille genauer anschauen. An diese Fragen gehen gerade auch US-Amerikaner noch viel unbedarfter heran.

(Stefan Pfeiffer)

Mal schnell einen Pullover kaufen …

24. Februar 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Pullover kaufen. Das Angebot auf der Webseite des Herstellers:

Das Angebot bei Amazon:

Und nun die Preisfrage: Wo kaufe ich den Pullover? Leider.

Zalando bietet übrigens auch für € 79,95 an:

Wie kann so etwas sein, agon? Ihr legt doch so Wert auf Produktion in Europa und dann …

Digitalthemen bei #9vor9: Urheberrecht down under und Digitalisierung fängt im Amt bei jeder:m Beamten:in an

23. Februar 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

In #9vor9 sind wir heute down under gereist, leider ohne, dass Lars den Klassiker von Men at Work gesungen hat. Sein Digitalthema der Woche war die Auseinandersetzung zwischen Facebook und Google versus der australischen Regierung. Es geht darum, dass Facebook (und Google) Lizenzgebühren zahlen soll, wenn Inhalte von Verlagen und Medien dort publiziert werden. Das wollte (will?) Facebook nicht tun und sperrte eine Zeit lang diese Inhalte. Randbemerkung: Uploadfilter scheinen zu funktionieren. Nun scheint man einen Kompromiss gefunden zu haben, über den Lars dann in einer der kommenden Sendungen berichten wird.

Warten wir ab, inwiefern eine potentielle, dortige Einigung auch Einfluss auf die Regulierungen und das Vorgehen in Deutschland und er EU haben könnte. Das Thema, darf man journalistische Inhalte verwenden, und zitieren und nach welchen Regeln, bleibt. Muss man dafür zahlen oder ist das im Rahmen der Meinungsfreiheit eh abgedeckt? Macht man einen Unterschied zwischen kommerziellen Vermarktern wie Facebook und Google und dem:der gemeinen Blogger:in? Tragen Facebook oder Google gar dazu bei, dass die Klickzahlen der Verlage nach oben schnellen und genau deshalb sollten sie nicht zahlen müssen?

Wir bei #9vor9 sind uns sicher, dass wir bei entsprechenden Zitaten zu einem enormen Zuwachs der Leser:innen oder Zuhörer:innen auf den journalistischen Plattformen führen [Achtung: Das soll eine spaßige Bemerkung gewesen sein.] Ich persönlich bin kein Freund einer angedachten Lösung, dass man nur 140 Zeichen „ungestraft“ zitieren oder nur 15 Sekunden von Video senden darf, wie in der Gesetzesvorlage wohl vorgesehen. Da haben sich, so meine persönliche Meinung, Herr Döpfner und Co mal wieder mit ihrer Lobbyarbeit durchgesetzt und „die Politik“ ist eingeknickt.

Schon mal darüber nachgedacht, dass es von ‚uninformiert‘ kein langer Weg zu ‚uniformiert‘ ist?

Zitate und Sprüche aus Die Känguru-Chroniken | myZitate

Unser zweites Thema ist dann einmal wieder die Digitalisierung in Deutschland und ich habe es bewusst, auf zwei lokale Beispiele aus Darmstadt herunter gebrochen, die ich in diesem Blogbeitrag behandelt habe. Bei Digitalisierung geht es nicht immer um die ganz großem Themen wie Gesundheits- oder Schulwesen – die bleiben wichtig. Es geht auch um die Praxis vor Ort und ist oft ernüchternd praktisch. Warum sind Ämter der Stadt Darmstadt nicht in der Lage, eine Serviceanfrage schnell einmal per E-Mail zu beantworten? Warum müssen sie einen Brief per Post schicken? Sind es Vorschriften, die das vorgeben, oder ist es die persönliche Schere im Kopf? Das sind auch echte Fragen, die sich Lars und ich im Pod-/Videocast gestellt haben und wir sind für entsprechende Aufklärung sehr dankbar.

Digitalisierung fängt ganz unten an, so der Punkt den ich machen will. Im Kopf jedes:r Beamten:in, jedes:r Amtsleiters/in und jedes:r Bürgermeisters:in. Genau dort muss es anfangen im persönlichen, praktischen, bürgernahen Handeln. Große Digitalisierungsvorhaben – wie die Digitalstadt Darmstadt – auf kommunaler Ebene sind auch wichtig, aber es geht nicht ohne Änderungen vor Ort in den Ämtern.

Mit diesem Plädoyer wünschen Lars und ich eine frohe, gesunde Woche und ich hoffe inständig, dass die Schulöffnungen nicht zu einem Bumerang werden.

Und natürlich gibt es #9vor9 auch wieder als Podcast auf den bekannten Plattformen und hier im Netz.

(Stefan Pfeiffer)

P.S. Wir konnten es uns nicht verkneifen, diesmal beim Thema Down Under einige Zitate aus den Känguru-Chroniken von Marc-Uwe Kling zu verbraten. Immer wieder ein Gedicht. Oder mit Heinz Erhardt: Noch ein Gedicht.

Das Tolle am Internet ist, dass endlich jeder der ganzen Welt seine Meinung mitteilen kann. Das Furchtbare ist, dass es auch jeder tut. Internet

Marc-Uwe Kling in Die Känguru-Chroniken – Ansichten eines vorlauten Beuteltiers

Zitate und Sprüche aus Die Känguru-Chroniken | myZitate

Deutsche Verwaltung und Digitalisierung: Zwei Welten prallen aufeinander, jetzt in der Pandemie, schon seit Jahren und auch ganz banal vor Ort in Darmstadt

21. Februar 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Deutschland und die Digitalisierung. Zwei Welten prallen aufeinander? Ganz korrekt sind diese Sätze nicht, denn natürlich kann man nicht alles über ein Kamm scheren und zudem geht es mir in diesem Blog um die öffentliche Verwaltung, um Gesundheits- und Schul- bzw. Bildungswesen. Und dort treten nicht erst, aber gerade in Zeiten der Pandemie erhebliche Missstände an den Tag. Einige Beispiele:

Christian Reinitz kommentiert anlässlich eines Jahres Pandemie in der FAZ vom 20. Februar 2021* und prangert die Schwachstellen im medizinischen System an: den Föderalismus und die Digitalisierung. An zu vielen Stellen halt es, ob es um die Meldung der Inzidenzzahlen oder der Impfquoten an das RKI über E-Mail und Fax, über eine teilweise mittelalterliche Vergabe von Impfterminen, um digitale Gesundheits- und Patientenakte, digitale Test- oder Impfpässe oder sichere Vernetzung zwischen Kliniken und Ärzten und datenschutzkonforme Übermittlung, Speicherung und Austausch von Patientendaten geht. Natürlich, es gibt hier und da Ausnahmen und Leuchtturmprojekte, aber in der Regel knirscht es im System, um es noch vorsichtig auszudrücken. Und mir scheint, Föderalismus, zu verteilte Kompetenzen und natürlich auch bürokratische Prozesse, Schwerfälligkeit und wohl auch Verteidigung der eigenen Besitzstände sind verantwortlich für das Trauerbild.

Ähnlich sieht es in Bildung und an Schulen aus. Ich habe ja die Tage mit Lars Basche in #9vor9 darüber berichtet und hier entsprechende Artikel gesammelt. Auch dort wieder vereinzelte Leuchtturmprojekte, aber generell scheint auch dort der Föderalismus, die Bürokratie und besagtes Verharrungsvermögen die Ursache dafür zu sein, dass wir nicht in der Geschwindigkeit digitalisieren, wie es gerade in Zeiten der Pandemie notwendig wäre. Erschwerend kommen natürlich in Zeiten, in denen es auf Geschwindigkeit ankommt, das öffentliche Vergaberecht mit seinem oft Ausschreibungsprozess und seinen Fristen hinzu. Man kann doch eigentlich nur wütend werden, wenn man dann liest, dass aus dem Digitalpunkt Schule vom Frühjahr 2019 von zur Verfügung gestellten 5 Milliarden Euro erst 112 Millionen abgeflossen und 743 Millionen Euro bewilligt wurden. Das kann es doch einfach nicht sein, sagt sich der gesunde Menschenverstand.

Oben drauf kommt dann noch, dass Deutschland beziehungsweise die Länder nicht in der Lage scheinen, eine vernünftige deutsche oder europäische Schul-Cloud aufzubauen und stattdessen einmal mehr die Angebote amerikanischer Monopolisten nutzen und diese noch stärker machen. Auch hier scheint mir der Föderalismus, besser die Kleinstaaterei und das Machtgehabe der Länder einer der entscheidenden Hemmnisse zu sein. Auch in diesem Thema scheint klarer zentraler Kompetenz und Steuerung notwendig – mit scharfem Auge auf Projektfortschritte und Finanzierung.

Digitalprojekte scheitern schon seit Jahren

Dies sind zwei angesichts der Pandemie hervorstechende Bereiche, die nach Digitalisierung und weniger Föderalismus schreien. Die Liste lässt sich problemlos verlängern, z.B. in Richtung Vergabe der Hilfsmittel, was – so scheint es – auch durch Digitalisierung und weniger Bürokratie, Formular- und Vorschriftswesen deutlich beschleunigt werden könnte. Jenseits der Pandemie gibt es noch viele weitere Beispiele dafür, wie wenig effektiv Digitalisierung in der deutschen öffentlichen Verwaltung vorangetrieben wird.

Entgegen aller vollmundigen Verlautbarungen über digitale Souveränität scheint parallel dazu die Abhängigkeit besonders vom Giganten Microsoft zu steigen. Weil man es selbst nicht gebacken bekommt oder nicht gebacken bekommen will gab die Bundesregierung 2020 178,5 Millionen Euro für Software-, Cloud- und Serverdienste aus Redmond aus. 2015 waren es noch 43,5 Millionen. Auch Beratungsunternehmen, die der deutschen öffentlichen Verwaltung aufs Pferd heben sollen, freuen sich über entsprechende Honorare – und das schon zu Uschis Zeiten auf der Hardthöhe.

Und schauen wir zurück: 2015 gab es einen Beschluss des Bundeskabinett 2015, Bundesministerien und -behörden bis 2025 mit moderner IT auszustatten. Der Wildwuchs an Rechenzentren sollte beseitigt und die unterschiedlichen IT-Arbeitsplätze vereinheitlicht werden. Welche eine Chance auch, eine deutsche Bundesverwaltungs-Cloud aufzubauen und die eigene deutsche Softwareindustrie zu stärken. Es hätte ein Marshall-Plan für die digitale Souveränität werden können. Hätte, hätte, Fahrradkette. Zielvorgaben und Kosten wurden verfehlt, der Bundesrechnungshof mahnte an, das Projekt wurde neu organisiert – und jetzt schauen wir mal. Unterdessen kassiert vor allem Microsoft weiter, und wahrscheinlich weiter und weiter und weiter …

Muss IT in und für die öffentliche Verwaltung ganz anders aufgesetzt werden? Von Softwarentwicklung bis Implementierung

Kann deutsche öffentliche Verwaltung einfach keine Digitalisierung und IT? Müssen hier andere Prozesse und Institutionen vom Digitalministerium bis hin zu unabhängigen, von deutschen Firmen betriebenen und durch öffentlich Aufträge finanzierte Software-Konsortien implementiert werden? Muss es eine deutsche oder europäische Mozilla-Foundation geben, mit dem Ziel Lösungen für die öffentlicher Verwaltung und darüber hinaus nach dem Open Source-Konzept zu bauen? Die traditonelle Verwaltung, die Ministerien scheinen das Thema jedenfalls bisher nicht in den Griff bekommen zu haben. Ja, es gibt einige mehr als zarte Pflänzchen und wir werden uns bald mit Peter Ganten, dem Vorsitzenden der Open Source, darüber unterhalten. aber generell scheint es sehr düster auszusehen.

Die Liste gescheiterter oder schwächelnder Projekte könnte sicher fortgesetzt werden, doch ich möchte einen anderen Aspekt der Digitalisierung und der öffentlichen Verwaltung beleuchten. Und vorab möchte ich es mit Herta aus den Känguru-Chroniken sagen: „Es jibt sone und solche, und dann jibt es noch janz andre, aba dit sind die Schlimmstn. Nochmals klar und deutlich: Viele Mitarbeiter:innen der öffentlichen Verwaltung sind bürgerfreundlich und bemühen sich, aber …

Digitalisierung banal: Anfrage einfach mal per E-Mail beantworten

Vor geraumer Zeit habe ich Unterlagen per E-Mail an das Gesundheitsamt Darmstadt, die diese angefordert hatten. Die E-Mail war auf dem Schreiben, das ich vom Amt bekommen hatte, angegeben und als halbwegs digitaler Mensch habe ich die Unterlagen gescannt und geschickt. Danach kamen per Briefpost Mahnungen. Also habe ich den Hörer in die Hand genommen und dort angerufen. Eine nette Frau am Telefon, ich frage nach der Kollegin. Ja, die ist nicht da. E-Mail? Wie lange her? Kann sein, dass wir die schon gelöscht haben. Das tun wir in regelmäßigen Abständen. Ich schlucke, bleibe aber freundlich und schicke die Unterlagen nochmals per Fax (!!) und E-Mail an die Stadt. Am kommenden Tag rufe ich an. Ja, die Unterlagen seien angekommen. Wochen später bekomme ich dann die Unterlagen vom Amt natürlich per Post.

Ein anderer Fall: Wir mussten eine Beglaubigung wegen Änderungen im Grundbuch machen. Termin auf dem Ortsgericht ausgemacht, mit meiner Frau hin und die Dokumente beglaubigen lassen. Es war ein Schauspiel: Der nette Beamte beglaubigte die zwei Dokumente in einer Stempelorgie und nahm handschriftlich entsprechende Eintragungen in einem Buch vor. Hier alles ok. War eine Reminiszenz an Verwaltung, wie ich sie seit Jahrzehnten kenne.

So weit, so gut. Und dann schrieb ich in meiner Naivität per E-Mail – die Adresse steht auf der Homepage der Digitalstadt Darmstadt – an das Grundbuchamt, ob ich die beglaubigten Dokumente elektronisch zuschicken könne. Ok, war dumm und naiv. Hätte ich mir als logisch denkender verwalteter Bürger denken können. Nach einigen Tagen kam dann per Briefpost die Antwort, nein, das ginge nicht. Per Briefpost! Die Mitarbeiter:innen waren es nicht gewohnt, einfach die E-Mail zu beantworten.

Und noch eine Erfahrung meiner Mutter, diesmal nicht in Darmstadt. Meine Eltern müssen die Tage neue Ausweise von der Stadt (Leun) abholen. Also rief meine Mutter dort an, ob sie nicht einfach die Briefwahlunterlagen für die Kommunalwahl mitnehmen könnten. Nein das ginge nicht. Das müsse den vorgeschriebenen Weg gehen, per E-Mail – immerhin – oder per Post**. Trotzdem …

Es braucht auch Veränderung in den Köpfen der Beamten:innen

Nun bin ich von den großen Themen der Digitalisierung hinunter gestiegen in den täglichen menschlichen Bürger- und Verwaltungsalltag. Warum habe ich diesen „Abstieg“ vorgenommen? Jenseits der notwendigen IT-Ausstattung und besseren Projektmanagements brauchen wir auch eine Änderung des Verhaltens vor Ort bei den einzelnen Beamten:innen, den Mitarbeiter:innen der öffentlichen Verwaltung und ihren Führungskräften. Wie kann es sein, dass man den Posteingang einfach löscht? Warum wird nicht unbürokratisch und schnell per E-Mail auf eine Frage geantwortet? Warum ist der Servicegedanke, Ich, Mitarbeiter:in der öffentlichen Verwaltung bin für meine Bürger:innen da und versuche ihn so gut es geht schnell und unbürokratisch zu helfen so selten ausgeprägt?

Ich denke, auch hier muss angesetzt werden. Es braucht ein anderes Bewusstsein, den Servicebeauftragten in der Verwaltung, der diese Missstände abstellt, die Beamten:innen schult und coacht, anders, moderner, digitaler, bürgerfreundlicher zu arbeiten. Es tut auch gar nicht weh – und kostet auch nicht den eigenen Job. Und an diesen Servicebeauftragten können auch Bürger:innen ihre Ideen, Verbesserungsvorschläge und Beschwerden richten.

Ich lebe in der Digitalstadt Darmstadt und die Verantwortlichen scheinen darauf sehr stolz zu sein. Hier wurden und werden auch einige interessante Projekte durchgeführt. Gerade werden Ideen für eine urbane Datenplattform gesammelt, um städtische Entscheidungs- und Planungsprozesse zu unterstützen und zu beschleunigen. Wir laden nochmals Verantwortliche der Digitalstadt Darmstadt GmbH herzlich in #9vor9 ein, um die Initiative vorzustellen.

Jedoch sollte ein Stadt, die diesen Anspruch hat, gerade am persönlichen Bürgererlebnis ansetzen und genau wie oben vorgeschlagen mit diesen oder anderen Angebot die öffentliche Verwaltung einfach bürgernäher gestalten – und das nicht nur in Corona-Zeiten. Falls ich hier bestehende Angebote übersehen habe, bin ich für Aufklärung natürlich sehr dankbar und entschuldige mich natürlich auch, wenn ich wo falsch gelegen habe. Ach ja, es ist ja auch bald Kommunalwahl und ich sehe auf manchem Plakat durchaus das Stichwort Digitalisierung …

Kann die deutsche Politik (und Verwaltung) nur Schönwetterreden, aber keine Digitalisierung

Wenn man sich all das anschaut und selbst als Bürger:in „erleidet“ – und die Liste kann leicht verlängert werden – und auf der anderen Seite ach so viele Schönwetterreden vieler Politiker hört, kommen immer größere Zweifel auf, ob wir es in Deutschland „noch können“. Mir drängt sich der Eindruck auf, dass viel geredet und wenig gehandelt wird. Ist ja auch bequemer über Visionen schön zu fabulieren, als Projekte schnell, konsequent und zielorientiert durchzuziehen, einfach anzupacken.

(Stefan Pfeiffer)

* Nur eine Randbemerkung, nichts zur Sache Digitalisierung und öffentliche Verwaltung: Ich finde es immer sehr schade, wenn Artikel in der gedruckten Ausgabe der FAZ erschienen sind und erst später digital veröffentlicht werden.

** Sicher ist das keine Digitalisierungsfrage, aber es zeigt einmal mehr die Servicehaltung, die manchmal in der öffentlichen Verwaltung zu herrschen scheint.

Digitalisierung und Schule: Muss die Schul-Cloud ein Rohrkrepierer sein und man nimmt gleich besser Microsoft Teams, Zoom & Co.?

18. Februar 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Mein Digitalthema der Woche bei #9vor9 am 16. Februar war die Digitalisierung in den Schulen. Entscheidender Auslöser dafür war der Beitrag von Jakob von Lindern auf Zeit Online, der die derzeitige Situation analysiert und entsprechende Experten zu Wort kommen lässt. Ich habe die entsprechenden Ausführungen jetzt hier in diesen separaten Beitrag kopiert und ergänzt, da die Thematik sehr aktuell ist und neue Artikel und Kommentare hinzugekommen sind.

Die derzeitigen Lernplattformen – meist in Zeiten vor der Pandemie entwickelt, vor allem aber aufgesetzt – sind ganz offensichtlich derzeit nicht in der Lage, die schiere Masse an Schülerinnen und Schülern, die gleichzeitig online gehen wollen, zu bewältigen. Ein großer Teil der IT müsste grundlegend anders ( z.B. mir mehr Instanzen) aufgesetzt werden, um skalieren zu können. Hinzu kommt einmal mehr Kleinstaaterei. Jedes Bundesland muss mal wieder sein eigenes Süppchen kochen. Statt also gemeinsam eine auf Open Source basierende Plattform aufzusetzen, die skalierbar ist, wird scheinbar vor sich hin gewurstelt.

Kein Wunder, wenn dann einige Eltern und auch Lehrer:innen dann einfach mal dazu übergehen, Microsoft Teams oder auch Zoom zu benutzen, denn diese Systeme – trotz gelegentlicher Ausfälle – sind skalierbar. Sie sind für Massen an Anwendern:innen gebaut. Also wieder einmal ein Lock-In bei US-Monopolisten, weil die es ja so gut können und wir es nicht gebacken bekommen. Entsprechende Aussagen findet man allzu oft und mir geht dabei der Hut hoch.

Oder wie es Jakob von Lindern schreibt:

Statt jetzt hektisch teure (und datenhungrige) Software zu kaufen, die man später nicht mehr braucht, könnte die Energie darauf verwendet werden, das Klein-Klein der verschiedenen Lösungen in Deutschland zusammenzuführen und sie fit für die Zukunft nach der Pandemie zu machen.

Digitalisierung an Schulen: 404 – Arbeitsblatt not found | ZEIT ONLINE

Braucht es vielleicht doch das Bundesministerium für Digitalisierung? Aber hätte das die Macht, die ja ach so unabhängigen Bundesländer, die für Bildung zuständig sind, zu „vereinigen“ und zu „befrieden“? Oder soll man einfach mal wieder kapitulieren? Das Thema deutsche oder europäische Schul-Cloud kann man durchaus in breiterem Kontext sehen. Gaia-X und andere Initiativen sind ja im Schwange. Statt Microsoft und Konsorten Millionenbeträge in der Rachen zu schmeissen, wäre jetzt halt entschlossenes Handeln statt besagter Kleinstaaterei gefragt. Gerade jetzt. Doch wer nimmt das Zepter in die Hand und ergreift die Initiative?

Auch zu diesem Thema wollen wir gerne Experten einladen: In „meiner“ digitalen Heimatstadt Darmstadt scheint es ein erfolgreiches Projekt zu geben. Dort stellt man das Videokonferenzsystem Big Blue Button (Open Source) zur Verfügung und laut Bericht greifen 6.000 Anwender:innen zeitgleich zu. Es scheint also doch zu gehen. Wir werden mal bei der Digitalstadt nachhaken.

Nachtrag 16.2.2021: (Auch) Chaos macht Schule fordert, nachhaltig umgesetzte, nicht von kommerziellen Anbietern abhängige Lösungen

Nach der Sendung bin ich auf diesen Beitrag auf der Seite des Chaos Computer Clubs gestoßen, der inhaltlich in das gleiche Horn stößt. Wundert nicht wirklich, dass das CCC-Bildungsprojekt Chaos macht Schule (CMS) ebenfalls fordert, nachhaltig umgesetzte, nicht von kommerziellen Anbietern abhängige Lösungen zu implementieren. Auch hier die Forderung danach, mehr zentral zu steuern und dann dezentral zu gestalten.

Über viele Jahre wurde freie Software von der öffentlichen Hand vernachlässigt. Millionen an Steuergeldern wurden für Lizenzkosten für intransparente Software verwendet, statt bestehende Gemeinschaftslösungen besser zu integrieren und in der Bedienbarkeit zu vereinheitlichen.

CCC | Lockdown ohne Lock-in: CMS fordert nachhaltige Lernplattformen

Nachtrag 2, 18.2.2021 : „Schul-Clouds aller Art sind Rohrkrepierer“ & Microsoft Teams in Schulen

Dr. Dietmar Müller hat das Thema auch nochmals auf Cloud Computing-Insider aufgegriffen. Lesenswert. Mir fällt natürlich eine Zwischenüberschrift besonders auf: „Schul-Clouds aller Art sind Rohrkrepierer“. Ein Armutszeugnis. Von der u.a. von Bitkom-Chef Berg geforderten nationalen Bildungsplattform sind wir auf jeden Fall weit entfernt, gar nicht zu reden davon, dass vom Bund initiierte Projekte eher selten erfolgreich seien, fragt Dietmar Müller und dankt den Leher:innen und Schüler:innen, die trotz aller Widrigkeiten das Beste versuchen. Hier befindet sich sein Beitrag.

Hinweisen möchte ich auch einen weiteren Beitrag von Jakob von Lindern, in dem er sich dem Thema Microsoft Teams in Schulen widmet. Man könnte den Beitrag unter die Überschrift laufende, stabile Lösung versus Datenschutz- und Abhängigkeitsbedenken. Eine typische Aussage in diesem Zusammenhang: „Viele Beobachter nervt die Datenschutzdiskussion, weil jetzt in Schulen besonders richtig gemacht werden soll, was privat überall genutzt wird.“

Klar ist für mich, dass möglichst eine unabhängige, skalierbare Schul-Cloud nur dann funktionieren kann, wenn mit der Herumstümperei und Kleinstaaterei bald Schluss ist. Sonst wird man eben bei Microsoft und Konsorten landen. Und da teile ich sowohl Datenschutz- wie auch Abhängigkeitsbedenken. Von Product Placement und Gewöhnung an gewisse Werkzeuge gar nicht zu reden. Mut macht mir die derzeitige Situation jedenfalls leider nicht.

(Stefan Pfeiffer)

#9vor9 an 16.2.2021: Wie Sportereignisse digital „angereichert“ werden & Digitalisierung und Schule

16. Februar 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Es ging heute um Fußball und Schule, bei den Digitalthemen der Woche bei #9vor9 mit Lars und mir. Werder-Fan Lars, Sky-Abonnent, sprach darüber, wie alte Männer wie vor 30Jahren linear fernsehen, maximal den Second Screen bedienen, um beispielsweise zu zwitschern. Und er zitierte die Vision von Mark Cuban (Eigentümer des Profibasketball-Teams der Dallas Mavericks aus einem Gespräch mit der New York Times), wie „die Jungen“ auf TikTok sind und dort dynamisch hier und da plötzlich Liveszenen zugespielt bekommen. Ob ich letzteres brauche? Ich glaube es nicht.

Aber ganz sicher hält die Digitalisierung auch in der Sportberichterstattung Einzug. Ich musste an die vielen mehr oder weniger klugen Analysen denken, die meist nach einem Spiel dann beispielsweise in einer Sportschau oder einem Sportstudio durchgeführt werden, mit entsprechender Interaktion und Visualisierung. Live passiert dagegen in puncto Datenauswertung und -visualisierung noch nicht so sehr viel, meinte Lars und verwies auf eine Folge des Rasenfunk-Podcasts, in dem erläutert wird, welche „Qualitätsstandards“ die DFL an die produzierten Bewegtbilder anlegt und warum eben nicht so viel mit eingeblendeten Grafiken gearbeitet werden darf. Vielleicht holen wir uns ja mal Maurice Gundt von Live Directors ins Studio, der bei der TSG Hoffenheim die Stadionregie macht und die dortige Leinwand bespielt. Der weiß sicher sehr gut, was technisch alles möglich wäre.

Ich musste unwillkürlich an Wimbledon denken, wo mein Arbeitgeber IBM zusammen mit den Organisatoren ja nun Jahr für Jahr das ultimative Fanerlebnis schaffen will. Datenanalyse, künstliche Intelligenz, mobile Apps, all das kommt zum Einsatz. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz werden beispielsweise die Highlights der Matches herausgesucht. Die Spieler und Trainer bekommen in einem personalisierten Portal Daten über ihre Performance zur Verfügung gestellt. Es geht ganz offensichtlich noch eine Menge.

Mein Digitalthema der Woche ist die Digitalisierung in den Schulen. Hier empfehle ich den Beitrag von Jakob von Lindern auf Zeit Online, der die derzeitige Situation analysiert und entsprechende Experten zu Wort kommen lässt. Die derzeitigen Systeme – meist in Zeiten vor der Pandemie entwickelt, vor allem aber aufgesetzt – sing ganz offensichtlich derzeit nicht in der Lage, die schiere Masse an Schülerinnen und Schülern, die gleichzeitig online gehen wollen, zu bewältigen. Ein großer Teil der IT müsste grundlegend anders ( z.B. mir mehr Instanzen) aufgesetzt werden, um skalieren zu können. Hinzu kommt einmal mehr Kleinstaaterei. Jedes Bundesland muss mal wieder sein eigenes Süppchen kochen. Statt also gemeinsam eine auf Open Source basierende Plattform aufzusetzen, die skalierbar ist, wird scheinbar vor sich hin gewurschtelt.

Kein Wunder, wenn dann einige Eltern und auch Lehrer:innen dann einfach mal dazu übergehen, Microsoft Teams oder auch Zoom zu benutzen, denn diese Systeme – trotz gelegentlicher Ausfälle – sind skalierbar. Sie sind für Massen an Anwendern:innen gebaut. Also wieder einmal ein Lock-In bei US-Monopolisten, weil die es ja so gut können und wir es nicht gebacken bekommen. Entsprechende Aussagen findet man allzu oft und mir geht dabei der Hut hoch. Oder wie es Jakob von Lindern schreibt:

Statt jetzt hektisch teure (und datenhungrige) Software zu kaufen, die man später nicht mehr braucht, könnte die Energie darauf verwendet werden, das Klein-Klein der verschiedenen Lösungen in Deutschland zusammenzuführen und sie fit für die Zukunft nach der Pandemie zu machen.

Digitalisierung an Schulen: 404 – Arbeitsblatt not found | ZEIT ONLINE

Braucht es vielleicht doch das Digitalministerium? Aber hätte das die Macht, die ja ach so unabhängigen Bundesländer, die für Bildung zuständig sind, zu „vereinigen“ und zu „befrieden“? Oder soll man einfach mal wieder kapitulieren? Das Thema deutsche oder europäische Schulcloud kann man durchaus in breiterem Kontext sehen. Gaia-X und andere Initiativen sind ja im Schwange. Statt Microsoft und Konsorten Millionenbeträge in der Rachen zu schmeissen, wäre jetzt halt entschlossenes Handeln statt besagter Kleinstaaterei gefragt. Gerade jetzt. Doch wer nimmt das Zepter in die Hand und ergreift die Initiative?

Auch zu diesem Thema wollen wir gerne Experten einladen: In „meiner“ digitalen Heimatstadt Darmstadt scheint es ein erfolgreiches Projekt zu geben. Dort stellt man das Videokonferenzsystem Big Blue Button (Open Source) zur Verfügung und laut Bericht greifen 6.000 Anwender:innen zeitgleich zu. Es scheint also doch zu gehen. Wir werden mal bei der Digitalstadt nachhaken.

Und natürlich gibt es #9vor9 auch wieder als Podcast auf den bekannten Plattformen und hier im Netz.

(Stefan Pfeiffer)

Auto-Mobil: Was passiert mit all den Leasing- und Dienstwagen?

16. Februar 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Deutsche Männer und ihr Auto. Und ich bin da auch nicht besser. Mitte des Jahres läuft mein Leasingwagen aus und natürlich kümmere ich mich zeitig darum, wie es weiter geht. Doch bevor ich darin schwelge, – frei nach Was bin ich – welches Schweinderl es denn sein soll, stellt sich die Frage, wie es denn mit den geleasten Fahrzeugen in Corona-Zeiten generell weiter geht. Nur wenige Leasingnehmer – egal ob privat oder Unternehmen – dürften in diesen Zeiten die vereinbarten Kilometer mit ihren Wagen gefahren sein und in den kommenden Wochen oder gar Monaten fahren. Derzeit stehen die Autos (wahrscheinlich) noch mehr dumm herum, als es eh schon der Fall ist.

  • Wie werden die Leasinggeber reagieren angesichts des Kilometerstands?
  • Wie reagieren Unternehmen gegenüber ihren Mitarbeitern, die Dienstwagen fahren und derzeit nicht zu Kunden oder auf Veranstaltungen fahren (können)?
  • Werden bestehende Leasingverträge angesichts des Kilometerstands einfach mal verlängert?
  • Wie wird eine Dienstwagenregelung nach Corona aussehen, wenn vielleicht vieles weiter online „abläuft“?

Diese und viele andere Fragen stellen sich und werden irgendwann beantwortet werden müssen.

Unterdessen schaue ich natürlich, was sich auf dem Markt für E-Autos so tut, vergleiche den ID.3 mit dem ID.4 und – man staune – dem Tesla Model 3. Und ich bin immer wieder schockiert, welche Preise doch aufgerufen werden, wenn man so herum konfiguriert und mal das Head-Up -Display haben oder im Tesla nicht das Pseudoholz haben möchte. Das werden sofort stolze Preise on top aufgerufen. Zwischen einem puristischen ID,3 und einem vollausgestatteten liegen da schon mal einige Tausender. Bemerkenswert beim Preis ist auch, dass Tesla für Behinderte gar keine Rabatte, Volkswagen nur 4 Prozent gegenüber den normalen 15 Prozent Schwerbehindertenrabatt gibt.

Zum Thema Preise dieser Vergleich zwischen einem Verbrenner und dem ID.3:

So gut wie immer ist das E-Auto also günstiger als der Verbrenner. Aber um wie viel günstiger? Das ist sehr verschieden. BEISPIEL 1 VW ID.3 Pro (Elektro) gegen Golf 1.5 eTSI (Verbrenner): Der Stromer ID.3 kostet seinen Fahrer pro Monat 492 Euro, der Golf 503 Euro. Die Ersparnis: magere elf Euro.

Trotz Mega-Kaufprämie: Lohnt sich das Elektroauto wirklich?

Apropos Preise. Gestern haben wir mit Freunden darüber gesprochen, dass die sich E-Bikes anschaffen wollen, weil sie im Sommer größere Fahrradtouren planen. Ich habe dann mal spaßeshalber die Seite von Riese & Müller geöffnet, die ja bei uns in der Nähe produzieren. Da schlägt für eine E-Bike schon mal fast das zu Buche, was ein e-UP! mit Abzug aller Rabatte und Förderungen gekostet hätte. Mal eine andere Perspektive. Der e-Up! gewann übrigens den Ecotest 2020des ADAC.

Zurück zum ID,3: Da bin ich auf den Blog von Ralf Breuer https://mein-id3.de/ gestolpert, der hier über seine Erfahrungen unter dem Motto ID3 fahren und laden an der Ahr* berichtet. Unter anderem berichtet er unter der Überschrift Er wird erwachsener über sein letztes Softwareupdate. Die ID.3-Fahrer scheinen derzeit noch nicht in jener freudigen Erwartungshaltung zu sein, wie sie Richard Gutjahr im Ladezeit.Podcast für seinen Tesla beschreibt. Aber seien wir fair: Es scheint auch beim ID.3 voran zu gehen.

Und nochmals etwas zum Thema Software und VW. Ich hatte mir die App EV Check von Volkswagen herunter geladen, um die Leistung meines derzeitigen Diesel mit einem ID.3 zu vergleichen.

Die Auswertung zeigt alle relevanten Daten wie zurückgelegte Wegstrecke, geschätzter Verbrauch und CO2-Austoß im Vergleich mit dem eigenen Fahrzeugmodell, sowie die geschätzten Kosten für die gefahrene Distanz.

Klingt ja eigentlich sehr gut, wenn im Hintergrund die Strecken mitgeschnitten werden und man so ein Bild bekommt (besonders zum leidigen Thema Reichweite, wobei das in Corona-Zeiten eh fast sekundär ist). Die App hat es nie richtig getan und dann habe ich beim Batterieverbrauch meines iPhone X folgende Daten gesehen – und die App deinstalliert. Ist sie nur bei mir Schrott?

Und noch einige Lesezeichen. Die Wirtschaftswoche berichtet über Norwegen, das Musterland im Einsatz von E-Autos. Vielleicht liest es ja der ein oder andere deutsche Politiker oder gar Wirtschaftsboss. Dort wollen laut Umfragen 94 Prozent der E-Auto Fahrer sich kein anderes Auto mehr kaufen und generell ist die Akzeptanz deutlich höher. Weitere Absatzüberschriften: Tesla ist nicht uneinholbar oder Ladeinfrastruktur ist entscheidend …

Über die Ladeinfrastruktur und die typisch (??) deutschen Probleme berichtet auch Die Welt in einem Beitrag, Es ist noch viel Luft nach oben vorhanden und das Laden müssen finanziell deutlich günstiger werden, damit sich E-Autos durchsetzen. Ein anderes Thema, das immer wieder in dieser Jahreszeit angesprochen wird, ist das Thema Reichweite im Winter. Die Autozeitung gibt hier beispielsweise einige Tipps.

So weit diese auto-mobilen Notizen. Bleibt gesund.

(Stefan Pfeiffer(

* Beim Stichwort Ahr fällt mir doch auch Wein ein, aber Auto(fahren) und Wein, das lass sein. Oder so.

Ein närrischer Rosenmontag für Gladbach und die Fohlenfans

15. Februar 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Ein (schl)echter Rosenmontag: Marco Rose geht von Gladbach nach Dortmund. Ich hab es nach den letzten Wochen fast erwartet, bin aber doch enttäuscht. Der unverbesserliche Fußballromantiker kommt durch, der noch Rose im Ohr hat, dass er bei der wahren Borussia etwas aufbauen wolle. So weit Worte und Taten. Und musste es dann noch Dortmund sein, die zwar von den Möglichkeiten (etwas) höher zu beurteilen sind. Ich weiß, Stil scheint nicht mehr in sein. Und ob das sicher höhere Salär genügend Grund ist. Scheinbar doch.

Sollte Rose jetzt gegangen werden? Ich bin mir nicht sicher, aber es riecht angesichts des bevorstehenden DfB-Pokalspiels nach Matthäus-Drama, das ich damals live im Frankfurter Waldstadion beobachtet habe. Wer sollte Nachfolger werden? An den Spekulationen beteilige ich mich nicht, auch wenn ich einige persönlich Favoriten habe – die nicht unbedingt nach Bremen weisen. Max Eberl und das Gladbacher Management werden schon (hoffentlich) die richtige Entscheidung treffen.

Der Kicker kommentiert:

Sollte sich aber abzeichnen, dass Rose die nächsten Ziele verpasst, wird der Borussia-Park zum Pulverfass. Die Herzen der (meisten) Gladbach-Fans dürfte der Trainer spätestens an diesem Montag endgültig verloren haben.

Kommentar zum Abschied von Gladbachs Trainer Eberl hat bei Rose das Risiko mit eingekauft

Und auf Seitenwahl steht:

Wie klein Borussia Mönchengladbach wirklich ist, das hat uns allen Marco Rose heute schmerzhaft vor Augen geführt. …

In der Champions-League wird die Reise der Borussia in Manchester enden und in der Bundesliga ist man mittlerweile so weit, das Erreichen der Euro League als Erfolg werten zu müssen.  Bleibt der DFB-Pokal. Gegner: Borussia Dortmund. Eine unglücklichere Konstellation lässt sich nicht denken. Lothar Matthäus 1984 lässt grüßen. Im „echten Leben“ wird eine Führungskraft, die zu einem direkten Konkurrenten wechselt, umgehend freigestellt. Das ist im Fußball nicht die Regel, und was wäre auch die Alternative?

Der falsche Mann für die kleine Borussia

Gladbach Live schreibt:

… deshalb ist es richtig, dass Gladbachs Entscheider um Präsident Rolf Königs (79) und Manager Eberl Rose trotz dessen Entscheidung nicht prompt vor die Türe gesetzt haben. …

Der Abgang von Rose im Sommer dürfte sicherlich sportlich schmerzhaft sein. Das Gladbacher Fundament ist allerdings zu stabil, als dass es deshalb bedrohliche Risse bekommen sollte.

Gladbach: Kommentar: Rose-Abschied bitter, aber kein Untergang | GladbachLIVE

Und wer mit denkt:

Vielleicht zeigt dieser Fakt dann ziemlich genau, wie dieser Mann letztendlich tickt. Borussia Mönchengladbach war für Marco Rose eben leider nur eine Durchgangsstation – und wir waren dumme, naive Fußballfans, die an eine längere gemeinsame Zukunft geglaubt haben.

Menschlich enttäuschend, sportlich in Ordnung! – MitGedacht.

Und vielleicht etwas zu pathetisch, aber …

Keine Person, kein Ego und kein Typ ist größer als der Verein Borussia Mönchengladbach. Auch wenn Marco Rose diesen Klub offensichtlich nicht besonders wertschätzt.

Menschlich enttäuschend, sportlich in Ordnung! – MitGedacht.

Marco Rose hat sich menschlich und charakterlich diskreditiert, aber das mag in diesen Zeiten nicht mehr gelten. Anstand ist wohl altmodisch. Gerade nach der Pokalauslosung hätte er diese Entscheidung nicht mehr treffen dürfen. Kohle hin, Kohle her. Die nächste Chance hätte er auch nach einem weiteren Jahr woanders ergreifen können.

(Stefan Pfeiffer)

Fruchtiger Rieslingsekt, traditionelle und Prestige-Linien oder wie viel Briochearomen und Nussnoten sollte ein Sekt haben| Wein-erlei

14. Februar 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Ich, wir mögen Sprudler. Ein Glas Sekt gehört für uns dazu, wenn Freunde (damals vor der Pandemie und hoffentlich bald wieder) zu Besuch kommen. Und ein- beziehungsweise ausgeschenkt wird der Sprudler natürlich im Sektkelch, also bisher. Dann haben mir die Kenner der Szene ans Herz gelegt, doch mal das große Glas zu probieren, da dort ja die Aromen noch besser heraus kämen. Ich mache das nun ab und an. Meine Frau ist beim Sektkelch geblieben, denn sie hat den Eindruck, dass der Blubber im großen Glas viel zu schnell verschwindet.

Lange Jahre war ein Prosecco (Prosecco Frizzante di Valdobbiadene DOC DEA) vom Weinladen um die Ecke unser Lieblingsgetränk. Der machte dann den Laden in Eberstadt zu. Trotzdem bin ich dann nach Darmstadt „rein gefahren“, unter anderem, um diesen Prosecco zu holen. Doch dann wollte der italienische Lieferant, dass der Laden eine größere Menge abnimmt und schon war der Prosecco nicht mehr im Sortiment. Ich meine, es ist dieses Weingut gewesen, bin mir aber nicht mehr sicher.

Unterdessen landen wir meistens bei deutschem Sekt und das ist auch der heutige Anlass für das Posting. Einer unserer Lieblingssekte sind der Kallfelz Riesling Brut und Extra Brut von der Mosel, den wir vor Jahren bei einem Besuch beim Winzer verkostet haben und der seitdem immer wieder in den Keller gelegt wird. Es sind gradlinige, fruchtige Rieslingsekte in der 10 Euro-Klasse, die wir immer wieder gerne trinken.

Eine Etage höher liegt dann beispielsweise der Griesel Rosé Tradition Brut von der Bergstrasse, geschmacklich und vom Preis (rund 16 Euro). Hier merkt man dann im Geschmack, dass der Sekt aus Pinot Noir & Pinot Meunier aus traditioneller Flaschengärung einige Zeit auf der Hefe liegt. Das schmeckt man auch an einem leichten Nebengeschmack, einem Hefeschwänzchen am Ende, das durchaus ein wenig an Champagner erinnert. Die Experten sprechen dann oft von „Brioche Aromen gepaar mit Nuss Noten“. Ähnlich siedeln wir die entsprechenden Sekte (es muss nicht immer Rosé sein) vom Wilhelmshof, Andres & Mugler, Eymann, Jülg, von Buhl* und vielen anderen deutschen Sektmachern. Da gibt es unterdessen durchaus in der Breite sehr gute Qualität, natürlich nicht mehr nur Riesling, sondern auch Chardonnay oder Blanc de Blancs.

Fast alle offerieren Sekt in der 15 Euro-Klasse, gehen aber dann noch darüber hinaus in Preiskategorien um die Mitte 20 Euro und mehr. Das sind dann Sekte, die noch länger, 5 Jahre und mehr auf der Hefe liegen. Sie gibt es auch in der Prestige-Linie von Griesel oder eben vom Sektpionier Raumland und des Töchtern. „Mit längerem Hefelager entwickeln sich ausgewählte Grundweine zu einem Sekt mit ‚Ecken und Kanten‘, welcher fernab des Mainstreams angesiedelt ist,“ steht auf der Webseite von Griesel.

Ähnlich kann man es bei Raumland nachlesen und ich habe mir auch das Probierpaket der Prestige-Linie bestellt. In Corona-Zeiten gönnt man sich ja sonst nichts. Bei unserer vorerst letzten Weintour, die wir eigentlich im Jahr mit Freunden unternehmen, haben wir beim Wilhelmshof einen solche Sekt probiert. Gerade diese Sekte werden von den Machern auch immr wieder als Essensbegleiter und nicht „nur“ Aperitif im großen Weinglas empfohlen. Sie sind oft der Stolz der Winzer:innen, werden oft als prägend für den Stil des Hauses und Aushängeschild bezeichnet.

Und Ihr ahnt es vielleicht schon: Ich konnte mich bisher meist nicht mit den Sekten dieser Kategorie anfreunden. Der Nachgeschmack, das Hefeschwänzchen bzw. die Brioche- und Nussnoten sind mir oft zu dominant und nehmen mir etwas die Frische und Fruchtigkeit weg, die ich persönlich von Sekt erwarte. Eine große Ausnahme war der Blanc de Noir Sekt Rèserve Extra Brut (2007??) vom Weingut Jülg, der 74 Monate in der Flasche gereift hat, und dem ich 2015 bis auf die letzten Flaschen nachgejagt bin. Er hatte die entsprechende Brioche-Noten, sehr prägnant, aber angenehm.

Doch zurück zu den stil- und prestigeprägenden Sekten der deutschen Weinmacher. Geschmäcker sind halt verschieden und entwickeln sich. Wer weiß, was ich in einigen Jahren schreibe. Ich, wir werden uns weiter durchprobieren und auch mal wieder den Champagner von Champion Denis über meinen Tenniskameraden Rainer bestellen. Das ist ebenfalls ein exzellenter Tropfen zu einem sehr fairen Preis, was bei Champagner ja nicht immer der Fall ist. Denis offeriert unter anderem eine exzellenten Rosé oder auch den Grande Réserve Millésime für rund 18 Euro. Immer wieder gerne!

(Stefan Pfeiffer)

* Zum Rieslingsekt von Buhl: Ist mir nach anfänglicher Begeisterung unterdessen einfach zu trocken.

Bewegungsdaten beim Sturm auf das Capitol, Bewegungsdaten und die Corona Warn App – wir müssen über Datenschutz und Datennutzung reden

11. Februar 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Das Zitat von Heinz-Paul Bonn schlummert seit einiger Zeit als Entwurf in meinem Blog. In seinem Beitrag vom 2. November 2020 geht es darum, dass wir harte Datenschutzbestimmungen zum Beispiel bei der Coron Warn App anwenden, andererseits aber viele Bürger:innen ihre Daten ganz freiwillig auf sozialen Netzwerken preisgeben, generell im Netz teilen. Datenschutz einerseits, die (aus meiner Sicht oft einfach unüberlegte) Weitergabe der Daten andererseits, das sei paranoid. In Deutschland seien Daten immer noch etwas, was weg gesperrt gehöre und er führt einige Beispiel auf. Konkret stellt er die Frage, ob denn Datenschutz höher anzusiedeln sei als Gesundheitsschutz.

Wir brauchen ein Grundrecht auf Datenweitergabe im Notfall. Und diesen Notstand haben wir doch längst ausgerufen. Es gibt keinen Grund, dieses Freiheitsrecht, das die meisten Deutschen sowieso freiwillig mit Füßen treten, unangetastet zu lassen. Es wird Zeit für eine öffentliche Debatte über unser Verhältnis zu Daten.

Grundrecht auf Datenweitergabe | bonnblog.eu

Ich habe das damals schon bei ihm wie folgt kommentiert (kursiv): Dass viele ihre Daten bewusst oder unbewusst oder aus vermeintlichem Mangel an Alternativen Google, Facebook & Co in den Rachen schmeißen, kann nicht als Argument benutzt werden, Datenschutz aufzugeben, aber ich bin ein absoluter Freund einer auf Freiwilligkeit basierenden Datenweitergabe. Und das nicht nur seit Covid19. Meine Erfahrungen als Patient sagen mir zum Beispiel, dass ich eine Patientenakte will. Freiwillig.

Wir sollten nur nicht zu schnell, unsere Datenschutzprinzipien aufgeben, finde ich. Das wird allenthalben jetzt sehr plakativ gefordert. Wir brauchen Freiwilligkeit, intelligente Modelle und Aufklärung/Weiterbildung. Auch wenn manche offensichtlich nicht aufgeklärt werden wollen, wie wir gerade verhängnisvoll sehen.

In dem Zusammenhang Freiwilligkeit fällt mit die Datenspende-App des RKI ein. Hier kann man seine Daten für die Forschung spenden und sich auch beispielsweise im Corena-Datenspende-Blog informieren, was dahinter steckt. Ich persönlich habe die App als sinnvoll erachtet und bin nun schon lange dabei. Ich glaube, dass man jenseits von Corona durchaus viele solche freiwillige Apps entwickeln könnte. Oder aber es wird transparent und deutlicher gemacht, was man für seine Daten bekommt, Service, Geld … Momentan ist es halt im Nebel.

Nun bin ich auf den Artikel von Jörg Schieb unter Überschrift Sie haben das Capitol gestürmt – ihre Apps haben sie getrackt! gestoßen. Er schreibt darüber, dass der New York Times über 100.000 Ortsdaten von Handys zugespielt wurden. Diese Daten wurden dann analysiert und die Analysten konnte die Bewegung von Menschenmengen, die am 6. Januar das Capitol gestürmt haben, nachverfolgen und in eindeutigen Animationen visualisieren. Jörg schreibt: „Ein eindeutiger Beleg dafür, dass die aufstachelnden Worte von Donald Trump eine Wirkung erzielt haben.“

Ich ertappe mich dabei, dass ich vor mich hin brabbele und bemerke, dass ich schon immer gesagt habe, Trump habe die Massen aufgestachelt und sei mit schuldig. So von wegen Impeachment. und überhaupt. Der vermeintliche Besserwisser aalt sich in den Ergebnissen der Datenanalyse …

… und wird von Jörg dankenswerterweise auch wieder auf den Boden des Datenschutzes zurückgeholt. Den Datenanalysten sei es nicht nur gelungen, die Bewegung nachzuvollziehen, sie seien auch oft in der Lage gewesen, die Besitzer und Personen über die Advertising ID (!!!)* zu identifizieren. Gut so, dann kann man sie ja schnappen, höre ich mich sagen. Aber halt:

Zwar ist es in den USA verboten, Bewegungs- und Kommunikationsdaten auf diese Weise zusammenzubringen. Doch naiv anzunehmen, dass das sonst keiner macht.

Sie haben das Capitol gestürmt – ihre Apps haben sie getrackt! – schieb.de

Zum Punkt: Es ist für mich ein Unterschied, ob man diese Daten so auswertet und zusammenbringt, oder ob man Personen, die beim Sturm auf das Capitol dabei waren, aufgrund oft ihrer eigenen Videos identifizieren und juristisch verfolgen kann.

Und schlagen wir die Brücke zurück zur Corona Warn App und der Diskussion, warum man denn nicht dort die Bewegungsdaten erfasst und auswertet**, natürlich nur im Sinne des Gesundheitsschutzes aller Betroffenen. Zwei Ereignisse, die so nichts miteinander zu tun haben, aber auch zwei Ereignisse, die zeigen, das wir wie es Heinz-Paul und Jörg beide fordern dringend reden müssen, über Daten, der Nutzung und über mehr Aufklärung.

(Stefan Pfeiffer)

* Jörg erklärt es sehr schön: Die Advertising ID ist eine einmalige Zahlenfolge, über die jedes Smartphone eindeutig identifizierbar ist. Sie wir von vielen Datenbanken der Werbeindustrie und App-Anbietern gespeichert. Ich bin übrigens sicher, dass die wenigsten Awender:innen das wissen, womit wir wieder beim Thema Aufklärung sind.

** Auch hier gilt für mich, dass man das erst einmal nicht darf. Dies dürfte erst nach einer entsprechenden Aufklärung und expliziten Zustimmung der Benutzer:innen geschehen.

Regionaler Ökostrom, optimiertes Energieverbrauch, Laden für das E-Auto oder der Ponyhof der Energiewirtschaft | Digitalthema bei #9vor9

9. Februar 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Der Strom-, Wasser- oder Gaszähler wird abgelesen. So kenne ich es noch von meiner Oma. Doch auch heute noch ist es gang und gäbe. Einmal im Jahr hängt einen Zähler der Techem an der Haustür, dass man um 14 Uhr vorbei komme und man bitte da sein solle. Um ehrlich zu sein, ich weiß nicht, ob Gas oder Strom abgelesen wird, doch es spielt auch keine Rolle. Es war meine Einleitung zum Gespräch mit meinem ehemaligen Kollegen Thorsten Zoerner, der von Lars und mir zu #9vor9 eingeladen. Und unser Digitalthema der Woche war Ökostrom und Digitalisierung, einem Bereich, dem sich Thorsten nun seit geraumer Zeit mit seiner Firma Corrently und einigen weiteren Unternehmungen und Aktivitäten widmet.

Mit Corrently wollen Thorsten und sein Team gezielt lokalen, regionalen Ökostrom zur Verfügung stellen und möglichst vermeiden, dass in Spitzen trotz eines Ökostromtarifs nicht erneuerbarer Energien verbraucht werden. Genau das versucht Corrently zu vermeiden, analysiert die vorhandenen Daten und bietet im Grünstrom Index regional Transparenz darüber, welcher Ökostrommix verfügbar und wann die „besten“ Zeiten für Ökostrom sind. Ich habe gelernt, dass für meinen Standort Ökostrom zu 85 Prozent aus Windrädern auf Land kommt. Solar und Biomasse folgen dann mit jeweils 7 Prozent.

Und der Corrently GrünstromIndex erstellt eine Vorhersage, wann der Strom zu hohen Anteilen Region kommt. Mir fiel natürlich die leidige Diskussion um das Laden von E-Autos ein, wo ja schon diskutiert wurde, zu Zeiten mit hohem Stromverbrauch das Laden zu drosseln. Aufgrund der Daten des Grünstromindexes könnte man ohne weiteres die eigenen Ladezeiten optimieren. Sehe ich mir die Vorhersage oben an, so könnte und müsste ich mein E-Auto am besten kommende Nacht, z.B. zwischen 3 und 6 Uhr laden. Dann ist laut Chart viel Strom aus regenerativen Quellen vorhanden. Ich würde also klimaschonend laden.

Im Idealfall könnte das Laden sogar automatisiert geschehen, wenn, ja wenn zum Beispiel die APIs der Wallboxen der verschiedenen Hersteller offen wären. Dann wäre es ohne weiteres denkbar, das eigene E-Auto gezielt zu den günstigsten und „ökologischsten Zeiten“ automatisiert zu laden. Entsprechende Schnittstellen gibt wie das Energie Management System OpenEMS oder dem MQTT Broker gibt es, aber sie müssen halt unterstützt werden. Nun warten wir mal darauf, dass Volkswagen und andere dies tun und dann Thorsten und sein Team anrufen.

Corrently wurden schon mal als Ponyhof der Energiewirtschaft bezeichnet. Für mich ist es mehr ein Beispiel dafür, was mit Kreativität an sinnvollen digitalen Lösungen möglich wäre und wie und wo Daten beziehungsweise die nutzenorientierte Analyse wirklich eine hilfreiche Rolle spielen könnten. Doch scheint es so, dass die kleinen Startups, die Robin Hoods der Digitalisierung, leider nur zu oft mit deutscher Bräsigkeit und eingefahrenen Besitzständen zu kämpfen haben. Für solche Lösungen würde ich mir Unterstützung seitens des Umweltministeriums oder Wirtschaftsförderung wünschen. Sinnvolle Steuerung des Energieverbrauchs ist vielleicht keine Sprunginnovation, aber auf jeden Fall eine wichtige Innovation.

Und einmal mehr wird klar, wie wichtig Schnittstellen und Open Source sind, um ein offenes Ökosystem zu schaffen. Es könnte aber sein, dass einige Konzerne genau so etwas nicht wollen. Dabei geht es nicht nur um Nachhaltigkeit und Klimaschutz, sondern auch durchaus um Wettbewerbsvorteile für den Standort Deutschland.

Auf der Webseite von Corrently befinden sich noch viele weitere Informationen, vom Grünstrombonus. über die man beispielsweise Anteile an Solaranlagen erwirbt (nicht auf dem eigenen Dach, sondern dezentral), bis zu Casa Corrently, einer Lösung die auf Basis der vorhandenen Daten Energiemanagement mit vollständiger Kostentransparenz schaffen will.

Dem Thorsten seine Links zu unserem Gespräch:

P.S. Mir bleibt leider ein schaler Geschmack im Mund: Vor rund 20 Jahren habe ich versucht, eine Solaranlage auf dem Dach unserer Eigentumswohnungsgebäudes installiert zu bekommen. Das leicht gewölbte Dach, das Richtung Süden zeigt, wäre ideal geeignet. Eine Miteigentümerin hat das damals gekippt. Und zu der Zeit war die Förderung noch deutlich höher. Es ist manchmal sehr mühsam. Ich werde Thorsten seine Bemühungen weiter verfolgen und mir auch mal ein Angebot rechnen lassen.

Und natürlich gibt es #9vor9 auch wieder als Podcast auf den bekannten Plattformen und hier im Netz.

(Stefan Pfeiffer)

Bilder von Gerd Altmann und von Anrita1705 auf Pixabay

Kurz zitiert: Ein Umzug von einer Cloud in die andere muss möglich sein (Marcus Chromik, Risikovorstand der Commerzbank)

8. Februar 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Die FAZ hat ein interview mit dem Risikovorstand der Commerzbank, Marcus Chromik, zum Thema Cloud veröffentlicht. Risiko bekommt beim folgenden Zitat ganz besonders Geschmäckerl:

Mit der Multi-Cloud-Strategie schaffen wir die Voraussetzung, dass die Commerzbank von einer Cloud in eine andere Cloud ziehen kann, etwa um eine Betriebsstörung zu vermeiden. Daneben nutzen wir zunehmend plattformunabhängige Container-Lösungen, das heißt Software, die leichter zu einem anderen Anbieter migriert werden kann. Damit ist es auch möglich, ausgelagerte Anwendungen zurück in das eigene Rechenzentrum, also in die private Cloud, zu verlagern. Indem wir uns diese Optionen offenhalten, bewahren wir den Wettbewerb.

Risikovorstand Commerzbank: Ein Cloud-Wechsel muss möglich sein

Das ist wohl derzeit State-of-the-art und nicht nur jeder Red Hat-Mitarbeiter wird das gerne lesen. Chromik nimmt auch Stellung zu Gaia-X, der europäischen Cloud-Initiative, an der sich auch die bekannten Hyperscaler beteiligen. Er rechnet damit, „dass eine europäische Cloud frühestens in ein bis zwei Jahren für Banken zur Verfügung steht“. Mir klingt dabei noch die Aussage von Stefan Schigg von der Software AG im FAZ Digitec Podcast in den Ohren, dass der Zug für weltweite präsente Hyperscaler abgefahren sei, die dafür notwendigen Investitionen in Milliardenhöhe nicht zu stemmen seien.

Eine Einschätzung der meine Kollege „Jo“ Stark von der IBM auch zustimmt. Der Weg zur Bildung eines echten europäischen Hyperscalers sei angesichts der jahrelangen Investitionen der großen IT-Firmen kein kein wirklich valider Ansatz. Und dann sind wir schnell bei Gaia-X, das auch im Gespräch mit Chromik erwähnt wird. Aber kann es bei Gaia-X nur um sichere und gesetzeskomnforme Datenspeicherung in Europa gehen? Das kann es doch nicht sein, denn es gibt jenseits von Gaia-X – so habe ich es verstanden – technologische Vorkehrungen zum Schutz der Kunden- und Unternehmensdaten, so dass nur der Kunde – nicht der Cloud-Provider – den Key zu den verschlüsselt in Europa abgelegten Daten hat.

Ich brauche mehr Klarheit zu Gaia-X

Doch was kann Gaia-X dann noch sein? Wird Gaia-X demzufolge wohl „nur“ eine europäische Dateninfrastruktur stellen? Und was heisst konkret, Datenräume schaffen, in denen die Hyperscaler keine große Rolle spielen? Undwas heißt das genauer, Daten zu schützen und unter der Souveränität europäischer Unternehmen und Verwaltungen zu belassen? Wo und was sind die Daten und vor allem Anwendungen? Sind es branchen- oder anwendungsorientierte Plattformen und Datenräume? Wo liegen die Mehrwerte für europäische Unternehmen und Behörden? Für mich muss das alles noch viel konkreter werden.

(Stefan Pfeiffer)

Spätburgunder: Rotwein für Intellektuelle oder doch etwas mehr Fülle gefällig? | Wein-erlei

7. Februar 2021 Posted by Stefan Pfeiffer

Gerade bin ich im Newsletter von Pinard de Picard über interessante Formulierungen zum Spätburgunder gestoßen. Bezug nehmend auf die Weine vom Rheingauer Weingut Corvers-Kauter schreibt man dort so schön, dass das Weingut einen stilistischer Wechsel vollzogen „weg von der Opulenz und Fülle, hin zu Finesse, Struktur und feiner Frucht“ habe. Da fühle ich mich dann gleich angesprochen denn ich gebe zu, ich kämpfe noch immer mit dem deutschen Spätburgunder. Es gibt bisher nur wenige, die mich wirklich überzeugt haben. Immer wieder probiere ich verschiedene Spätburgunder. Manchmal bin ich enttäuscht und meine einen für mich einen Spätburgunder-typischen Beigeschmack heraus zu schmecken, der mir etwas muffig vorkommt. Dann sind sie mir des Öfteren zu dünne, zu nichtssagend. Aber vielleicht fehlt mir ja auch der feine Gaumen, die zitierte Finesse und Struktur des Intellektuellen unter den Weinen zu erschmecken.

Natürlich gibt es auch positive Überraschungen. Gerade habe ich mal den 2018er Spätburgunder J.J. Adeneuer von der Ahr getrunken. Der war mittel- bis dunkelrot, vollmundig, hatte Grip und Struktur. Mal wieder eine angenehme Überraschung zu einem sehr fairer Preis von 11,50 und eine Wiederentdeckung der Ahr-Weine nach längerer Zeit. Und ich musste an den Spätburgunder von Heiner & Kreuzberg Neuenahrer Schieferlay, laut Captain Cork etwas zu fett für wirkliche Spätburgunder.Fans, den wir vor einigen Jahren öfters getrunken haben. Vor nicht allzu langer Zeit nachbestellt, hat er mir dann nicht mehr geschmeckt. Zudem haben sich die Weinmacher wohl getrennt.

Ich muss auch zugeben, dass einige der Spätburgunder aus meinem Preisgefüge fallen. Die von Pinard de Picard angepriesenen Spätburgunder von Corvers-Kauters beginnen bei 18 Euro und gehen hoch bis 68 Euro. In ähnlichen Preisregionen liegen auch die zum Beispiel von Heiner Lobenberg hochgelobten Roten des Pfälzer Weingut Rings, von Bernhard Huber aus Baden oder vom Pfälzer Knipser.

So bevorzuge ich geschmacklich bei den Rotweinen noch immer die Franzosen aus dem Bordeaux, von der Rhone oder aus Languedoc. Gerne auch mal die Roten aus Portugal, ein Sangiovese oder ein anderer Italiener im beschriebenen Preissegment. Ein Primitivo sollte es aber bei Italienern nicht unbedingt sein. Die sind mir oft wirklich zu opulent bombastisch süßlich. Doch natürlich werde ich immer mal wieder ein Spätburgunder testen. Vielleicht entwickele ich mich weinintellektuell doch noch etwas weiter …

Bleiben wird er uns als Blanc de Noirs in Sekt und Weißwein

Erhalten bleiben wird uns der Spätburgunder auf jeden Fall als (oft kuperfarbener) Weißwein und als Sekt. Die Tage haben wir den 2019er Meyer-Näkel Illusion Eins geöffnet. Beim Weingut ist der Jahrgang ausverkauft, doch ich bin noch auf Restbestände für 13 Euro die Flasche gestoßen. Und der aus den dunklen Trauben gewonnener Weißwein hat uns wieder sehr gut geschmeckt, fruchtig, frisch mit einem Hauch von Hefenachgeschmack eine echte Alternative zu Riesling. Ganz sicher werde ich den 2020er nachbestellen, sobald der ab März beim Weingut lieferbar ist. Besonders in Erinnerung geblieben sind mir auch verschiedene leckere Sekte, beispielsweise der Jülg Blanc de Noir Sekt Rèserve Extra Brut oder auch die Blanc de Noirs vom Wilhelmshof oder Andres & Mugler.

(Stefan Pfeiffer)

Bild von Thomas B. auf Pixabay